Mafīa,
ein Geheimbund in
Sicilien, Gegenstück zu der
Camorra (s. d.) in Unteritalien. Entstanden,
wie einige meinen, aus den «Compagnie d'armi», welche seit Jahrhunderten
die eigentliche sicil. Polizei war, die dann Ferdinand I. besonders gegen die revolutionäre Partei verwendete, wurde die
Mafia
nach Aufhebung der Selbständigkeit
Siciliens (1815) zu einer Art Volkspolizei. Auch nachdem Garibaldi 1860 die Compagnie
d'armi aufgelöst hatte, blieb die Mafia
bestehen; und die Versuche 1875, sie durch Errichtung
einer besondern
Kommission, und 1876 unter
Nicotera, sie durch einen energischen
Präfekten auszurotten, scheiterten.
Vor der alten, festbegründeten und wohleingerichteten
Verbindung scheut sich noch heute namentlich das niedere
Volk in
Sicilien
mehr als vor den Gerichten. Die Mafia
steht unter Häuptlingen, ihre Mitglieder nennen sich selbst
«Giovani d'onore» (junge Ehrenmänner) und heißen im
Volk
Mafiosi; sie verpflichten sich, nie bei der Regierung zu klagen
oder vor Gericht Zeugnis abzulegen; die mit der Ausführung von Gewaltthaten
Beauftragten heißen
«Malandrini» (schlechte Kerlchen).
Ihre Macht und ihr Ansehen erhält die Mafia
aufrecht einerseits dadurch, daß sie nur Leute
aufnimmt, die eine
Probe ihres hartnäckigen
Widerstandes gegen die Gesetze und in einem Messerzweikampf ihres
Mutes abgelegt
haben, andererseits dadurch, daß sie Leuten, die sich in ihren Schutz stellen, insbesondere Gutsbesitzern, welche
Mafiosi
zu Bediensteten nehmen, unbedingte Sicherheit, auch vor den Gerichten und der Polizei, gewährt, ebenso
aber mit ihrer sichern
Rache Leute erreicht, welche Mafiosen verraten oder sonst schädigen. Die Mafia
ist
bis in die höchsten
Gesellschaftskreise hinein verzweigt und beabsichtigt, außer dem Selbstschutz der Genossen, sich die Schwachen dienstbar
zu machen und von den
Reichen
Geld zu erpressen. –
Vgl. Bonfadini, Relazione sulle condizioni della Sicilia (Rom [* 2] 1876);
Franchetti und Sonnino, La Sicilia nel (2 Bde., Flor. 1878);
Umiltà,
Camorra et Mafia
(Neuchâtel 1878);
Villari, Lettree meridoniali (Tur. 1885);
Alongi, La Mafia
(ebd. 1886).