Madras,
Präsidentschaft des britisch-ind. Kaiserreichs, der südlichste Teil der vorderindischen Halbinsel, erstreckt sich vom Kap Komorin unter 8° 4' nördl. Br. am Golf von Bengalen (Koromandelküste) 1930 km bis zum 20.°, am Indischen Ozean
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(Malabarküste) 870 km bis zum 14.° nördl. Br. Die sehr unregelmäßige Nordgrenze bilden das nahezu von Madras umschlossene Maissur, Bombay, Haidarabad, die Zentralprovinzen und Bengalen. Die Präsidentschaft zerfällt in die unmittelbaren Besitzungen der Kaiserin von Indien mit einem Areal von 361,241 qkm (6560 QM.) und (1881) 30,827,218 Einw. und die Tributärstaaten (Banganapalla, Sundur, Pudukota, Travankor, Kotschin) mit einem Areal von 24,891 qkm (452 QM.) und 3,344,849 Einw., so daß das ganze dem Gouverneur von Madras unterstellte Gebiet ein Areal von 385,132 qkm (7012 QM.) mit 34,172,067 Einw. hat. Die Hauptgebirge sind die Ost- und Westghats. Die Ostghats mit einer mittlern Höhe von 500 m und bis 1500 m aufsteigenden Gipfeln gehören ganz zu Madras, sie lassen überall einen breiten ebenen Streifen zwischen sich und dem Meer, werden von drei großen Flüssen: Godaweri, Krischna und Kaweri, durchbrochen und schließen sich im S., wo sich das Massiv der Nilgiri erhebt, an die Westghats, die, mit einer mittlern Höhe von 1000 m und in einer Entfernung von nur 20-60 km der Küste parallel laufend, eine wirkliche Wasserscheide bilden. Das zwischen beiden Ketten eingeschlossene Plateau neigt sich nach O. Das Klima ist nur auf den Hochebenen ein gesundes zu nennen. In den Nilgiri herrscht ein beständiger Frühling, bei der meteorologischen Station zu Dodabetta ist die Durchschnittstemperatur 11,8° C., in Bellari ist die mittlere Temperatur des Juli 38,8,° des Januars 23,1,° in Koimbatur 27,6° und 22,6° C. Auf dem Plateau sind die Regen leicht, nach S. nehmen sie mehr und mehr ab. Dürren und Hungersnot sind häufig, dazu kommen Sumpffieber, Cholera, Pocken. Die Koromandelküste ist bei Beginn und bei Aufhören des Nordostmonsuns gewaltigen Cyklonen ausgesetzt, welche die Schiffe aufs niedrige Gestade treiben und die dortigen Dörfer hinwegspülen. Die Mineralschätze werden noch wenig ausgebeutet, doch wird Eisen seit alters aus trefflichem Magneteisenstein bereitet. Die ziemlich mächtigen Kohlenlager des Godaweridistrikts sind von nur geringem Werte, dagegen haben die Goldbergwerke des Wainad erneute Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die wichtigsten Werke befinden sich bei Devala, 44 km südöstlich von Manentavadi. Mangan findet sich in den Nilgiri und bei Bellari, Kupfer an mehreren Stellen der Ostghats, Antimon und Silber in Madura; Granate sind im N. häufig, dort findet man auch einige Diamanten. Die Waldungen sind am wertvollsten in Curg und Travankor; in dem letztern findet sich die Caesalpina sapan. Um die systematische Verwüstung der Wälder durch Brandkultur zu verhüten, wurden 1875 und 1882 besondere Forstgesetze erlassen, und die Regierung selbst hat zahlreiche Pflanzungen mit Teakbäumen, Eukalyptus, Kasuarinen ^[richtig: Kasuarineen] angelegt. Andre wertvolle Hölzer sind: Eben-, Rosen- und Sandelholz. Der Reinertrag betrug 1882-83 aber nur 26,009 Pfd. Sterl. Der Wert der jährlichen Holzausfuhr übersteigt kaum 100,000 Pfd. Sterl. Man hat eine ganze Reihe verschiedener Pflanzen eingeführt: aus Bolivia die Cinchona, aus Malakka und Amerika den Kautschukbaum, aus Australien den schon genannten Eukalyptus, welche jetzt ganze Wälder in den Nilgiri bilden, die anderseits aber wieder ihres Waldwuchses entkleidet sind, um Kaffeepflanzungen (44,587 Hektar), welche 1886: 371,027 Ztr. Kaffee lieferten, und Theepflanzungen, welche 1886: 68,8 Mill. Pfd. Thee lieferten, Platz zu machen. Nennenswert sind außerdem die Kulturen von Zuckerrohr, Indigo, Pfeffer, Tabak und namentlich von Baumwolle, die 1882-83 auf 683,433 Hektar gebaut wurde. Reis wird besonders in den Uferlandschaften, Gerste und Hirse in den höhern, trocknern Lagen angebaut. Die Ernten hängen zum großen Teil von der Bewässerung ab, für welche außerordentlich viel gethan worden ist. Es können im ganzen 2,800,000 Hektar bewässert werden, und 1,600,000 Hektar sind vor Dürre ganz sichergestellt. Unter Kultur überhaupt befinden sich 13 Mill. Hektar. Die wilden Stämme sammeln in den Wäldern Kardamome, Galläpfel, Arrowroot, Zimt, Harze, Honig. Hauptfrüchte sind: Tamarinden, Mango, Arekanüsse in den westlichen Ghats, Kokosnüsse an den Lagunen der Malabarküste. Die Tierwelt ist vertreten durch den schwarzen Leoparden, ein sehr schädliches Raubtier, Elefanten, die immer seltener werden, und deren Fang durch Gesetz streng geregelt ist, Büffel, Hirsche, giftige Schlangen. Die Pferde waren früher weit zahlreicher und besser. Die Rinder sind klein und mager, die Schafe hochbeinig und grobwollig; 1883 zählte man 7,140,911 Rinder, 1,483,938 Büffel, 38,130 Pferde, 124,731 Esel, 8,941,813 Schafe und Ziegen. Die eingeführten Karpfen, Schleien und Forellen gedeihen sehr gut in den kleinen Nilgiriseen. Die Ausfuhr von Produkten der Viehzucht beziffert sich jährlich auf 22 Mill. Mk. für Häute und ½ Mill. Mk. für Hörner. Die Industrie der Präsidentschaft zeichnete sich früher namentlich durch feine und schöne Baumwollgewebe aus; heute haben europäische Fabrikate ihre Stelle eingenommen. Von einheimischen Produkten stehen die Juwelierarbeiten von Tritschinapalli, die Horn- und Elfenbeinarbeiten von Wizagapatam und die Sandelholzarbeiten von Kanara noch in gutem Ruf. In Gandscham werden durch Europäer Zucker, Rum und Arrak hergestellt. Für den Handel ist die Stadt Madras der wichtigste Zentralpunkt; nennenswert sind noch die Häfen Negapatam, Tutikorin, Kalikat, alle mit dem Innern durch Eisenbahnen verbunden. Drei große Schienenwege durchziehen die Präsidentschaft und verbinden die Stadt Madras mit Bombay, Goa und Beypur im W. und mit Ponditscherri, Negapatam, Tutikorin im O. sowie mit Bangalor und Maissur. Auch die Kanäle dienen teilweise dem Verkehr. Die Hauptausfuhrartikel bilden Kaffee, Baumwolle, Häute und Leder, Reis, Öle, Zucker, wogegen namentlich Baumwoll- und Metallwaren eingeführt werden.
Die Bevölkerung beträgt (1881) 30,827,218 Seelen, was gegen die unmittelbar vorhergehende Zählung von 1871 eine Abnahme von 393,755 Seelen bedeutet; doch wird der wirkliche, durch eine 1876 auftretende Hungersnot verursachte Verlust auf 3½ Mill. berechnet. Die Zahl der Europäer betrug 1881 nur 6852 Seelen, wovon 1492 weiblichen Geschlechts. Nach den Religionen unterschied man 28,215,857 Hindu, 1,924,625 Mohammedaner, 699,700 Christen, 24,962 Dschaina u. a. Das Christentum wurde in Madras vielleicht schon seit dem ersten christlichen Jahrhundert verbreitet. Die syrische Kirche in Malabar leitet, freilich wohl ohne Grund, ihren Ursprung vom Apostel Thomas her; jedenfalls gab es Manichäer oder Nestorianer, d. h. persische Christen, bereits im 7.-8. Jahrh. auf der Westküste, wie eine Inschrift in Pehlewi (Altpersisch) und ein in Kotschin aufgegefundenes ^[richtig: aufgefundenes], jetzt in Cambridge aufbewahrtes Manuskript beweisen. Die Mehrzahl der Christen (473,353) sind Katholiken, unter den Protestanten befinden sich 4667 Lutheraner; 564,004 sind Eingeborne. Die Hindu scheiden sich in eine große Anzahl von Kasten, unter denen die mit dem Namen Paria (s. d.) bezeichnete
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mit (1881) 3,223,938 Angehörigen die zahlreichste ist. Eigentümlich ist ferner die Einteilung der Kasten in rechtshändige (Valankai) und linkshändige Kasten (Idankai). Meist rechnen sich Parias und verschiedene Händlerkasten den rechtshändigen zu, während der Rest der Hindu für linkshändig gilt; viele Kasten gehören keiner dieser Abteilungen an, sondern gelten als neutral und werden insbesondere als Vermittler in den Zwistigkeiten zwischen den beiden Gruppen angerufen, deren Fehden sonst sehr ernst und blutig waren. Diese Scheidung wird in ihren Büchern glaubhaft auf den tief gehenden Unterschied zwischen den Wischnuiten und Siwaiten zurückgeführt. Zu den rohesten Völkern gehören die zwerghaften Bewohner der Waldgebirge, die als Reste der ältesten Bewohner der Halbinsel zu betrachten sind. Von den vielen Sprachen der Präsidentschaft sind die verbreitetsten: Tamil für 12,4 Mill. (hauptsächlich im S.) und Telugu für 11,8 Mill. (vornehmlich im N.), Malayalam in Malabar u. a. für 2,4, Kanaresisch für 1,3 Mill., Urijah in Gandscham u. a. für 773,046 und Tulu in Südkanara für 426,222 Menschen. Für Schulen wurde hier durch christliche Missionäre früher als irgend sonst in Indien viel gethan; seit 1854 hat auch der Staat Unterstützungen gewährt. Es bestanden 1883: 17,494 Schulen mit 446,324 Schülern; dazu 24 Colleges und 764 höhere Schulen. Die protestantischen Missionen haben 2413 Schulen mit 92,655 Schülern. Für Ärzte, Apotheker und Hebammen sind Lehranstalten errichtet, und die Pockenimpfung ist obligatorisch gemacht worden, um der oft so verheerenden Pockenkrankheit ein Ziel zu setzen. Der Gouverneur, welcher zwar unter dem Vizekönig von Indien steht, aber auch direkt mit dem Minister für Indien in London korrespondiert, residiert in der Stadt Madras, während der heißen Monate aber in den Nilgiri. Zu Zwecken der Verwaltung und Rechtspflege ist die Präsidentschaft in 21 Distrikte eingeteilt, die wieder in Bezirke (Taluk) zerfallen. Für öffentliche Sicherheit sorgt ein Polizeikorps von 23,419 Mann. Das Militär der Präsidentschaft bildet ein besonderes, in sich abgeschlossenes Korps, die Madrasarmee, bestehend aus 11,868 Engländern und 30,448 Eingebornen, wozu noch die Nairbrigade (1434) und die Maissurtruppen (2912) kommen. Sie sind in 21 Garnisonen untergebracht; einzelne Abteilungen stehen in Birma, den Straits Settlements und Aden. Die Madrasarmee hat bisher immer allein von den indischen Truppen den auswärtigen Dienst versehen. Die Ausgaben für das Militär sind nicht in dem allgemeinen Staatshaushalt inbegriffen. Derselbe belief sich 1882-83 in Einnahme auf 9,462,756 Pfd. Sterl. (davon Grundsteuer 4,519,818 Pfd. Sterl.), in Ausgabe auf 7,233,315 Pfd. Sterl. Die Grundsteuer wird im größten Teil von Madras nach dem altindischen Raiotwarisystem veranschlagt, wonach die Abgabe von Jahr zu Jahr dem jeweiligen Anbau und mutmaßlichen Ertrag angepaßt wird. S. Karte »Ostindien«.
Die gleichnamige Hauptstadt der Präsidentschaft, an der Koromandelküste unter 13° 4' nördl. Br. und 80° 17' östl. L., ist mit (1881) 405,848 Einw. die drittgrößte Stadt des britisch-indischen Kaiserreichs. Unter der Bevölkerung waren 315,527 Hindu, 50,298 Mohammedaner und 39,631 Christen. Die Zahl der Europäer betrug nur 1901, wovon 489 weiblichen Geschlechts. Das Klima ist im Sommer Europäern durch Cholera, Fieber und Dysenterie gefährlich, im Winter jedoch gesund; höchste Temperatur im Januar 20°, im Juni 34° C. Die Gesundheitsverhältnisse lassen infolge mangelnder Reinlichkeit überhaupt zu wünschen übrig; sein Trinkwasser bezieht aus zwei großen Bassins von 20, resp. 6 qkm im NO. der Stadt. Dieselbe ist sehr weitläufig gebaut und umfaßt 23 Ortschaften, welche mit ihr zusammen einen besondern Verwaltungsdistrikt bilden. Der kleine und sehr unsaubere Fluß Kuwam teilt Madras in zwei ziemlich gleichgroße Teile. Im N. liegt Black Town, das Quartier der Eingebornen, zugleich Sitz des Handels mit den Banken, Zollhaus, Hafen, Geschäftshäusern, Obergericht. Im S. davon erhebt sich vom Meer nach dem Land zu, von einer Esplanade und Gärten umschlossen, das Fort St. George, das als Festung heutigestags wenig Wert hat, und in dem die Bureaus der Zivil- und Militärverwaltung untergebracht sind. Nördlich davon steht der 38 m hohe Leuchtturm, dessen Licht 24 km weit sichtbar ist. Jenseit des Flusses liegt die von Gärten umgebene Residenz des Gouverneurs und die von Eurasiern und Europäern erbauten Quartiere mit hübschen Villen und Gärten. Mit seinem Kranz von Seen im W., seinen Parken und botanischen Gärten hat Madras einen viel ländlichern Anstrich als andre große indische Städte. ist Sitz der Regierung und obersten Rechtspflege der Präsidentschaft, Hauptquartier der Armee von und hat eine gemischte Garnison (1 engl. Infanterieregiment, 3 indische Regimenter, 1 Batterie); es ist ferner Sitz eines anglikanischen und eines römisch-katholischen Bischofs, eines deutschen Konsuls, einer Universität (die aber keine Lehranstalt, sondern eine Prüfungsbehörde ist), hat mehrere höhere und viele Elementarschulen, eine gelehrte Gesellschaft, ein naturhistorisches Museum, eine Sternwarte. Der Hafen gewährt wenig Schutz, und der hölzerne Hafendamm ist wiederholt zerstört worden; man baut daher seit 1878 an einem großen Hafen, welcher den größten Schiffen Schutz gewähren soll. Dennoch verkehren hier jährlich 100 große
^[Abb.: Fig. Situationsplan von Madras.]
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Madras.
1) Präsidentschaft des Indobritischen Reichs (amtlich: the Presidency of Fort Saint George), umfaßt den südl. Teil der Vorderindischen Halbinsel mit den Küstenländern Malabar und
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forlaufend
Süd-449
tanara nebst den Lakkadiven im W. und der gan- zen Ostküste (Koromandel) bis zum See Tschilka. (S. Ostindien.) Madras besteht aus verschiedenartigen Gebietsteilen: a. 22 brit. Distrikten mit 313 572 staatcn Tiavanwr, Kotschi (Cochin), Pudukattai, Banganapalli und Sandnr, mit 24892 tilvin und 3 700 622 E. Das Gesamtgebiet umfaßt 386139 und vor der Hungersnot (1876-78) 34634874 E. im I. 1871. Der Religion nach waren 34.7 Mill. Hindu, 2,4 Mill. Mohammedaner, 1,5 Mill. Christen u. s. w. Die wichtigsten Erzeugnisse sind Getreide, Baumwolle, Indigo, Zucker, Ricinus, Erdnüsse, Rübsamen. - 2) Hauptstadt der Präsidentschaft, die drittgrößte Stadt Britisch-Indiens, unter 13° 4^ nördl. Br. und 80° 17' östl. L., ans der Küste Koro- mandel am Indischen Ocean, in flacbcr, sandiger Gegend, Sitz der Regierung, eines höchsten Ge- richtshofs , eines anglitan. Biscbofs und zweier röm.-apostolischcn Vikare, hat (1891) mit Garnison 452 518 E., darunter 358 998 Hindu, 53184 Mo- hammedaner und 39 742 Christen. Es erstreckt sicb gegen 15 km weit längs dem Meer hin und bedeckt unt feinen Wiesen und Gärten 70 qlcin. Das Klima ist für Europäer nur im Winter gesund. Anlage und Bauten. Madras bcstebt aus dem von Europäern bewohnten Viertel, Fort St. George, der von Eingeborenen bewohnten sog. Schwarzen Stadt städten. Im N. wird das Fort, das auch die Münze, die St. Marykirche und ein Wafsenmuseum enthält, von der Schwarzen Stadt durch eine breite Esplanade mit Leuchtturm geschieden. Nach S. führt die viel- befuchte Südstrandpromenade (South Veach Pro- menade). Die Schwarze Stadt mit ihren engen, schmutzigen Straßen ist das Geschäftsvicrtel. Längs dem Strande stehen der höchste Gerichtshof, das Zoll- haus, die Admiralität, daneben ungeheure Waren- speicher. Andere Gebände sind die Waisenhäuser für Soldatenkinder, das Gefängnis, das allgemeine Krankenhaus, die röm.-kath. Kathedrale, die Mis- sions- und die Dreifaltigkeitstapelle, die armenische Kirche und das Museum. Im N. der Schwarzen Stadt erstreckt sich am Strande das von Fischern und Schiffern bewohnte Kojapnram, im W. liegt Veperi nebst Parßibakam mit der schönen schott. St. An- dreaskirche und der St. Andrcasbrücke über den Ku- wam (engl. ^oouni). Die größte Brücke ist die Elphin- stonebrücke über den Adjar in der südl. Stadt. Jen- seit des Kuwam liegen Tschintadrapet und weiter westlicl^die volkreichen Vorstädte Pudupak und Eg- mur. Südlich vom Fort St. George (jenseit des Ku- wam) zieht sich am Strande Tiruwallikene (engl. Iri- lüi^iio) hin, mit dem großen Gouvernementshause und dem Palast des pensionierten Nabobs von Kar- natak. Westlich von Tiruwallikene befindet sich die Vorstadt Rajapet mit der schönen St. Georgskirche. Etwa 5 Km südlich vom Fort liegt, bart am Strande, das hauptsächlich von Thomaschristen bewohnte St. Thomas oder Mailapur (engl. ^I^i^oi-e). Der isolierte St. Thomasberg ist der Wallfahrtsort der syr. Christen. Ein schönes Reiterstandbild des ind. Staatsmanns Sir D. Monroe (gest. 1877) von Chantrey erhebt sich uuweit der Napierbrückc. Bildungsanstalten. Außer der Schule für Heranbildung eingeborener Arzte hat die Stadt eine VrockhauZ' Konversation? Lexikon, li. Aufl.. XI. Polytechnische Schule, eine Sternwarte, eine Abtei- lung der Asiatischen Gesellschaft, seit 1857 eine wirk- liche, nach dem Mnster der Londoner eingerichtete Universität, Prüfnngsbehörde für 53 Colleges, dar- unter 34 niedern Ranges, und das ?rc8iä(mc^ ^oi- 16F6 mit 26 Docenten, botan. Garten und verfchie- dene wohlthätige Anstalten und Vereine. Industrie, Handel und Verkehr. Die In- dustrie ist nicht bedeutend; wichtig sind nur Baum- wollfabrikation (Musseline, Tücher, sog. Madras- taschentücbcr), Gerberei und Ledcrzurichtung in Madras und Umgebung, Zuckerfabriken, Töpferei, Salzsiede- rei und Glasindustrie. Der Hafen ist nicht gut, bei Monsunwechscl werden Drehstürme den Schiffen oft verderblich; seit 1860 ist ein eiserner Pier (305 m) gebant, seit 1880 ist der künstliche Hafen von Black- Town nach großen Schwierigkeiten beendet. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind: engl. Baumwoll- waren (Schirtings, Kattune), Garne (1893: 10,4 Mill. engl. Pfd.), Petroleum (4,5 Mill. Gallonen), Reis, Spirituofen, Metalle, namentlich Eisen; aus- geführt werden: Baumwolle, roh (1892: 93200, 1893: 266559Ctr.), gegerbte Ochsenhäute (1,n Mill. Stück), Ziegenfelle (9,93 Mill.), Schaffelle (6 Mill.), Büffel- und Hirschhörner, Tabak, Thee, Kaffee, In- digo und Kochsalz. Wichtig ist auch die Waren- und ^ilbereinfuhr auf Rechuung der Regierung. Der Handel ift zu zwei Dritteln nach England gerichtet, dann nach Ceylon, Bombay, Bengalen und Birma. Im ganzen liefen 1889-90 im Außenhandel 622 Dampfer und 4689 Segler ein und aus. Regel- mäßige Verbindung unterhalten die Zi'iti3Q Inäill. ^tLKUI X^vi^tioil ^ONMN^, die ^l688ÄZ6ri68 ni^_ ritim68, Österreichisch-Ungarischer Lloyd und die Hansa (Hamburg). In das Binnenland führen Eisenbahnen nach allen Richtungen, eine Küsten- bahn nach Kalkutta ist im Bau. Die wichtigsten Banken sind: ^ra, Lanic, Naiiic ot'ZenMi, I^on- äon and Oliinii Lank, ^ominLi'cilli and I^nä Noi'1 MF6 Nnnk, ^lli(1ra8 Iwnk u. a. Deutschland ist durch Konsulat vertreten. Der älteste Name der Stadt ist Tschennappattan, d. i. Stadt des Tschennappa, des Vaters des zur Zeit der Gründnng von in der dortigen Gegend herrschenden Najak oder Vezirkshauptmanns. Nicht viel jünger ist Madraspattan (arab.-ind.), d.i. Stadt mit dem Madrasa, der Medrese, also wahrscheinlich soviel wie Universitätsstadt, benannt nach dem alten hier befindlichen, im Laufe der Zeit verfchiedencn Zwecken (besonders auch als Wohnhaus für Gc- schäftskorrcfpondenten und jüngere Schreiber) die- nenden «College». Madras ist die erste feste Niederlassung der Engländer in Ostindien (1639). Die dortige Agentschaft der Ostindischen Compagnie wurde 1653 zum Range einer Präsidentschaft erhoben, und gegen Ende des 17. Jahrh, zählte die Ansiedelung schon 300000 E. Seitdem stand Madras still, während sich Kalkutta hob; aber in der neuesten Zeit dehnte es dafür seine Herrschaft um so weiter aus. Am 21. Sept. 1746 kapitulierte an die Franzosen unter La Vourdonnais, gelangte aber im Aachener Frieden (1748) wieder an England zurück. 1767 vom Sultan Haidar Ali überfallen, wurde es von: General Smith entfetzt. Am 23. Febr. 1768 ward daselbst mit dem Subadar des Dekan und 3. April 1769 mit Haidar Ali ein Friede abgeschlossen. End- gültige Rnhe gegen die Maisurfürsten erhielten die Engländer aber erst nach dem vierten Maisurtriege, in welchem 1799 Srirangapattan erstürmt wurde 29