Madonna
(ital., «meine Herrin») wird
vorzugsweise die
Jungfrau Maria genannt, entsprechend der deutschen Bezeichnung
Unsere Liebe Frau, der franz.
Notre Dame; sodann
die malerische oder plastische
Darstellung derselben mit dem Jesuskinde, zum Unterschiede von der
Heiligen Familie (s. d.),
von der
Mater dolorosa (s. d.) und den sonstigen
Darstellungen aus ihrem Leben, wie
Geburt, Vermählung,
Unbefleckte Empfängnis, Verkündigung, Heimsuchung, Himmelfahrt (s. d.)
u.a. (S. Maria, die
Mutter Jesu.) Nach der Legende soll der Evangelist Lukas das erste
Bild der Madonna
mit dem
Kind und zwar nach
dem Leben gemalt haben.
Rom

* 2
Rom.
Die ersten Madonnenbilder finden sich in den christl.
Katakomben, so z. B. aus der Mitte des 2. Jahrh.
n. Chr. in der
Katakombe der heil. Priscilla bei
Rom.
[* 2] Seit dem 5. Jahrh. wurden die Madonnenbilder, besonders in der byzant.
Malerei, häufiger; in diese schematisch sich wiederholenden Bildwerke brachte erst in der 2. Hälfte des 13. Jahrh.
Cimabue (s. d.) lebensvolle
Bewegung und Empfindung. Von da ab haben dann alle großen
Meister der klassischen
ital., span. und nordischen Kunst die Madonna
zu einem
Hauptgegenstand ihrer
Darstellungen gemacht und sich in den verschiedensten Auffassungsweisen bewegt. So erscheint Maria als
liebende
Mutter oder das
Kind anbetend (in Landschaft, im Rosenhag u. s. w.), in der
Glorie auf
Wolken schwebend,
als
Himmelskönigin auf dem
Throne sitzend.
Unter den Malern der klassischen Zeit nehmen hinsichtlich der Zahl und Bedeutung der Madonnenbilder die
Italiener den ersten
Rang ein. Bei einer Aufzählung kommen vor allem diejenigen in Betracht, die man in der Kunstgeschichte mit einer nähern
Bezeichnung zu versehen pflegt: so: die Madonna
mit dem Granatapfel von Giov.
Bellini
(London,
[* 3] Nationalgalerie), eine thronende Madonna
von demselben
(Venedig,
[* 4]
Kirche dei Frari; s.
Tafel:
Italienische Kunst VI,
[* 1]
Fig. 3); die Madonna
della Cesta
(London, Nationalgalerie), Madonna
del Latte
(Petersburg,
[* 5]
Eremitage), Madonna
della Scala (Parma,
[* 6] Palazzo
della Pilotta), La Zingarella oder Madonna
del Coniglio (Neapel,
[* 7] Museum), sämtlich von Correggio;
Madonna
della Rondine von Crivelli
(London, Nationalgalerie), Madonna
mit
Heiligen von
Fra
Bartolommeo
(Dom zu Lucca;
[* 8] s.
Tafel:
Italienische Kunst
VII,
[* 1]
Fig. 7), Madonna
della Vittoria von Mantegna
(Paris,
[* 9] Louvre), Madonna
mit dem grünen
Kissen von
Andrea Solario (ebd.), Madonna della
Catina von
Giulio Romano
(Dresdener
Galerie), Madonna del Sacco
(Florenz,
[* 10] Sant' Annunziata) und Madonna di
San
Francesco
(ebd.,
Tribuna der
Uffizien) von
Andrea del Sarto; Zigeunermadonna
(Wien,
[* 11] Hofmuseum) und die Madonna des Hauses
Pesaro
(Venedig,
Kirche
dei Frari) von
Tizian.
Berlin

* 12
Berlin.Die vollendetsten Madonnenbilder schuf Raffael, in denen teils das Ideal der reinsten Mutterliebe, teils das Ideal weiblicher Schönheit vorherrscht, bis er in der Sixtinischen Madonna die herrlichste und tiefsinnigste Darstellung der Mutter Gottes erreichte. Zu seinen bekanntesten, mit besonderer Bezeichnung versehenen Madonnenbildern gehören: Madonna aus der Sammlung Solly (Berlin, [* 12] Museum), Madonna Conestabile (Petersburg, Eremitage), Madonna del Granduca (Florenz, Palast Pitti), Madonna. Tempi (München, [* 13] Alte Pinakothek), Madonna im Grünen (Wien, Hofmuseum), Madonna mit dem Stieglitz (Florenz, Tribuna der Uffizien), La belle jardinière (Paris, Louvre), Vierge au linge oder au diadème (ebd.), Madonna Aldobrandini (London, Nationalgalerie), M: ^[richtig: M.] della Sedia (Florenz, Palast Pitti), Madonna della Tenda (München, Alte Pinakothek), Madonna del Pesce (Madrid, [* 14] Prado-Museum), Madonna col divino amore (Neapel, Nationalmuseum);
ferner Madonna mit Heiligen: Sixtinische Madonna (Dresdener Galerie; s. die Tafeln beim Artikel Raffael Santi), Madonna del Baldacchino (Florenz, Palast Pitti), Madonna di Foligno (Rom, Vatikan). [* 15]
Spanien und Portugal

* 20
Spanien.Außerhalb Italiens [* 16] schufen hervorragende Madonnenbilder die deutschen Meister Wilhelm von Köln, [* 17] Stephan Lochner, Martin Schongauer (s. Tafel: Deutsche Kunst [* 18] VI, [* 1] Fig. 1), Holbein [* 19] der Jüngere (s. die Tafel beim Artikel Holbein), Dürer, sowie die Niederländer Jan van Eyck, Qu. Massys, Rubens, A. van Dyck, in Spanien [* 20] Murillo. Auch die modernen Maler haben sich mit der Darstellung der Madonna beschäftigt; so die Deutschen Overbeck, Veit, Schraudolph, Deger, K. Müller, Plockhorst, Th. Grosse, Defregger, Gabriel Max, Bodenhausen.
Unter den ältern plastischen Darstellungen der Maria ist, außer den an Kirchenportalen (z. B. am Dom zu Florenz, von Giov. Pisano) angebrachten Madonnenstatuen, die Marmorgruppe der Madonna mit dem Kinde in der Liebfrauenkirche zu Brügge und die um die Wende des 15. Jahrh. entstandene, ehedem zu einer Crucifixgruppe gehörende Holzstatue der Maria im Germanischen Museum zu Nürnberg [* 21] hervorzuheben. (S. die beigefügte Tafel: Trauernde Maria.) -
Vgl. Grnyer, Les vierges de Raphaël et l'iconographie de la Vierge (3 Bde., Par. 1869);
A. Schultz, Die Legende vom Leben der Jungfrau Maria und ihre Darstellung in der bildenden Kunst des Mittelalters (Lpz. 1878);
Erkl, Die als Gegenstand christl. Kunstmalerei und Skulptur (Brixen 1883);
Fäh, Das Madonnenideal in den ältern deutschen Schulen (Lpz. 1884);
von Schreibershofen, Die Wandlungen der Mariendarstellungen in den Bildern der Kunst (Heidelb. 1886);
Baumbach, Die Madonnendarstellung in der Malerei (2. Aufl., Dresd. 1896).