Madagaskar
,
[* 2] die viertgrößte
Insel der Erde, im
Indischen Ocean, von der ihr fast parallel laufenden Ostküste Südafrikas
durch den 370–1000 km breiten, sehr tiefen
Kanal von
[* 3]
Mozambique getrennt, erstreckt sich von
Kap Amber
(11° 58') bis
Kap
Ste. Marie (25° 35' südl.
Br.) in einer Länge von 1625 km und einer mittlern
Breite
[* 4] von 500 km und hat
ein
Areal von 591563, mit den Küsteninseln von 591964 qkm. (Hierzu Karte Madagaskar.
)
Oberflächengestaltung.
[* 5] Die
Küste zeigt namentlich im NW. eine fjordküstenartige Gestaltung mit
zahlreichen vorgelagerten
Inseln und tief eingeschnittenen
Buchten, wie die Passandawabai hinter der franz.
Insel
Nossi-Bé (s. d.),
die Narinda-, die Mahajamba- und die Bombetokabai. Im
SW. sind die
Bai St.
Augustin unter dem
Wendekreise, an der Nordostecke
die herrlichen
Baien
Diego-Suarez und
Port-Louquez, weiter südlich an der Ostküste die Antongil- oder
Antão-Gonçalesbai.
Der übrige größte Teil der Ostküste verläuft fast geradlinig, ihre ursprüngliche Gliederung wurde durch das Schwemmmaterial der Flüsse, [* 6] das durch eine an der Ostküste entlang ziehende starke Strömung gehindert ist weit ins Meer hinauszugelangen, ausgeglichen. Der einzige größere, die Antongilbai abschneidende Vorsprung, sowie die als seine Fortsetzung zu betrachtende Insel Sainte Marie (s. d.) sind vulkanischen Ursprungs und schützen die hinter ihnen liegende Küste vor Versandung.
Auch Korallenriffe [* 7] gewähren diesen Schutz, wie den Reeden von Tamatave und Foulepointe. Derselben Meeresströmung verdanken die zahlreichen Lagunen längs der Ostküste von der Mündung des Ivondrona bis zu der des Matitanana ihre Entstehung; sie sind sich streckenweise so nahe, daß sie auf eine Länge von 485 km eine vor heftigen Meeresströmungen [* 8] gesicherte Schifffahrtsstraße bilden. Mit Ausnahme des nördl. sowie des südöstl. Teils bei dem verlassenen Fort Dauphin (25° südl. Br.) ist der Küstensaum flach, durch eine 15–110 km breite, sehr niedrige, sumpfige Zone gebildet.
Das Land steigt von der Küstenebene terrassenförmig auf, sanfter im W., steil im O., wo der Abfall sich auch ins Meer hinein fortsetzt. Der südl. Teil ist am wenigsten erhöht; hier breitet sich eine weite steppenartige Fläche aus bis zum südl. Wendekreis, wo sich eine bergige Hochfläche ansetzt. Das Hauptmassiv liegt etwa in der Mitte, nahe der Ostküste, das Ankaratragebirge, das in mehrern Gipfeln 2500 m übersteigt und im Tsiafajavona (2632 m) kulminiert. Dieses aus Gneis mit darüber liegendem Granit bestehende Massiv setzt sich nach S. und N. in durchschnittlich nur bis 1500 m hohen, nordsüdlich streifenden Ketten fort, die im O. durch eine Reihe von sumpfigen Senkungen und Flußthälern, besonders dem des Mangoro, von einer niedrigern der Küste parallel laufenden Kette geschieden werden, im W. aber allmählich in mehrern Absätzen zur Küstenebene abfallen.
Alle diese äußern Gebirge sind mesozoischen Ursprungs und bestehen nicht selten aus rotem Thon. Von früherer vulkanischer Thätigkeit zeugt eine große Anzahl erloschener Vulkane, [* 9] besonders am Ostrande des Centralmassivs, von dessen höchsten Gipfeln viele Eruptionskegel waren, am Itasysee und 80 km südlich davon in einer den Phlegräischen Feldern vergleichbaren Gegend. Auch die benachbarte Insel Nossi-Bé u.a. bestehen aus Lava. Warme Quellen, Kohlensäureexhalationen und Erdbeben [* 10] sind häufig.
Madagaskar
hat im allgemeinen keinen
Mangel an fließendem Wasser; doch giebt es infolge der
Bodengestaltung größere und schiffbare
Flüsse nur auf der Westseite, während die
Gewässer der Ostseite den Charakter von Gießbächen haben, häufig in vorgelagerte
Lagunen münden, wie der Ivondrona, und diese Mündungen auch nicht selten verändern. Einige erreichen
allerdings nicht unbedeutende Länge, indem sie erst die zwischen dem Centralmassiv und der Küstenkette befindliche
Senkung
durchströmen und das
Gebirge dann in meist schluchtenartigen Querthälern durchbrechen, so der den
Alaotrasee entwässernde
Manangoro, der Mangoro nebst seinem Nebenfluß Onibe (Onige), der Mananjary und der Matitanana, der das
Gebirge mit einem Fall von 180 m Höhe verläßt.
Von den in den Kanal von Mozambique mündenden Flüssen ist der mit seinem Nebenflusse Ikopa die Provinz Imerina entwässernde Betsiboka (s. d.) der größte der Insel; der in der Provinz Betsiléo entspringende Mangoka oder St. Vincentfluß entwässert ein Gebiet von mindestens 50000 qkm. Sehr bedeutend sind auch der Tsiribihina mit dem Abfluß des Itasysees und der Onilahy oder St. Augustinfluß. Der Süden mit trocknen afrik. Winden [* 11] ist sehr wasserarm.
Klima.
[* 12] Madagaskar
fällt in die Zone des Südostpassats, der in der trocknen Jahreszeit (April bis November)
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sehr regelmäßig, allerdings meist von Ost nach West weht. Im November treten großartige Gewitter auf. Der Regen wird größtenteils ans den Gebirgen der Ostseite niedergeschlagen, so daß der westl. Teil M.s regenarm ist. Infolge der eigentümlichen Bodengeftaltnng zeigt das Klima bedentende Unter- schiede. Tropische Hitze erzengt in den Sumpfniede- rungen der Küstenstriche Miasmen und die den Europäern fast stets tödlichen, unter dem Namen der Madegassischen Fieber bekannten Gallenfieber, die der Insel den Namen des europ. Kirchhofs ver- schafft baben.
Die Hochebenen des Innern dagegen sind gesund; hier steigt die Temperatur selten über 23", und die Berggipfel zeigen Eis, [* 14] aber nie Schnee. [* 15] Mineralreich. Es finden sich viel Kupfer, [* 16] Mangan und Blei, [* 17] dann Eisen, [* 18] Schwefel, Grapbit, Braun- kohlen und Marmor, fowie Bergkrystalle. Gold [* 19] ist vorhanden, besonders der Betsiboka ist goldführend. Auch Salz [* 20] gewinnt man neuerdings. Pflanzen-und Tierwelt. Die Vegetation, obschon vielfach der südafrikanischen und indifchen ähnlich, ist selbst von der der Inseln Reunion und Mauritius verschieden.
Gegen 100 Gattungen sind jetzt als Madagaskar
eigentümlich gefunden, darunter folche von eigenen: Familiencharakter
(^1i^6iiH, Vi-6xia). Befonders in den Mstengegenden ist der Pflanzenwuchs von wunderbarer Mannigfaltigkeit. Urwaldungen um-
geben in einigem Abstand von der Küste und bis zum Centralmassiv heraufreichend die ganze Insel; 1a im
Osten ist der Gürtel
[* 21] sogar doppelt. Eine grö- ßere Einbuchtung findet sich uur in der weiten Steppengegend rechts
vom untern Vetsiboka. In ihnen treten Palmen
[* 22] auf (LiZinai'clii^ I.lUania, ?Hnäami8), und aus der Vananenfamilie der durch
seine Riesenkrone zweizeilig gestellter Blätter be- rühmte «Baum der Reifenden» (il^ven^I^ in^äa- ZHäcln-iLiiLis ^o/)'.).
Im Innern, im Savannen- lande, wachsen viele auf das Kapland binweifende, Trockenheit liebende Arten.
Trotz der reichen tropi- schen Vegetation ist der größte Teil unfruchtbar, fo fast das ganze Centralmafsiv und die Savannen. Doch besitzt die centrale Region eine große Anzahl Thäler, wo die Flüsse eine dicke fruchtbare Erdfchicht zusammengetragen haben; hier wird besonders Reis, das Hauptnahrungsmittel der Madagassen, dann aber auch fast alle europ. Getreidearten sowie verschiedene tropische Gewächse (Zucker, [* 23] Kaffee, Baumwolle) [* 24] gebaut. Die Fauna ist eine der merkwürdigsten der Erde. Es fehlen ihr viele der im kontinentalen Afrika [* 25] ver- tretenen Familien, wie Katzen, [* 26] Hyänen, Affen, [* 27] Pferde, [* 28] Wiederkäuer [* 29] u. s. w. Charakteristisch sind die Halbaffen [* 30] oder Lemuren, von denen hier drei Fünftel (34) aller Arten, daruuter das seltsame Aye- Aye, gefunden werden.
Fledermäuse sind 6 Arten, darunter 2 fliegende Hunde
[* 31] vorhanden. Die Infekti- voren sind, abgesehen von einer Spitzmaus, durch 10 Arten
der Familie der Madagaskarigel
((^ents- -tiäas) vertreten. Von Raubtieren treten 8 Viverren und ein sehr
merkwürdiges Tier, die Fossa (O) pto- z)i-0cta t'61-ox Ae^n.), auf. Weiter findet sich ein Schwein
[* 32] und 3 Arten Nager' zufammen
i,5 Arten Landsäugetiere. Landvögel sind etwa in 130 Arten vorhanden, einige wenige (etwa 12) finden sich davon auch im kontinentalen
Afrika; 33 Gattungen mit 50 Arten werden nur auf Madagaskar
gefunden.
Reptilien sind zahlreich und zeigeu Beziehungen zu iud., austral. und selbst südamerik. Formen. Giftfchlangen sind selten (3 - 4 Arten) und treten uur im Tiefland an der Küste auf. Krokodile [* 33] sind außerordentlich häufig. Schildkröten [* 34] sind mehrere Arten, deren eine eine eigentümliche Gattung bildet, vorhanden. Eidechsen [* 35] finden sich in Menge, besonders sind scköne farbenprächtige und am Kopf mit Hörnern gezierte Chamäleons hervorzubeben. Die Süßwasferfifcke find wenig bekannt und fcheinen nichts besonderes zu bieten.
Spinnen [* 36] sind sehr häufig, manche sehr groß und bunt, einige sollen giftig fein. Die Skor- pione sind wenig artenreich und klein, während Tausendfüßer äußerst gemein sind und in manchen Arten eine Länge von 20 cni erreichen sollen. Die Insekten [* 37] sind sehr gut vertreten und bieten Be- ziehungen zu ind.und füdamorik. Formen. Schmetter- linge (darunter Nachtfalter mit 18 cm Spannweite) sind prachtvoll, von zwei 3lrten wird Seide [* 38] gewonnen. Auch Käfer [* 39] und besonders Heuschrecken [* 40] sind ver- treten.
Geflügel zieht man überall, fowie eingeführte Schafe, [* 41] Ziegen und befonders viele Rinder. [* 42] Bevölkernng. Die Bewohner der Insel, die sich selbst Malagassi nennen, woraus die Europäer Madegassen, Htalagasch oder Malgaschen gebildet haben, und deren Zahl auf 3520000 geschätzt wird, gehören zwei Hauptvölkern an, aber in viel- fachen Mischungen, nach Mullens sogar uur einem einzigen, einem malaiischen, auf den an der West- seite afrik. Einwanderer aufgepfropft sind.
Außer- dem giebt es Tausende von Negersklaven. Abgesehen von eingewanderten Indiern, Arabern, Makua von der Mozambiqucküste und Suaheli, besonders im Norden [* 43] und Süden, wohnt auf der Ostseite und im Innern ein oliven-, zum Teil ziemlich hellfarbiges, schön gebildetes Volk, mit schlichtem oder krausem Haar, [* 44] den Malaien nahe verwandt; auf der ganzen Westseite ein schwarzes, viel kräftigeres Volk, die Sakaläwa (etwa 1 Mill.), mit Wollhaar, aber nicht mit dem Negertypus der Mozambiquer, son- dern vom Kafferncharakter.
Die fchmale Hochebene zwischen der Ostküste und dem östlichsten Terrassen- abfalle nehmen die Betsimisäraka (etwa 400000) ein, den übrigen Osten die Bezanozäno (die fast allein als Träger [* 45] den Verkehr mit der Hauptstadt ver- mitteln), Antänala, Antaisaka, Antäimoro. Jener bellere Teil der Bevölkerung, [* 46] der vorherrschende auf der Insel, zeigt sich civilisierter als der dunkle. Alle Bewohner M.s sprechen dieselbe Sprache, [* 47] das Mala- gassi, das zum malaiischen Sprachstamme gehört und zunächst mit dem Tobadialekt der Vatak (s. d.) verwandt ist.
Sie sind meist Landbauer oder Hirten, Jäger und Fischer; uur die Howa und ihre Stammverwandten,dieBctsileo (d.h.dieUnbesieg- lichen, etwa 600000) im Süden des Ankaratrage- birges und die Antsianaka (d. h. Seebewohner) um den Alaotrasee treiben auch Industrie und sind ge- schickt in Anfertigung von Gold- und Eilberarbeiten, Holz- und Eisenwaren, Filigranarbeiten, Seiden- und Wollgeweben, namentlich von kostbaren Teppichen. Die einzelnen Stämme der Madcgafsen in der West- bülfte der Infel stehen unter der völlig defpotischen Herrschaft zahlreicher Häuptlinge. In der Osthälfte ist der Stamm der Howa (s. d. und Tafel: Afri- tanifche Völkertypen, [* 13] Fig. 7) oder Owa (etwa 1 Mill.), deren Sprache auch die ausgebildetste, der bedeutendste, civilisierteste und herrschende; ihnen gebort die schönere und wertvollere Hälfte der Insel, besonders das Centralplateau und die Umgegend des Alaotrasees mit einem Drittel der Gesamtbe- völkerung. Sie erscheinen aber erst gegen die Mitte des 18. Jahrh, in der Geschichte, als sie sich von den ¶
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Sakaläwa unabhängig gemacht hatten, Jetzt sind von den Howa nnr noch unabhängig die Sakaläwa (außer den südl. Antimenabe und einem Teile der Boe'ni), die Mahäfali, die Antandroi, die Vara im Süden das jetzt wobl ausgestorbene Zwergvolk der Wasimba, die man für die Urbewohncr hält. Die Howa nebmen, wenn auch nur äußerlich, immer mehr europ. Sitten und Gebräuche an. Unter diesem Einfluß baben sich auch Städte und Dörfer ver- doppelt; die Dichtigkeit, die im Durchschnitt 5-6 auf 1 tikm beträgt, ist in einzelnen Teilen bedeutend größer.
Die Howasprache, schon früher durch lat. Buchstaben siriert, ist, durch viele Fremdwörter be- reichert, Schriftsprache geworden, in der viele Bücher und Zeitungen erscheinen. Nationalkleidung ist die Lamba, ein Rock, der in den entlegencrn Gegenden aus dünn geklopfter Baumrinde, im Centrum der Howa aber aus Baumwolle und Seide gemacht ist. Tättowieren und Bemalen ist noch häufig, ebenso die Sitte der Blutsbruderschaft. Die Beschneidung ist bei allen nichtchristl.
Stämmen üblich. Die Frauen )^rde)l gekauft und zum Schein geraubt. Handel und Verkehr. Die Ostküste führt (meist auf engl. Schiffen) Ochsen, Mais und Reis nach Mauritius, Reunion und den Seychellen aus und erbält dafür europ. Erzeugnisse und besonders Rum, nack Europa [* 49] Kautschuk, Rindshäute und Kopal. Die Westküste verhandelt nach Sansibar [* 50] und Bombay, [* 51] den Comorcn und der Küste Afrikas Reis, Ochsen- häute, Orscille, Schildkröten, Wachs, Eben- und Pa- lisanderholz gegen Baumwollzeuge, grobe Fayenee- geschirre, Schießpulver, [* 52] Steinflinten u. s. w. 1890 betrug die Ausfuhr 3 741855 Frs., davon.häute 980000, Kautschuk 1376 676, Wachs 417 872, Rinder 360000 Frs. u.s.w.;
die Einfubr 5597 260 Fr5., darunter Tertilwareu für 2 725 780 Frs.
Die eiuzige gangbare Münze ist das franz. Fünffranken- stück, Dollar genannt;
man schneidet es in viele Stücke, die sorgfältig gewogen werden, weil Fäl- schungen äußerst häufig sind.
Die Verkehrswege sind absichtlich vernachlässigt;
das einzige Trans- portmittel sind Träger.
Doch können jetzt die Euro-
päer die ganze Insel frei bereifen und werden auck von den unabhängigen Stämmen gastfrei auf- genommen. Eine franz. Telegraphenlinie
verbindet Tamatave mit der Hauptstadt, aber kein Punkt ist an das Telegrapbennetz der Welt angeschlossen. Zwei Dampferlinien
zwifchen Mauritius und Reunion berühren auch einige Häfen M.s. Verfassung und Unterricht. Madagaskar
ist seit 1896 sranz.
Kolonie. Die frühere Königin Ranavalona III. be- bält zwar Würde und Einkommen, hat aber gar keine Regierungsrechte
mehr.
Diefe liegen vielmehr in den Händen des franz. Gouverneurs. Obgleich die Einfuhr von Stlavcn feit 1877 verboten ist, giebt es doch noch zahlreiche Sklaven. Hauptreligion ist der engl. Presbyterianismus. Katholiken giebt es etwa 10000 unter einem Bischof in Tananarivo. Der Schulbesuch ist gesetzlich vorgeschrieben; 1886 gab es 1167 malagassische und 1026 Missions- schulen (hauptsächlich der londoner Mission) mit zu- sammen 299 291 Schülern. In den Schulen wird auch Englisch und Französisch gelebrt.
Die Flagge ist weiß mit rotem Viereck [* 53] in der äußern untern Ecke und den Buchstaben 1^1 im weißen Felde. Städte. Die Hauptstadt Antananarivo oder Tananarivo (d. i. tausend Dörfer) mitten im Eentralmassiv, auf unebenem Terrain in 1460 m Höhe gelegen, hat etwa 100000 E., darunter etwa 200 Europäer, meist Franzosen, größtenteils kleine mit Ziegeln gedeckte Häuser in unregelmäßigen Straßen und eine Anzahl auf europ. Weise errichtete Gebäude. Die höchste Erbebung krönt das von einem franz. Architekten erbaute königl. Palais.
Die Stadt ist Sitz des franz. Gouverneurs und hat viel Industrie, besonders Fabrikation von ^amba. Vom königl. Palais führt eine gepflasterte Straße durch die Stadt und 20 km weiter bis zu der nörd- lich gelegenen heiligsten Stadt Ambohimanga, auf der Spitze eines isolierten Felsens, an dessen Fuße heiße Quellen entspringen. Die Hauptstadt der Betsileo, das südlich von Tananarivo in 1300 m Höhe gelegene Fianarantsoa, mit 5500 E., ist Sitz eines franz. Residenten.
Das Handelseentrum der Ostküste ist Tamatave oder Taomasina mit 15000 E., darunter etwa 100 Europäer, hauptsäch- lich Franzosen. Es liegt auf einer fchmalen Halb- infel, die init einem davorliegenden Korallenriff eine gute Reede bildet, und ist Sitz eines sranz. Residen- ten sowie eines deutschen Konsuls. Von hier aus geht der größte Teil des Handels nach den Mas- karenen und nach Europa. 1890 kamen an 255 Handelsschiffe mit 71129 t, darunter 183 englische, 39 französische, 11 deutsche und 10 dänische.
Gute Häfen der Ostküste sind ferner das ungesunde Foule- pointe oder Mahavelona, Fenerife oder Fenoa- rivo, der Haupthafen für den Reiserport, Port- Louquez, fowie die franz. Bai von Antomboka (s. d.). Der belebteste Hafen der Westküste ist der der alten Sakaläwabauptftadt M ajunga oder Mo- janga (10000 E.), Sitz enies franz. Residenten; sein Verkehr kommt dem von Tamatave nabe, bat vor diesem aber den Vorzug der leichtern Verbindung mit der Hauptstadt. Exporthafen für Orseille ist Tullear, Tolia oder Ankotsaoka an der Südwest- küste mit etwa 5000 E. Das hafenlose Andovo- ranto an der Ostküste (3000 E.) ist der Ausgangs- punkt für Toureu nach der Hauptstadt, den man von Tamatave aus läugs der Küste erreicht.
Entdcckuugsgeschichte und Geschichte. Madagaskar
, bei den Eingeborenen Nossi-Ndambo (Insel der Wild- schweine),
von den Eingeborenen der umliegenden Inseln Tani-be (Großes Land), von den Arabern Dschesiret el-Komr (Mondinsel) genannt, wurde von
dem Portugiesen Fernando Soares, der zur Flotte Almeidas gehörte, entdeckt und seitdem lange Zeit als St. Lorenzinsel, von
den ältern franz. Ansiedlern auch als Dauphine bezeichnet. Holländer und Engländer machten seit- dem
vergebliche Versuche, sich daselbst niederzulassen, noch mehr aber die Franzosen. 1642 gründete die l^ocil't" ä" i'Oricmt
eine Niederlassung an der Bucht von Ste. Luce im SO., die sie später nach der Halbinsel Tolangara verlegten, wo sie das Fort
Dauphiu erbauten; dasselbe wurde aber 1672 wieder aufgegeben; auch neue Versuche, in der zweiten Hälfte
des 18. Jahrh, dafelbft fowie auf der Insel Ste. Marie und an der Antogilbai im NO. Nieder- lassungen zu gründen, hatten nur
vorübergehenden Ersolg. Erst die Einmischung der Engländer, die mit Hilse der Howafürsten festen Fuß zu fassen suchten,
führten dazu, daß die Franzofen energisch an die Unterwerfung gingen. Durch Verträge mit ein- beimischen
Häuptlingen gewannen sie 1841 Nossi- Be und einige benachbarte Eilande. Das Haupt- hindernis gegen die Festsetzung der Europäer
auf Madagaskar
war das 1810 von König Radäma I.
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