Machiavelli
(spr. mackjawélli), Niccolò di Bernardo dei, einer der größten Staatsmänner und Geschichtschreiber Italiens, [* 2] geb. zu Florenz [* 3] aus einer alten, aber verarmten Patrizierfamilie, deren Glieder [* 4] zu den höchsten Staatsämtern der florentinischen Republik gelangt waren, ward Cancelliere (Kanzler) sowie nach der Vertreibung der Mediceer 1494 Staatssekretär der florentinischen Republik und mehrmals mit Missionen an die Höfe von Frankreich, Österreich [* 5] und Rom [* 6] betraut, über welche er ausgezeichnete Staatsschriften an seine Behörde sandte.
Als die Mediceer 1512 nach
Florenz zurückkehrten, wurde Machiavelli
von der
Staatsverwaltung entfernt und, der
Teilnahme an der
Verschwörung
von Boscoli und
Capponi gegen den
Kardinal
Giovanni de'
Medici verdächtig, eingekerkert und dann aus
Florenz
verbannt. Nachdem
Giovanni de'
Medici als
Leo X. den päpstlichen
Stuhl bestiegen hatte, durfte Machiavelli
nach
Florenz zurückkehren,
wo er aber nur zu unbedeutenden Sendungen verwendet wurde und seine Zeit poetischen und historischen
Arbeiten widmete.
Der Kardinal Julius schenkte ihm zwar sein Vertrauen, als er unter dem Namen Clemens VII. Papst geworden war; die Gunst seiner Mitbürger vermochte er jedoch nicht wiederzugewinnen. Er starb in Florenz. Seine Komödien (»Clizia«, »Mandragola« u. a.),
Nachahmungen des
Plautus, zeichnen sich durch scharfe
Charakteristik und witzigen
Dialog aus, sind aber
äußerst anstößig. Die »Istorie fiorentine«
(Flor. 1532; deutsch von
Neumann, Berl. 1809, 2 Bde., und
von
Reumont, Leipz. 1846, 2 Bde.)
von 1215 bis 1492 sind eins der vorzüglichsten Werke der italienischen
Prosa, lebendig, anschaulich, in edlem
Stil. Obwohl
Popolare, beurteilt Machiavelli
doch die Mediceer, von denen er eine
Pension von 100
Dukaten bezog, sehr mild. Machiavellis
berühmteste Werke sind seine »Discorsi sopra la prima decade di Tito Livio«
(Wien
[* 7] 1532 und 1630; deutsch von Grüzmacher, Berl. 1871),
worin er die
Verfassung des alten
Rom als die vorzüglichste preist,
»Dell' arte della guerra sette libri« und sein Hauptwerk: »Il
Principe«
(Rom 1535 u. öfter; lat.,
Leiden
[* 8] 1643;
deutsch neuerlich von
Eberhard, 2. Aufl., Berl. 1873; von Grüzmacher, das.
1870), 1514 abgefaßt und an Lorenzo de'
Medici gerichtet, worin Machiavelli
einen
Fürsten schildert, der, wie
Cäsar
Borgia, ohne Rücksicht
auf
Moral und
Religion, durch
Klugheit und konsequentes
Handeln in dem von ihm unterjochten
Staat seine
Alleinherrschaft zu begründen
weiß.
Man nennt daher eine
Staatskunst, der alle sittliche Grundlage fehlt, und welche die
Klugheit zur einzigen Richtschnur ihres
Handelns macht, Machiavell
ismus oder machiavelli
stische
Politik.
Friedrich II. erklärte in seinem
»Antimachiavell« jene
Schrift
für eine der gefährlichsten.
Da aber die im
»Principe« ausgesprochenen
Ansichten den
Grundsätzen, zu denen sich Machiavelli
in
seinen andern Werken und in seinem
Leben bekannte, durchaus widersprechen, da uns die Zeitgenossen als einen geschichts- und
welterfahrenen und dabei redlichen Mann, als einen warmen
Freund des Vaterlandes schildern, so sehen Neuere, namentlich
Herder,
Macaulay und
Ranke (»Zur
Kritik neuerer Geschichtschreiber«, 2. Aufl., Leipz. 1874),
im
»Principe« ein politisches Musterwerk für die italienischen
Fürsten damaliger Zeit, in ihrem
Geschmack
nach ihren
Grundsätzen zu dem
Zwecke geschrieben,
Italien
[* 9] von den
Barbaren zu befreien. »Machiavelli
suchte die
Heilung
Italiens, doch
der Zustand desselben schien ihm so verzweifelt, daß er kühn genug war, ihm
Gift zu verschreiben«
(Ranke). Gesamtausgaben
von seinen Werken erschienen seit 1550 öfter, so zu
Florenz 1813, 8 Bde., 1826, 10 Bde.,
und in Einem
Band
[* 10] 1833; von Parenti, das. 1843; von Polidori, das. 1857. Die
erste kritische und vollständige Gesamtausgabe veranstaltete die »Società italiana
per l'incremento degli studj« durch Passerini,
Fanfani u. a.
(Flor. 1873 ff.). Eine deutsche Übersetzung
lieferte
Ziegler (Stuttg. 1832-41, 8 Bde.).
Eine Sammlung von Machiavellis
Briefen veranstaltete
Leo (Berl. 1826). Ein
Band Gesandtschaftsberichte erschien zu
Florenz 1858.
Vgl. Villari, N. und seine Zeit (deutsch, Leipz. 1877-83, 3 Bde.);
Amico, La vita di
Niccolò Machiavelli
(Flor. 1877 ff.);
Tommasini, La vita
e gli scritti di N. Machiavelli
(Rom 1883 ff.);
Triantafillis, Nuovi studii su N. Machiavelli
(Vened. 1878).