Titel
Münch
-Bellinghausen
,
1)
Joachim,
Graf von, österreich. Staatsmann, geb. zu
Wien
[* 2] als
Sprößling eines ursprünglich kurtrierschen, 1580 geadelten
Geschlechts, der jüngste Sohn des kaiserlichen
Reichshofrats
Reichsfreiherrn
Franz
Joseph von Münch
-Bellinghausen
(geb. gest.
trat 1806 in den österreichischen
Staatsdienst und erhielt 1819 den
Posten eines Stadthauptmanns in
Prag,
[* 3] als welcher er besonders
auf dem Elbschiffahrtskongreß zu
Dresden
[* 4] 1820-21 erfolgreich wirkte. 1822 wurde er zum
Hofrat in der Staatskanzlei, 1823 zum
Staatsminister und Präsidialgesandten am
Bundestag in
Frankfurt
[* 5] ernannt, wo er in
Metternichs
Geist auf die politischen Verhältnisse
von
Deutschland
[* 6] bedeutenden Einfluß geübt hat. Er wurde 1831 in den Grafenstand erhoben und zog sich nach den
Ereignissen von 1848 ins Privatleben zurück. 1861 wurde er zum erblichen Mitglied des
Herrenhauses ernannt. Er starb
2) Eligius Franz Joseph, Freiherr von, unter dem Namen Friedrich Halm bekannter Dichter, Sohn des Freiherrn Cajetan v. M., geb. zu Krakau, [* 7] studierte in Wien die Rechte, trat schon in seinem 20. Jahr bei der niederösterreichischen Regierung in den Staatsdienst und ¶
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verheiratete sich gleichzeitig. Auf seine noch verschiedene Jahre geheim gehaltenen litterarischen und poetischen Bestrebungen hatte Michael Enk von der Burg (s. d.) bedeutenden Einfluß. Derselbe wies ihn auf die spanischen Dichter als mustergültige Vorbilder hin und übertrug auch wohl den herb pessimistischen Zug, der bei aller Weichheit durch Halms Dichtungen hindurchgeht, auf seinen Schüler. 1834 ward das Drama »Griseldis« (9. Aufl., Wien 1879) unter dem auch später beibehaltenen Pseudonym Friedrich Halm dem Burgtheater übergeben und mit so außerordentlichem Erfolg zur Aufführung gebracht, daß es sich rasch über alle Bühnen verbreitete.
Die Mischung echt dramatischen Aufbaues, lyrischer Stimmungsfülle und psychologischen Raffinements, die durch die Bearbeitung der alten Griseldis-Erzählung hindurchging, war charakteristisch für Halms ganze Anlage und Talentrichtung, welche sich auch in den nächstfolgenden, minder erfolgreichen Dramen: »Der Adept« (1836),
»Camoens« (1837),
»Imelda Lambertazzi« (1838),
»Ein mildes Urteil« (1840),
unverändert zeigte. Einen neuen Triumphzug über die deutschen Bühnen hielt der Dichter
mit dem romantischen Drama »Der Sohn der Wildnis« (1842; 6. Aufl.,
Wien 1877), in welchem die lebendige Wärme
[* 9] und sinnliche Unmittelbarkeit des Halmschen Talents die damals beinahe allein herrschenden
Tendenzdramen entschieden schlug. Aber die gesuchte Unnatur des psychologischen Motivs und das Bestreben, jede einzelne Szene,
unbekümmert um das Ganze, zur höchstmöglichen theatralischen Wirkung zu bringen, konnten ebensowenig
wie die eigentümlichen Vorzüge geleugnet werden. Münch
-Bellinghausen
war inzwischen 1840 zum Regierungsrat bei der niederösterreichischen
Regierung ernannt worden; 1845 übernahm er mit dem Titel eines k. k. Hofrats die erste Kustosstelle bei der kaiserlichen Hofbibliothek,
um die er sich durch wichtige Reformen verdient machte. 1861 ward er zum lebenslänglichen Mitglied des
österreichischen Herrenhauses, später zum Hofbibliothekarpräfekten ernannt; 1869-71 leitete er unter dem Titel eines Generalintendanten
die beiden Wiener Hoftheater, speziell das Burgtheater.
Seine dichterische Thätigkeit hatte er während aller Wandlungen seiner äußern Stellung gleichmäßig fortgesetzt. Die Tragödien: »Sampiero« (1844) und »Maria da Molina« (nach dem Spanischen des Gabriel Tellez, 1847),
das Lustspiel »Verbot und Befehl« errangen nur mäßige Bühnenerfolge. Dafür wurde die Tragödie »Der Fechter von Ravenna« (1854; 3. Aufl., Wien 1877), welche die alten Halmschen Vorzüge der spannenden Erfindung, der malerischen Anordnung und der klangvollen Sprache [* 10] neben den alten Mängeln innerer Unwahrheit der Motive und Gestalten aufwies, mit rauschendem Beifall allerorts aufgenommen. Auch der halbkomische Streit, in welchem ein bayrischer Schullehrer, Franz Bacherl, die Autorschaft des »Fechters von Ravenna« beanspruchte, und der zu dem Schluß leitete, Halm sei durch das Machwerk Bacherls: »Die Cherusker in Rom« [* 11] auf den interessanten Konflikt seiner Komödie hingewiesen worden, trug zur Verbreitung des Halmschen Trauerspiels bei. Nächst den kleinen Festspielen zur Schiller- und Shakespeare-Feier: »Vor hundert Jahren« und »Ein Abend in Titchfield« dichtete Halm noch die Dramen: »Eine Königin« (1857),
»Begum Somru« (1860) und »Wildfeuer« (1864, 4. Aufl. 1877),
ein romantisches Lustspiel, in dessen Erfolg sich die Triumphe seiner Dichterjugend nochmals erneuerten. Der Sammlung seiner »Gedichte« (Stuttg. 1850; 3. Aufl., Wien 1877; Auswahl 1886) ließ der Dichter eine Sammlung seiner Werke (das. 1857-64, 8 Bde.) folgen, deren letzte Bände nach seinem in Wien erfolgten Tod erschienen (9.-12. Bd., hrsg. von F. Pachler und E. Kuh, das. 1872) und unter anderm seine interessanten, aber krankhaft gespannten und düstern »Novellen« enthalten. Auch »Neueste Gedichte« erschienen aus seinem Nachlaß (Wien 1872).