Mäuseturm.
An zahlreiche, meist im Wasser stehende Türme knüpfen sich in verschiedenen europäischen Ländern Lokalsagen, nach denen in Zeiten der Hungersnot hartherzige Könige (Popiel in Polen, Snio in Dänemark), [* 2] Bischöfe (Hatto in Bingen) [* 3] und sonstige Gewalthaber, von Mäusen und anderm Ungeziefer verfolgt, sich auf einen hohen, vom Wasser isolierten Turm [* 4] geflüchtet hätten, aber auch dort vom Ungeziefer erreicht und gefressen worden seien. Die jetzt bekannteste Form der Sage vom Bischof Hatto ¶
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(s. d.) im M. bei Bingen (s. d.) stammt erst aus dem 14. Jahrh., während sie zwei Jahrhunderte früher bereits vom König Popiel in Polen erzählt wurde. In einer der ältesten, von Giraldus Cambrensis erzählten Version muß sich der von unzähligen Fröschen verfolgte Mann auf einen kahlen Baum flüchten, wo er verhungert, und daraus schließt Liebrecht (»Zur Volkskunde«, Heilbr. 1879), daß diese weitverbreiteten Sagen vielleicht alle von einem alten Volksgebrauch, Hungersnöte durch Aufhängen der Vornehmsten an einem kahlen Baum (Galgen) als Opfer zu beschwichtigen, entstammen möchten.