(griech.), fast wasserhelle oder nur schwach opalisierende
Flüssigkeit von etwas salzigem
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Geschmack, einem spezifischen Gewicht von 1,020-1,040 und alkalischer Reaktion, welche sich in den Lymphgefäßen von den verschiedensten
Körperteilen und Körpergegenden her nach dem Herzen hin bewegt und sich mit dem Venenblut vermischt, kurz bevor dieses in
das rechte Herz gelangt. Die Lymphe entsteht durch Filtration aus dem Inhalt der Blutkapillaren und enthält
alle Bestandteile des Blutplasmas. Dadurch, daß sie in einem außerordentlich weit verzweigten Gefäßsystem langsam den Körper
durchströmt, liefert sie denGeweben diejenigen Substanzen, deren sie zu ihrer Ernährung bedürfen, und nimmt Zersetzungsprodukte
aus den Geweben mit sich fort.
Sie tritt alsdann wieder in die Blutbahn ein, wo ihre noch brauchbaren Bestandteile aufs neue verwertet
werden, während die Zerfallsprodukte schnell zur Ausscheidung gelangen. Die ist diejenige Flüssigkeit, welche im Organismus
am reichlichsten vertreten ist; ihre Menge beträgt nach Krause ⅓, nach andern mindestens ¼ des Körpergewichts. Wie das
Blut, ist auch die Lymphe keine reine Lösung, sie enthält vielmehr auch Formbestandteile: Lymphkörperchen,
rote Blutscheiben und Fetttröpfchen.
Die Lymphkörperchen sind identisch mit den farblosen Blutkörperchen.
[* 3] Die roten Blutscheiben sind in der Regel nur in sehr
spärlicher, zuweilen aber in solcher Anzahl vorhanden, daß sie der eine mehr oder weniger starke rötliche Färbung zu erteilen
vermögen. Diese Gebilde stammen aus dem Blut; sie verlassen dasselbe auf die im Artikel »Blut« beschriebene
Weise. Fetttröpfchen sind weder konstante noch allen Lymphgefäßbezirken zukommende Formbestandteile.
Man findet sie zur Zeit der Fettverdauung in der Darmlymphe oder dem Chylus, und sie werden von dort durch den Milchbrustgang
dem Blut zugeführt. Nach reichlicher Fettfütterung finden sie sich in solcher Menge in den Chylusgefäßen,
daß deren Inhalt weiß wie Milch erscheint. Die gelösten Bestandteile der Lymphe stimmen mit denen des Blutplasmas überein, doch
erscheinen sie in andern Mengenverhältnissen. Bei annähernd gleichem Gehalt an anorganischen und leicht löslichen organischen
Bestandteilen enthält die Lymphe durchschnittlich 2 Proz. weniger
Eiweißstoffe als das Blutplasma. Da die Eiweißstoffe der Lymphe sonst gleiche Natur mit denen des Bluts besitzen und diese Flüssigkeit
außerdem auch die für die Gerinnung so bedeutungsvollen farblosen Blutkörperchen enthält, so gerinnt die Lymphe kurze
Zeit nach ihrer Entleerung.
Sie enthält viel Kohlensäure, aber keinen oder nur sehr wenig Sauerstoff. Die Bewegung der Lymphe durch die
Gewebe
[* 4] und zum Blut hin geschieht nur unter einem unbedeutenden Druck und wird an vielen Stellen allein vom Blutdruck unterhalten.
An andern Orten ist die Beziehung zwischen Blut- und Lymphgefäßsystem viel weniger innig, und die abgesonderte Lymphe würde
ruhig liegen bleiben, wären nicht für ihre Fortschaffung ganz besondere Mechanismen vorhanden. So stellt
z. B. der sehnige Teil des Zwerchfells einen sehr kunstvollen Apparat für die Aufsaugung und Fortschaffung der aus der Bauchhöhle,
eine Art Pumpwerk dar, dessen Triebkraft in den Bewegungen des Zwerchfells gesucht werden muß.
Ganz ähnliche Vorrichtungen hat man auch in den die Muskeln
[* 5] einhüllenden sehnigen Häuten und im Brustfell
angetroffen. Ein weiteres Moment für die Fortbewegung der Lymphe wird durch die Aspiration des Thorax gegeben, denn der größte
Teil des Milchbrustganges liegt innerhalb der Brusthöhle, und außerdem befindet sich in deren Nähe ein großes, ununterbrochen
von den Eingeweiden der Bauch- und
Beckenhöhle und von den Beinen aus gespeistes Reservoir, die Lymphzisterne.
Endlich wird auch der Abfluß der Lymphe dadurch erleichtert, daß die Lymphstämme bei der Kontraktion der Skelettmuskeln zusammengepreßt
werden. Aus den Gliedmaßen kann die Lymphe überhaupt nur dann regelmäßig fortgeschafft werden, wenn diese aktiv oder passiv
bewegt werden. Bei einigen Tieren, besonders bei den Amphibien und einigen Vögeln (z. B. bei den Straußen),
kommen bei der Bewegung der Lymphe außerdem noch rhythmisch pulsierende Lymphherzen (vgl. Lymphgefäße) in Betracht.
(lat.), Milchsaft, eine farblose oder gelblichweiße, alkalisch reagierende Flüssigkeit, welche sich aus dem
Blute durch die Wände der Haargefäße hindurch ergießt, die feinern Gewebsbestandteile aller Organe umspült und die verschiedenen
Gewebe des Körpers ernährt. Die Lymphe enthält also Bestandteile des Blutes (Wasser, Salze, Eiweiß, Faserstoff,
Fette) und die Umsatzprodukte der Gewebe (Harnstoff, Protagon und Extraktivstoffe). Die Gesamtmenge der durch die großen Lymphstämme
in die Blutbabn hineingeleiteten und des Chylus (s. d.) kommt in 24 Stunden der gesamten Blutmenge gleich; hiervon entfällt
die Hälfte auf den Chylus, die andere auf die Lymphe. Die die Gewebe durchtränkende Parenchym- oder Ernährungsflüssigkeit
ist eine farblose, alkalisch reagierende Flüssigkeit, welche je nach den verschiedenen Geweben eine andere Zusammensetzung
hat.
Eine krankhafte Anhäufung derselben in den Geweben stellt die Wassersucht (Ödem) dieser dar. Die Lymphe fließt aus den Geweben
wieder ab, und zwar so, daß sich die feinen wandlosen Lücken in dem Gewebe der einzelnen Organe, die
Saftkanäle, zu zartwandigen Gefäßchen, den Lymphkapillaren, ansammeln, welche sich endlich als isolierte Stämmchen von
den Organen loslösen. Diese Lymphgefäße oder Saugadern (Vasalymphatica s. resorbientia), die einen den Blutgefäßen ähnlichen
Bau haben und wie die Venen mit Klappen versehen sind, welche den Rückfluß ihres Inhalts hindern, treten
zu immer größern Stämmchen zusammen, die
an einzelnen Stellen zu den Lymphdrüsen (s. d.) anschwellen, in denen die Lymphe wichtige
chem. und morphotische Veränderungen erleidet.
Zuletzt treten die Lymphgefäße zu zwei großen Stämmen zusammen, von denen der größere, rabenfederkieldicke als Brustmilchgang
(Ductusthoracicus) bezeichnet wird; er nimmt die Lymphgefäße des Bauches und der Beine auf, erstreckt
sich vom zweiten oder dritten Lendenwirbel auf der linken Seite der Wirbelsäule bis zum Halse und ergießt sich sodann in
die linke Schlüsselbeinvene (Venasubclavia). Der andere, der sog. rechte Saugaderstamm (Truncuslymphaticus dexter), sammelt
die Lymphgefäße des rechten Arms, der rechten Seite des Halses, des Kopfs und der Brust aus und mündet
in die rechte Schlüsselbeinvene.
Die Lymphe wird durch den Druck der aus den Haargefäßen ausgepreßten Flüssigkeit und durch die Kontraktion der die Lymphgefäße
umgebenden Körpermuskeln bewegt, und ihr Rücktritt in das Blut ist dadurch möglich, daß an den Mündungsstellen
das Blut wegen der ansaugenden Wirkung der Atmung unter geringerm Drucke steht. Bei gewissen Tieren, wie bei Reptilien und einigen
Vögeln, geschieht die Bewegung der Lymphe durch eigentümliche Muskelapparate , die rhythmisch pulsierenden Lymphherzen. Auf ihrem
Wege zum Blut wird die Lymphe insofern verändert, als in den Lympbdrüsen zellige Bestandteile, die mit den
farblosen Blutkörperchen identischen Lymphkörperchen (Lymphzellen, Lymphoidzellen), entstehen, die sich der Lymphflüssigkeit
beimischen und nach ihrem Übergang in das Blut sich in rote Blutkörperchen umwandeln; dadurch und durch große Mengen feinzerteilten
Fettes bekommt die Lymphe ein milchähnliches Ansehen.
Diese Lymphe ist chemisch dem Blutserum sehr ähnlich und unterscheidet sich von diesem fast nur
dadurch, daß sie nur halb soviel Eiweiß enthält als jenes. Auch gerinnt die Lymphe wie das Blut unter Bildung eines festen Lymnphkuchens
und eines klaren, farblosen Lmnphserums. Eine besondere Art der Lymphe ist der aus der Darmwand gebildete Chylus (s. d.),
der auch die verdaute Nahrung teilweise aufnimmt.
Unter den Erkrankungen der Lymphgefäße sind am wichtigsten die krankhafte Erweiterung derselben (Lymphangiektasie) infolge
von behindertem Abfluß der Lymphe, ferner die Verengerung und Verschließung der Lymphgefäße durch Druck von Geschwülsten und
Verstopfung durch Konkremente, Krebs- und Tuberkelmassen, welche zu wassersüchtigen Anschwellungen der betroffenen
Teile führt, und die Lymphgefäßentzündung (Lymphangitis), welche meist von Entzündungen der Haut
[* 6] und des Zellgewebes sowie
von vergifteten, mit zersetzten organischen Substanzen infizierten Wunden ausgeht, zu schmerzbafter Schwellung und Rötung
des betroffenen Gliedes und fieberhaften Allgemeinstörungen führt und seltener in Zerteilung, meist in Eiterung übergeht.
Man behandelt sie anfänglich mit kalten Umschlägen, Blutentziehungen und ruhiger Lagerung des erkrankten
Körperteils. Hat sich aber einmal eine deutliche Infiltration gebildet, so muß die Eiterung durch warme Umschläge und warme
Bäder befördert und der angesammelte Eiter durch einen möglichst frühzeitigen Einschnitt entfernt werden. ChronischeEntzündung
und Verdickung der Lymphgefäße findet sich bei der Elephantiasis (s. d.).
Lymphe heißt auch die in den Kuhpockenbläschen enthaltene Flüssigkeit. (s. Impfung.)
[* 7]
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