
Lutry
(Kt. Waadt,
Bez. Lavaux).
308 m. Gem. und kleine Stadt, am rechten Ufer des
Genfersees und am Fuss des westl. Abschnittes des Weinbaugebietes
von
Lavaux; an der Strasse
Lausanne-Vevey-Saint Maurice;
Strassen nach
Ouchy und
Morges,
Savigny,
Grandvaux und
Forel. Die
sog.
Route des
Monts geht 2 km über Lutry
durch. 4,5 km osö.
Lausanne und 3,8 km wnw.
Cully. Station der Simplonbahn; 1,4 km
nw. vom Städtchen die Station La
Conversion der Linie
Bern-Lausanne. Strassenbahn nach
Lausanne. Dampfschiffstation. Postbureau,
Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit den Weilern
Corsy Dessous (oder
Petit Corsy),
Corsy Dessus (oder
Gros Corsy),
La Croix, Savuy,
Le Châtelard und zerstreut gelegenen
Häusern: 405
Häuser, 2243 Ew.; Städtchen: 129
Häuser, 1326 Ew. Lutry
ist die bedeutendste Ortschaft des Bezirkes
Lavaux.
Reformierte Kirchgemeinde Lutry.
Die durch ihre innere architektonische Ausstattung bemerkenswerte Pfarrkirche zu
St. Martin
ist sehr alt und wird 1228 zum erstenmal genannt. Zu jener Zeit gehörte sie zum Benediktinerpriorat
zu Lutry.
Das Chor und das erste Gewölbe des Schiffes zeigen den Uebergangsstil zwischen dem romanischen und gotischen Bausystem,
während die vier folgenden Gewölbe des Langhauses der Gothik des 14. Jahrhunderts angehören. Die Kirche brannte 1344 zum
Teil ab, wurde aber wieder aufgebaut und im Laufe des 16. Jahrhunderts nochmals restauriert, bei welchem
Anlass man die Gewölbe des Langhauses 1577 durch einen tüchtigen Künstler mit Fresken schmücken liess.
Diese hervorragenden Malereien im italienischen Renaissancegeschmack sind voller Originalität und zeichnen sich durch sorgfältige Linienführung und Farbenverwendung aus. Sie sind erst vor kurzem wieder aufgefrischt worden. 1577 erbaute man das rundbogige Westportal, das eine bemerkenswerte Vereinigung von Säulen mit Basreliefs zeigt. Zu dieser Zeit erstellte man wahrscheinlich auch den Glockenturm, dessen von Ecktürmchen flankierter Spitzhelm kurz nachher von einem Sturm zu Boden geworfen und dann durch ein einfaches vierseitiges Turmdach ersetzt wurde.
Vor kurzem hat man in die Fensteröffnungen des Chores Glasmalereien eingesetzt. Gegenwärtig wird die ganze Prioratskirche
einer gründlichen Restauration unterzogen, deren Kosten von einer eigens zu diesem Zweck gebildeten Gesellschaft getragen
werden. (Vgl. über diese Kirche:
Rahn, J.
Rud. Geschichte der bildenden Künste in der
Schweiz. Zürich
1876). Ausser
der Kirche sind in Lutry
und Umgebung noch bemerkenswert ein aus der Zeit der
Berner
Herrschaft stammendes
Schloss, der alte
Burgturm Bertholot und das ebenfalls
schon aus alter Zeit datierende
Schloss
Montagny. Am Quai steht das 1899 eingeweihte Rathaus
mit grossem Sitzungssaal. Nördl. der Stadt eine
Mühle. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist wie in den
anderen Uferorten der Weinbau.

Zahlreiche in Lutry
und seiner Umgebung gefundene Altertümer weisen darauf hin, dass diese Gegend schon recht früh besiedelt
gewesen sein muss. Die ältesten geschichtlichen Nachrichten reichen ins Jahr 516 zurück, zu welcher Zeit Lutry
zu denjenigen
Ländereien gehörte, die König Sigismund von Burgund der Abtei
Saint Maurice vergabte. Dann schweigen
die Urkunden für die Dauer mehrerer Jahrhunderte über die
weiteren Schicksale des
Ortes. Immerhin scheint es, dass nebst
anderen Ländereien auch Lutry
zu Ende des 10. Jahrhunderts von König Rudolf III. von Burgund dem Kloster zu
Saint Maurice
wieder weggenommen und an Günstlinge des
Hofes verschenkt worden ist. 1017 setzte dann derselbe König
das Kloster wieder in einige seiner früheren Rechte über Lutry
ein.
Nachdem bald darauf das Königreich Burgund an das deutsche Kaiserreich gefallen war, erhielt
Bischof Burkhard von
Oltingen
nebst anderem Grundbesitz auch Lutry
,
Chexbres und
Corsier von Kaiser Heinrich IV. zu
Leuen. Es ist dies
der Beginn der Oberherrschaft der
Bischöfe von
Lausanne über die Gegend von
Lavaux. Die
Bischöfe bestellten für die Rechtsprechung
und Verwaltung in den Kirchgemeinden Lutry
und
Villette einen eigenen Meyer (mayor), dessen Amt bald erblich wurde und dessen
Titel in der Folge sich zum Familiennamen umgestaltete.
Einer dieser Beamten,
Jean Mayor, kam mit dem
Bischof Benoît de Montferrat in Fehde und drohte ihm mit dem Abfall, wenn er
sich nicht gewissen sehr harten Forderungen unterziehen wolle. Nachdem aber der
Bischof bei den Städten Bern
und Freiburg,
mit denen er
im Burgrecht stand, Klage erhoben hatte, wurden 1488 diese Forderungen als ungiltig erklärt und zugleich
den Leuten von Lutry
und
Villette mehrere dehmütigende Strafen auferlegt, wie z. B. die Schleifung der Stadttore und die
Abschaffung des Meyeramtes.
Aber schon der nächstfolgende
Bischof, Aymon de Montfalcon, setzte 1492 denselben
Jean Mayor wieder in sein früheres Amt
ein. Zur Zeit der Eroberung der Waadt
(16. Jahrhundert) hatte Lutry
mancherlei
Leiden mit in den Kauf zu nehmen, die in einem heute
verschwundenen aber noch vom Geschichtschreiber Ruchat benutzten Manuale des Rates von Lutry
aufgezeichnet waren (vergl.
den Dictionn. histor. du
Cant. de
Vaud von Martignier und de Crousaz). Während der
Berner
Herrschaft stand
der Stadt Lutry
neben dem Bannerherrn und dem Gouverneur noch ein Kleiner
Rat von 12 Mitgliedern vor, dem sich ein
Grosser
Rat von 24 Mitgliedern, ein Gerichtshof, ein Verwaltungshof für die Zehnten und Grundzinse und ein Konsistorium beigesellten.
Als zur Zeit der Protestantenverfolgungen in Frankreich unter Ludwig XIV. zahlreiche Flüchtlinge in
die Waadt
kamen, liessen sich einige derselben auch in Lutry
nieder. Lutry ist die Heimat des Bannerherrn
Jean
Pierre Blanchet, der
später den Titel eines
Barons de
Laïs erhielt und 1705 hingerichtet wurde, weil er sich unter Ludwig XIV. eine für die Armee
in Italien bestimmte Geldsumme rechtswidrig angeeignet hatte; von Louis Burnier (1795-1873), der zahlreiche
kirchengeschichtliche und pädagogische Schriften verfasst hat; des Staatsmannes und politischen Schriftstellers Louis François
Cussat (1758-1842), des Generalmajors in holländischen Diensten
Pierre François Crousaz (1690-1770) und des Offiziers in
Diensten der Ostindischen Kompagnie
Jean François Paschoud (1725-1783).
Luttenberg - Luzein

* 2
Seite 43.229.1025 stiftete ein gewisser Anselmus, wahrscheinlich Kanzler des Königs Rudolf III., in Lutry ein dem h. Martin geweihtes Priorat, das der Abtei Savigny im Lyonnais unterstellt wurde, aber schon nach wenigen Jahren durch seine mächtigen weltlichen Nachbarn aller seiner Länder und Güter beraubt worden war. Darüber erhoben die Mönche von Lutry, der Abt von Savigny und Bischof ¶
mehr
Burkhard von Lausanne Klage bei Kaiser Heinrich IV., der 1087 die Rückerstattung des Raubes an das Priorat erzwang. Von diesem Augenblick an begann für dieses eine Zeit des Aufschwunges, so dass es bald zu einem der an Ländereien, Einkünften und verschiedenen Rechten über eine Reihe von Orten reichsten Klöster der Gegend sich entwickelte. So gehörten ihm, um nur eines zu nennen, alle Reben in seiner Umgebung. Erst 1464 gab es - allerdings unter gewissen Vorbehalten - seine Leibeigenen frei. Da es stets unter der Abtei Savigny im Lyonnais stand, war es auch dem Erzbistum Lyon angegliedert, trotzdem es auf einem Boden stand, der zum weltlichen Besitz des Bistums Lausanne gehörte. Zur Zeit der Einführung der Reformation kam 1537 zwischen den Mönchen und den Abgeordneten von Bern ein Uebereinkommen zu stande, nach welchem die zur neuen Lehre übertretenden Klosterbrüder in ihrer alten Behausung bleiben durften, während die übrigen sie zu verlassen hatten. Die Ländereien und Einkünfte des einstigen Priorates wurden 1539 von Bern der Gemeinde Lutry zu Gunsten ihres Spitales überlassen.
Auf dem Châtelard hat man zahlreiche sog. Hockergräber (d. h. Gräber mit Skeleten in kauernder Stellung) aufgedeckt. Jedes einzelne dieser Gräber besteht aus 5 Steinplatten, ist ein Meter lang und enthält ein Skelet. Die Toten sind mit dem Antlitz gegen Sonnenaufgang gewendet. Neben den Skeleten enthielten diese Gräber noch verschiedene andere Gegenstände, wie Schneckenschalen, Bernsteinstifte, Steinhämmer, Ohrringe aus durchlöcherten Wildschweinzähnen etc.
Lutry war früher eine der vier grossen politischen und Kirchgemeinden von Lavaux, zu der bis 1823 auch noch die jetzige Gemeinde und Kirchgemeinde Savigny gehörte. Jetzt bilden Lutry und Savigny den westlichen der drei Kreise des Bezirkes Lavaux und zählen zusammen 3315 Ew.