Lupine
(Feigbohne,
Wolfsbohne,
Lupinus Lupine
),
Gattung aus der
Familie der
Papilionaceen,
Kräuter oder
Halbsträucher, selten
Sträucher mit einfachen oder handförmigen, 3-15zähligen Blättern, endständigen, oft quirligen Blütentrauben und
weit aus dem
Kelch vorragender, meist seidenhaariger
Hülse
[* 2] mit schwammigen Querwänden. Etwa 80
Arten,
meist in
Amerika,
[* 3] einige im Mittelmeergebiet. Die weiße (Lupine
albus Lupine), mit weißen
Blüten und gelbweißen
Samen,
[* 4] findet sich
in
Italien,
[* 5]
Sizilien,
[* 6]
Thrakien und im südlichen Rußland, wurde von den
Römern gebaut und auch als Gründünger benutzt; die
mehlreichen, aber bittern
Samen wurden gegessen. Sie wird auch jetzt noch in
Italien kultiviert; im
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16. Jahrh. baute man sie am Rhein, im 18. in Sachsen;
[* 8] sie hat als Gründünger Wert, das Vieh aber verschmäht Blattwerk und
Samen. Die gemeine Gartenlupine
(Lupine hirsutus Lupine), mit blauen oder purpurroten, auch fleischfarbenen
Blüten und an allen Teilen mit weichen Haaren bekleidet, findet sich am häufigsten in den Gärten, wild
in den Mittelmeerländern, wurde von den alten Griechen kultiviert, bei denen ihre Samen den Ärmern, wie noch heute den Mainoten,
zur Speise diente.
Das Vieh frißt Kraut und Samen begierig, doch fordert die Pflanze bessern Boden und gewährt keinen Vorteil vor der gelben Lupine.
Die
sizilische Lupine
(ägyptische, römische, neapolitanische Lupine
thermis Forsk.) ist mehr oder minder weichhaarig,
hat weiße Blüten mit blauem Schiffchen und Samen, welche denen der weißen Lupine
gleichen, aber größer und eckiger sind. Sie
wächst in den Mittelmeerländern und wird in Südeuropa häufig kultiviert. Sie gibt reiche Futtermassen, bringt aber bei
uns ihre Samen nicht oder sehr spät zur Reife; die Ägypter essen die letztern in Salzwasser gekocht und
geschält.
Die perennierende (Lupine
perennis Lupine), mit kriechendem Wurzelstock, aus mehreren halben Blütenquirlen bestehenden Blütentrauben,
blauen Blumen und kleinen Samen, stammt aus Nordamerika,
[* 9] wo die Samen von Kanada bis Florida gegessen werden, erträgt
unsre Winter recht gut, fordert einen guten, wasserhaltenden Boden, nimmt aber den Untergrund nicht in Anspruch und kann die
perennierenden Kleearten ersetzen, wo der Untergrund fehlerhaft ist. Sie gibt früh und reichlich Futter, welches dem Vieh
viel weniger zuwider ist als das der gelben (Lupine
luteus Lupine). Diese und die blaue
(Lupine
angustifolius Lupine) sind für die Landwirtschaft weitaus am wichtigsten.
Die gelbe Lupine
hat eine lange, aus mehreren Quirlen zusammengesetzte Blütenähre, große, goldgelbe, wohlriechende Blüten und
rundliche, weiße, schwarz gefleckte Samen. Die pfahlförmige Wurzel
[* 10] dringt über 1 m in den Boden. Die gelbe Lupine
stammt aus Sizilien,
wurde in Deutschland
[* 11] zuerst 1840 in Groß-Ballerstedt in der Altmark gebaut und verbreitete sich von da sehr bald im Sandland.
Die blaue Lupine
, welche aus Spanien
[* 12] zu uns kam, hat einen nach oben stark verästelten Stengel,
[* 13] kurze, ährenförmige Trauben mit
blauen Blüten und rötlichgraue, weiß punktierte Samen von der Größe der Wicken.
Die und besonders die gelbe, ist für ärmern sandigen Boden wegen ihrer mannigfaltigen Benutzung zur Weide, [* 14] zu Grünfutter, zur Heu- und Körnergewinnung und ganz besonders auch zur Kräftigung und Hebung [* 15] des Bodens von großem Wert. Sie gedeiht am besten in freier, sonniger Lage, wenn der Ober- und der Untergrund aus Sand besteht und von stagnierender Nässe frei ist. Zunehmender Kalk- und Thongehalt sind von ungünstigem Einfluß, auf moorigem oder undurchlassendem Untergrund gedeiht sie nicht.
Lehmiger Sand paßt für Futtergewinn, armer Sand, der noch Roggen trägt, für Kornernten. Auf allzu armem Boden ist eine leichte
Düngung angebracht; Gips
[* 16] befördert den Blattwuchs. Lupinen
sind Brachfrüchte, Roggen gedeiht nach ihnen
ungedüngt sehr gut. Auf geeignetem Boden kann man sie ein- oder mehreremal nach sich selbst folgen lassen und erhält aus
der zweiten und dritten Bestellung das beste Saatgut. Zur Bestellung genügt ein einziges Tiefpflügen, bei trocknem Klima
[* 17] im
Herbst. Bei breitwürfiger Saat braucht man auf 1 Hektar für Lupinenheu
120-130, für Grünfutter und Weide
150, für Körnergewinnung 180 kg, bei Reihensaat 80-90 kg. Letztere ist besonders zur Erzielung von bestem Saatgut empfehlenswert,
wobei man die
Hülsen erntet, sobald sie reifen.
Zur Gründüngung säet man Ende Mai oder Anfang Juni, zur Heugewinnung vier Wochen früher, zur Körnergewinnung nach Bestellung der Erbsen, zur Gewinnung von Grünfutter zu verschiedenen Zeiten. Die Vegetationsdauer beträgt 20-24 Wochen; man erntet, sobald sich die Hülsen am Hauptstengel bräunen, zur Heugewinnung aber bei Halbreife. Man erhält 80-100, selbst 160 Zentner Heu vom Hektar, welches für die Mastung dem Wiesenheu voran-, dem Kleeheu gleichsteht. An Körnern erntet man 17-52 Neuscheffel und 1566-1960 kg Stroh.
Die blaue ist genügsamer als die gelbe und gedeiht noch auf grandigem Boden und im Sand mit grandigem Untergrund. Bei der Samenreife
läßt sie die Blätter gänzlich fallen, so daß man nur Stengel und Hülsen erhält; aber der Ausfall ist
viel geringer, und man erntet 26-51 Neuscheffel Körner und 1960-2940 kg Stroh. Das Vieh frißt die Körner der blauen Lupine
lieber
als die der gelben. Bei ersterer dringen die Wurzeln nicht tief in den Boden ein, und die Nachfrucht, namentlich Roggen, fällt
daher viel schlechter aus. Deshalb bevorzugt man die gelbe Lupine
überall, wo man sie mit Vorteil
bauen kann. Die Keimfähigkeit der Lupine dauert zwei Jahre; ein Neuscheffel gelber Lupinen wiegt 41, blauer 36,5
kg. Lupinen enthalten etwa:
gelbe | blaue | |
---|---|---|
Wasser | 9.45 | 16.19 |
Proteinstoffe | 39.13 | 21.66 |
Fett | 4.06 | 4.90 |
Zucker | 2.35 | 1.65 |
Gummi und Pektin | 15.90 | 13.69 |
Verwertbare Cellulose | 13.29 | 27.85 |
Nicht verwertbare Cellulose | 11.45 | 10.23 |
Bitterstoffe | 0.60 | 0.46 |
Mineralstoffe | 3.59 | 2.58 |
Die Lupinenkörner bilden ein leichtverdauliches, bei richtiger Verwendung für Mastzwecke vortrefflich geeignetes Futter. Alle Tiere müssen aber an Lupine erst gewöhnt werden, und Pferde [* 18] und Rinder [* 19] fressen nicht leicht die bittern Kerne. Zur Entbitterung der Lupinen weicht man sie 48 Stunden in Kochsalzwasser, dann 8-12 Stunden in mit Schwefelsäure [* 20] angesäuertem Wasser, oder man weicht sie drei Tage in dem doppelten Gewicht Wasser, welches auf 1 Ztr. Lupinen 2,5 kg Salzsäure enthält, behandelt sie am vierten Tag einige Stunden mit reinem Wasser und kann sie dann direkt verfüttern.
Hierbei gehen etwa 19 Proz. Proteinstoffe, 18-24 Proz. stickstofffreie Nährstoffe und 40-50 Proz. Salze verloren. Die Entbitterung erscheint deshalb sehr unrationell und gewährt auch bezüglich der Verdaulichkeit kaum Vorteile. Die Schädlichkeit der unentbitterten Samen ist oft auf Schimmelpilze zurückzuführen, von denen Lupinen sehr leicht befallen werden. Häufiger, als man glaubt, werden die Lupinen als Kaffeesurrogat benutzt. Anleitung zum Lupinenbau geben die Schriften von Thaer (Berl. 1859), Kette (8. Aufl., das. 1877), Gropp (6. Aufl. 1857), Günther (Hannov. 1857).
Die Lupinen enthalten ein kristallisierbares. Alkaloid, das Lupinin C21H40N2O2 , welches farblose, luftbeständige Kristalle [* 21] bildet, angenehm fruchtartig riecht, intensiv bitter schmeckt, in Wasser, Alkohol und Äther sich löst, bei 68° schmilzt, im Wasserstoffstrom bei 255-257° ohne Zersetzung siedet, aber auch schon bei 70° in sehr merkbarer Menge verdampft und sich mit Wasserdämpfen destillieren läßt. Es reagiert stark alkalisch und bildet mit Säuren neutrale kristallisierbare Salze. Neben dem kristallisierbaren ¶
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Alkaloid konstatierte Liebscher auch das Vorhandensein flüssiger Alkaloide. Die Alkaloide des Lupinensamens wirken lediglich als Nervengift, und zwar ist das kristallisierbare Lupinin etwa zehnmal weniger giftig als die flüssigen Alkaloide.
Vgl. Baumert, Das Lupinin (Berl. 1881).