Lungenschn
ecken
(Pulmonata
Cuv.), eine
Gruppe der
Schnecken
[* 2] (s. d.), unterscheiden sich durch den
Besitz einer
Lunge
[* 3] von
allen übrigen
Schnecken, welche teils mit der gesamten
Haut,
[* 4] teils mittels
Kiemen atmen. Diese
Lunge ist bei einem Teil der
Lungenschn
ecken nichts als der zu Atmungszwecken umgewandelte Endabschnitt der
Niere, beiden übrigen hingegen eine Kiemenhöhle,
deren
Kieme geschwunden ist; in beiden
Fällen liegt sie in der
Decke
[* 5] des
Mantels, steht durch das sogen. Atemloch auf der rechten
Seite des
Rückens mit der Außenluft in
Verbindung und enthält ein
Netzwerk
[* 6] fein verzweigter
Blutgefäße.
Die Lungenschn
ecken des
Süßwassers füllen im Jugendzustand die Mantelhöhle noch mit
Wasser, später erst mit
Luft;
einige
Arten von
Planorbis und
Limnaeus bewahren sich die Fähigkeit, in der erstern
Weise zu atmen, zeitlebens und ersticken
so unter
Wasser nicht. Die Lungenschn
ecken sind meist mit einer
Schale versehen, und auch bei den anscheinend nackten (z. B. der
Ackerschnecke,
s. d.) ist meist noch ein Rudiment derselben unter dem
Mantel verborgen. Ein wahrer Deckel, wie ihn viele
Meeresschnecken tragen, fehlt gänzlich, dafür aber wird von manchen
Arten
vor der
Periode der
Lethargie (bei großer
Wärme
[* 7] und Trockenheit oder im
Winter) eine kalkige
Platte zum vorübergehenden Verschluß des Gehäuses abgesondert. Im innern
Bau
stehen die Lungenschn
ecken den
Vorderkiemern unter den Meeresschnecken sehr nahe, sind jedoch, gleich den
Hinterkiemern
(s.
Schnecken),
Zwitter.
Die Geschlechtswerkzeuge bestehen im wesentlichen aus einer
Zwitterdrüse, welche
Samen
[* 8] und
Eier
[* 9] produziert, einer oft mächtigen
Eiweißdrüse, einem
Samenbehälter für den bei der
Begattung aufgenommenen
Samen und den äußern
Genitalien. Besonders merkwürdig
ist der sogen.
Liebespfeil, ein in einer besondern
Tasche aufbewahrtes, aber hervorstülpbares Kalkstäbchen,
das wahrscheinlich bei der
Begattung als Reizorgan Verwendung findet. Bei einer
Gruppe von Lungenschn
ecken findet sich außer den gewöhnlichen
Augen am
Kopf noch eine Anzahl derselben auf dem
Rücken vor; sie stehen dort auf kleinen
Höckern und sind eigentümlicherweise
in ihrem
Bau den
Augen der
Wirbeltiere ähnlicher als denen der
Schnecken oder andrer Wirbellosen.
Nur wenige Lungenschn
ecken gebären lebendige
Junge, die meisten legen ihre
Eier entweder in
Schnüren oder einzeln ab. Die
Entwickelung verläuft
mit einer sehr geringen
Metamorphose. Die Lungenschn
ecken leben teils von pflanzlichen, teils von tierischen
Stoffen
und fressen sich
zuweilen sogar gegenseitig auf. Man kennt über 6000
Arten. Von den im
Wasser lebenden sind die bekanntesten die
Gattungen
Limnaeus
(Schlammschnecke, s. d.) und
Planorbis
(Tellerschnecke); von den Landbewohnern die nackten
Arion
(Wegeschnecke, s. d.) und
Limax
(Ackerschnecke, s. d.), die beschalten
Helix (Weinbergsschnecke, s. d.) und Achatina
(Achatschnecke, s. d.). Unter den fossilen
(s. Tafel
»Tertiärformation
[* 10] I«) ist in neuerer Zeit die Art
Planorbis multiformis (s. d.) berühmt geworden,
da sie ein direktes
Zeugnis für die Richtigkeit der Deszendenzlehre darstellt.
Vgl. Pfeiffer, Naturgeschichte deutscher Land- und Süßwassermollusken (Weim. 1821-28);
Kobelt, Illustriertes Konchylienbuch (Nürnb. 1876-81);
Roßmäßler, Ikonographie der Land- und Süßwassermollusken Europas (Leipz. 1835-59).