Lungenprobe
(Pneumobiomantik, Docimasia pulmonum hydrostatica), der mit der
Lunge
[* 2] eines neugebornen
Kindes angestellte
Versuch, welcher aus dem
Schwimmen oder Niedersinken der
Lunge im
Wasser darthun soll, ob das
Kind nach der
Geburt
Luft geatmet
hat oder nicht. Die erste Anwendung der Lungenprobe
zu legalem
Zweck fand 1682 durch
Schreyer in
Zeitz
[* 3] statt, und bald nahm man ziemlich
allgemein an, daß das
Schwimmen der
Lungen eines Neugebornen beweise, daß dasselbe nach der
Geburt gelebt
und geatmet habe, während das Untersinken derselben darthue, daß es bereits
vor der
Geburt gestorben sei. Dieser
Grundsatz
der und die daraus abgeleitete Beweiskraft derselben wurde aber bis auf die neueste Zeit herab ebenso lebhaft bestritten
wie scharfsinnig verteidigt. Ein
Kind kann nämlich nach der
Geburt eine kurze Zeit lang leben, ohne zu
atmen, wenn es noch durch den
Nabelstrang mit dem mütterlichen
Körper in
Verbindung bleibt; auf der andern
¶
mehr
Seite aber kann ein Kind in einzelnen Fällen schon vor und während der Geburt geatmet haben. Auch können die Lungen unter
gewissen Bedingungen selbst nach vorgängigem Atmen im Wasser untersinken, wenn sie z. B. durch ausgeschwitzte Stoffe ausgefüllt,
hepatisiert, sind (wie bei angeborner Syphilis), anderseits, ohne durch Einatmen Luft aufgenommen zu haben,
schwimmen und zwar durch eingeblasene Luft und durch Fäulnis, welche in ihrem Gewebe
[* 5] Luft entwickelt. Muß demnach die Lungenprobe
als
ein unsicheres Verfahren anerkannt werden, so wird doch ein erfahrener Gerichtsarzt, der vorzeitige Atmung und angeborne Lungenentzündung
mit dem Mikroskop,
[* 6] eingetretene Fäulnis aber mit bloßem Auge
[* 7] erkennen kann, die etwanigen Klippen
[* 8] sicher
vermeiden.