Die Stadt hat seit 1853 nur zwei Klöster. Sie zählt (1880) 6129 Einw.
Jenseit des
Sees liegen die sogen. Windkeller von Caprino (cantine di Caprino),
natürliche Höhlungen im
Felsen, in denen sich der
Wein vortrefflich hält. Die achttägige Oktobermesse ist ein bedeutender
Viehmarkt: bis 10,000
StückRindvieh (weniger
Pferde)
[* 2] werden zugeführt. Seit einiger Zeit ist Lugano besuchter Luftkurort geworden.
Bezirk der Kantons Tessin.
33120 ha gross und 45031 Ew., also 136 Ew. auf einen km2.
Umfasst den grössern Teil des Sottocenere und grenzt im N. an die Bezirke Bellinzona und Locarno, im S. an den Bezirk Mendrisio
und im
O. und W. an die italienische Provinz Como. Er wird von vier Bergketten eingerahmt. Im W. erhebt sich die
Gruppe des Monte Tamaro, die von Magadino am Langensee nach S. zieht und den Monte Tamaro (1961 m), Gradicioli (1939 m) und Lema
(1652 m) trägt;
von diesem letztern zweigen mehrere Arme aus, die die steilwandigen Thälchen des sog. Malcantone voneinander
trennen. Im N. finden sich der Monte Cenere und die Berge des Val Collá als gute Naturgrenze zwischen dem
s. Tessin
und dem Sopracenere;
Garzirola (2116 m), Bar (1820 m) und Caval Drossa (1635 m). Das s. vom Monte Cenere liegende Val d'Isone gehört politisch zum
Sopracenere. Vom Monte Garzirola geht eine Kette nach S. aus, die bis zum Luganersee streicht und den Bezirk als wahre Mauer
im O. von Italien trennt; die Landesgrenze folgt vom San Luciopass (1537 m) an über den Pairolo (1705
m), Sasso Grande (1487 m) und Monte Boglia (1520 m) bis zum Monte Brè (930 m) genau der Kammlinie. Alle diese Berge gewähren
eine sehr schöne Aussicht auf den ganzen Bezirk, die oberitalienischen Seen, die Alpen und den Apennin.
Im S. vervollständigen der Luganersee, das Bergland von Caprino (1122-1320 m) und die Vorberge des Monte Generoso (1704 m) die
natürliche Umrahmung des Bezirkes, der dazu noch in seiner Mitte von einem NO.-SW. ziehenden und die Wasserscheide zwischen
dem Thalbecken von Lugano und der grossen Ebene von Agno bildenden Hügelzug in zwei nahezu gleich grosse
Teile geschieden wird.
Bezirkshauptort ist Lugano. Der Bezirk umfasst 12 Kreise und 101 Gemeinden: Kreis Lugano mit Lugano;
845 Reformierte. 8022 Häuser, worunter 7765 Wohnhäuser.
Ackerbau und Viehzucht genügen zum Unterhalt der Bevölkerung nicht, so dass schon seit sehr langer
Zeit ein grosser Teil entweder jedes Jahr temporär auswandert (besonders nach der Westschweiz und Frankreich) oder die Heimat
endgiltig verlässt. Grosse Auswandererzüge nach Nordafrika, Kalifornien und Südamerika haben die Einwohnerzahl von einer
Reihe von Dörfern bis auf die Hälfte vermindert. Die männlichen Bewohner des Val Colla ergreifen aus
jahrhunderte alter Tradition immer den Beruf eines Kupferschmiedes oder Ofensetzers.
Die Umgegend von Lugano hat zu jeder Zeit eine grosse Zahl von berühmten Künstlern (Architekten, Bildhauer, Maler) hervorgebracht.
Im Malcantone werden die jungen Leute mit Vorliebe Dachdecker, Gipser und Maurer. Die Jugend der hoch in den
Bergen oder abseits von Verkehrswegen gelegenen Dörfer verschmäht es ebenfalls, sich der Landwirtschaft zu widmen, und sucht
sich ihr Brot als Maurer, Flachmaler, Kunstschreiner oder Bauunternehmer. Der Luganese ist ausserordentlich tätig und arbeitsam
und verfügt über einen gut ausgeprägten
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künstlerischen Sinn, der sich oft ganz unerwartet äussert. Wichtige Zentren für die Luganeser Auswanderer sind besonders
Luzern,
Bern,
Neuenburg,
Genf,
Paris, Mailand und Turin. Diejenigen, die ihre Heimat nur periodisch verlassen (die sog. maestrani) kehren jeden Winter regelmässig
wieder in ihr Dorf zurück und stellen ihre Wanderungen erst im reifen Mannesalter ein.
Die meist nur von den Frauen und Greisen betriebene landwirtschaftliche Tätigkeit steht natürlich nicht auf einer hohen
Stufe. Der einst ausserordentlich lohnende und ergibige Weinbau hat unter allerlei Pflanzenkrankheiten, besonders dem Mehltau
und dem Oidium, und neuerdings auch unter dem Auftreten der Reblaus stark gelitten. Die einheimischen
Reben haben daher 1901 blos noch 971 hl Wein im Wert von 22019 Franken geliefert, während aus den eingeführten amerikanischen
Isabellareben 19938 hl Wein im Wert von 242283 Franken gewonnen wurden.
Seitdem die Bekämpfung der Rebenkrankheiten vermittels des Kupfervitrioles auch im Volk bekannt geworden ist, hat man wieder
mit der Neuanpflanzung von einheimischen Reben begonnen. Die Zucht der Seidenraupe ist ebenfalls im Rückgang
begriffen: 1871 hat sie 147371 kg Cocons im Wert von 590383 Fr., 1901 dagegen nur noch 50059 kg Cocons im Wert von 182032 Fr.
geliefert. Auch die industrielle Tätigkeit hat noch keinen festen Fuss fassen können und konzentriert
sich hauptsächlich in und um Lugano, wo wir Eisenkonstruktionswerkstätten, Möbelfabriken, Gerbereien, Lederfabriken, zwei
Bierbrauereien, eine Schokoladefabrik, verschiedene Tabakmanufakturen und sieben Teigwarenfabriken finn. Uhrenindustrie blüht
in Arogno (zwei Geschäfte), mechanische Weberei in Melano, Reisdrescherei in Maroggia. In mehr als 30 Ortschaften des Bezirkes
bestehen Molkereien.
Hauptmarkt für den. Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte ist Lugano. Der Boden erzeugt jede Art
von Getreide und Obst. Oliven, Granatäpfel, Tabak etc., doch ist keines dieser
Erzeugnisse der Gegenstand eines intensiven
Anbaues. Die einst mit üppigem Grün bekleideten Berghänge über 1400 m sind in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
beinahe völlig abgeholzt worden, indem man den Wald entweder behufs Umwandlung zu Alpweiden in Brand steckte
oder zu Spekulationszwecken in unsinniger Weise massenhaft niederlegte. Heute hat der Bezirk noch 4679 ha Gemeindewald und 5679 ha
Privatwald. Diese Waldungen setzen sich meist aus Eichen, Buchen, Linden und Ahorn zusammen, während Nadelhölzer nur ausnahmsweise
auftreten. Daneben bedecken die Kastanienhaine noch eine Fläche von 2444 ha und gehen einen ziemlich
ansehnlichen Ertrag. Die Viehstatistik ergibt folgende Zahlen:
Die vom Monte Tamaro herabkommende Magliasina und der am Camoghè entspringende Vedeggio, die beide in den Luganersee münden,
richten durch ihre oft plötzlich eintretenden Hochwasser zeitweise grosse Verheerungen an. Aus den Bergen des Val Colla kommt
der WildbachCassarate, der das Thal von Lugano durchzieht und ö. der Stadt ebenfalls in den Luganersee
sich ergiesst. Bei starkem Regenfall kann der See ausserordentlich stark steigen und dann ebenfalls das anliegende Land überschwemmen;
so stand z. B. im November 1896 der grösste Teil der Stadt Lugano während einer vollen Woche unter Wasser. Von besonderem.
Interesse ist auch der geologische Bau des Bezirkes. Erratische Blöcke finden sich in grosser Zahl überall
zerstreut, und der Lago Muzzano (30 ha) und Lago d'Origlio (700 ha; im
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(Kt. Tessin,
Bez. Lugano).
Vor Kurzem wurde eine elektrische Linie eröffnet, die vom Bahnhof Lugano ausgehend,
dem Hügel nachfährt, welcher das rechte Ufer von Cassarate überragt, sie verbindet die Stadt mit Tesserete im Val Capriasca.
(Bistum). Des Christentum wurde in die südl. Alpenthälern in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung
eingeführt durch die Bischöfe von Mailand und Como, unter denen sich besonders auszeichneten: St. Mona
von Mailand (193-251), welcher der Apostel der Alpenbevölkerung im N. von Como genannt wurde, und St. Felix romanus, Bischof
von Como (379-391), dem man die Gründung der Pfarreien Locarno, Lugano und Bellinzona zuschreibt. Die Heiligen Provino, Franz
und Abbondio von Mazedonien (489), ihre Nachfolger als Bischof von Como, verbreiteten die neue Religion
besonders in den Thälern des Tessins.
Diese Mission wurde ihnen erleichtert durch die Bischöfe von Novara, welche mit denen von Como bis ans Ende des 10. Jahrhunderts
Besitzer eines Teiles dieser Länder waren. Beim Tode von Atto oder Attone, Bischof von Vercelli (954),
der einen Teil des Leventinathals zum Lehen hatte und der einige Jahre in Giornico zugebracht haben soll, wo man ihm dem Bau
der interessanten Basilika S. Nicolas zuschreibt (Rahn in seinen Monumenti artistici medioevali delTicino, Bellinzona 1894 hält
sie um zwei Jahrhunderte älter), gingen die Riviera, Blenio und das Leventinathal an das Bistum von Mailand
über; seit dieser Zeit
trugen die gewöhnlichen Domherren den Titel Conti delleTreValli und führten dort den ambrosianischen
Ritus ein.
Der andere Teil des gegenwärtigen Kantons Tessin,
mit Ausnahme von Brissago und Tesserete blieb weiter ein Teil des Bistums Como mit
dem römischen Ritus. Nach dem Historiker Torricelli (Orazioni sacre, Lugano 1817) hatten die Bischöfe von Como schon seit
dem Jahre 1200 ihre vorübergehende Residenz in Lugano, in einem Hause des PlatzesSant’Antonio. Aber gegen das Ende des 14. Jahrhunderts
liess Bonifacius von Modena, der Bischof von Como, in der Mitte der Stadt einen schönen Palast erbauen,
der den Bischöfen gelegentlich ihrer amtlichen Besuche und während der Sommerferien zur Residenz dienen sollte.
Bis im Jahre 1844 konnte man auf der Türe dieses Gebäude die Inschrift lesen: † MCCCXLVI. Dominus Bonifacius de MutinaEpiscopus Cumanus lumen utriusquejuris fecit construit palatium quodnunc Lugani nititur latum a parteanteriori brachiis sexaginta duobus cum Ecclesia B. Geminiani et cum muris usque ad lacum similiter latis brachiis sexagintaduobus ad honorem Dei Cumanæ Ecclesiæ et bonorum hominum. Aus dieser Zeit stammt die Benennung Halbkathedrale, die der
Kirche von San Lorenzo zugelegt wurde. Im Jahre 1844 baute man auf diesem Platze einen Palast, der der
Regierung des Kantons Tessin
zur Residenz bestimmt war; die Bischöfe wählten dann als Residenz den FleckenBalerna bei Mendrisio, wo Francesco
Bonesana, der Bischof von Como, eine grossartige Villa am Anfange des 18. Jahrhunderts hatte errichten lassen.
Zur Verbreitung des Glaubens im Tessin
trug viel bei, dass die Bischöfe von Como besonders verschiedene Rechte
besassen, die von fürstlichen Schenkungen stammten. So wurde Bellinzona mit den dort erhobenen Zehnten und anderen Rechten
schon im Jahre 712 von Luitprand, dem König der Lombarden, dem Bischof Diodato gegeben; diese Schenkung wurde im Jahre 1311 von
Heinrich VII. bestätigt. Diese Bischöfe hatten auch Rechte über Locarno, Lugano und Mendrisio. Im Jahre 1340 gaben die Visconti
von Mailand das Bleniothal den Grafen Pepoli von Bologna zum Lehen, welche ihrerseits dieses Thal im Jahre 1450 den Bentivoglio
aus der gleichen Stadt abtraten. Aber 1457 ging das Blenio an den Herzog von Mailand über. 1484 mussten
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die Domherren das Leventina- und das Bleniothal an den Kanton Uri
abtreten. Dagegen erhielten sie vom Herzog von Mailand die Zollrechte
über das Castel Seprio. Von dieser Zeit an trugen sie den Titel «Signori e Conti della
valle di Blenio nello spirituale e nel temporale – ed esercenti in Leventina e Riviera ogni maniera di
giurisdizione spirituale plenariamente». Diese zeitlichen Rechte fielen dahin, sobald im Jahre 1560 das Blenio als Vogtei
der Kantone Uri,
Schwyz
und Nidwalden
erklärt wurden. In der Mitte des 16. Jahrhunderts predigten einige Patrizier von Locarno, mit der Hülfe des Paters
Beccaria von Mailand die Reformation in der Stadt Locarno; aber diese Versuche wurden schleunigst unterdrückt
durch ein Dekret der Tagsatzung von Baden, datiert vom Um die Verbreitung der «Ketzerei» zu
verhindern, besuchte Carlo Borromeo, der Erzbischof von Mailand und Kardinal, in den Jahren 1567, 1570, 1576, 1581, 1583 und 1584 alle
Thäler des Tessins und brachte in viele Pfarreien ein neues Leben. Da er das Fehlen einer gebildeten und
auf der Höhe ihrer Aufgabe stehenden Geistlichkeit bedauerte, so gründete er (1579) das Collegium Helveticum, wo 20 Schweizer
und 20 Graubündner unentgeltlich aufgenommen wurden.
Zur Zeit der Revolution wurde diese Gründung aufgehoben; aber infolge der Reklamationen von schweizerischer
Seite gewährte die österreichische Regierung den Schweizern 24 Freiplätze in den Seminarien des Erzbistums Mailand. Dieses
Konkordat wurde im Jahre 1859 von der italienischen Regierung anerkannt. San Carlo gründete auch ein Seminar in Pollegio bei
Biasca, im Mittelpunkt der drei obern Tessinthäler. Aber erst im Jahre 1622 konnte sein Vetter,
der Kardinal Friedrich Borromeo, dieses kleine Seminar einweihen, in welchem noch jetzt die jungen Priester des Kantons einen
Teil ihrer theologischen Studien machen.
Im Jahre 1595, nach dem Tode von San Carlo verlangte die Tagsatzung von Baden vom Papst Clemens VIII. die Trennung der tessinischen
Gebiete von den Bistümern von Mailand und von Como. Dennoch wagte man nicht, zu streng darauf zu beharren, weil man die Anhänglichkeit
der Bevölkerung an ihre Bischöfe kannte. Als im Jahre 1803 die Unabhängigkeit des Tessins erkannt wurde, und später, 1805,
1813, 1815 und 1819, verlangte die Regierung vom Heiligen Stuhl und von der eidgenössischen Tagsatzung
ein selbständiges Bistum.
Diese delikate Frage wurde in die Länge gezogen. Die Geistlichen, und besonders diejenigen, welche von Mailand abhingen,
zeigten keineswegs den Wunsch, das Bistum zu wechseln, obschon oft ein halbes Jahrhundert verging, ohne dass sie das Vergnügen
hatten, den Bischof seine geistliche Tätigkeit in den Thälern des Tessins ausüben zu sehen. Jedoch begab
sich im Jahre 1833 eine geistliche Deputation nach Rom, um zu einer endlichen Lösung zu gelangen. Aus politischen Gründen,
denen Oesterreich nicht fern stand, und auch, weil die nötigen, vom Papste verlangten Fonds zur Unterhaltung eines Bischofs
und eines Seminars im Tessin
fehlten, führten die Unterhandlungen zu keinem Ende. Im Jahre 1852 unterdrückte
die radikale Regierung fast alle religiösen Korporationen; 1855 beschloss sie, den Kanton von den Bistümern Mailand und
Como abzulösen und ihn mit dem Bistum Chur oder Basel
zu vereinigen.
Der HeiligeStuhl liess durch seinen Vertreter Monsignore Bovieri in Luzern
mitteilen, dass er diesen Vorschlägen
seine Zustimmung nicht geben könne, dass er aber bereit sei, zur Schaffung eines tessinischen Bistums in Unterhandlungen
einzutreten, vorausgesetzt, dass die Regierung einwillige, die Ausführung der beschlossenen Dekrete gegen die Kirche aufzuheben
oder wenigstens deren Ausführung aufzuschieben. Auf die Einladung des Grossen Rates des Tessins veröffentlichte
die Bundesversammlung am den Beschluss, dass jede fremde bischöfliche Jurisdiktion im ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft
aufgehoben sei. Dieser Beschluss führte einen Konflikt zwischen Kirche und Staat herbei, der bis zum Jahre 1884 dauerte,
bis dann eine Konvention zwischen dem Bundesrat und dem Heiligen Stuhl bezüglich der geistlichen Beziehungen
und dem Kanton Tessin
geschlossen wurde. Folgendes ist der Text dieser Uebereinkunft:
Art. 1. Die Pfarreien des Kantons Tessin
werden
kanonisch von den Bisthümern Mailand und Como losgetrennt und unter die geistliche Administration
eines Prälaten gestellt, welcher den Titel eines apostolischen Administrators des Kantons Tessin
annimmt.
Art. 2. Die Ernennung des apostolischen Administrators geschieht durch den Heiligen Stuhl.
Art. 3. Sollte der Titular vor der endgültigen Organisation der Kirchenverhältnisse der Pfarreien des Kantons Tessin
mit Tod abgehen,
so werden der Bundesrath, der Kanton Tessin
und der HeiligeStuhl sich über die Verlängerung des durch gegenwärtige
Uebereinkunft aufgestellten Provisoriums verständigen.
Art. 4. Der Kanton Tessin
verpflichtet sich, die für die Vollziehung dieses Uebereinkommens, namentlich in Bezug auf den Gehalt des
apostolischen Administrators, seinen Wohnsitz u. s. w., erforderlichen Massnahmen zu treffen.
Art. 5. Die Ratifikationen dieses Uebereinkommens sind binnen drei Monaten in Bern
auszuwechseln.
Monsignore Eugène Lachat, Bischof von Basel,
wurde zum apostolischen Verwalter des Tessins ernannt; die tessinische
Regierung gewährte der neuen Institution eine jährliche Subvention von Fr. 17000, wovon Fr. 12000 für diesen Verwalter
bestimmt sind und Fr. 5000 für einen Lehrstuhl der Philosophie und Theologie für die Seminaristen.
Monsignore Lachat, der vom Papst zum Erzbischof von Damiette ernannt worden war, hielt am seinen
feierlichen Einzug in Bellinzona und fixierte seine Residenz in Balerna. Er gründete unverzüglich ein geistliches Seminar
in Lugano, in der früheren Villa Fè; schon am 17. November des gleichen Jahres konnte das neue Institut mit 48 Seminaristen eröffnet
werden. Monsignore Lachat starb fünfzehn Monate nach seiner Ernennung, am Am folgenden Tage wurde Monsignore
Castelli von Melide, Generalvikar des Bischofs, vom heiligen Stuhl mit der vorläufigen geistlichen Leitung des Tessins betraut.
Er verlegte seine Residenz nach Lugano.
Neue Unterhandlungen wurden zwischen dem Tessin,
Bern
und Rom angeknüpft. Leo XIII. ernannte durch ein Breve vom den
Oberkirchenvorsteher (arciprete) von Bellinzona, Vincenzo Molo, zum Titularbischof von Gallipolis und apostolischer Verwalter
des Tessins. Die Konsekrationsfeier fand am 2. Oktober in Bellinzona statt. Monsignore Molo hielt seinen Einzug in Lugano am Indessen
wurde die Uebereinkunft zwischen der Schweiz und dem heiligen Stuhle, welche die kirchlichen Verhältnisse
des Tessins definitiv regelte, erst am unterzeichnet; am 7. September des gleichen Jahres veröffentlichte der Papst Leo
XIII. die Bulle der Gründung des Bistums Lugano. (BulleAd Universum,Bellinzona 1889). Nach dieser Bulle ist das
Bistum Lugano aeque principaliter mit dem von Basel
vereinigt, mit dem Vorbehalte jedoch, dass der als apostolischer Verwalter
ernannte Bischof gänzlich unabhängig und immer ein Tessiner sei, bestätigt vom Bischof von Basel.
Das Bistum Lugano erhält die
gleichen Rechte wie das von Basel.
Das Kapitel von Lugano hat dagegen das Recht, an der Wahl des Bischofs von
Basel
teilzunehmen. Die Jurisdiktion des Bischofs von Lugano erstreckt sich auf die 242 Pfarreien des Kantons, von denen 162 einen
unabsetzbaren, die andern einen absetzbaren Pfarrer haben und den Namen Vizepfarreien annehmen. 188 Pfarreien haben den römischen, 54 den
ambrosianischen Ritus.
Das frühere Seminar Santa Maria in Pollegio, das im Jahre 1852 aufgehoben worden war, wird 1876 wieder
eingesetzt. In der eben genannten Bulle wird es dazu bestimmt, junge Seminaristen des Kantons aufzunehmen, welche die Gymnasialkurse
besuchen. Der Staat leistet an dieses Seminar eine Jahresrente von Fr. 1200 zu Gunsten der Schüler des
Blenio- und des Leventinathales. Monsignore Molo wollte den Seminaristen ein gesunderes, geräumigeres und den Anforderungen
der Hygiene besser entsprechendes Gebäude bieten und liess in prächtiger Lage, oberhalb des Bahnhofes Lugano, ein grossartiges
Gebäude errichten, das am eingeweiht wurde, einige Monate vor dem Tode des Bischofs, der am erfolgte.
Monsignore Peri Morosini, ein Luganeser, Titularbischof
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von Arca, wurde vom Papste auf den Bischofssitz von Lugano berufen. Er hielt am seinen feierlichen Einzug in Lugano.
Bibliographie.
Franscini, Stef. IlCantoneTicino. St. Gallen
und Bern
1835. - Torricelli: Orazioni sacre. Lugano 1837. - Nessi, G.-G. Memorie storiche diLocarnofino al1860.Locarno 1854. - Esame di un’ Apologia di alcune leggi ticinesi in materia ecclesiastica.
Lugano 1860. - Cattaneo: I Leponti. Lugano 1874. - Baroffio: Dei paesi e delle terre costituenti il cantone diTicinodaitempi remoti fino all' anno 1798. Lugano 1879. - Rigolo, G. Scandaglio istorico ecc.Bellinzona 1886. -
Motta: Bollettino storico della Svizzera italiana.Bellinzona 1886. - Mgr. Peri Morosini: La Questione diocesana ticinese.Einsiedeln 1892. - Rahn: Monumenti artistici medioevali delTicino. Bellinzona 1894. - Borrani, Siro. IlTicinoSacro. Lugano 1896. -
Antognini, G. La Diocesi di Lugano 1903. - Buetti, Guglielmo. MemorieStoriche. Lugano 1906.
1) Bezirk im schweiz. Kanton Tessin,
[* 10] hat 327,1 qkm und (1888) 40350 E., darunter 303 Evangelische, in 101 Gemeinden. - 2) Hauptstadt des
Bezirks Lugano, in 276 m Höhe, auf dem nördl. Ufer des Luganer Sees, an der Linie Bellinzona-Chiasso der Gotthardbahn,
mit Drahtseilbahn vom Bahnhof (338 m) zur Stadt und Dampferverbindungen auf dem See, Sitz des Kantonsgerichts, hat durchaus
ital. Charakter, (1888) 7097 E., darunter 184 Evangelische, Post, Fernsprecheinrichtung, eine Promenade am Seeufer mit Brunnenstandbild
Tells, einen Monumeutalbrunnen auf der Piazza del Grano, hochgelegene Hauptkirche SanLorenzo, wahrscheinlich
von Tom.
Rodari Ende des 15. Jahrh. erbaut, mit Marmorfacade, eine Klosterkirche Sta.
Maria degli Angioli mit einem der schönsten Freskogemälde Bern.
[* 11] Luinis (Passionsgeschichte Christi; um 1530), mehrere Klöster,
einen Palazzo Civico, früher Regierungsgebäude, ein Theater,
[* 12] ein palastartiges Hôtel du Parc und das
Liceo Ticinese mit der Kantonsschule, Bibliothek und verschiedenen Sammlungen, Quellwasserleitung; Seiden- und Tabakfabrikation,
Papiermühlen, Eisen- und Kupferhammer, Viehmärkte, sowie bedeutenden Fremdenverkehr.
In der Umgebung liegen zahlreiche Villen und Campagnen, von denen sich namentlich die Villen Enderlin, Maraini, Luvini, Ciani,
Castagnola und Trevano durch ihre prächtigen Parkanlagen auszeichnen; die bekanntesten Aussichtspunkte
sind der Monte-Salvatore (909 m), 3 km südlich von Lugano, mit Drahtseilbahn, der Monte-Bré (933 m), 3 km östlich, und der
am andern Seeufer, hinter dem Monte-Caprino und dem Colmo di Creccio aufsteigende Monte-Generoso (s. d.
und Generosobahn).
Schon im 10. Jahrh. ein bedeutender Marktflecken, hatte Lugano im
spätern Mittelalter viel durch die Fehden der Geschlechter Rusca und Visconti zu leiden, bis
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es 1434 an Mailand
[* 14] fiel; 1512 wurde es an die Eidgenossen abgetreten, deren Landvögte Stadt und Landschaft Lugano bis 1798 als
«Gemeine Herrschaft» regierten. Unter der Helvetischen Republik war es Hauptstadt des gleichnamigen Kantons und wurde durch
die Mediationsakte von 1803 dem neuen Kanton Tessin
zugeteilt, dessen Hauptstadt es mit Locarno und Bellinzona abwechselnd
war, bis der Regierungssitz 1881 nach Bellinzona verlegt wurde.