Luganer
Alpen (Kt. Tessin und Italien). Die Luganer Alpen sind begrenzt: im N. durch eine fast gerade Linie vom obern Ende des Comersees über den Joriopass (Passo di San Jorio) nach dem obern Ende des Langensees (Lago Maggiore) im W. durch den Zangensee, im S. durch die lombardische Ebene und im O. durch den Comersee. In ihnen finden die Südl. Kalkalpen ihr westliches Ende. Oestl. vom Comersee erreichen diese Kalkalpen in der Grignagruppe noch 2400 m, zwischen Corner- und Luganersee im Monte Galbiga und Monte Generoso noch 1700 m. Zwischen Luganer- und Zangensee aber sinken sie rasch auf 1200 und dann auf unter 1000 m ab und lösen sich ausserdem in einzelne wenig zusammenhängende Hügelgruppen auf. Westl. vom Langensee endlich verschwinden sie ganz, und es treten die krystallinen Gesteine der Zentralalpen direkt an die Poebene. Was wir aber hier Luganer Alpen nennen ist doch kein blosses Kalkgebirge, sondern setzt sich aus geologisch und orographisch sehr verschiedenartigen Teilen zusammen. Mit dem Kalkgebirge vereinigen sich
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beträchtliche Eruptiv-, insbesondere Porphyrmassen und noch ausgedehntere krystalline Schiefer.
Diese letztern umfassen den nördl. Teil der Luganer Alpen und werden hier speziell als Seegebirge bezeichnet. An das Kalkgebirge grenzen sie längs einer Linie, die von S. Abbondio am Comersee westl. über den Monte Torrione nach Sonvico, dann südwestl. über Lugano, Ponte Tresa und Grantola nach Castello am Langensee zieht. Im N. werden sie vom Tessinermassiv geschieden durch eine schmale Zone von Hornblendegneisen und Hornblendeschiefern, die vom N.-Ende des Comersees über den Joriopass zum N.-Ende des Langensees zieht und dann nach SW. streichend und allmählig breiter werdend in den Amphibolitzug von Ivrea übergeht. In unserm Gebiet bilden sie eine nördl. einfallende Mulde, so dass das Tessinermassiv über das Seegebirge überschoben zu sein scheint.
Zunächst dem Amphibolitzug finden wir noch ähnliche Zweiglimmergneise wie im Tessinermassiv, dann aber folgen weniger vollkrystalline und wahrscheinlich jüngere Gesteine aus der Gruppe der Serizitgneise, Serizitschiefer, Chlorit- und Talkschiefer in vielfacher Wechsellagerung und allmäkligen Uebergängen. Sie sind durchgängig steil aufgerichtet und zeigen einen fortwährenden Wechsel des Schichtenfalls, stellen also wahrscheinlich ein System eng aneinander gepresster Falten, eine alte Zentralmasse, dar. Am S.-Rand sinken sie rasch in die Tiefe und werden diskordant von jüngern Bildungen überlagert, bilden also dann die Grundlage der Luganer Kalk- und Porphyrgebirge.
Dem Seegebirge gehören die beiden grossen und mehrfach verzweigten Gebirgsstöcke des Camoghè im NO. und des Monte Tamaro im NW. an. Sie werden von einander getrennt durch die Senke des Monte Cenere, über, resp. durch den Strasse und Eisenbahn aus dem Tessinthal nach Lugano oder aus dem Sopra Cenere nach dem Sotto Cenere führen. Vom Cenere senkt sich das schöne und fruchtbare, in seinem unteren Teil schon recht italienische Val d'Agno nach S. Lugano liegt jedoch nicht am Ausgang dieses Thals, sondern am Ausgang des östlicher gelegenen Val Cassarate.
Die Bahn ist daher genötigt, den trennenden Hügelzug kurz vor Lugano nochmals in einem Tunnel zu durchschneiden. Die beiden genannten Thäler zeigen einen auffallenden Parallelismus, indem sie beide in der Nähe des Camoghè beginnen, dann zunächst nach SW. sich senken, das eine als Val Caneggio, das andere als Val di Colla, um endlich sich nach S. zu wenden und in den Luganersee auszumünden, das eine bei Agno, das andere bei Lugano. Andere grössere Thäler, die in den Gebirgsstock des Camoghè einschneiden und ihm eine reiche Gliederung geben, sind das Val Marobbia, durch das man von Bellinzona-Giubiasco nach dem Joriopass aufsteigt, dann die nach O. sich senkenden Val di Gravedona und Val di Dongo, endlich das nach oben vielarmig geteilte Val Cavargna, dessen Bach, der Fiume Cuccio, bei Porlezza in den Luganersee mündet und als wildes Bergwasser beim Austritt aus seiner engen Schlucht verheerende Ueberschwemmungen verursacht hat.
Auch das Tamarogebirge ist vielfach durchfurcht, namentlich auf seiner S.-Seite. Nach SW. senkt sich das Val Vedasca, dessen Bach, der Torre Giova, an seiner Mündung bei Maccagno ein beträchtliches Delta halbkreisförmig in den Langensee hinausgebaut hat. Direkt nach S. zum Luganersee wendet sich das meist schluchtartig enge Thal der Magliasina. Vor ihrer Mündungsschlucht hat sie mit ihren Geschieben den einst hier liegenden Seearm, der die Buchten von Agno und von Ponte Tresa (den sog. Laghetto) miteinander verband, ausgefüllt und damit die einstige Insel des Monte Caslano landfest gemacht.
Wie diese Ebene von Caslano sind übrigens auch die Thalebenen des Val d'Agno und Val Cassarate durch Zuschüttung ehemaliger Seearme entstanden. Alle diese Thäler, sowohl des Tamaro- als des Camoghègebietes, sind, obwohl meist nur eng, doch in zahlreichen Dörfern bevölkert. Aber die Dörfer liegen selten unten in der engen Thalrinne, sondern oben auf den Terrassen der beidseitigen Gehänge und nehmen sich da mit ihren Kirchen und Kapellen und ihren weissgetünchten Häusern in italienischem Stil inmitten einer reichen Baum- und Strauchvegetation gar lieblich und malerisch aus.
Südl. von der alten Zentralmasse des Seegebirges folgt das Sediment- und Eruptivgebiet von Lugano. Die Sedimente gehören hauptsächlich der Trias und dem Lias, in geringerm Masse auch der Kreide und dem Eocän an. Aber diese südl. Randzone der Alpen ist in mehrfacher Beziehung verschieden von der nördlichen. Zunächst zeigt sie eine viel geringere Entwicklung in Breite, Höhe, Gliederung, Zahl der Gesteinsschichten etc. Dann ist sie auch wesentlich anders und einfacher gebaut. Im ganzen bilden die südl. Kalkalpen eine flach nach S. fallende und nur mässig gefaltete Sedimenttafel.
Sprünge, die teils der alpinen Streichrichtung parallel, teils senkrecht dazu verlaufen, zerlegen sie in einzelne Schollen, die bald in vertikaler, bald in horizontaler Richtung an einander verschoben, auch da und dort übereinander geschoben sind. Sonst aber sind die Lagerungsstörungen im ganzen nicht gross und insbesondere die Faltungen und deren Ueberschiebungen und Zerreissungen bei weitem nicht so intensiv und verwickelt wie in den nördl. Kalkalpen. Auffallend ist aber dafür in den Luganer Alpen das Auftreten ausgedehnter Porphyrdecken, während sich solche in den nördl. Kalkalpen nur ganz vereinzelt und in geringer Ausdehnung finden (speziell an Windgälle und Kärpfstock).
Die Luganerporphyre lagern sich vor allem um den südwestl. Teil des Luganersees, dann in allmählig kleiner werdenden Partien auch bis gegen den Langensee und die Tresa. Sie sind ringsum von Triasgesteinen umgeben, während der Lias einen relativ geringen Raum einnimmt. Zu umso grösserer Ausdehnung gelangt letzterer weiter östl. bis zum Comersee, wo er längs dem Seearm von Lecco, wie auch im N. gegen das Seegebirge von der Trias umsäumt wird. Jenseits des Armes von Lecco setzt sich diese Trias in mächtiger Entfaltung im Grignagebirge und weiter nach O. fort. Der Meridian von Lugano kann als ungefähre Grenze zwischen dem westl.
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Porphyrund dem östl. Lias-Triasgebiet angenommen werden. Ausser dieser petrographischen und der dadurch bedingten Formverschiedenheit zeigen aber diese zwei Gebirgsteile noch weitere Unterschiede, von welchen der wichtigste in der völlig anderen Art der Lagerung besteht. Westl. vom genannten Meridian zeigt sich Auf lagerung der Sedimente auf die meist steil gestellten krystallinen Schiefer, wie man besonders längs der ungefähren Kontaktlinie Lugano-Ponte Tresa-Grantola-Porto am Langensee, aber auch in einzelnen tiefen Thaleinschnitten und an Verwerfungsspalten weiter südl. beobachten kann. Es folgen sich da von unten nach oben die krystallinen Schiefer, die Sedimentschichten und die Porphyrdecken oder auch die letztern zwei vertauscht. Im O. dagegen beobachtet man von Lugano bis San Abbondio am Comersee An lagerung der steil aufgerichteten Sedimente an die gleichgestellten krystallinen Schiefer. Die Schichten bilden hier eine nach S. abbiegende Flexur, und die krystallinen Schiefer tauchen südl. der Kontaktlinie nicht mehr auf. Diese Verhältnisse mögen noch an einigen Profilen erläutert werden.
In Profil I erkennen wir beim Monte Nave und bei Valgana die Auflagerung der Porphyre und Sedimente auf die steilgestellten krystallinen Schiefer. Die Gegend von Grantola bis Induno erscheint zunächst als flache Mulde, dann als flaches Gewölbe, beide voneinander getrennt durch eine Verwerfungsspalte, längs welcher der N.-Flügel der ursprünglich wohl auch zum Gewölbe gehörte, abgesunken ist. Hier haben sich die in tiefere Lage gekommenen und darum der Abtragung weniger ausgesetzten Sedimente (Muschelkalk) zum Teil noch erhalten. Im stehen gebliebenen S.-Flügel dagegen sind sie gänzlich abgetragen, und wir sehen daher in den dortigen Porphyren (und Porphyriten) den Gewölbekern. Weiter südl. bis Induno stellen die steilerfallenden und dann unter die lombardische Ebene versinkenden Sedimente vom Verrucano bis zur Kreide (mit vorwaltender Trias) den S.-Schenkel des von SW.-NO. streichenden Gewölbes dar. Zu diesem S.-Schenkel gehört z. B. auch der Monte Campo dei Fiori w. von Induno. Dass Porphyr und Sedimente einst weiter nach N. reichten, zeigt die steilstehende Scholle an der Verwerfungsspalte bei Voldomino. - Auch Profil II zeigt einen isolierten Porphyr- und Sedimentrest bei Manno, jedoch hier in normaler Lagerung auf den krystallinen Schiefern.
Die zusammenhängende Sediment- und Porphyrdecke beginnt mit der mächtigen Dolomitsynklinale des San Salvatore bei Lugano. Auch hier und weiter südl. Auflagerung der jüngern Gebilde auf die krystallinen Schiefer. Südl. vom San Salvatore bis Morcote der entblösste Gewölbekern mit Gängen und Decken von Porphyr und Porphyrit, erstere durch die letztern hindurchgebrochen, also jünger. Und wiederum folgt im Poncione d'Arzo der aus steilgestellten Sedimenten bestehende S.-Schenkel des Gewölbes. - Profil III endlich zeigt die einfachern Verhältnisse im östl., porphyrfreien Gebirgsabschnitt: an der Cima la Crona Anlagerung der steil aufgerichteten Triasschichten (Muschelkalk bis Hauptdolomit) an die krystallinen Schiefer, dann am Monte Galbiga Rät (oberste Trias) und Lias in flacher Muldenlage, dabei diese Sedimente in viel mächtigerer Entwicklung als weiter westlich.
Alle die genannten Gesteine, insbesondere diejenigen der weitverbreiteten Porphyr-, Trias- und Liasgruppe zeigen die mannigfaltigsten Ausbildungsweisen. Doch ist hier nicht der Ort, hierauf näher einzugehen. Wenige orientierende Notizen müssen genügen. Die Porphyre von Lugano wurden früher lediglich nach der Farbe als rote und schwarze Porphyre unterschieden, jetzt sind die erstern als Quarzporphyre, die letztern als Porphyrite erkannt. Die Porphyrite sind die ältern.
Sie lagern hauptsächlich um die südlichen Arme des Luganersees (von Porto und Capolago bis Campione und Carona) und breiten sich deckenförmig über den abrasierten Falten des Glimmerschiefers aus. Ihre Farbe ist graugrün, graublau bis schwarz. Weiter westl. sind sie von roten Porphyren bedeckt und treten nur gelegentlich zu Tage, so bei Valgana und Brinzio. Die Quarzporphyre sind jünger, denn sie durchsetzen gangförmig die Porphyrite und breiten sich deckenförmig darüber aus. Sie sind lebhaft rot und finden sich in zwei grösseren und mehreren kleinern Massen hauptsächlich zwischen Luganer- und Langensee (am Monte Pianbello, Monte Martica, Monte Nave etc.), dann in der W.-Hälfte des Monte Arbostora s. vom San Salvatore, in kleineren Fetzen auch am Monte Brè bei Lugano. In den zentralen Teilen der grossen
Gruppe der Luganer Alpen
Lf. 108.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 30’ O; 46° 0’ N; 1:350000]
Mce. Borel & Cie. Neuchâtel
V. Attinger sc.
GRUPPE DER LUGANER ALPEN
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Porphyrdecke, so bei Figino am Luganersee und bei Valgana sind sie zu vollkrystallinen roten Graniten ausgebildet. Noch mannigfaltiger sind die Triasgesteine: an der Basis Konglomerate und Sandsteine, die vielleicht teilweise zum Verrucano, teilweise zum Buntsandstein gehören, dann ein mehrfacher Wechsel von dolomitischen, kalkigen, mergeligen und tuffartigen Bildungen, die petrographisch oft schwer zu unterscheiden sind. Fossilien sind nicht allgemein verbreitet und meist nur nesterartig vorhanden.
Esinokalke und Hauptdolomite und die dazwischenliegenden Raiblerschichten sind besonders charakteristisch und namentlich letztere für eine richtige stratigraphische Gliederung der ganzen südalpinen Trias von grösster Bedeutung. Auch die rätischen Schichten zeigen einen vielfachen Wechsel von tonigen und kalkigen Ablagerungen, wie überhaupt die ganze Trias, selbst in nahe bei einander liegenden Gegenden, völlig verschiedene Ausbildungsweisen (Fazies) aufweist, ausgenommen etwa den einheitlicher gestalteten Hauptdolomit.
Dieser Fazieswechsel als Folge der wechselnden Tiefe des einstigen Meeres geht auch noch durch den untern und mittleren Lias. Erst der obere Lias zeigt durch das ganze Gebiet eine durchaus gleichartige Ausbildung. Es ist der fossilreiche, auch im Apennin weitverbreitete rote Ammonitenkalk, der «Calcare rosso ammonitico» der Italiener, wie er sich z. B. am Monte Generoso (Alpe di Salorino und Baldovana) und am Poncione d'Arzo südöstl. von Porto findet. Aus Liasgesteinen überhaupt bestehen namentlich die zusammenhängenden Bergmassen zwischen Luganer- und Comersee, denen der Monte Generoso, Monte Caprino, Monte Galbiga, Sasso Gordona, Monte Bisbino und andere angehören. Westl. vom Luganersee dagegen bilden sie keine selbständigen Berggruppen mehr, sondern sind nur noch den Triaskalken als schmales Band angelagert.
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Der Wechsel all' dieser Gesteinsarten gibt auch den von ihnen aufgebauten Bergen ein sehr verschiedenes Aussehen. Man vergleiche z. B. nur den Dolomitklotz des San Salvatore mit der Porphyrkuppe des Monte Arbostora: dort die schroffen, steilabgebrochenen Formen des Kalk- und Dolomitgebirges, hier die sanftwelligen Linien und flachen Rücken der Porphyrmassen. In einem einzigen ungeheuren Schwung erhebt sich der San Salvatore mehr als 600 m über den Spiegel des Sees, von Lugano aus gesehen einer riesigen Glocke vergleichbar, während der Arbostora in meist nur mässig steilen, überall in üppige Vegetation gekleideten und mit Dörfern, Hütten, Villen, Kirchen und Kapellen geschmückten Hängen emporsteigt. Und ähnlich ist der Gegensatz
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zwischen den Trias- und Liasbergen östl. des Luganersees (Monte Generoso, Monte Orimento, Monte Caprino, Monte Costone, Monte Galbiga, Monte Crocione etc.) und den Porphyrbergen im W. (Monte Pianbello, Monte Martica, Monte la Nave und andere). Wo hier im W. die Trias- und Liasgesteine auftreten, da nehmen gleich auch die Berge wieder schroffere Formen an, so im Monte Giorgio in der südl. Gabel des Luganersees, dann im Monte Campo dei Fiori, Monte Nudo, Monte Colonna, Monte San Martino und anderen.
Einen dritten Formentypus finden wir im Seegebirge: es sind die breiten, massigen Formen der krystallinen Schiefer mit oft scharfen, gezackten Gipfeln und Gräten wie am Camoghè, Monte Garzirola, Monte Albano, Monte Bar, Monte Bigorio, dann am Monte Tamaro, Monte Gambarogno, Monte Gradicioli etc. Als Aussichtspunkte und touristische Ziele stehen obenan der Camoghè, mit 2226 m der höchste Punkt des ganzen Gebietes, dann der Monte Tamaro (1961 m), der Monte Generoso (1704 m) und der San Salvatore (909 m). Letztere, oft mit Rigi und Uetliberg verglichen und wie diese mit Bergbahnen versehen, sind aber doch wieder ganz eigenartig, schroffer aufgebaut und namentlich durch die südl. Natur ihrer Vegetation und umgebenden Landschaft gegen ihre nördl. Rivalen bevorzugt.
Noch ein Wort über die Thal- und Seebildung im Gebiet der Luganeralpen. Die Seen insbesondere bilden einen Schmuck dieses Gebirgsabschnittes wie er schöner sonst nirgends vorkommt. Sie liegen in meist nordsüdlich verlaufenden Thälern, welche Thalrichtung überhaupt hier die herrschende ist. Man vergleiche in dieser Beziehung ausser den drei grossen Randseen - Langensee, Luganersee und Comersee - auch die Thäler des Cassarate, des Vedeggio und der Magliasina, die alle drei in den Luganersee münden (der Reihe nach bei Lugano, Agno und Magliasino), dann das Thal von Figino (südwestl. von Lugano) und den unteren Teil des Val Mara, das bei Maroggia ebenfalls in den Luganersee mündet, das Val Intelvi zwischen den Gebirgsmassen des Monte Generoso und des Monte Galbiga, das Val di Muggio südl. vom Generoso, das Val Cavargna nordöstl. von Porlezza, das Thal der Marobbia südl. von Luino, den Thalzug von Valgana und viele andere.
Die westöstl. Richtung tritt seltener auf, am ausgedehntesten in der langen Thalfurche Luino-Ponte Tresa-Agno-Lugano-Porlezza-Menaggio, die als orographische Grenze der südl. Voralpen bezeichnet werden kann. Die Entstehung mancher dieser Thäler und der grossen Randseen geht bis in die Zeit der miocänen Alpenfaltung zurück. Gewiss sind die heutigen Thäler zu einem guten Teil Weiterbildungen der alten miocänen Stammthäler. Schon diese letztern wurden zum Teil unter Wasser gesetzt, indem die nachmiocäne Gebirgsbildung durch vorgebaute Querriegel (wie etwa der Monte Olimpino bei Como) die Flüsse zu Seen staute. In der Pliocänzeit erfolgte dann die Bildung des lombardischen Meeres zwischen Alpen und Apennin und damit die Verwandlung unserer Seethäler in Fjorde. Am Ende der Pliocänzeit trat das Meer wieder zurück, der S.-Fuss der Alpen wurde trocken gelegt, die Fjorde wurden wieder zu Seen.
Noch jetzt reichen diese Seen bis unter das Meeresniveau: der Langensee bis 178 m, der Luganersee bis 8 m und der Comersee bis 201 m. Ihre Tiefe beträgt in der angegebenen Reihenfolge 375 m, 279 m und 414 m, ihre Spiegelhöhe 197 m, 271 m und 213 m. Die erneute Hebung des Landes hatte auch eine Wiederbelebung der Erosion zur Folge, die alten Stammthäler wurden vertieft und von den vorausgegangenen Meeresabsätzen befreit, teilweise wohl auch in ihren Richtungen verändert.
Endlich kam die Wirkung der grossen, bis in die Poebene reichenden Gletscher. Dieselbe bestand zunächst darin, dass die Thäler noch weiter ausgetieft und insbesondere die alten Kies- und Sandlager aus denselben herausgeschafft wurden. Dann aber häuften die Gletscher am Ausgang der Thäler gewaltige Moränenwälle auf, hinter welchen das Flusswasser von neuem zu Seen gestaut wurde. Gegenwärtig findet das Umgekehrte statt: die Seen gehen langsam zurück, sie werden allmählig durch die Geschiebe, den Sand und Schlamm der Flüsse zugeschüttet.
Der Comersee reichte einst weiter gegen Chiavenna und ins Veltlin hinauf, der Lago di Mezzola ist ein durch die Ablagerungen der Adda abgeschnittener Rest des erweiterten Comersees. Der Langensee (Lago Maggiore) reichte bis Bellinzona und noch weiter, und die Maggia ist daran, durch ihr wachsendes Delta ein Analogon zum Lago di Mezzola zu schaffen, das dann rasch durch den Tessin und die Verzasca zugeschüttet werden wird. Der Luganersee endlich reichte weit hinein in die Thäler des Cassarate und des Vedeggio und bedeckte das Gebiet des heutigen Deltas von Magliasino, so dass der Monte Caslano eine Insel war.
Auch von der grossen westöstl. Furche Luino-Lugano-Menaggio werden einst grössere Teile als heute unter Wasser gewesen sein, wenn nicht die ganze Furche. So ist also der Prozess des Seeschwindens schon ziemlich vorgerückt, und einst werden die völlig verschwundenen Seen, die breiten und ausgeebneten Thalböden und die erniedrigten Höhen deutliche Züge im Antlitz des altgewordenen Gebirges sein, wenn nicht neue Bewegungen des Bodens die Gebirgsbildung wieder beleben und den Anfang einer neuen Entwicklungsreihe schaffen.
[Dr. Ed. Imhof.]