Lützen
,
[* 1] Stadt im preuß. Regierungsbezirk und Kreis [* 2] Merseburg, [* 3] unweit des Floßgrabens, hat ein neues, schönes Rathaus mit einer Statue Gustav Adolfs von Schweden, [* 4] ein altes Schloß, ein Amtsgericht, eine Zuckerfabrik und (1885) 3501 meist evang. Einwohner. ist geschichtlich denkwürdig durch eine Hauptschlacht des Dreißigjährigen Kriegs 16. (6.) Nov. 1632 zwischen den Schweden unter Gustav Adolf und den Kaiserlichen unter Wallenstein. Nach der Aufhebung des Lagers von Nürnberg [* 5] hatte sich Wallenstein gegen Sachsen [* 6] gewandt, wohin ihm Gustav Adolf, um den unzuverlässigen Kurfürsten von Sachsen nicht dem Kaiser in die Arme zu treiben, durch Thüringen gefolgt war.
Bei
Naumburg
[* 7] hatte er ein verschanztes
Lager
[* 8] aufgeschlagen, um die Zusammenziehung seiner
Truppen abzuwarten.
Als er aber vernahm,
daß
Wallenstein
Pappenheim nach
Halle
[* 9] geschickt hatte und von
Weißenfels
[* 10] nach Lützen
zurückgewichen war, rückte
er ihm 15. Nov. sofort nach. Auf die
Kunde hiervon sammelte
Wallenstein in der
Nacht seine
Truppen und ließ
Pappenheim eiligst zurückrufen.
Er nahm seine
Stellung nördlich von der
Straße nach
Leipzig
[* 11] mit der
Fronte nach S., das
Zentrum aus vier
großen
Vierecken gebildet, die
Reiterei auf den
Flügeln, von denen sich der rechte unter
Holk an Lützen
, der linke unter
Gallas
an den Floßgraben lehnte.
Die
Schweden rückten am
Morgen des 16. von der Rippach gegen die Kaiserlichen vor; die
Schlachtordnung, welche sie während
des
Marsches bildeten,
war in zwei
Treffen geteilt, jedes aus
Fußvolk und
Reiterei gemischt. Sie zählten
etwa 14,000 Mann, die Kaiserlichen ohne
Pappenheim 12,000 Mann.
Angesichts des Feindes ließ
Gustav
Adolf sein
Heer links einschwenken,
so daß sein rechter
Flügel an den Floßgraben stieß, vor seinem linken Lützen
lag, und
ging dann unter heftigem
Artilleriefeuer der Kaiserlichen über die
Straße vor, bis er gegen
Mittag an den Feind kam und nun die eigentliche
Schlacht
begann.
Den Hauptstoß wollte Gustav Adolf mit seinem rechten Flügel, dessen Befehl er deshalb selbst übernahm, führen, um den Gegner von Leipzig wegzudrängen; hier wogte daher der Kampf am hitzigsten. Die Kaiserlichen wichen allmählich zurück, Pappenheim, der, mit seiner Reiterei eben eingetroffen, sich den Schweden entgegenwarf, wurde tödlich verwundet, als Octavio Piccolomini mit zwei Regimentern herbeieilte und den Angriff des blauen und des gelben Regiments mit unerschütterlicher Tapferkeit zurückwies.
Gustav Adolf führte ein neues Regiment vor; in dem von neuem hereinbrechenden Nebel entstand ein furchtbares Handgemenge, in welchem der König selbst tödlich getroffen zu Boden sank. Über seiner Leiche tobte der Kampf weiter. Die Schweden, durch die Kunde vom Tod ihres Königs zur Wut entflammt, setzten unter der Führung des Herzogs Bernhard und des Generals Kniphausen die Schlacht fort; mit größter Erbitterung und Entschlossenheit wurde von beiden Seiten gekämpft, bis die Nacht hereinbrach.
Herzog Bernhard drängte endlich die Kaiserlichen zurück, deren Reiterei sich in wilde Flucht warf, während die Infanterie noch standhielt. Wallenstein, selbst verwundet, beschloß indes, die Schlacht abzubrechen. Dem Pappenheimschen Fußvolk, das noch am Abend eintraf, befahl er, seinen Rückzug nach Leipzig zu decken, den er mit Hinterlassung mehrerer Geschütze [* 12] antrat. Die Schweden lagerten die Nacht auf der Walstatt, gingen aber 17. Nov. nach Weißenfels zurück.
Ein eigentlicher Sieg war auf keiner Seite erfochten worden. Der moralische Gewinn der Behauptung des Schlachtfeldes wurde durch den Verlust des Königs mehr als aufgewogen. Die Leiche desselben wurde unweit eines großen Feldsteins unter einem Haufen von Toten, von den Hufen der Pferde [* 13] fast bis zur Unkenntlichkeit zertreten, gefunden. Lange Zeit erhielt bloß dieser sogen. Schwedenstein das Andenken an den tapfern König. Auf Veranlassung der Gedächtnisfeier des Siegs 1832 wurde über dem Stein ein gotisches Denkmal von Gußeisen errichtet.
Vgl. Vincke, Die Schlacht bei am (Berl. 1832);
G.
Droysen, Die
Schlacht bei Lützen
(»Forschungen zur deutschen Geschichte«,
Bd. 5,
Götting. 1862);
»Gedruckte
Relationen über die
Schlacht bei Lützen«
(in den »Materialien zur neuern Geschichte«,
Halle 1880). -
Eine zweite
Schlacht bei Lützen
wird richtiger nach dem südlich von Lützen
gelegenen Dorf
Großgörschen
(s. d.) benannt.
[* 1]
^[Abb.: Kärtchen zur
Schlacht bei Lützen
(16. Nov. 1632).]