Das häusliche Leben des greisen Königs war am Ende schwer umdüstert. Am starb sein Sohn, der Dauphin Ludwig
(geb. 1661); Febr. 1712 folgte diesem sein Sohn, der
Herzog von
Bourgogne, der als der älteste Enkel L.s der Thronerbe geworden
war.
Endlich starb auch 8. März L.s ältester Urenkel, der
Herzog von
Bretagne. Überdies kam ein
Bruder des
Herzogs von
Bourgogne, der
Herzog von
Berry, durch einen
Sturz vom
Pferde
[* 3] um, so daß, außer Philipp V. von
Spanien,
[* 4] nur der zweite Sohn des
Herzogs von
Bourgogne übrigblieb, der dem Urgroßvater als Ludwig XV. (s. d.) folgte.
Schon früher hatte Ludwig seine beiden
Söhne von der Montespan, den
Herzog von Maine und den
Grafen von
Toulouse,
[* 5] legitimiert und
ihnen den
NamenBourbon beigelegt. Jetzt setzte er sie in seinem
Testament als Mitglieder des Regentschaftsrates ein und erklärte
sie unter Umständen für thronberechtigt. Doch blieb der König bis an sein Ende thätig und hielt die
Pflichten der Repräsentation sowie das gesamte, absterbende Wesen seines «großen
Jahrhunderts», das auch in der franz. Litteratur und Kunst einen Höhepunkt bezeichnet,
ungebrochen aufrecht. Er starb in Versailles.
[* 6] 1822 wurde ihm auf der Place des Victoires ein Reiterstandbild (von
Bosio modelliert) errichtet.
Die besten
Aufklärungen über den Charakter und die Denkungsart L.s geben seine «Œuvres»
(hg. von Grimoard und Grouvelle, 6 Bde., Par.
1806); kritischere
Ausgaben der Mémoires de Louis XIV von Dreyß, 2 Bde., ebd.
1860), welche Unterweisungen für den Dauphin und für Philipp V. sowie
Briefe und Betrachtungen enthalten.
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König von
Frankreich (1715-74), geb. in Versailles als Urenkel
Ludwigs XIV. und Sohn des
Herzogs
von
Bourgogne, folgte seinem Urgroßvater in der Regierung. Für ihn übernahm der
Herzog Philipp
II. (s. d.) von
Orléans
[* 8] die Regentschaft. Der junge König wuchs inmitten der Liederlichkeit des
Hofs heran; sein
Lehrer wurde
der
Abbé Fleury (s. d.). Auf Fleurys
Rat erhielt nach
Orléans'
Tode, der
Herzog von
Bourbon die Leitung derGeschäfte,
der Ludwig mit Maria Leszczynska, der Tochter des entthronten Königs
Stanislaus von
Polen, vermählte.
Schon 1726 vertrieb Fleury den
Herzog von
Bourbon vom Staatsruder, um es selbst zu ergreifen. Er hob durch Sparsamkeit
die Finanzen,
verfolgte nach außen eine Friedenspolitik, sah sich aber doch in den Kampf um die
KronePolens verwickelt.
Im ganzen schlug dieser
Polnische Thronfolgekrieg (1733-38) zum Erfolge für
Frankreich aus: im
Wiener Frieden (1738) gab Ludwig die
Eroberungen am Rhein zurück, erhielt dagegen für seinen Schwiegervater Lothringen, das nach dessen
Tode an
Frankreich fallen
sollte. Im Innern stärkte sich an steten Zwisten zwischen Parlament und Regierung über kirchliche Fragen
der
Widerstand der öffentlichen Meinung. Im Äußern riß ein
Konflikt mit England, dann das Drängen einer Habsburg feindlichen
Hofpartei
Frankreich in den
Österreichischen Erbfolgekrieg (s. d.), in dem es den Kurfürsten
KarlAlbrecht von
Bayern
[* 9] zur Erlangung
des Kaiserthrons unterstützte.
Unterdessen war Fleury gestorben. Ludwig sollte nun selbst regieren; große
Aufgaben bot die europ.
wie die franz.
Lage, die sich bereits bedrohlich gestaltete; L.s kalte und weichliche Natur war ihnen, trotz persönlicher
Klugheit, nicht gewachsen. Von seiner häßlichen Gemahlin hatte er sich längst Maitressen zugewendet; drei Schwestern de
Nesle folgten sich in diesem Staatsamte; die dritte, Herzogin von
Châteauroux, hatte den Ehrgeiz, Ludwig zu
persönlichen Verdiensten hinreißen zu wollen.
Als 1743 die
Franzosen bei
Dettingen geschlagen waren, zog Ludwig selber ins Feld; 1744 wandte er sich nach dem Elsaß und 1745 begab
er sich nach den
Niederlanden, wo er persönlich demSieg bei
Fontenoy beiwohnte. Trotz der Erfolge, die
der Marschall
Moritz von
Sachsen
[* 10] in den
Niederlanden errang, stimmten die
Unfälle der bourbonischen
Truppen in
Italien
[* 11] den König
für den Frieden, und er willigte im Okt. 1746 in die Eröffnung des
Kongresses zu
Breda. Noch ging der
Krieg weiter; gegenüber
den franz.
Kolonien in
Ost- und Westindien
[* 12] errangen die Engländer wichtige Erfolge. Der
Aachener Friede
(s. d.) brachte Okt. 1748
Frankreich keinen Gewinn; nur in
Italien gab es dynastische Erfolge.
Während das Parlament seinen langen Streit mit dem Klerus zu Gunsten des Jansenismus führte, versank Ludwig unter
der entnervenden, auch die Politik ganz lenkenden Herrschaft der
Pompadour (s. d.) in das unwürdigste
Serailleben.
Bald nach dem Frieden zu
Aachen
[* 13] brach auch der weltgeschichtliche Kampf zwischen England und
Frankreich um die
Herrschaft in Nordamerika
[* 14] und
Ostindien
[* 15] wieder aus. Am landete der
Herzog von Richelieu auf Minorca und eroberte 29. JuniPort-Mahon.
Der König, der nun mit diplomat. Agenten vom Schlage des Chevalier d'Eon (s. Eon de Beaumont) ein inhaltsloses Spiel hinter
dem Rücken seiner Minister trieb, blieb bei alledem in Trägheit versunken. Selbst ein Mordversuch, den 1757 ein Fanatiker,
Damiens, auf ihn machte, konnte ihn nicht emporreißen. Mehr bewegte ihn der Kampf der von jansenistischen
Sympathien erfüllten Parlamente gegen die Jesuiten. Choiseul, der seit Aug. 1758 erster Minister war und im Sinne der Aufklärung
vergebliche allgemeinere Reformanläufe vornahm, hielt sich anfangs neutral; das starre Verhalten des Ordensgenerals Ricci
veranlaßte ihn jedoch Nov. 1764, den Orden
[* 23] für Frankreich aufzuheben. (S. Jesuiten, Bd. 9, S. 907 b.)
Es war ein Sieg der Parlamente, mit denen gleichzeitig, in Finanz- und Verfassungsfragen, die Regierung unablässigen Streit
führte.
Unter Choiseul trat dieser Gegensatz zurück; unter dessen schroff absolutistischen Nachfolgern, die 1770 mit Hilfe der bigotten
Gruppen und der Dubarry (s. d.) den Minister gestürzt hatten,
unter Aiguillon (s. d.) und Maupeou (s. d.)
ward er wieder brennend. Ein halber Staatsbankrott wurde 1770 erklärt; Maupeou eröffnete gleichzeitig gegen die parlamentarischen
Ansprüche einen erbitterten Krieg, löste das Pariser Parlament auf, verbannte die Räte und setzte ein Interimsparlament und
sechs Obergerichte ein.
Diese Gewaltstreiche brachten die Nation in die heftigste Bewegung und steigerten den Zorn und die Verachtung gegen den Hof.
[* 24] Ludwig hingegen, anstatt aus den Eingriffen Maupeous wenigstens die Früchte zu ziehen, widmete sich in der letzten Zeit gänzlich
der Jagd und seinen Maitressen. Da er ernste Beschäftigungen scheute, griff er oft aus Langerweile zu
den seltsamsten Zerstreuungen. Er druckte nicht nur Bücher, sondern wollte auch als der beste Koch in seinem Reiche gelten.
Schon lange war er zufolge seiner Ausschweifungen mit einer geheimen Krankheit behaftet. In diesem Zustande bekam er durch
ein junges Mädchen die Kinderblattern, an denen er starb. Die Nation freute sich über die
Erlösung von einem durch Gemeinheit entehrten Despoten, und der Pöbel feierte sein Begräbnis durch Pasquille und Gassenlieder.
Sein einziger Sohn war seine Gemahlin gestorben. Ihm folgte sein Enkel Ludwig XVI. auf dem Throne.
Vgl. Lemontey, Histoire de la régence et de la minorité de Louis XV (2 Bde.,
Par. 1832);
Tocqueville, Histoire philosophique du règne de Louis XV (2 Bde., 2. Aufl.,
ebd. 1847);
Jobez, La France sous Louis XV (6 Bde., ebd. 1864-73);
Barbier, Chronique de la régence et du règne de Louis XV
(zuletzt, 8 Bde., ebd. 1866);
Boutaric, Correspondance inédite de Louis XV sur la politique étrangère (2 Bde.,
ebd. 1866);
August, König von Frankreich (1774-92), geb. zu Versailles als der dritte Sohn des Dauphin
Ludwig aus der Ehe mit Marie Josephe von Sachsen, führte anfangs den Titel eines Herzogs von Berry, wurde
aber nach dem Tode seiner ältern Brüder
und seines Vaters (1765) Dauphin. Obschon in der Atmosphäre des verdorbenen Hofs erzogen,
bewahrte er einfache, reine Sitten, zeigte Rechts- und Pflichtgefühl, haßte den Luxus und hatte ein warmes Herz für die arbeitenden
Klassen. Am vermählte er sich mit Marie Antoinette, der Tochter der Kaiserin Maria Theresia.
Bei einem Feuerwerk, das die Stadt Paris
[* 26] zur Feier dieses Ereignisses veranstaltete, entstand ein Gedränge, in dem Tausende
beschädigt, 300 getötet wurden. Der Prinz that alles nur Mögliche und wies viele Monate seine Apanage an, um die Verunglückten
zu unterstützen. Nach dem erfolgten Tode seines Großvaters Ludwigs XV. trat Ludwig unter den größten
Hoffnungen die Regierung an, doch noch vor der Krönung zu Reims,
[* 27] sah er schon die Schwierigkeiten seiner Stellung
wachsen.
Die unheilvolle Lage des Staates (s. Frankreich, Bd. 7, S. 89 fg.) und die
zerrütteten Finanzen forderten dringend durchgreifende Reformen, die Turgot, der zum Contrôleur général des finances
berufen war, energisch in Angriff nahm. Ludwig war schwach genug, ihn den Angriffen seiner Gegner, zu denen auch die Königin gehörte,
zu opfern und zu entlassen. Auch Neckers, Calonnes und Loménies Versuche, die Finanzen zu ordnen,
scheiterten, und Ludwig sah sich endlich veranlaßt, durch ein Edikt vom die Generalstände auf 1. Mai des nächsten Jahres
zu berufen. Wenige Wochen darauf, 26. Aug., dankte Loménie de Brienne ab, und Necker trat sein zweites Ministerium an.
Am wurden die Generalstände in Versailles eröffnet; der dritte Stand erklärte sich als Vertretung der Nation
und erzwang die Anerkennung einer konstituierenden Nationalversammlung. Der König, beständig schwankend, war dabei ein willenloses
Werkzeug der Parteien. Necker wurde 11. Juli entlassen, es folgte der Bastillensturm 14. Juli, worauf Ludwig sich 17. Juli nach
Paris begab und die Errichtung der revolutionären Autoritäten und der Nationalgarde bestätigte.
Necker wurde zurückgerufen und eine Verfassung entworfen. Über den Artikel des suspensiven oder absoluten Vetos geriet die
Krone mit der Nationalversammlung im September in Konflikt. Bei einem Fest der Gardes du Corps, das 1. Okt. in
Versailles stattfand und an dem der König teilnahm, kam es zu royalistischen Kundgebungen. Auf die Kunde hiervon rotteten
sich am Morgen des 5. Okt. in der Hauptstadt wütende Haufen zusammen und zwangen den König, am folgenden Tage nach Paris überzusiedeln;
die Nationalversammlung nahm seit dem 19. Okt. ebenfalls ihren Sitz in Paris.
Ludwig schien alle Willenskraft verloren zu haben; er bestätigte alle Beschlüsse der Nationalversammlung und nahm an
dem Föderativfeste teil. Eine Rettung schien sich ihm in der Verbindung mit Mirabeau zu bieten; doch vereitelte dessen Tod auch diese Hoffnung, und Ludwig suchte nun mit Hilfe des Marquis von Bouillé und des Grafen von
Fersen in der Nacht vom 20. zum mit seiner Familie aus Paris zu entfliehen. Er war bereits bis nach Varennes gelangt,
als der Postmeister Drouet (s. d.) ihn erkannte und festhalten ließ. In der Begleitung einer aufgeregten,
nach Tausenden zählenden Menge trat Ludwig die Rückreise nach Paris an. Nachdem ihm hier die Nationalversammlung die Krone, die
sie ihm 24. Juni abgesprochen,
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4. Sept. wieder zuerkannt hatte, beschwor er die inzwischen vollendete Verfassung. Über das Gesetz betreffs der eidweigernden
Priester, dem er sein Veto entgegenstellte, kam er mit der neuen Gesetzgebenden Versammlung in Konflikt, deren republikanische
Elemente, darunter auch die Girondisten, seitdem auf seinen Sturz sannen. Es half ihm nichts, daß er aus
dieser Partei seine Minister nahm, in die Maßregeln gegen seine emigrierten Brüder willigte und sogar an Österreich den
Krieg erklärte.
Zwar gelang es den Gegnern der Gironde, vom König und der Königin unterstützt, die Girondisten noch einmal aus
dem Ministerium zu verdrängen; aber das war nur das Signal zu neuer Anspannung der revolutionären Kräfte,
die sich in dem Aufstand vom 20. Juni offenbarten. Als der Pöbel in die Tuilerien eindrang, ließ Ludwig, nur von einigen Dienern
umgeben, die Thüren öffnen und ertrug mit Würde ein paar Stunden lang die Beschimpfungen der Menge. Der von
den Jakobinern sodann förmlich organisierte Aufstand vom 10. Aug. traf Hof und König nicht ohne Vorbereitung.
Das Schloß war mit Linientruppen und Nationalgarden umgeben; das Innere verteidigten 1600 Schweizer. Doch war auf die Truppen
der Nationalgarden kein Verlaß, so daß der König mit seiner Familie Schutz in dem Schoße der Nationalversammlung
suchte. Am folgenden Tage brachte man endlich den König als Gefangenen mit seiner Familie nach dem Palast Luxembourg und von
hier 18. Aug. in den festen Turm
[* 29] des Temple. Die eigentliche Absetzung und das Gericht über den Unglücklichen überließ die
Versammlung dem 21. Sept. zusammentretenden Nationalkonvent.
Nachdem der KonventFrankreich zur Republik umgewandelt, begannen die Verhandlungen über das Schicksal
des Königs. Am 11. Dez. erschien Ludwig vor den Schranken der Versammlung. Er verteidigte sich in würdiger Haltung
mit dem Hinweis auf sein konstitutionelles Recht. Am 26. Dez. erschien er zum zweitenmal vor der Versammlung und nahm selbst das
Wort, um seine Unschuld zu beteuern. Der Konvent erklärte zunächst Ludwig Capet, wie man den König hieß, der Verschwörung
gegen den Staat und die Sicherheit der Nation schuldig.
Seit dem 16. Jan. wurde unter dem Zudrange wütender Pöbelmassen über die Strafe selbst entschieden und am 17. das Todesurteil
mit 361 Stimmen gefällt; am 19. wurde beschlossen, das Urteil ohne Aufschub zu vollstrecken. Am fiel
sein Haupt auf dem Revolutionsplatz unter der Guillotine. Sein Leichnam wurde auf dem Kirchhofe Ste. Madeleine bestattet, nach
der Restauration 1815 aber nach St. Denis in die Königsgruft gebracht. Ludwig hinterließ zwei Kinder: den
Dauphin (s. Ludwig XVII.) und die spätere Herzogin von Angoulême (s. d.).
Vgl. Bertrand de Molleville, Histoire de la révolution
de France (14 Bde., Par. 1801-3);
Soulavie, Mémoires historiques et politiques du règne de Louis XVI (6 Bde.,
ebd. 1802);
Bournisseaux, Histoire de Louis XVI (2 Bde., ebd. 1829);
Droz, Histoire du règne de Louis
XVI (3 Bde., ebd. 1838-42);
Falloux, Louis XVI (ebd. 1840; 4. Aufl. 1860);
Nicolardot, Journal de Louis XVI (ebd. 1873);
Taine, Les origines de la France contemporaine (5 Bde., ebd. 1876 fg.; deutsch, 3 Bde.,
Lpz. 1877-91);
Jobez, La France sous Louis XVI (Bd. 1-3, Par.
1877-93; 2. Aufl. 1893 fg.);
Chérest, La chute de l'ancien régime (2 Bde., ebd. 1884);
DeBeaucourt, Captivité et derniers
moments de Louis XVI (ebd. 1892-93);
Karl, zweiter Sohn Ludwigs XVI. von Frankreich und der Königin Marie Antoinette, wurde zu
Versailles geboren und erhielt den Titel eines Herzogs der Normandie, nach dem Tode seines Bruders aber, die Würde
des Dauphin. Infolge der Katastrophe vom kam auch er mit seinen Eltern in den Tempelturm. Nach der Hinrichtung
Ludwigs XVI. wurde er von seinem Oheim, dem spätern Ludwig XVIII., zum König von Frankreich
erklärt. Er teilte noch mehrere Monate die Gefangenschaft mit seiner Mutter. Im Juni jedoch wurde der Prinz im Temple einem
rohen Jakobiner, dem Schuster Simon, übergeben, der mit seiner Frau darauf ausging, ihn physisch und geistig zu
Grunde zu richten.
Seit Jan. 1794 ließen ihn die Schreckensmänner in einsamer Zelle
[* 30] verkommen. Zwar setzten die Wärter seit Febr. 1795 den
Gemeinderat wiederholt von dem Siechtum des Prinzen in Kenntnis; doch wurde ihm noch monatelang jeder ärztliche Beistand
versagt. Erst im Mai, nachdem sich Geschwülste am Knie und Handgelenk eingestellt, erhielt der Arzt Desault
Zutritt. Nach Desaults plötzlichem Tode behandelten ihn die Ärzte Pelletan und Dumangin. Allein der Zustand des Prinzen verschlimmerte
sich von Tag zu Tag, so daß er starb. Der Leichnam wurde auf dem Kirchhofe Ste. Marguerite in die gemeinschaftliche
Grube versenkt und mit Kalk bedeckt, so daß 1815 die Reste nicht mehr aufgefunden werden konnten. -
Vgl. Eckard, Mémoires historiques sur Louis XVII (Par. 1817);
Beauchesne, Louis XVII, sa vie, son agonie, sa mort (2 Bde.,
ebd. 1852; 9. Aufl. 1876);
Nettement, Histoire populaire de Louis XVII (ebd. 1864);
Ad. Schmidt, Pariser Zustände
während der Revolutionszeit 1789-1800 (3 Bde., Jena
[* 31] 1874-75);
Chantelauze, Louis XVII, son enfance, sa prison et sa mort au
Temple (Par. 1883; Nachtrag 1887; neue Ausg. 1895);
Étude historique sur Louis XVII (Brüss.
1884); Provins, Le dernier roi légitime de France (ebd. 1889); Evans, The story of Louis XVII. of France
(Lond. 1893).
Ungeachtet der damalige Tod des Prinzen eine unzweifelhafte Thatsache ist, verbreitete sich dennoch der Glaube, daß er aus
dem Gefängnis errettet worden sei. Bald tauchte eine ganze Reihe von Abenteurern auf, welche die Rolle L.s XVII. übernahmen.
Der erste war Jean Marie Hervagault, der Sohn eines Schneiders zu St. Lô, der 1812 als Landstreicher
im Gefängnis starb. Ein anderer, Mathurin Bruneau, geb. 1784 zu Vezins bei Cholet in Anjou, erlitt während der Restauration
mehrfache Bestrafungen und verscholl nach der Julirevolution.
Größeres Aufsehen erregte 1833 und 1834 der sog. Herzog von Richmont, der sich auch Ludwig Hector Alfred,
Baron von Richmont, Herzog von der Normandie, nannte. Dieser Abenteurer hieß Henri Hébert, war aus der Gegend von Rouen
[* 32] gebürtig,
forderte seit 1828 seine angeblichen Rechte zurück, wurde 1834 zu zwölfjähriger Einsperrung verurteilt, floh aber aus dem
Gefängnis Ste. Pélagie in Paris nach London,
[* 33] wo er 1845 starb. Während Hébert vor den Assisen stand,
trat ein gewisserMorel de Saint-Didier auf, der im Namen des «wahren, echten Ludwig XVII.» gegen
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