Lotsen
,
Seeleute, die in engen gefährlichen
Gewässern an der
Küste, in
Strömen und in Häfen
das Ein- und Auslaufen der Schiffe
[* 2] leiten. Die Lotsen
sind entweder
Beamte oder Gewerbtreidende und müssen im
Besitz eines Befähigungszeugnisses
(Reichsgewerbeordnung §§. 31
u. 34) sein, das sie nach Ablegung einer Prüfung in allgemein nautischen und in besondern
Kenntnissen der Fahrwasser ihres
Bezirks erhalten. Das Lotsen
wesen steht in
Preußen
[* 3] unter dem Handelsministerium,
mit Ausnahme der Jadelotsen
, die dem Marinestationskommando der Nordsee unterstellt sind.
Die Organisation der Lotsen
stationen ist noch keine einheitliche; teilweise sind es
Aktiengesellschaften, die Lotsen
unterhalten,
teilweise haben Hafenstädte und
Staaten Lotsen
als
Beamte angestellt. An der
Spitze einer oder mehrerer Lotsen
stationen steht
ein Lotsen
commandeur, ein inaktiver Seeoffizier oder Schiffsführer der Handelsmarine, der den Dienstbetrieb der Lotsen zu
beaufsichtigen hat und auch die
Aufsicht über die Seezeichen des Fahrwassers seines
Bezirks führt; auf kleinern
Stationen
versieht ein
¶
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Oberlotse diesen Dienst. Unter diesen stehen die und Lotsen
aspiranten, meist tüchtige Steuerleute der Handelsmarine. Man
unterscheidet Seelotsen
, Binnen-, Revier- oder Flußlotsen
und Hafenlotsen. Seelotsen kreuzen in größern Lotsenkuttern vor
ihrer Station in See; so findet man die See- oder Außenlotsen
der Elbe, Weser und Ems
[* 5] bereits im Kanal
[* 6] oder
auf der Doggerbank, um die nach diesen Flußeinfahrten bestimmten Schiffe mit Lotsen
versehen zu können. Außer der Lotsenflagge
führen diese Kutter in ihrem Großsegel die Bezeichnung «Elbe», «Weser» u. s. w. Erst
wenn alle Lotsen
abgegeben sind, kehren diese Fahrzeuge auf ihre Station zurück, um die Lotsen
von neuem in See zu
bringen.
Die Binnenlotsen
sind an den Einfahrten der Binnengewässer nach See zu stationiert, also z. B.
die für die Elbe auf der Lotsengalliot, die gleichzeitig das zweite Feuerschiff der Elbmündung ist. In den meisten Flußmündungen
und Flüssen in Deutschland
[* 7] sowie in England und andern Staaten besteht Lotsen
zwang, d. h. jeder Schiffer ist
verpflichtet, einen durch Lotsenschild beglaubigten Lotsen für die Fahrt in oder aus dem Hafen oder bis außerhalb der Flußmündung
zu nehmen.
Ausgenommen auf Kriegsschiffen, trägt der Lotse während seiner Anwesenheit an Bord die Verantwortung für die Sicherheit des Schiffs, und somit muß auch der Schiffsführer seinen Anordnungen Folge leisten. Ist bei einem Seeunfall ein Lotse an Bord gewesen, so ist nach §. 4 des Gesetzes betreffend Untersuchung von Seeunfällen festzustellen, ob er sich eine Vernachlässigung hat zu schulden kommen lassen; für eine solche ist der Reeder nicht verantwortlich. Das Anrufen der Lotsen von seiten der Schiffe geschieht nach den Signalen der deutschen Not- und Lotsensignalordnung, meist durch Heißen des Lotsensignals (der Lotsenflagge; s. Signale und Tafel: Flaggen [* 8] des Deutschen Reichs [Bd. 5, S. 154], [* 4] Fig. 8). Die Thätigkeit der Lotsen wird mit dem Lotsengeld bezahlt.
Häufig ist der Reeder zur Bezahlung von Lotsengeld auch dann verpflichtet, wenn das Schiff [* 9] die Dienste [* 10] eines Lotsen gar nicht benutzt hat. Im letztern Falle haben die Lotsengelder die Natur öffentlicher Schiffahrtsabgaben. Nach Deutschem Handelsgesetzbuch Art. 757, Ziffer 3 und 5 gewähren die Forderungen auf Lotsengelder die Rechte eines Schiffsgläubigers (s. d.). Patentlotsen nennt man in Hamburg [* 11] eine Art von Privatlotsen, die besondere Privilegien besitzen.