Lónyay
(spr. lonjai), Meinhard (Menghért) Lónyay
,
Graf von
Nagy-Lónya, ungar. Staatsmann, geb. aus einer protestant.
Adelsfamilie, studierte in
Pest die
Rechte, war seit 1843 Mitglied des
Landtags, wo er zur
Opposition gehörte,
aber
Kossuths Schutzzollsystem bekämpfte, und bekleidete 1848 im zweiten ungarischen
Ministerium die
Stelle eines
Unterstaatssekretärs
im
Finanzministerium. Nach Niederwerfung des
Aufstandes 1849 ward er flüchtig, kehrte aber infolge einer Spezialamnestie 1850 nach
Ungarn
[* 2] zurück.
Hier förderte er die Theißregulierung, organisierte die landwirtschaftlichen Provinzialvereine und war bei Gründung der Kreditinstitute Ungarns eifrig beteiligt; auch für die durch das Patent von 1859 gefährdete Autonomie der protestantischen Kirche trat er energisch in die Schranken. In dem konstitutionellen transleithanischen Ministerium Andrássy vom ward er zum Finanzminister, 1870 zum Reichsfinanzminister, im November 1871 zum ungarischen Ministerpräsidenten ernannt, nachdem er im August d. J. in den Grafenstand erhoben worden war. Trotz seiner Gewandtheit als Politiker behauptete er sich aber nicht lange in seiner Stellung, da er dieselbe bei den Staatsanleihen und -Käufen ¶
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sowie als Verwaltungsrat verschiedener Bahnen zu seiner persönlichen Bereicherung mißbraucht hatte. Als im Reichstag
ein Deputierter diese Beschuldigungen Lónyay
ins Gesicht
[* 4] vorwarf, verweigerte auf Antrieb Andrássys die Deákpartei dem Minister
eine Genugthuung, worauf er 2. Dez. seine Entlassung forderte und erhielt. Seit 1875 Mitglied des Oberhauses, seit 1871 Präsident
der ungarischen Akademie, starb er Er schrieb in ungarischer Sprache:
[* 5] »Von den öffentlichen Angelegenheiten« (Pest
1846, 2 Bde.);
»Vom Staatsvermögen« (Ofen 1869, 2 Bde.);
»Über unsre öffentlichen Angelegenheiten« (Pest 1873 bis 1875, 2 Bde.; der 2. Bd.: »Die Bankfrage« übersetzt von Dux, das. 1876);