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Paternoster-Row, die Straße der großen Buchhandlungen, die großartige Druckerei der «Times» (s. d.) und das Generalpostamt, ein mächtiges Doppelgebäude. Zwischen dem hastigen Getriebe der Geschäftswelt erheben sich ehrwürdige Kirchenbauten, wie St. Maryle-Bow, von Wren erbaut, das Wahrzeichen des echten Cockney (s. d.), St. Helen's Church und St. Giles unweit des Marktes von Smithfield, historisch denkwürdige Stätten, wie Ely-Palace, wie die zahlreichen Zunfthäuser der alten Gilden (Fishmonger's Hall, Merchant Taylor's Hall), Reste früherer Klosterbauten, wie Charterhouse mit seiner Schule und das Rathaus Guildhall.
[* 1] ^[Abb: London (Polizeibezirk).]
Am östl. Ende der City, am Themse-Ufer, liegt der düstere Tower (s. d. und Tafel: Londoner Bauten, [* 1] Fig. 2); im W. leiten Fleet-Street, wo sich die meisten Zeitungsredaktionen befinden, und der großartige Holborn-Viaduct, die Überführung der Farringdon-Street zu den westl. Stadtteilen. Beide Straßen verbindet Chancery-Lane, der Sitz der Rechtsgelehrten mit Lincoln's Inn, Gray's Inn und der beiden Inns of Court des Temple, der, einst Ordenshaus, 1346 von der Krone den Juristen überlassen wurde.
Alle diese Gebäude sind reich an histor. und künstlerischen Sehenswürdigkeiten. Ganz andern Charakter trägt der Strand, jetzt durch Häuserreihen von der Themse getrennt und im N. an Covent-Garden mit seinem Markt und seinen Wagenbauanstalten anstoßend. Hier liegt Theater bei Theater. Er führt bei Charing-Croß (benannt nach einem früher dort befindlichen, der Gemahlin Eduards I., der «Chère reine», errichteten Kreuz, von dem vor dem Bahnhof des South Eastern Railway eine Nachbildung steht) vorbei zum Trafalgar-Square, wo häufig polit.
Meetings stattfinden. Von hier zieht nach S. Whitehall zu den Ministerien, zum Parlament und zur Westminsterabtei; weiter im W. schließen sich vornehme Straßen mit Klubgebäuden, wie St. James-Street, Pall Mall und die westl. Hälfte von Piccadilly, und rechtwinklig dazu New-Bond-Street und Regent-Street mit ihren eleganten Kaufläden sowie königl. Paläste inmitten ausgedehnter Parks an. Die Fortsetzung von Holborn, die breite Oxford Street (2,5 km) führt in den Hydepark (s. d.) und zu den nordwestl.
Stadtteilen. Südlich von Hydepark und von Kensington-Gardens liegen Kensington und Brompton, von Fulham-Road durchzogen, mit mehrern Museen, West-Brompton und Chelsea, das bis zum Fluß reicht, mit dem King's Road, großartigem Hospital, Waisenhaus für Soldatenkinder, botan. Garten und der alten um 1660 erbauten Kirche mit zahlreichen Denkmälern. Im N. und NW. des Parks dehnen sich Bayswater und Kilburn aus; große Straßenzüge umgeben rings den Regent's Park (190 ha); zwischen ihm
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und drei großen Bahnhöfen liegt Camden-Town, breit und regelmäßig angelegt, nördlich von diesen Kentish-Town, Lower-Holloway, Highbury, alle vorwiegend Werkstätten, Fabriken und Arbeiterwohnungen enthaltend, östlich davon Islington mit engen Gassen, das im S. bis zum Pentonville-Road und City-Road reicht und alle andern Stadtteile an Bevölkerungszahl übertrifft. Denselben ernsten Charakter der Arbeit und der Armut tragen weiter nach O. zu De Beauvoir-Town, Dalston, beide mit regelmäßigen Straßenzügen, Homerton und Hackney, das bis zum Victoriapark und bis an die Wasserläufe des Lea reicht.
Zwischen diese Teile (durch den Regent's Canal getrennt) und die eigentliche City schieben sich Clerkenwell mit seinen Handwerkern und der Metallindustrie und dem Exerzierplatz des ältesten engl. Freiwilligenkorps (Honourable Artillery Company), ferner Finsbury mit Finsbury-Circus, Horton und weiter nach O. Bethnal-Green mit zahlreichen Fabriken. Unmittelbar östlich von der City beginnt das eigentliche Eastend; hier liegt Whitechapel, einer der wenigen innern Bezirke, die (meist infolge der Einwanderung) an Bevölkerung zunehmen, die Stätte der Armut und des furchtbarsten Elends, von der gleichnamigen Straße und Mile-End-Road durchzogen, das Judenviertel (Houndsditch und The Minories), ferner Stepney und Limehouse, Tower-Hamlets, Bromley und Poplar, die Wohnorte der Dockarbeiter. Commercial-Road und East-India-Dock-Road (von W. nach O.) sind hier die Hauptverkehrsader.
Neuere Straßenzüge sind Rosebery-Avenue, Great-Eastern-Street, Queen-Victoria-Street, Charing-Croß-Road und Shaftesbury-Avenue, an deren Stelle früher winklige ungesunde Gassen standen. Eine großartige Verbindungsstraße des Strand mit dem Holborn, sowie eine Verbreiterung des erstern sind geplant.
Von den Brücken ist London-Bridge die älteste (bis 1750 einzige) und wichtigste. Die alte London-Bridge, etwas oberhalb der jetzigen, war mit Häusern besetzt, von denen 1745 eins in die Themse stürzte. Der jetzige Bau, 1825-31 für 2 Mill. Pfd. St. erbaut, ist 283 m lang, 16 m breit und hat 5 Granitbogen; hier verkehren täglich über 100000 Menschen und 15000 Fuhrwerke. Flußaufwärts folgen Southwark-Bridge (drei eiserne Bogen), Blackfriars-Bridge (387 m), die schöne Waterloo-Bridge (420 m), Hungerford-Fußbrücke und Westminster-Bridge (26 m breit), Lambeth- und Vauxhall-Bridge, die zwei Brücken bei Chelsea, die Albert-, die Battersea-Bridge und Hammersmith-Bridge.
Außerdem überschreiten 5 Eisenbahnbrücken den Fluß. Um unterhalb London-Bridge den Seeschiffahrtsverkehr nicht zu hindern, erbaute man 1825-42 den Themsetunnel (s. Brunel und Tunnel), den jetzt die Bahn benutzt; 1870 folgte der Tower-Subway, eine eiserne Röhre (373 m lang, 2,2 m Durchmesser) für Fußgänger und 1890 der Tunnel für die elektrische Eisenbahn. 1886-94 wurde aber auch hier nach Plänen von H. Jones und J. W. Barry eine oberirdische Brücke für Fuhrwerks- und Fußgängerverkehr gebaut (Tower Bridge).
Sie hat von der Münze beim Tower aus eine 333 m lange Zufahrt von steinernen, 5 m weiten Bogen, auf dem Südufer eine solche von 270 m. Bis zu zwei 90 m voneinander getrennten Pfeilern ist sie als Hängebrücke konstruiert; zwischen den Pfeilern besteht das Tragwerk, um den Schiffen den Durchgang zu gestatten, aus zwei aufklappbaren Teilen; um aber, wenn Seeschiffe passieren, den Fußgängerverkehr nicht zu unterbrechen, enthalten die im Stile des Towers mit Stein und Ziegeln bekleideten Pfeiler hydraulische Aufzüge und Treppen und sind 47,75 m über Hochwasser durch feste Gitterbrücke verbunden.
Südufer. Einheitlichern Charakter trägt die sog. Surrey-Side, die, erst seit dem 17. Jahrh. bebaut, fast ohne historisch oder künstlerisch hervorragende Bauten, vor allem der Industrie, in den östl. Teilen mit ihren Docks auch dem Großhandel dient. Die Anlage ist hier regelmäßiger, einzelne lange Straßenzüge, wie Old-Kent-Road, Kennington-Park-Road mit seinen Fortsetzungen u. a., durchschneiden das Häusermeer. Die wichtigsten Quartiere sind von W. nach O.: Battersea, fast nur von Arbeitern bewohnt, South-Lambeth mit ausgedehnten Eisenbahnwerkstätten, Kennington, Vauxhall, Bermondsey, Rotherhithe und die bis vor kurzem selbständigen Vororte Deptford (s. d.) und Greenwich (s. d.). Weiter von der Themse entfernt liegen: Wandsworth (s. d.), Stockwell, North- und South-Brixton, Walworth mit seinen parallelen Straßen, Camberwell, südlich davon Denmark-Hill u. a.
Kirchen. London hat gegen 1600 Kirchen und Kapellen, darunter 50 römisch-katholische, 25 für Deutsche. Die größte und schönste Kirche ist die St. Paulskathedrale (s. Tafel: Londoner Bauten, [* ] Fig. 3) in der City, die an Stelle der 1561 und 1666 niedergebrannten Kirchen unter Wren (s. d.) 1675 begonnen, 1710 vollendet wurde. Sie ist die drittgrößte christl. Kirche, der Peterkirche in Rom ähnlich, hat die Form eines lat. Kreuzes; das Längsschiff ist 152, das Querschiff 76 m lang; die kreuzgekrönte Kuppel (110 m hoch, 34 m Durchmesser) kommt erst aus weiter Entfernung zu voller architektonischer Wirkung.
Die Hauptfaçade (55 m breit) hat einen doppelten Säulenportikus, über dem Giebelfeld drei Apostel und zwei Glockentürme (67 m). Das Innere, erst neuerdings reich ausgestattet, enthält zahlreiche Marmorgruppen und Statuen meist von Generalen, Seehelden und Gelehrten (z. B. Sam. Johnson, Nelson, Abercromby, Wellington). Am Südende des Kreuzschiffs die Krypta mit Grabmälern berühmter Briten (z. B. Napier, Nelson, Landseer, Reynolds, Wren, Sir Bartle Frere). - In der City liegen ferner St. Bartholomew-the-Great in normann.-got. Stil, 1123 begründet, 1865-69 und 1886 erneuert, St. John's Gate (1504), ein got. Spitzbogenthor, der Rest einer Johanniterpriorei, die schon erwähnte Kirche St. Mary-le-Bow in Cheapside, die St. Stephenskirche in Walbrook, ein Meisterwerk Wrens (s. Tafel: Englische Kunst I, [* ] Fig. 6), St. Helen's, ferner die Congregational-Hall, 1862 in got. Stil an der Stelle des Schuldgefängnisses in Fleet-Street erbaut, und im Innern des Temple die St. Mary's Church, ein normann. Rundbau mit frühgot. Chor, 1185 vollendet, 1839 für 70000 Pfd. St. restauriert, mit mosaikartigen Arabesken an der Decke und neun Marmorgrabmälern (12. und 13. Jahrh.). - Aus dem Westend sind nennenswert St. Clement-Danes am Strand (1688), St. James' Church in Piccadilly (1682-84), beide von Wren erbaut, St. Martin-in-the-Fields am Trafalgar-Square (1721-26), mit griech. Säulenhalle, Mary the Virgin in Charing-Croß-Road, die apostolisch-kath. Kirche der
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Irvingianer (1850-54) in frühgot. Stil in Gordon-Square, die dem Erechtheion nachgebildete St. Pancras' Church in Euston-Road, und vor allem die Westminsterabtei (offiziell die Kollegiatkirche von St. Peter) am Parliament-Square. Sie gehörte zu einem noch in Resten vorhandenen Kloster, das vom angelsächs. Könige Sebert zu Anfang des 7. Jahrh. gegründet, von den Dänen zerstört und von König Edgar 958 erneuert wurde. Eduard der Bekenner baute sie kurz vor seinem Tode um, Heinrich III. und Eduard I. gaben ihr ihre jetzige Gestalt.
Nur die beiden Türme (68 m) und der westl. Eingang wurden noch im 18. Jahrh. von Wren errichtet (s. Tafel: Londoner Bauten, [* ] Fig. 1). Heinrich VIII. verwandelte bei der Reformation das Kloster in ein Kollegiatstift; unter Maria kehrten die Mönche zurück; Elisabeth stellte das Stift mit einer Erziehungsanstalt für Knaben wieder her. Die Kirche ist in Kreuzform erbaut, das Äußere ist vielfach schwerfällig, das Innere, namentlich vom westl. Haupteingange aus, gewährt den erhabenen Eindruck eines Meisterwerks frühgot.
Baukunst. Freilich wird der Überblick durch Holzverschläge, Gitterwerk und Nebenbauten zum Teil gehindert. Die Kirche ist 156 m lang, im Kreuz 61, im Schiff 22 m breit. Besonders schön sind die 20 gemalten Glasfenster und die Holzschnitzereien im Chor. Sie ist noch in höherm Grade als die St. Paulskathedrale Nationalheiligtum und Ruhmeshalle. Hier ruhen oder sind durch Marmordenkmäler verherrlicht fast alle großen Staatsmänner, wie Pitt, Fox, Canning, Palmerston, Cobden, Beaconsfield, und Feldherren, Künstler wie Garrick, Kneller, G. G. Scott, Gelehrte wie Newton, Macaulay, Herschel, Lyell, Grote, Darwin, Männer wie Stephenson, Livingstone, Wilberforce u. a. Das südl. Querschiff, die Dichterecke (The Poet's Corner), ist Thackeray, Händel, Goldsmith, Shakespeare, R. Burns, Southey, Ch. Dickens, Sheridan, Chaucer, Longfellow, Tennyson u. a. gewidmet.
Viele der Kunstwerke haben nur geringen ästhetischen Wert; doch findet man auch einige schöne Arbeiten von Westmacott, Chantrey und Flaxman. An der Ostseite liegen im Halbkreis 9 Kapellen, die vorzugsweise Denkmäler, Reliquien und Gräber engl. Großen und die der Könige und Königinnen bis auf Georg III. enthalten. Die schönste ist die Kapelle Heinrichs VII. (erbaut 1502-20), mit einer phantastischen fächerförmigen Decke, den eichenen Chorstühlen der Ritter des Bathordens und deren Fahnen sowie gegen 100 Statuen.
An der Südostseite der Abtei schließt sich das achteckige Kapitelhaus an, das 1282-1547 dem Parlament als Sitzungssaal diente. Im SW. der schöne Kreuzgang mit alten Grabsteinen und die Jerusalem Chamber mit Fresken, wo Heinrich IV. starb. Ein Anbau ist hier geplant. Vor dem nördl. Querschiff liegt die St. Margaretskirche, von Eduard IV. erneuert, mit schönen Glasmalereien zur Erinnerung au den Buchdrucker Caxton, Sir Walter Raleigh, Milton und Admiral Blake. (Vgl. Neale, History and antiquities of the Abbey of Westminster, Lond. 1818 u. ö.; Stanley, Historical memorials of the Westminster Abbey, 5. Aufl., ebd. 1882.)
In Brompton liegt die noch unvollendete Church of the Oratory im ital. Renaissancestil mit schönen Mosaiken, in Chelsea die Old-Church (1660). Auf dem Südufer sind St. Saviour's Church bei London-Bridge, teilweise aus dem 16. Jahrh. stammend, jetzt restauriert, die moderne gotische kath. St. Georgskathedrale in Westminster-Bridge-Road, Christchurch der Dissidenten und das Tabernacle (für 6000 Personen) zu erwähnen, in dem Spurgeon predigte. Wichtig für das kirchliche Leben sind noch die ritualistische St. Albanskirche in Holborn, Union-Chapel in Islington und die Wesleyanerkirche in City-Road, die großartige Great-Central-Synagogue der Juden in Great-Portland-Street, die Bedfort-Chapel der Unitarier in Bloomsbury-Street, die New-Jerusalem-Church der Swedenborgianer in Kensington, der City-Temple der Kongregationalisten bei Holborn-Viaduct und die schwedische prot. Kirche im Eastend. Für den auflebenden Katholicismus wichtig ist die Kirche St. Mary in Moorfields, die Jesuitenkirche in Farm-Street, die Pro-Cathedral in Kensington und St. Joseph's Retreat in Highgate. Religiöse Versammlungen und Andachten finden auch auf Plätzen und in den Parks allsonntäglich statt.
Denkmäler, Plätze und Parks. Außer den Denkmälern in den beiden Hauptkirchen sind folgende zu nennen: das Albert-Memorial von Sir G. G. Scott im S. von Kensington-Gardens, auf quadratischer Plattform ein Unterbau mit 4 Marmorgruppen und 169 Reliefporträten von Künstlern, der unter got. Baldachin die sitzende Statue des Prinz-Gemahls in vergoldeter Bronze von Foley trägt (s. Tafel: Englische Kunst III, [* ] Fig. 5); die Reiterstandbilder von Richard Löwenherz (Bronze von Marochetti) neben dem Parlament, von Karl I., 1633 gegossen, auf Charing-Croß und von Prinz Albert auf Holborn-Circus, die Statue der Königin Anna (1886, von Belt) vor der St. Paulskathedrale und von Jakob II. in den Gärten von Whitehall (1686, von Grinling Gibbons), die Marmorstatue der Königin Victoria (1896, von Thornycroft) vor der Börse.
Auf Trafalgar-Square steht die Nelsonsäule (44 m, 1843) mit den vier Löwen von Landseer und Bronzereliefs, zwischen Standbildern Havelocks und Napiers, Georgs IV. von Chantrey und Gordons (1888) von Thornycroft; auf dem Parliament-Square die Minister Canning, Palmerston, Derby, Peel und Beaconsfield in Bronze, ferner auf Waterloo-Place nach Bells Entwurf das Krimdenkmal zum Andenken an die 2162 gefallenen Gardisten und ihm gegenüber Lord Clyde von Marochetti, Lord Lawrence von Böhm, Franklin von Noble und Burgoyne von Böhm, sämtlich in Bronze. Cavendish-Square trägt ein marmornes Reiterstandbild des Herzogs von Cumberland von Chew und die Bronzestatue Lord G. Bentincks von Campbell. Unweit des British-Museums stehen Fox und der Herzog von Bedford, beide von Westmacott. Peel ist auf Cheapside, Sir Rowland Hill, Wellington und Peabody vor der Börse, Carlyle (s. Tafel: Englische Kunst III, [* ] Fig. 7) von Böhm vor seinem Wohnhaus in Chelsea, Byron in Hamilton-Gardens, Shakespeare auf Leicester-Square, Dr. Jenner in Kensington-Gardens verewigt.
George Stephenson von Baily steht in der Vorhalle des Euston-Bahnhofs (s. Taf. III, [* ] Fig. 1). Dem Herzog von Wellington sind noch am Hydepark ein Reiterstandbild von Böhm und die sog. Achillesstatue ans Kanonenmetall von Westmacott gewidmet. An Stelle des alten Citythors am Ende von Fleet-Street steht seit 1878 das Temple-Bar-Memorial; an den furchtbaren Brand (1666) soll das Monument (61 m) dicht bei London-Bridge erinnern, das einen großartigen Blick über das Gewühl der City und
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die Themse gewährt. An der Nordostecke des Hydepark steht Marble Arch, ein Triumphbogen mit Bronzethoren und Reliefs; vor der Westminsterabtei die Westminstersäule (19 m), an der Waterlootreppe die York Column (38 m). Auf dem Victoria-Embankment, einem 2 km langen, 32 m breiten Quai (1864-70 für 2 Mill. Pfd. St. angelegt), zwischen Blackfriars- und Westminster-Bridge, steht u. a. die Nadel der Kleopatra, ein Obelisk (21 m) aus Alexandria. - Von den mit Ziergärten, Teichen, Promenaden, Spielplätzen versehenen öffentlichen Parks seien neben den schon erwähnten genannt: im Westend: Lincoln's Inn-Fields im S. von Holborn, Park Crescent und Park Square im O. und Primrose-Hill im NW. von Regent's Part, Grosvenor-Square, die Public-Gardens in Chelsea und die Recreation-Grounds in Paddington.
Der großartigste Komplex neben Hydepark (s. d.) und Kensington-Gardens ist im S. von Piccadilly Greenpark (28 ha) und Palace-Gardens und, durch den Buckinghampalast davon getrennt, St. James' Park, einst ein Sumpf, dann von Lenôtre und von Nash angelegt, im N. vom Mall, im O. von den Rcgierungsgebäuden begrenzt. Die Stadtviertel im N. und O. besitzen seit 1842 bei Hackney einen Erholungsplatz im Victoriapark (117 ha, für 130000 Pfd. St. angelegt) mit drei Teichen und Cricketplatz; ferner die London-Fields, den Finsburypark und den schattigen Clissoldpark. Das Südufer besitzt im O. den Southwarkpark in Rotherhithe, im W. den herrlichen Batterseapark (75 ha) mit seinen tropischen Gewächsen, ferner Kennington- und Dulwichpark sowie in Lambeth seit 1890 den Vauxhallpark. Die zahlreichen mit Gartenanlagen versehenen Squares gehören meist den Anwohnern; einige stehen jedoch dem Publikum offen.
Weltliche Bauten. London ist keine schöne Stadt, hauptsächlich deshalb, weil die einheitliche Verwaltung fehlt; Backsteinbauten herrschen vor; Geschäftsreklamen verunzieren die Häuser. Künstlerisch hervorragende Bauwerke sind nicht zahlreich; bei modernen Gebäuden, wie Geschäftshäusern, Theatern und Bahnhöfen ist nur Zweckmäßigkeit bestimmend. Ans früherer Zeit stammen: Guildhall, das Rathaus, 1411-31 aufgeführt, 1789 mit Façade versehen, später mehrfach restauriert, enthält eine große Halle (46 m lang) mit den beiden riesigen Holzfiguren Gog und Magog, in der alljährlich das Lord-Mayor-Bankett stattfindet, Räume für Gerichtsverhandlungen, eine Freibibliothek (60000 Bände) und eine Gemäldesammlung (Corporation Art Gallery);
die got. Crosby-Hall (1466), einst Wohnung Richards III., jetzt Restaurant, und zahlreiche Zunfthäuser;
am Strand der Temple mit schöner got. Halle (1572), Somerset-House, 1776-86 von Chambers (s. d.) umgebaut, mit zwei modernen Flügeln, einst Residenz der Königinnen, jetzt Sitz zahlreicher Staatsbehörden;
die Front zur Themse ist 240 m lang, das Gebäude soll im ganzen 3600 Fenster haben.
Ein Meisterwerk von Inigo Jones ist der Bankettsaal, der einzige Rest des Palastes Whitehall, den sog. Horse-Guards (s. d.) gegenüber, jetzt als Kapelle benutzt, mit Gemälden von Rubens an der Decke. Der Palast war einst Residenz Kardinal Wolseys, dann Elisabeths, Karls I., Cromwells und Karls II. Nach Wrens Plan ist 1710 Marlborough-House am Mall erbaut, jetzt Wohnung des Prinzen von Wales. In seinen ältesten Teilen aus dem 13. Jahrh. stammt Lambeth-Palace rechts von der Themse, die Wohnung der Erzbischöfe von Canterbury, mit Halle, Porträts der Erzbischöfe seit 1553 in der Guard-Chamber (Laud von van Dyck) und dem frühern Gefängnis.
Das schönste Bauwerk ist das spätgot. Parlamentsgebäude mit Westminster-Hall (s. Tafel: Parlamentsgebäude II, [* ] Fig. 1). Es wurde 1840-52 nach dem Entwurf von Sir Charles Barry (s. d.) für 3 Mill. Pfd. St. aufgeführt und bedeckt mit seinen 1100 Zimmern und 11 Höfen einen Flächenraum von 3,25 ha. Von den drei Türmen ist der Victoria-Tower 103 m, der Uhrturm an der Westminsterbrücke 97 m und der mittlere 91 m hoch. Die Façade an der Themse ist 275 m lang und mit Statuen aller engl. Herrscher geschmückt.
Das Innere ist reich mit Fresken, Statuen (500), Glasmalereien, Holzschnitzarbeiten, Mosaiken, Bronzekandelabern u. s. w. ausgestattet. Besonders schön sind die Sitzungssäle des Hauses der Lords mit dem Thron und den roten Saffiansitzen der Peers und des (räumlich nicht ausreichenden) Unterhauses mit eichenem Tafelwerk, die achteckige Central-Hall mit venet. Glasmosaik und Herrscherstatuen sowie die anschließenden Korridore mit je 8 Freskogemälden, der Queen's Robing-Room nebst der mit Fresken (s. Tafel: Englische Kunst II, [* ] Fig. 10) geschmückten Victoria-Gallery und St. Stephen's Hall (1330 gegründet, 1834 renoviert), mit Marmorstandbildern der großen Staatsmänner, die zur Westminster-Hall führt. Diese, an Stelle des von Wilhelm Rufus begonnenen Palasts 1398 und 1820 umgebaut, 73 m lang, 28 m hoch, ohne Säulen, war einst Schauplatz der Absetzung Eduards III. (1327), Richards II. (1394), der Ernennung Cromwells zum Lord-Protektor, der Verurteilungen des Thomas Morus, Somersets, Essex', Guy Fawkes', des Prozesses gegen Warren Hastings u. a. Der Nordostflügel des gewaltigen Gebäudes ist die Residenz des Sprechers des Unterhauses.
Von den königl. Palästen diente der St. James-Palast von Wilhelm III. bis auf Georg IV. als ständiger Wohnsitz der Könige. Es ist ein Backsteinbau, nach dem Brande von 1809 größtenteils neu aufgeführt mit glänzender innerer Ausstattung, wo bis 1861 der Drawing-Room (s. d.) stattfand. Die jetzige Residenz ist Buckingham-Palace, 1825 von Nash an Stelle des Schlosses des Herzogs von Buckingham erbaut, mit neuerer (1846) Ostfaçade, kostbaren Staatsgemächern, Thron- und Ballsaal sowie Gemäldesammlung (Teniers, Rembrandt, Rubens, Potter, Ruisdael, Tizian u. a.). Kensington-Palace im W. von Kensington-Gardens stammt aus der Zeit Wilhelms III. Im O. und SO. des Hydeparks, in den Stadtteilen Mayfair und Belgravia, liegen zahlreiche Paläste der reichen Adelsgeschlechter.
Historisch bekannt ist Holland-House (Tudorstil) in Hollandpark. Von Klubhäusern sind hier zu nennen: der Constitutional-Club in der Northumberland-Avenue, wo auch die schönsten Hotelbauten liegen, Union-Club, Athenäum, Reform- und Carlton-Club in Pall Mall, St. James-, Naval and Military-Club in Piccadilly, Junior-United-Service-Club in Regent's Street. Die Ministerien liegen in Whitehall und Downing-Street. Ein schöner Renaissancebau sind hier die neuen Public-Offices (1868-73 für 500000 Pfd. St.); sie enthalten das Home-Office, Foreign-, Colonial- und India-Office. Im New-Record-Office unweit der St. Dunstanskirche bei Fleet-Street, einem feuerfesten Gebäude im Tudorstil (1851-66), sind
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jetzt die früher zerstreut aufbewahrten Staatsdokumente (z. B. das Domesday-book, s. d.) und Archivalien vereinigt. Wohl das architektonisch wertvollste neuere Bauwerk, das aber infolge des Klimas und der Nebel auch schon altersgrau erscheint, ist der im got. Stil gehaltene Justizpalast (Royal Courts of Justice; s. Tafel: Londoner Bauten, [* ] Fig. 5) im S. von Lincoln's Inn am Strand, 1882 nach Plänen G. E. Streets vollendet, mit 150 m langer Façade und 72 m langer, 15 m breiter Halle. Als schönstes Gebäude im modernen engl. Stil gilt jetzt die 1894 eröffnete Polizeistation New-Scotland-Yard. Großartig ist auch das Hotel Cecil am Victoria-Embankment bei der Waterloobrücke, das zweitgrößte Hotel der Welt, während das neue New-Record-Office (1895) in Chancery-Lane ein geschmackloses Gebäude spätgot. Stils ist.
Verwaltung. Seit dem Local Government Act von 1888 bildet London in dem Umfange des frühern Metropolitan Board of Works eine Grafschaft (Administrative County). Die Verwaltungsbehörde ist der County Council (s. d.), sie besteht aus 19 Aldermen und 118 Räten (Councillors), der Vorsitzende (Chairman) braucht nicht dem Kollegium anzugehören. Die Councillors werden auf 5 Jahre direkt von den Steuerzahlern gewählt, sie wiederum wählen die Aldermen auf 6 Jahre, von denen 10 oder 9 alle 3 Jahre ausscheiden.
Die Befugnisse der Versammlung sind weiter gehend als die der County Councils in den übrigen Grafschaften und als die deutscher Stadtverwaltungen und sollen noch erweitert werden. Die Haupteinnahmequellen sind: Häusersteuern (13 Pence pro Pfund Sterling), Licenzen, Bier- und Spirituosensteuern, Abgaben der Versicherungsgesellschaften, im ganzen, einschließlich des Staatszuschusses von ½ Mill., 2,708 Mill. Pfd. St. Die größten Ausgaben erfordern Armenpflege, Kanalisation, Schulwesen, Irrenanstalten, Gehälter, Feuerwehr, Erhaltung der Brücken und Parks (insgesamt 12 qkm), sowie Amortisation und Verzinsung der Schuld. Die Polizei (unmittelbar unter dem Staatssekretär des Innern stehend) ist sehr zahlreich; Nov. 1893 waren 31 Oberbeamte, 647 Inspektoren, 1773 Sergeanten und 12648 Policemen oder Constables (s. d.) im Dienst. Die Ausgaben für Sicherheitszwecke betragen 1,3 Mill. Pfd. St. jährlich. Verhaftet wurden (1891) 84822 Personen. Einbrüche fanden 1957 statt; die gewonnene Beute wird auf 15000 Pfd. St. geschätzt.
Großartig ist die Organisation der Feuerwehr (s. Feuerlöschwesen, Bd. 6, S. 736 b). Ihr Hauptquartier liegt in Southwark-Bridge-Road.
Die Beleuchtung läßt viel zu wünschen übrig; sie geschieht größtenteils mit Gas durch 16 Gasgesellschaften, von denen die drei größten 1 Mill. Flammen mit täglich 28 Mill. cbm Gas versorgen. Elektrisches Licht ist in fast allen öffentlichen Gebäuden und Museen und auf den Embankments der Themse in Gebrauch. Völlig durchgeführt ist es in der Parish von St. Pancras (10000 Glühlampen, 8,5 km Leitungsdrähte). Die Kanalisation wurde seit 1859 durch Sir J. Bazalgette für 6 ½ Mill. Pfd. St. durchgeführt; während früher der Unrat unmittelbar in die Themse ging, wird er jetzt durch gewaltige Abzugskanäle (insgesamt 136 km) unterirdisch bis Barking-Creek und Croßneß unterhalb London geleitet; die festen Bestandteile schaffen fünf Dampfer fort, während die flüssigen bei Ebbe ins Meer hinausgelangen. Neue größere Anlagen sind im Bau.
Für die Straßenreinigung, bleibt noch viel zu thun übrig. Die Wasserleitungen sind in der Hand von acht Aktiengesellschaften. Die bedeutendste ist die New-River-Company. Der tägliche Bedarf erreichte (1893) 183,86 Mill. Gallonen. 102 Mill. werden der Themse, 81 Mill. dem Lea und dem New-River entnommen.
Eine völlig selbständige Verwaltung auch mit eigener Polizei (965 Beamte) hat noch immer die City mit ihren eifersüchtig gehüteten Privilegien. Sie zerfällt in 26 Wards und 108 Kirchspiele (Parish). Jeder Ward wählt einen Alderman, die alljährlich aus ihrer Mitte den Lord-Mayor wählen (Amtsantritt unter großem Gepränge, Lord Mayor's Show, 9. Nov.). Auch die alten Zünfte (s. Livery Companies) spielen hier noch eine Rolle.
Die beiden Verwaltungen befinden sich in einem Übergangsstadium. Die liberale Partei strebt der Vereinigung L.s in ein großes Gemeinwesen zu, während die Konservativen neuerdings sechs große getrennte Municipaldistrikte bilden wollen.
Die niedere Gerichtsbarkeit üben in der City der Mayor oder ein Alderman in Mansion-House und in Guildhall, sonst die 14 Polizeigerichte aus; Civilprozesse finden in 12 County Courts und 3 Session Courts statt. Gefängnisse sind Holloway-, Wandsworth-Prison, Wormwood-Scrubs und Newgate in Old-Bailey, 1782 vollendet, im Innern 1858 umgebaut, ein düsterer Bau, der auch das Kriminalgericht in sich schließt.
Der Großhandel mit Lebensmitteln findet in Hallen und auf offenen Märkten statt. Die wichtigsten sind: in Smithfield mit großartiger Halle (1,5 ha) im Renaissancestil für Fleisch und Nebengebäuden für Geflügel, Obst und Fische (Zufuhr jährlich insgesamt 270000 t), Billingsgate zwischen London-Bridge und dem Tower ausschließlich für Fischauktionen (140000 t jährlich), die Viehmärkte in Copenhagen-Fields und in Deptford (letzterer für den gewaltigen Import), Leadenhall-Market, ferner die in Farringdon-Street, in Bethnal-Green (Columbia-Market), in Elephant and Castle, und der Obst- und Blumenmarkt in Borough (Southwark) und in Covent-Garden; Pferdemärkte sind Tatterfall's und Aldridge's. Im ganzen sind 21 größere Marktplätze vorhanden, meistens durch Royal-Charter eingerichtet; 9 gehören zur City Corporation. Dem Kleinhandel dienen auch umherziehende Verkaufswagen (besonders für Austern, die ein wichtiges Volksnahrungsmittel bilden).
Armen- und Wohlthätigkeitsanstalten. Die staatliche, städtische und private Wohlthätigkeit ist in großartigem, aber doch unzureichendem Maße organisiert. (S. auch Armengesetzgebung, Bd. 1, S. 893.) Die Armenpflege wird von 30 Boards of Guardians, 14 der größern Pfarreien und 16 Unions der kleinern zusammengetretenen Pfarreien und dem Metropolitan Asylum Board ausgeübt. Sein Jahreseinkommen beläuft sich auf 303640 Pfd. St. und wird durch Besteuerung der Pfarreien aufgebracht. Nach dem Census (April 1894) waren 63027 Personen in Arbeits- und städtischen Armenhäusern, 35298 erhielten wöchentlich eine Unterstützung (Indoor Relief); 98325 Personen (Paupers) konnten also ihren Lebensunterhalt nicht erwerben, die in Hospitälern, Irrenanstalten und Privatanstalten befindlichen Personen ungerechnet. Im Durchschnitt wird die Zahl der Armen jährlich auf 400000 berechnet, d. h. von 11 E. empfängt eine
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Person Unterstützung. Große Summen wendet der County Council jährlich auf, besonders für den Bau von Arbeiterwohnungen und von Asylen. Der Thätigkeit von Korporationen und Privaten bleibt aber ein viel größerer Spielraum gelassen als in Deutschland. Hier sind die Bemühungen Barnardos (s. d.), der Heilsarmee (s. d.), der zahllosen Witwen- und Waisenunterstützungsvereine, die Anstalten für Blinde, Taubstumme, Kinderbewahranstalten, die Organisation zur Bekämpfung der Trunksucht u. s. w. hervorzuheben. Im ganzen bestehen 2000 Wohlthätigkeitsanstalten mit einem Jahreseinkommen von 5 Mill. Pfd. St. Auch die Krankenhäuser sind nicht städtisch; die wichtigsten sind: das St. Thomashospital, Westminster gegenüber (1868-71 für 500000 Pfd. St. erbaut), 7 vierstockige Häuser mit 608 Betten umfassend, und St. Bartholomew's in West-Smithfield, das älteste von allen, von Heinrich VIII. neu begründet, mit 767 Betten.
Mit diesen beiden sowie 11 andern, wie St. Mary's, King's College, Westminster- und Middlesex-Hospital, Royal-Free-Hospital (auch für weibliche Studenten), St. George's und Charing-Croß-Hospital, sind mediz. Unterrichtsanstalten verbunden. Von andern allgemeinen Krankenhäusern seien nur genannt: das für Seeleute in Greenwich, das Great-Northern-Central, das North-West-Hospital und das Deutsche Hospital in Dalston. 6 Institute sind nur für Brustkranke, 13 nur für Kinder, 7 für Frauen, darunter Woman-Hospital in Euston-Road nur mit weiblichen Ärzten, 3 für Nerven-, 6 für Hautkrankheiten u. s. w., 7 dienen den unheilbar Kranken.
Von den Irrenanstalten werden 10 von den Grafschaften unterhalten; berühmt ist das Bethlehem-Royal-Hospital in Lambeth (s. Bedlam) sowie Colney-Hatch und Hanwell. Für Fieber- und Pockenkranke bestehen 11 städtische Asyle. Außerdem sind Sanitätswachen, auch auf der Themse, eingerichtet. Besondere Erwähnung verdienen das Invalidenhaus und das Royal-Military-Asylum für Soldatenkinder in Chelsea sowie das St. Catherine's Hospital am Regent's Park, Royal-Victoria-Patriotic-Asylum in Wandsworth und Guy's Hospital (710 Betten) im S. von London-Bridge. Unter den Armenhäusern ist Charterhouse das bekannteste.
Unterrichts- und Bildungswesen. Für den Volksschulunterricht sorgt der London School-Board mit 5-6 Mitgliedern für jeden der 11 Distrikte. Es gab (1893) 1040 Elementarschulen mit 700107 Kindern, 7794 Lehrern und 1460 Pupil-teachers;
für 54301 Kinder waren Bauten im Gange. 412 Schulen sind Board-Schools, 728 konfessionelle Voluntary Schools;
der Unterricht ist frei;
nur 264 der letztern Gattung erheben mäßiges Schulgeld.
Besserungsanstalten (Industrial Schools) mit 18178 Kindern sind teils städtisch, teils konfessionell. 18378 Schüler besuchen Abendschulen. Die Fortschritte seit 1871 sind sehr bedeutend, und doch konnten 1891 3,7 Proz. der Männer und 5 Proz. der Frauen die Eheschließungsurkunde nicht unterschreiben. Sehr zahlreich sind die von Privaten geleiteten Elementarschulen. Für den höhern Unterricht besteht kein einheitliches System. Hier wirken Stiftungen, Gilden und Private.
Lateinschulen (Grammar-Schools) bestehen 35; Colleges mit Abendunterricht 11, darunter das Working-Men's College. Von den höhern Anstalten sind erwähnenswert: Christ Church Hospital (s. d.) in der City, unweit der Hauptpost, das jetzt aufs Land verlegt werden soll, mit seinen altertümlichen Sitten (Blue Coat School), die Merchant-Taylor's School (1561), jetzt in Charterhouse, die von Westminster (1560, für 230 Knaben), St. Paul's in Hammersmith, Dulwich-College, ferner University-College-School, King's College-School (beide auch für Mädchen) und City of London-School.
Für Mädchen bestehen 4 Colleges und mehrere höhere Lehranstalten. Während die Londoner Universität in Burlington-Gardens nur Prüfungsbehörde (52 Examinatoren) ist und Grade (auch an Frauen) verteilt, erteilen in University-College (Gower-Street) 53 Professoren an etwa 1500 Studierende und in King's College (Strand) 74 Professoren philos., rechts- und naturwissenschaftliche sowie mediz. Kurse. Besonders stark besucht sind die Abendunterrichtsstunden. Als Rechtsschulen dienen Lincoln's Inn, Middle und Inner Temple und Gray's Inn. (Näheres s. Inns of Court.) Mit der geolog. Landesaufnahme ist die oberste Bergakademie (Direktor: Sir A. Geikie, s. d.) und ein geolog. Museum (Museum of Practical Geology) verbunden.
Von andern Fachschulen seien hier nur genannt: die Schule für neuere orient. Sprachen, die Royal Academy of Music, das Trinity-College, das Royal College of Music und 5 andere große Musikschulen, das Lehrerseminar in Bloomsbury-Square, Gilchrist Educational-Trust in Westminster, die vier von der City and Guilds Central-Institution unterhaltenen technischen Anstalten, drei Colleges für Elektrotechniker und das Royal College für Tierärzte. Prüfungsanstalten für Mediziner sind: Royal College of Physicians und of Surgeons.
Sehr zahlreich sind auch Anstalten zur Ausbildung von Geistlichen aller Seiten. Der Belehrung der ärmsten Schichten ist der Volkspalast (People's Palace) in Mile-End-Road im äußersten Eastend gewidmet. Der Bau wurde aus Vermächtnissen und freiwilligen Beiträgen ermöglicht und 1887 eröffnet. Hier sind Handels- und technische Kurse, Bibliothek, Lesesäle, Gemäldeausstellungen, Orgelkonzerte, Gartenanlagen u. s. w. vereinigt. Wichtig für die Arbeiterwelt sind noch die Polytechnical Institutes, wie das in Battersea und in Borough-Road, in Clerkenwell, ferner Goldsmith's Institute in New-Croß, das Polytechnic des christl. Vereins junger Männer in Regent-Street, das Birbeck-Institute für Schüler beiderlei Geschlechts und die 1884 von Studenten von Oxford und Cambridge begründete Toynbee-Hall in Whitechapel. Populäre Vorträge bietet Gresham-College, eine Stiftung eines Lord-Mayors von 1579, bei Guildhall.
An der Spitze der Museen und Bibliotheken steht das berühmte Britische Museum (s. d.). Das South-Kensington-Museum ist aus einer Sammlung in Marlborough-House hervorgegangen, untersteht dem Science and Art Department, der obersten Unterrichtsbehörde des Landes, und umfaßt eine der schönsten Sammlungen ornamentaler und gewerblicher Kunstgegenstände (über 20000 Nummern), die zum Teil von Privatleuten hier aufgestellt worden sind. Modelle und Gipsabdrücke von Bau- und Skulpturwerken enthält der Architectural-Court; im Südhof sind Gegenstände aus Metall, Elfenbein, Nephrit, Achat, Porzellan, Bronze (chinesische und japanische) aufgestellt; im Nordhof stehen die besonders wertvollen Terrakotten, ital. Majoliken, ferner Möbel aller Stile, Teppiche, Glaswaren u. s. w. Das erste Stockwerk enthält in 8 Sälen die National Gallery of British Art, teils aus
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Privatgalerien, teils von der königl. Akademie hergeliehen, meist Gemälde und Aquarelle engl. Meister, außerdem sieben Wandteppiche nach den Raffaelschen Cartons in Arras gewebt (früher in Hampton-Court), die Jones-Sammlung franz. kunstgewerblicher Gegenstände aus dem 18. Jahrh., deren Wert auf 250000 Pfd. St. geschätzt wird, eine keramische Ausstellung und eine Fachbibliothek (Dyce and Forster Library, 18000 Bände). Mit dem Museum verbunden ist eine große Kunstschule, eine Kunstbibliothek (70000 Bände und 240000 Stiche) und eine naturwissenschaftliche Bibliothek (73000 Bände), ferner Sammlungen von Maschinenmodellen (Watt, Stephenson, Bell), telegr.
Apparaten u. s. w. Seit 1872 ist in Bethnal-Green im Eastend ein Zweigmuseum eröffnet, in dem neben periodischen Gemäldeausstellungen große Sammlungen animalischer Produkte, Ölgemälde und Aquarelle sowie in den obern Galerien die National-Portrait-Gallery berühmter Briten in histor. Anordnung untergebracht sind, die aber nach dem neuen Gebäude (1896) hinter der Nationalgalerie übergeführt wurden. Unweit des South-Kensington-Museum steht das Museum für Naturkunde, 1873-80 erbaut, mit Terracottaschmuck an der 205 m langen Façade; es enthält neben einer einleitenden Zusammenstellung in musterhafter Anordnung wohl die reichhaltigsten geolog., paläontolog., wie mineralog. Sammlungen, Herbarien, Schädel, Vögel, Fische, Reptilien u. s. w. Das India-Museum giebt einen umfassenden Überblick über alle Erzeugnisse älterer und moderner ind. Kultur; es bildet jetzt den östl. Flügel des Imperial Institute (s. d.), eines gewaltigen Baues im Renaissancestil. - Unter den Gemäldesammlungen nimmt die Nationalgalerie am Trafalgar-Square die erste Stelle ein.
Sie birgt gegen 1300 Gemälde in 22 Sälen, außer den Meisterwerken der Englischen Kunst (s. d.) vor allem ital. Bilder aller Schulen, darunter Leonardo da Vinci, Fra Angelico da Fiesole, Botticelli, Lippi, Raffael (Vision eines Ritters, Madonna degli Ansidei und Aldobrandini, Papst Julius II.), Tizian, Tintoretto, Bellini, Mantegna, ferner mehrere Bilder von Rembrandt, van Dyck, Rubens, Ruisdael, Hals, Hobbema, Terburg und Memling, Cuyp, Jan Steen, Potter, Teniers, Wouverman, franz. Gemälde von Claude Lorrain, Poussin, spanische von Velasquez, im Souterrain wertvolle Aquarelle. Von andern Gemäldesammlungen seien nur genannt: das Soane-Museum bei Lincoln's Inn-Fields und die Doré-Galerie. Sehr wertvolle Gemälde enthalten die am Hydepark liegenden Paläste engl. Adelsfamilien.
Alljährlich finden Ausstellungen moderner Gemälde statt in der Königlichen Gesellschaft für Aquarellmalerei in der New-Gallery in Regent-Street, in der Grafton-Gallery und in der Royal Academy of Arts (Direktor: Sir F. Leighton, s. d.), in New-Burlington-House, das auch die Universität und die berühmte Royal Society (s. Akademien, Bd. 1, S. 277 b) beherbergt. Andere Sammlungen sind Parkes Museum für Hygieine, das Royal United-Service-Museum in Whiteball für Waffen, Trophäen und Modelle, die Blumenausstellungen der Gartenbaugesellschaft und der zoolog. Garten im Regent's Park, der reichhaltigste der Erde. Der botan. Garten liegt in Kew (s. d.). Von Bibliotheken seien noch die Allan-Wesleyan-Library mit theol. Werken, die in Guildhall, die in Toynbee-Hall (8000 Bände), die von Dr. Williams (40000 Bände), des London-Institute (100000 Bände), die des Patentamtes sowie die in Lambeth-Palace mit 30000 Bänden erwähnt. Die seit 1880 bestehenden Volksbibliotheken weisen alljährlich 2,5 Mill. Bücherbenutzungen auf. - Überaus entwickelt ist das Vereins- und Klubwesen.
Polit. Klubs sind die konservativen Carlton- und Constitutional-Club, die liberalen National-Liberal-Club in Whitehall-Place und Reform-Club in Pall Mall. Diplomaten verkehren im St. James-Club, Militärs im Army- and Navy-, Naval and Military-, United Service-Club, Schriftsteller und Künstler im Athenäum-, im Burlington Fine Arts- und im Savage-Club, Sportsleute im Badminton-, in Traveller's und in Boodle's Club. Geselligen Zwecken dienen: The German Athenäum in Mortimer-Street (der erste deutsche Klub), Grosvenor-Club, Brooke's und White's Club. Freimaurerlogen bestehen 374.
Über das Zeitungswesen s. Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 421-423).
Unter den 65 Theatern ragen hervor: Covent-Garden, für 3500 Personen, jetzt meist ital. Opern und Konzerten dienend; Drury-Lane, wo Kean, Kemble und Mrs. Siddons spielten, das Lyceum (s. Irving, J. H. B.), Haymarket- (unter Beerbohm Tree), St. James-, Daly- und Garrick-Theatre für Schauspiele, Savoy-Theatre für W. Schwenck Gilberts (s. d.) Operetten, Lyric- für komische Opern, Criterion- und Court-Theatre für Lustspiele. Die Mehrzahl, z. B. Toole's Theatre, The Globe, Strand-Theatre, Shaftesbury-Theatre, sind Possen, Burlesken, Volksstücken u. s. w. gewidmet.
Die wichtigsten Konzertsäle sind: Albert-Hall, im S. des Hydeparks, ein Rundbau (245 m Umfang) für 8000 Personen, mit glänzender innerer Ausstattung, St. James' Hall mit den philharmonischen Konzerten, Alexandrapalast, Steinway-Hall, der Krystallpalast (s. d.) in Sydenham, mit den Sonnabendkonzerten, und die neue Queen's Hall auf Langham-Place. Viel besucht werden Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett und die großartigen Schaustellungen in Olympia (Kensington) und Carl's Court. Music-Halls bestehen an 400, darunter Empire-Theatre und Alhambra (beide mit Ballett), Oxford-Music-Hall, Tivoli und Pavilion.
Verkehrswesen. Der Verkehr, namentlich in der innern Stadt während der Geschäftszeit, nimmt geradezu ungeheure Dimensionen an. Es giebt gegen 14000 Cabs und Hansoms mit etwa 20000 Pferden (für den Westen wichtig); Omnibuslinien, mit etwa 1300 Wagen und 15000 Pferden, bestehen etwa 200. Pferde- und Straßenbahnen (11 Gesellschaften) konnten nur in wenigen breiten Hauptstraßen oder in der äußern Peripherie angelegt werden. Sie befahren 206 km und besitzen 8223 Pferde.
Postkutschen (Coaches) fahren im Sommer nach den Vororten und Vergnügungsplätzen der weitern Umgebung. Das wichtigste Verkehrsmittel des linken Themse-Ufers bildet die Untergrundbahn (The Underground; s. Londoner Untergrundbahnen). Die Victoria-Steamboat-Company vermittelt mit 48 primitiven Dampfern den Verkehr auf dem Fluß selbst (48 Landestellen zwischen Hampton-Court und der Mündung). Die oberirdischen Bahnen haben 15 Hauptbahnhöfe, meist in der innern Stadt und auf ebener Erde gelegen. Die wichtigsten sind: Charing-Croß- und Cannon-Street-, Victoria- und Paddington-Station;
Euston, King's Croß und St. Pancras (s. Tafel:
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Bahnhöfe IV, [* ] Fig. 2), letztere drei dicht bei einander, Liverpool-, Fenchurch- und Broad-Street-Station sowie London-Bridge- und Waterloo-Station auf dem Südufer der Themse. (Über die von London ausgehenden Fernlinien s. Großbritannische Eisenbahnen, Bd. 8, S. 459.) Diese Bahnhöfe und im Kreis von 9,65 km Radius 255, im Kreis von 19 km nicht weniger als 659 Lokal- und Vorortsstationen, aus denen (1888) täglich 5921 Züge abgehen und 94067 km zurücklegen, dienen der täglichen Völkerwanderung vor allein zu und aus der innern Stadt. Und doch sind die Verkehrsmittel an Festtagen oder bei besondern Anlässen, wo oft eine Bahn 200 Sonderzüge einlegte, unzureichend. Man hat berechnet, daß im Jahre die Bahnen im Stadtgebiet 200, die Pferde- und Straßenbahnen 150, die Omnibusse 120, die Cabs u. s. w. 30 Mill. Menschen befördern; dazu kommen noch die Inhaber von Zeitkarten und der Dampferverkehr.
Industrie und Handel. Wenn auch der Handel vorwiegt, ist die Industrie doch in allen ihren Zweigen aufs höchste entwickelt und stellt London neben und vor die größten Fabrikplätze Englands. Allein der Maschinenbau beschäftigt (1891) 20416 Menschen, die Möbelindustrie 50000, die Kleiderkonfektion sogar 71800 männliche und weibliche Arbeiter, die, zum Teil hausindustriell thätig, unter dem Sweating-System (s. d.) leiden. Zu den wichtigsten Zweigen gehören auch Zuckerraffinerie, Fabrikation von Chemikalien (9500 Arbeiter), von Zündhölzchen, Seifen, Patronen, von Glas und Glaswaren (5600) in künstlerischer Ausführung, von Fayencen (s. Doultonware), von Papier, Tapeten und chirurg. Instrumenten (9000), Wagenbau (13000), Goldschmiedearbeiten (8000), Uhren- (4300), Lederwaren- (9000) und Handschuhindustrie.
Hutmacher wurden 4900, Schuhmacher 40000, Stock- und Schirmmacher 4000, Kürschner 2000, Schiffsbauer 4000, Tabakarbeiter 9000 angegeben. In den Gasanstalten und Kohlenwerken sind 12500, im Wege- und Straßenbau 7000, in der gesamten Nahrungsmittelindustrie und dem Vertrieb von Eßwaren 75000 Personen beschäftigt. Ladenbesitzer giebt es 15000, Straßenverkäufer 11500, Eisenbahnangestellte 22500, Kutscher 90500, zur dienenden Klasse gehören 17074 männliche, 238366 weibliche Personen.
Durch Abvermieten ernähren sich 15800, als Pfandleiher 2600 Personen. Bierbrauereien bestehen fast 200, die größte ist die von Barclay, Perkins & Co. (s. d.) in Southwark. In Druckereien sind 26000, im graphischen Gewerbe überhaupt 48500 Menschen thätig. London ist auch Mittelpunkt des engl. Buchhandels;
die wichtigsten Firmen sind Blackwood & Sons;
Black, Adam & Charles;
Cassell & Co., Limited;
Eyre & Spottiswoode;
Longmans, Green & Co.;
Low, Marston & Co., Limited;
Macmillan & Co.;
John Murray;
Paul (Kegan), Trench, Trübner & Co., Limited;
Williams & Norgate (s. die Einzelartikel).
Das größte Antiquariat besitzt B. Quaritch (s. d.). Die größte Leihbibliothek ist Mudie's Select Library (s. d.).
Für die Entwicklung des Handels liegt London überaus günstig an der innern Grenze der Schiffbarkeit der Themse, da wo noch Überbrückungen möglich sind, und unter guten Flutverhältnissen. Da London jedoch Europa zugewandt ist, haben für den amerik. Handel Liverpool und Glasgow ihre heutige Bedeutung erringen können. Der Hafen (The Pool) erstreckt sich von London-Bridge 10,5 km oder, wenn inan ihn bis zu den neuesten Dockanlagen flußabwärts rechnet, 37 km weit bis Tilbury und Gravesend (s. d.). Die älteste Anlage ist der St. Katherine's Dock (4 ha) im O. des Tower; daneben liegen die London-Docks mit drei Bassins mit ihren gewaltigen Kellerräumen für etwa 380000 hl Wein, Cognac, Rum und Öle und Lagern für etwa 222000 t Wolle und Kolonialwaren u. s. w. An der Themsekrümmung am Südufer liegen die Surrey- and Commercial-Docks mit 15 Bassins (8 für Seeschiffe), 32,5 ha Wasser- und 136 ha Landfläche.
Sie dienen dem Getreide- und namentlich dem Holzhandel. In der Halbinsel Isle of Dogs liegen die Millwall-Docks (namentlich für Getreide) und die drei parallelen West-India-Docks: das Südbassin (früher ein Kanal), das Importbecken namentlich für westind. Farbhölzer und Rum, das für Export, mit gewaltigen Magazinen für Wolllager u. s. w. Die East-India-Docks (12 ha) sind jetzt in ihrer Einrichtung veraltet. Weiter stromabwärts eröffnete man 1880 den Victoria-Dock (36 ha) und den Albert-Dock, die beide mit Trockendocks, Speichern, Eiskellern, hydraulischen Kranen, Bahnanschlüssen, elektrischem Licht u. s. w. aufs beste ausgestattet sind. Sie dienen namentlich dem Handel mit Getreide, Tabak, Guano, Jute, gefrorenem Fleisch aus Australien (1893 wurden 171640 Rinderviertel und 3,9 Mill. gefrorene Schafe eingeführt). Im ganzen besitzen die 4 Dockgesellschaften 305 ha Wasserfläche und 1,3 Mill. qm Lagerräume. Die Zahl der Arbeiter, die seit dem Streik (1889) organisiert sind, beträgt etwa 17000.
Mehr als ein Drittel der Gesamteinfuhr des Königreichs fällt auf London. Die Einfuhr betrug 1885: 132,6, 1889: 144,7, 1892: 144,2 Mill. Pfd. St. In erster Reihe steht Wolle (etwa 1,5 Mill. Ballen) vom Kap und aus Australien, die in sechswöchentlichen Auktionen, zu etwa drei Viertel nach dem Kontinent, verkauft wird, dann Getreide (1892: 957 Mill. kg) aus den Vereinigten Staaten, aus Rußland, Indien und Australien, namentlich Weizen und Hafer, Mais und Reis, Nahrungsmittel aller Art (Provisions), aus dem Auslande und noch mehr aus dem Inlande per Bahn für den Verbrauch der Bevölkerung und zur Ausrüstung der Seeschiffe, Vieh, lebend und gefroren, Eier, Früchte, namentlich Orangen und Citronen (2,48 Mill. Bushel), Bananen und Korinthen, Thee (121 Mill. kg), vornehmlich aus Ostindien, Kaffee (40 Mill. kg, viermal wöchentlich finden Auktionen statt), Kakao und Zucker (zu zwei Drittel unraffiniert).
Wein (483339 hl), Rum (zwischen 130000 und 300000 hl) und andere hoch besteuerte Spirituosen, ferner Tabak, fast nur roh, Droguen, Farbstoffe, Öle und Thran, Guano und Phosphate (etwa 300000 t), Lumpen und Esparto und Rohstoffe für die Textilindustrie. Unter den Fabrikaten stehen dem Werte nach Baumwollwaren mit 642863 Pfd. St. obenan, es folgen Chemikalien (622040), Wolle (94954), Wollgarne (55288), Farben (47507 Pfd. St.), Papier, Leder (333000 Doppelcentner).
Hölzer (Bretter, Latten, Dielen, 30 Mill. Stück) kommen aus Skandinavien, Rußland, Canada, den Kolonien und Deutschland. Kohlen aus den nördl. Grafschaften kamen per Bahn 13,61, zur See 4,34 Mill. t, gegen insgesamt 11,99 Mill. t im J. 1886. Petroleum (2,538 Mill. hl) wird zur Hälfte aus Rußland, zur Hälfte aus Nordamerika bezogen. Metalle kommen roh oder als Halbfabrikate zumeist aus den Kolonien. Welche gewaltigen Mengen ausländischer Waren wieder zur Ausfuhr gelangen, erhellt daraus, daß von den 66 Mill. Pfd. St. Durchfuhr im Lande
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überhaupt gegen 60 Proz. auf London entfallen. Wolle, Baumwolle, Hanf, Jute, Thee, Tabak, Gewürze, Reis, Kaffee, Zucker, Früchte, Häute, Pelzwaren (s. Hudsonbaicompagnie) sind hier hervorzuheben. Als Ausfuhrplatz engl. Erzeugnisse steht Liverpool voran. Von der Gesamtausfuhr des Vereinigten Königreichs aber geht etwa ein Fünftel des Wertes über die Hauptstadt. In der Ausfuhr stehen Erzeugniße der Textilindustrie obenan und zwar Baumwollmanufakturen 1892 für 4,498 Mill. Pfd. St., Garne für 0,395, für andere Baumwollprodukte 0,902, Kleidungsstücke für 3,096 Mill. Pfd. St.; Wollwaren (Streichgarn- und Kammgarnstoffe, Flanelle und Teppiche, Decken und Garne) 3,760 Mill., Waren, Garne, Säcke aus Jute 0,65 Mill., Leinenwaren und Garne 52128 Pfd. St. Der Wert der Metall- und Metallwarenausfuhr erreichte (1892) 11,356 Mill. Pfd. St., darunter Eisen in verschiedenen Gattungen für 3,3, Maschinen für 2,104, Schneidewerkzeuge für 0,725, Telegraphendrähte und Apparate für 0,834 Mill. Pfd. St. Wichtig sind ferner: Papier, Kerzen, Cement (0,8), Lederwaren (Stiefel für 1,2 Mill. Pfd. St.), Hüte (0,5), Waffen (0,94), Chemikalien (0,76), Glas (0,29), Malerfarben, Kurzwaren und Bücher (0,687 Mill. Pfd. St.).
Die eigene Handelsmarine zählt (1890) 1360 Dampfer mit 0,97 und 1217 Segler mit 0,36 Mill. t. Im internationalen Verkehr liefen (1889) 7720 Dampfer und 3010 Segler, im Küstenverkehr 9256 Dampfer und 33549 Segler (meist Kohlenschiffe) ein, zusammen 53535 Schiffe mit 12,8 Mill. t. 1892 war die Tonnenzahl aller ein- und auslaufenden Fahrzeuge ohne den Küstenverkehr 13,91 Mill. t. Auch mit diesen Ziffern steht London an der Spitze aller Welthandelsplätze. Als Ausgangspunkt der regelmäßigen großen Linien der Dampfschiffahrt (s. d.) ist London besonders wichtig; Southampton, Queenborough, Dover, Harwich dienen als Vorhafen L.s.
Ein großer Teil des Handels mit den in Docks lagernden Waren wird durch Lagerscheine (Dock warrants [s. Warrant]) abgewickelt. Terminhandel findet in großem Umfange statt; für Steinkohlen, Getreide, Metalle bestehen neben der Stock Exchange für Fonds und der allgemeinen Royal Exchange besondere Börsen. Auch im Edelsteinhandel hat London die beherrschende Stellung im Weltmarkt. An der Spitze der Banken steht die Bank of England (s. d.). Im ganzen bestehen 225 große Banken und Bankiers, darunter City Bank, London and County Banking Co., London and Provincial Bank, London and South-Western Bank, London and Westminster Bank, London Joint-Stock Bank, meist mit zahlreichen Filialen in der Stadt, Baring Brothers & Co. (s. Baring), N. M. Rothschild & Sons u. a. Als Abrechnungsstelle dient das Clearing-House (s. d.). Alle Provinzial- und Kolonialbanken haben Agenten in London. Wie das Bankwesen ist auch das Versicherungswesen aufs höchste ausgebildet. Sämtliche Staaten haben in London Generalkonsulate.
Umgebung. Die beliebtesten Plätze der weitern Umgebung sind die Orte an der Themse aufwärts, wie Putney, wo die große Ruderregatta der beiden Universitäten beginnt, Richmond und Kew, Hampton-Court, Henley und Windsor, im N. der Wembleypark (Mai 1894 eröffnet) mit dem Watkinturm (s. d.), Hampstead und Highgate, der Wald von Epping, ferner Epsom am Tage des Derby-Rennens, Sydenham mit dem Krystallpalast, die Rosherville-Gardens bei Gravesend und an der Sea-side die Seebäder von Ramsgate, Margate, Eastbourne und Brighton. (S. die Einzelartikel.)
Geschichtliches. London war schon zur Römerzeit unter den Namen Augusta Trinobantum, Legio secunda Augusti, Lundinium, Londinium eine bedeutende Stadt. Konstantin d. Gr. umgab es mit Mauern von etwa 15 km Umfang. Nach Einführung des Christentums wurde es Sitz eines Bischofs und unter Alfred Hauptstadt seines Reichs. Als Wilhelm England eroberte, fand er bereits viele Privilegien in London (der City) vor, die er bestätigte. König Johann brachte 1210 die Freiheiten der Stadt in eine Verfassung, die, in der Magna Charta erweitert, noch jetzt deren Grundlage bildet.
Seuchen, Pestilenzen, Empörungen, Feuersbrünste haben London mehr denn zwanzigmal verwüstet und entvölkert; aber jedesmal ging es größer aus Asche und Tod hervor. Gegen die span. Armada (1588) konnte es schon 20000 Mann und 38 Schiffe stellen. Die Aufhebung der Klöster, die Erweiterung des Handels z. B. mit Rußland und den neuen Kolonien, Zuwanderung aus Flandern und Frankreich förderten die Entwicklung. Seit der großen Pest von 1665, welche über 68000 Menschen wegraffte, und der Feuersbrunst des folgenden Jahres, die 13200 Häuser zerstörte, stieg es rasch und stetig empor. Anfang des 18. Jahrh. zählte es schon 700000 E. London war 1851 der Schauplatz der ersten Weltausstellung, der 1862 eine zweite folgte (s. Weltausstellungen). In London fanden zahlreiche diplomat. Verhandlungen statt, von denen die wichtigsten sind die Londoner Konferenzen 1829 und 1832 (s. Griechenland, Bd. 8, S. 336), 1830-31 und 1838 (s. Belgien, Bd. 2, S. 679 u. 680) und die von 1850 und 1852 (s. Dänemark, Bd. 4, S. 769).
Vgl. Jesse, London, its celebrated characters and remarkable places (3 Bde., Lond. 1871);
Faucher, Vergleichende Kulturbilder aus vier europ. Millionenstädten: Berlin, Wien, Paris, London (Hannov. 1877);
Fry, London illustrated (Lond. 1883);
Hare, Walks in London (5. Aufl., 2 Bde., ebd. 1883);
Walford, Greater a narrative of its history, its people and its places (2 Bde., ebd. 1883-84);
Loftie, A history of London (2 Bde., ebd. 1884);
Charles Booth, Life and labour of the people (2 Bde., ebd. 1889);
Wheatley, London, past and present (3 Bde., ebd. 1891);
Kemmann, Der Verkehr L.s (2 Bde., Berl. 1892);
Besant, London (englisch, 2 Bde., Lpz. 1893);
Reisehandbuch von Baedeker (10. Aufl., ebd. 1890; englisch, 8. Aufl., ebd. 1892).
Kellys Post Office Directory (Adreßbuch) erscheint jährlich.