Titel
Loménie
,
1)
Etienne
Charles de Loménie
,
Graf de
Brienne,
Kardinal und franz. Staatsminister, geb. 1727 zu
Paris
[* 2] aus einem im 16. Jahrh. unter
Heinrich IV. emporgekommenen
Geschlecht, dem auch der
Staatssekretär
Henri
Auguste de Loménie
(1594-1660)
angehörte, welcher wertvolle
Memoiren (1840) hinterließ, trat früh in den geistlichen
Stand, ward 1760,
wiewohl ein Anhänger
der aufgeklärten
Philosophie jener Zeit, zum
Bischof von
Condom, 1763 zum
Erzbischof von
Toulouse,
[* 3] wo noch
heute der von ihm erbaute
Kanal
[* 4] zwischen dem von Caraman und der
Garonne den
Namen
»Canal de
Brienne« führt, und 1788 zum
Erzbischof
von
Sens ernannt.
Trotz seiner
Stellung als Kirchenfürst verminderte er die Zahl der Klöster und errichtete Erziehungsanstalten und
Hospitäler.
Ein Hauptgegner der Finanzverwaltung
Calonnes, ward er von
Ludwig XVI. im Mai 1787 an die
Spitze der Finanzverwaltung
berufen. Als das
Parlament sich weigerte, seine
Verordnungen über die
Grund- und
Stempelsteuer zu registrieren, verlegte er
dasselbe nach
Troyes, ließ, da die
Räte des
Parlaments ihre Privilegien und das Steuerbewilligungsrecht der
Nation energisch
wahrten, mehrere
Räte verhaften und ersetzte das
Parlament durch einen vom König ernannten
Rat (cour plénière).
Die allgemeine Entrüstung gegen den
Minister und die wachsende Geldnot zwangen jedoch den König, ihn im
August 1788 zu entlassen.
Zur
Entschädigung erhielt er einige
Abteien und den
Kardinalshut.
[* 5] 1790 leistete er zwar den konstitutionellen
Eid, nahm auch
den
Titel eines
Bischofs im
Departement
Yonne an, ward aber gleichwohl von der Revolutionspartei im
November 1793 in
Sens festgenommen
und starb im Gefängnis. -
Sein
Bruder Athanase
Louis
Marie de Loménie
,
Graf von
Brienne, französischer
Generalleutnant,
geb. 1730, wurde zu derselben Zeit, wo sein
Bruder die
Finanzen übernahm, Kriegsminister, trat mit demselben
zurück und starb unter der
Guillotine.
2) Louis Léonard de, franz. Schriftsteller, geb. zu St.-Yrieix (Obervienne) aus altberühmtem Geschlecht, studierte in Avignon, widmete sich in Paris litterarischen Arbeiten, namentlich für die »Revue des Deux Mondes« und die »Patrie«, und ließ zunächst unter dem Pseudonym »Un homme de rien« seine »Galerie des contemporains« erscheinen (1840-47, 10 Bde.),
welche nicht bloß durch ihre Zuverlässigkeit, sondern auch durch die subjektive, geschmackvolle und unparteiische Behandlung
ihres Verfassers großes Aufsehen erregte. Leider blieb die Reihenfolge der
»Hommes de 89« unvollendet; dagegen schlossen
sich würdig an jenes erste Werk die
Monographie
»Beaumarchais et son temps« (Par. 1855, 2 Bde.; 2. Aufl.
1858) an, in vielen Beziehungen ein biographisches Meisterwerk, und die Sittenstudien: »La
comtesse de
Rochefort et ses amis« (1870, 2. Aufl. 1879) und »Les
Mirabeau« (1877-1878, 2 Bde.). Seit 1845
Professor der französischen Litteratur am
Collège de
France, seit 1862 an der
polytechnischen
Schule, wurde Loménie
1871 als Nachfolger
Mérimées zum Mitglied der französischen
Akademie ernannt und starb in
Mentone.