Logik
(grch.) oder
Denklehre, die Wissenschaft von den allgemeinen Gesetzen des richtigen, zur
Erkenntnis der Wahrheit führenden
Denkens. Daher fällt es der Logik
nicht zu, die einzelnen wissenschaftlichen
Sätze auf ihre
Richtigkeit zu prüfen, wohl aber festzustellen, welchen Erfordernissen das
Denken allgemein genügen muß, um wahr zu sein;
insofern kann man sie eine formale Disciplin nennen. Ursprung und
Namen verdankt die Logik
den Griechen.
Gegenüber der von den
Sophisten versuchten Leugnung jeder Allgemeingültigkeit des
Denkens unternahmen schon
Sokrates und
Plato,
in einer mehr abgeschlossenen Form aber
Aristoteles, die Gesetze des allgemeingültigen
Denkens zu formulieren.
Seine einschlägigen
Schriften wurden von den spätern Herausgebern unter dem Gesamttitel des «Organon»
(Werkzeug, nämlich des wissenschaftlichen
Denkens) vereinigt und bildeten seit dem Ausgang des
Altertums
die allgemein anerkannte Grundlage der Logik.
Diese
Autorität der
Aristotelischen Logik
war nicht ganz unverdient. Sie lieferte namentlich
eine ziemlich durchgebildete
Theorie des wissenschaftlichen
Schluß- und Beweisverfahrens; der Hauptmangel liegt darin, daß
Aristoteles nicht bis zu den letzten
Wurzeln der Erkenntnis, bis zu dem ersten Ursprung des
Begriffs und
Urteils zurückgeht. Er nimmt die Elemente der Erkenntnis von vornherein als gegeben an und lehrt dann nur, wie damit
weiter zu operieren ist, wie etwa die einzelnen Erkenntnisse durch ihren Zusammenhang miteinander in dem
System einer Wissenschaft
sich bewähren. Seine Logik
ist also, wie seine ganze
Philosophie, dogmatisch; nicht nur die fundamentalen
Begriffe gelten ihm von vornherein als gegeben, sondern in den
Begriffen zugleich die Dinge.
Diese Unzulänglichkeit wurde von den
Philosophen der Neuzeit immer schärfer erkannt. Man verlangte zunächst eine Kunst
der Auffindung der wahren Erkenntnis, nicht bloß des schulgerechten
Beweises derer, die man schon hat.
Man zog es dann meist vor, die «Methode» nicht von einer gesonderten und
mit höherm
Anspruch auftretenden Logik
sich diktieren zu lassen, sondern durch eigenen Versuch im Konkreten der Forschung
selbst sich zu erringen und durch den thatsächlichen Erfolg sich bewähren zu lassen. Der lebendigste
Ausdruck dieser
Stimmung ist das
«Neue Organon»
Franz
Bacons, das den Versuch macht, durch eine
Theorie der Induktion
[* 2] und namentlich des Experiments
die
Aristotelische Logik
zu ergänzen. Das Entscheidendste zur Kritik des
Aristoteles und zur selbständigen Neubegründung des
wissenschaftlichen
Verfahrens hat aber nicht er, sondern
Kepler, Galilei und Descartes gethan.
Ihren
Spuren
sind im 19. Jahrh. namentlich
¶
mehr
255 die Kantianer Whewell («Philosophy of the inductive sciences», 2 Bde., Lond. 1840; 2. Ausg. 1847, und «History of the inductive sciences», 3 Bde., ebd. 1837; deutsch von Littrow, Stuttg. 1839‒42) und Apelt («Die Theorie der Induktion», Lpz. 1854) gefolgt, während J. Stuart Mills System der («A System of Logic, ratiocinative and inductive», 2 Bde., Lond. 1843 u. ö.; 4. Aufl. 1856; deutsch von Schiel, Braunschw. 1849; von Gomperz, Lpz. 1872‒73) mehr die Baconsche Richtung fortsetzt.
Von anderer Seite suchte man, namentlich seit Locke, der Logik
zu Hilfe zu kommen durch eine psychol. Grundlegung,
ein Bestreben, das gerade in neuester Zeit viel Anklang gefunden hat. So stehen unter den Engländern
Mill, unter den Deutschen die Logiker
Sigwart («Logik»
, 2 Bde.,
Tüb. 1873 u. 1878; 2. Aufl., Bd. 1, Freiburg
[* 4] 1889)
und Wundt («Logik»
, 2 Bde.,
Stuttg. 1880 u. 1883; Bd. 1 in 2. Aufl. 1893),
auch Erdmann («Logik»
, Bd.
1, Halle
[* 5] 1892) dieser Richtung nicht fern. Vielfach verschmilzt dieselbe mit einer andern, die eine engere
Verknüpfung, wo nicht völlige Vereinigung der Logik
mit der Erkenntnistheorie (s. d.) fordert, wobei
unter Erkenntnistheorie oft sehr Verschiedenes verstanden wird. Schuppes «Erkenntnistheoretische Logik»
(Bonn
[* 6] 1878) hält sich
freier von der Vermengung der Logik
mit Psychologie und nähert sich der Richtung Kants. Mehr an den ältern
metaphysischen Standpunkt erinnern Werke wie Überwegs «System der und Geschichte der logischen Lehren»
[* 7] (5. Aufl., Bonn 1882),
Trendelenburgs «Logische Untersuchungen» (3. Aufl., Lpz. 1870),
Lotzes «Grundzüge der Logik»
(3. Aufl.,
ebd. 1891) und «Drei Bücher der Logik»
(2. Aufl. 1880) u. a.;
desgleichen die Herbartianer wie Drobisch («Neue Darstellung der Logik», 5. Aufl., Hamb. 1887). Vollends
bei Hegel («Logik», Nürnb. 1812‒16) und
seinem Anhang wurde die Logik reine Metaphysik. Das Schicksal dieser Disciplin ist also sehr wechselvoll gewesen, und gerade jetzt
fehlt es, bei allem Rufen nach Reform, fast mehr denn je an einer einhelligen, den Bedürfnissen der Wissenschaft
ernstlich genügenden logischen Theorie. – Eine sehr gründliche «Geschichte der Logik im Abendlande», jedoch nur das Altertum
und Mittelalter umfassend (4 Bde., Lpz.
1855‒70; der 2. Bd. in 2. Aufl. 1885), hat Prantl verfaßt.