Titel
Logaríthmus
(griech.) einer Zahl ist der
Exponent, mit welchem man eine feste Zahl, die
Basis,
potenzieren muß, um die erstere Zahl zu erhalten. Die Logarithmen bilden ein wesentliches, bei größern numerischen Rechnungen
kaum entbehrliches, Zeit und
Arbeit sparendes Erleichterungsmittel für den praktischen
Mathematiker. Der
Begriff des Logaríthmus
stützt
sich hiernach auf
den der
Potenz.
Letztere tritt zuerst als ein
Produkt gleich großer
Faktoren auf; lediglich
zur
Abkürzung schreibt man z. B. 53 (5 zur dritten
Potenz) statt 5.5.5, und allgemein bedeutet an das
Produkt aus n
Faktoren,
deren jeder den Wert a hat.
Die Zahl a heißt dabei die Basis und n der Exponent. Letzterer ist bei dieser Auffassung der Potenz eine ganze positive Zahl. Allein die Arithmetik erweitert den Begriff der Potenz derart, daß jede beliebige Zahl Exponent sein kann. Es ist nämlich eine Potenz mit dem Exponenten Null der positiven Einheit gleich, a0 = 1, und eine Potenz mit negativem Exponenten gleich der Einheit, dividiert durch die Potenz mit dem gleich hohen positiven Exponenten, also 6-3 = 1/63 = 1/216. Eine Potenz endlich mit gebrochenem Exponenten wird berechnet, indem man die Basis auf die sovielte Potenz erhebt, als der Zähler des Exponenten angibt, und dann die sovielte Wurzel [* 2] (s. d.) auszieht, als der Nenner besagt, wobei die Reihenfolge beider Operationen gleichgültig ist; z. B. 645/3 = ^[img] = ^[img] = 45 = 1024. Während aber die Potenzen je nach Beschaffenheit des Exponenten rücksichtlich ihrer Bildung und der Art ihrer Berechnung wesentlich voneinander abweichen, stimmen sie überein in andern Eigenschaften und werden beim Rechnen nach denselben Gesetzen behandelt.
Diese gemeinsamen Gesetze sind folgende:
1) man multipliziert zwei Potenzen mit gleicher Basis, indem man ihre Exponenten addiert;
2) man dividiert mit einer Potenz in eine Potenz derselben Basis, indem man den Exponenten des Divisors von dem des Dividenden subtrahiert;
3) man erhebt eine Potenz wieder auf eine Potenz, indem man die Exponenten multipliziert, und 4) man zieht aus einer Potenz eine Wurzel, indem man mit dem Wurzelexponenten in den Potenzexponenten dividiert. Beispielsweise ist also 42.43 = 45, 35/32 = 33, (53)2 = 56, ^[img] = 52.
Die an den
Exponenten vorzunehmenden
Operationen sind in allen vier
Fällen einfacher als die für die Zahlwerte
der
Potenzen geforderten.
Da man nun eine jede positive Zahl, wenigstens mit beliebiger
Annäherung, als
Potenz irgend einer
andern positiven Zahl, die
Einheit ausgenommen, darstellen kann, so liegt der
Gedanke nahe, eine feste positive Zahl als
Basis
anzunehmen und eine
Tabelle zu entwerfen, welche zu jeder positiven Zahl den zugehörigen
Exponenten oder,
wie man dann sagt, den Logaríthmus
dieser Zahl angibt.
Eine solche
Tabelle heißt eine Logarithmentafel.
Mittels solcher Tafeln kann man dann jede Rechnung, mit Ausnahme der
Addition
und
Subtraktion, durch eine einfachere ersetzen. Jede Benutzung einer solchen Tafel zerfällt im allgemeinen in drei
Operationen,
nämlich 1) das Aufsuchen der Logarithmen zu den gegebenen
Zahlen, 2) die Rechnung mit den Logarithmen
und 3) das
Aufschlagen der
Zahlen zu den durch die Rechnung gefundenen Logarithmen. Man nennt die Zahl, die zu einem gegebenen
Logaríthmus
gehört, den
Numerus und bezeichnet sie durch num. log. (numerus logarithmi); es ist also z. B.
num. log. 0,3010300 = 2, weil umgekehrt log. 2 (Logaríthmus
von 2) = 0,3010300
ist.
Das Aufsuchen der Logarithmen zu gegebenen Zahlen und umgekehrt ist eine Operation, deren Ausführung von der Einrichtung der Tafeln abhängt und in der Einleitung derselben gewöhnlich erläutert wird; deshalb kann sie hier übergangen werden. Für die Rechnung mit Logarithmen gelten folgende vier Regeln:
1) Der Logaríthmus
eines
Produkts ist gleich der
Summe der Logarithmen der einzelnen
Faktoren. Ist z. B. x = 514.3,669.1,045 gesucht,
so hat man bei Anwendung siebenstelliger Tafeln
log. 514 = 2,7109631
+ log. 3,669 = 0,5645477
+ log. 1,045 = 0,0191163
folglich x = 1970,73.
2) Der Logaríthmus
eines
Quotienten ist gleich dem Logaríthmus
des
Dividenden, vermindert um den des
Divisors.
3) Der Logaríthmus
einer
Potenz ist gleich dem Logaríthmus
der
Basis, multipliziert mit dem
Exponenten. Wird z. B. 1,04510 gesucht, so hat
man log. 1,045 = 0,0191163, also, wenn man mit 10 multipliziert, log. 1,04510
= 0,1911630, mithin 1,04510 = 1,55297.
4) Der Logaríthmus
einer
Wurzel ist gleich dem Logaríthmus
der
Basis, dividiert durch den
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mehr
Wurzelexponenten. Sucht man z. B. ^[img], so hat man zunächst log. 76 = 1,8808136, mithin log. ^[img] = 1/3.1,8808136 = 0,6269879 und also ^[img] = 4,235824. Die in diesen Beispielen benutzten Logarithmen sind gemeine oder Briggssche, d. h. Logarithmen mit der Basis 10. Dieselben haben folgende Eigenschaften:
1) Die Logarithmen der Zahlen 1, 10, 100, 1000 etc. sind ganze Zahlen, nämlich log. 1 = 0, log. 10 = 1, log. 100 = 2, log. 1000 = 3 etc., weil 100 = 1, 101 = 10, 102 = 100, 103 = 1000 ist. Auch die Logarithmen der Zahlen 0,1, 0,01 etc. sind ganze und zwar negative Zahlen, nämlich log. 0,1 = -1, log. 0,01 = -2, log. 0,001 = -3 etc., weil 10-1 = 0,1, 10-2 = 0,01 ist, etc.
2) Die Logarithmen aller ganzen Zahlen außer den genannten sind irrationale Zahlen; sie bestehen aus einer ganzen Zahl, der Charakteristik oder Kennziffer, und einem Dezimalbruch, der Mantisse. Letztere entnimmt man aus den Logarithmentafeln; die Charakteristik aber findet man nach folgenden Regeln:
1) Für alle Zahlen, welche größer als die Einheit sind, ist die Charakteristik um eine Einheit kleiner als die Anzahl der
ganzen Stellen. Weil also z. B. 1295 eine vierstellige Zahl, 12 aber eine
zweistellige ist, so hat der Logaríthmus
der erstern 3, der der letztern 1 als Charakteristik, und es ist log. 1295 = 3,1122698, dagegen
log. 12,95 = 1,1122698. Die Mantisse bleibt dieselbe für alle Zahlen, die mit denselben geltenden Ziffern in gleicher Anordnung
geschrieben werden; es haben also auch 12950, 129500 etc. die angegebene
Mantisse.
2) Der Logaríthmus
eines echten Bruches ist negativ; es ist aber zweckmäßig, eine positive Mantisse mit negativer Charakteristik zu
schreiben, z. B. log. 0,1295 = 0,112698
-1. Die negative Charakteristik eines echten Dezimalbruchs ist gleich der Anzahl der Nullen, die links vor der ersten geltenden
Ziffer stehen, also log. 0,001295 = 0,1122698 -3. Um bei Subtraktion eines größern Logaríthmus
von einem kleinere
eine positive Mantisse zu erhalten, vergrößert man die positive Charakteristik des Minuenden um so viel positive Einheiten,
daß die Subtraktion ausführbar wird, bringt aber diese Einheiten als negative Charakteristik wieder in Abrechnung. Soll z. B.
x = 125,97/819,35 berechnet werden, so hat man log. 125,97 = 2,1002671
und log. 819,35 = 2,9134695; statt dessen rechnet man aber
log. 125.97 | = 3,100 2671 -1 |
- log. 819.35 | = 2.9134695 |
log. x | = 0.1867976 -1, |
also x = 0,153744.
Viele Rechner vermeiden das Subtrahieren eines Logaríthmus
von einem andern, indem sie statt
dessen das Komplement des Logaríthmus
, d. h. den durch Subtraktion des Logaríthmus
von 0 erhaltenen Rest, addieren. In unserm Beispiel hat das
Komplement von 2,9134695 den Wert 0,0865305 -3. Beim Dividieren eines Logaríthmus mit negativer Charakteristik muß man letztere so weit
vergrößern, daß die Division in ihr aufgeht, während man vorn die gleich große Anzahl positiver Einheiten
zusetzt. Um also ^[img] zu berechnen, setzt man log. 0,168 = 2,2253093
-3 (statt 0,2253093 -1), und die Division mit 3 gibt nun 0,7417698 -1, also ^[img] = 0,551785.
Vielfach gibt man Logarithmen echter Brüche auch die negative Charakteristik -10 und eine entsprechende
positive Charakteristik, schreibt also: log. 0,168 = 9,2253093 -10; die
-10 läßt man auch häufig als selbstverständlich weg, z. B. bei Logarithmen der trigonometrischen
Funktionen. An die Stelle des
Komplements tritt bei dieser Schreibweise die dekadische Ergänzung, d. h. der Unterschied
des und der Zahl 10.
Die große Wichtigkeit der Logarithmen für rasche und sichere Ausführung aller größern Multiplikationen und Divisionen, namentlich aber für das Potenzieren und Wurzelausziehen, geht schon aus den angegebenen Beispielen hervor. Leider ist der Gebrauch dieses Hilfsmittels noch lange nicht hinlänglich verbreitet. Nicht unwichtig ist für die Praxis die Wahl zweckmäßiger Logarithmentafeln. Bis vor kurzem wandte man fast ausschließlich Tafeln mit sieben Dezimalstellen an, wie solche besonders durch den Freiherrn G. v. Vega in Deutschland [* 4] eingeführt worden sind.
Neuere Tafeln dieser Art sind: Schrön, Siebenstellige gemeine Logarithmen (20. Aufl., Braunschw. 1886);
v. Vega, Logarithmisch-trigonometrisches Handbuch, bearbeitet von Bremiker (69. Aufl. von Tietjen, Berl. 1886).
Für die meisten Zwecke genügen indessen weniger Stellen, wodurch die Rechnung wesentlich kürzer wird. Tafeln mit weniger Dezimalen sind: Bremiker, Logarithmisch-trigonometrische Tafeln mit sechs Dezimalstellen (10. Aufl., Berl. 1883);
Derselbe, Logarithmisch-trigonometrische Tafeln mit fünf Dezimalstellen (4. Ausg., das. 1883);
Lalandes Tafeln der fünfstelligen Logarithmen (Leipz. 1870);
Schlömilch, Fünfstellige logarithmische und trigonometrische Tafeln (9. Aufl. Braunschw. 1886). - Gewöhnlich genügen fünfstellige Tafeln vollständig, ja in nicht wenigen Fällen auch vierstellige, wie Wittstein, Vierstellige logarithmisch-trigonometrische Tafeln (Hannov. 1860).
Während man beim praktischen Rechnen immer die gemeinen Logarithmen anwendet, kommen in der Analysis die sogen. natürlichen oder hyperbolischen Logarithmen vielfach vor, deren Basis eine irrationale Zahl, nämlich die Summe der unendlichen Reihe 2 + ½ + 1/(2.3) + 1/(2.3.4) + ... = 2,7182818... ist, welche man mit e bezeichnet. Man findet den gemeinen Logaríthmus einer Zahl, wenn man den natürlichen mit 0,4342945, dem gemeinen Logaríthmus von e, multipliziert, welche Zahl der Modulus der gemeinen Logarithmen heißt, und der natürliche ist gleich dem gemeinen, multipliziert mit 2,3025851.
Als Erfinder der Logarithmen gilt Lord John Napier, Baron von Merchiston (»Mirifici logarithmorum canonis descriptio«, Edinb. 1611), nach welchem die natürlichen Logarithmen häufig Nepersche Logarithmen heißen, obwohl sie nicht mit den von Napier berechneten identisch sind. Unabhängig von Napier benutzte Jost Byrgi (s. d.) bei seinen Rechnungen selbstberechnete Logarithmen. Die gemeinen Logarithmen wurden zuerst von Briggs (s. d.) berechnet (»Arithmetica logarithmica«, 1624). Um dieselbe Zeit haben sich Ursinus und Kepler, später Vlacq, Sharp, Gardiner u. a. mit der Berechnung genauer Logarithmentafeln beschäftigt; die vollständigsten derartigen Tafeln sind auf Anordnung der republikanischen Regierung von Frankreich unter Pronys Leitung hergestellt, aber nicht veröffentlicht worden. - Mit dem Namen Additions- und Subtraktions-Logarithmen (Gaußsche Logarithmen) bezeichnet man Tafeln zur bequemen Berechnung von log. (a ± b), wenn log. a und log. b bekannt sind. Dieselben sind zuerst von dem Italiener Leonelli 1803 veröffentlicht, aber erst durch Gauß (1812) in weitern Kreisen bekannt geworden.
Vgl. Günther, Vermischte Untersuchungen zur Geschichte der
mathematischen
Wissenschaft, Kap. 5 (Leipz. 1876).
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