Lœtschenpass
oder Lœtschenbergpass (Kt. Bern und Wallis). 2695 m. Passübergang, zwischen dem Balmhorn und Hockenhorn oder Schilthorn, im Grenzkamm zwischen den Kantonen Bern und Wallis. Auf der Passhöhe breitet sich eine weite Eisfläche aus, von der nach N. der Lötschenberggletscher absteigt. Verbindet das Lötschenthal mit dem Kanderthal. Ferden oder Ried-Passhöhe 5, Abstieg nach Kandersteg 4 Stunden. Leicht zu begehen und daher schon seit langer Zeit benutzt. Bildete vor dem Bau des Gemmiweges den hauptsächlichsten Verkehrsweg zwischen dem Kanderthal und dem Ober Wallis. Noch heute kann man in den verwitterten Felsen ö. über dem Pass deutliche Spuren eines gepflasterten Weges erkennen, der aber wegen Lawinengefahr und Steinschlag aufgegeben werden musste und nicht mehr unterhalten wird. Es ist wahrscheinlich, dass einst über diesen Pass Berner ins Wallis hinüber ausgewandert sind und den Namen ihrer heimatlichen Lütschine (des Wildbaches des Grindelwald- und Lauterbrunnenthales) hierher verpflanzt haben.
Man betrachtet den Lötschenpass als den ältesten begangenen Eispass der Berner Hochalpen und zugleich als einen der ältesten der Alpen überhaupt. Ueber diesen Pass hat vielleicht Johann von Im Thurn-Gestelenburg zu Ende des 13. Jahrhunderts seine Leibeigenen, die sog. Lötscher, zur Besiedelung des Lauterbrunnenthales und der Ufer des Brienzersees ausgesandt. (Vergl. die Fontes rerum Bernensium. VII, S. 217). Auf jeden Fall erscheint der Pass 1352 und 1380 urkundlich als «ad Crucem» (Fontes. VII, S. 656 und Gremaud: Documents relatifs à l'histoire du Valais. VI), während er 1366, 1384 und 1419 nach der grossen Seitenmoräne rechts vom Gletscher die Gandegg genannt wird. (Vergl. Justinger's Berner Chronik.) 1384 und 1419 fanden auf dem Pass zwischen Bernern und Wallisern zu wiederholten Malen blutige Kämpfe statt, bei deren einem die Kämpfer eine ganze Nacht auf dem eisigen Gletscher zubringen mussten, worauf am anderen Tag die Walliser bis zu der unter dem Gletscher zur Gfällalp abfallenden Felswand der Balm vordrangen. 1419 trägt diese Wand den Namen Wild Elsigli. 1698 erstellte man von der Berner Seite her einen Saumpfad bis auf die Passhöhe. (Vergl. Jahrbuch des S. A. C. Bd 36). Seit einiger Zeit studiert man die Frage, die sog. Lötschbergbahn in einem Tunnel unter dem Pass durchzuführen und damit eine möglichst kurze und direkte Zufahrtslinie zum Simplon zu schaffen. Am N.-Hang des Lötschenpasses verläuft der Weg nahe der Kontaktzone der Trias (dolomitische Kalke, Arkose) mit dem Gasterengranit, während man auf der Passhöhe selbst die Ueberlagerung des Granites durch die Trias und eine lange Zone von schwarzen Liasschiefern beobachten kann. Der Granit ist hier von einer Menge von porphyrischen Gängen und Adern durchzogen. Im Lias des Stierstutzes findet man Fossilien.