Llanos
(span., spr. ljānos, »Ebenen«),
die großen
Ebenen im nördlichen Teil
Südamerikas, welche sich in
Bogenform vom
Delta
[* 2] des
Orinoko bis zum Yupura (Nebenfluß des
Marañon) auf einer
Strecke von 2100 km, bei einer von 300-500
km wechselnden
Breite,
[* 3] hinziehen und einen Flächenraum von
ca. 881,000 qkm (16,000 QM.) einnehmen. Die Llanos
sind wahre
Steppen,
mit losem
Sand oder auch mit einer Thonschicht bedeckt, und gleichen zur Zeit der großen Trockenheit,
die vom
Dezember bis April dauert, einer
Wüste. Die
Pflanzen zerfallen alsdann in
Staub; die
Erde bekommt
Spalten und
Risse, und
nur an den
Ufern der
Flüsse
[* 4] und
Bäche erhält sich einige
Vegetation.
Die
Regenzeit hindurch sind diese
Ebenen dagegen weithin mit dem üppigsten, zuweilen mannshohen Graswuchs
bedeckt. Diese
Regenzeit beginnt in den Llanos
Anfang oder Ende April; die
Hitze nimmt während derselben bedeutend zu und steigt
im Juli im
Schatten
[* 5] auf 38-41° C.
Alle
Flüsse treten jetzt aus ihren
Ufern, und Landstrecken von 22,000 qkm (400 QM.) Flächenraum
werden in einen einzigen großen
See verwandelt, in welchem das
Wasser 4-4½ m hoch steht, während die
Dörfer und
Meiereien auf den höher gelegenen
Punkten sich nur 1 m über die Wasserfläche erheben.
Besonders wichtig sind die sogen. Esteros.
Es sind dies ausgedehnte, namentlich an den
Ufern der großen
Ströme gelegene
Savannen,
welche während des ganzen
Jahrs, auch zur Zeit der größten Trockenheit, frische Weidegräser erzeugen
und daher für die Bewohner der Llanos
von unschätzbarem Wert sind. Nach ihnen werden die
Herden hingetrieben, wenn in der trocknen
Jahreszeit die Grasdecke in den höher gelegenen Llanos
(namentlich den an die
Gebirge angrenzenden Llanos
albos) zu
Staub
zerfällt.
Die Baumlosigkeit der ist gegenwärtig bei weitem nicht mehr in dem Maß vorhanden wie zur Zeit von Humboldts Reisen. Der »Ozean von Gras« beginnt sich gegenwärtig mehr und mehr zu bewalden, eine Folge nicht etwa klimatischer Veränderungen, sondern der durch die Revolutionskriege herbeigeführten Verminderung des Herdenbestandes. Während in frühern Zeiten durch die zahllosen weidenden Rinder [* 6] die jungen Keime und Triebe baumartiger Pflanzen abgefressen und niedergetreten wurden, können sie sich jetzt in der vereinsamten Steppe ungehindert entwickeln.
Die Llanos
bieten eine vollkommen ebene Oberfläche dar, mit Ausnahme einiger
Stellen, wo sich
Plateaus von höchstens 100-120
m relativer
Höhe
(Mesas) erheben, welche die kaum bemerkbare
Wasserscheide zwischen den Nebenflüssen des
Orinoko und den in das
Antillenmeer sich ergießenden
Flüssen bilden. In der
Nähe der begrenzenden
Gebirge im N. und W. liegen
die Llanos
nur ungefähr 100 m hoch über dem
Meer und senken sich von da größtenteils unmerklich gegen den
Orinoko.
Die
Ebenen rechts vom
Orinoko werden als Sabanas von den eigentlichen Llanos
unterschieden. Der
Fall der Gewässer ist daher ausnehmend
gering, öfters beinahe unmerklich, und der schwächste
Wind oder der höhere Wasserstand des
Orinoko kann das
Wasser der in
denselben laufenden
Flüsse rückwärts drängen. Die in der
Nähe des
Äquators gelegenen Llanos
haben in der
heißen
Jahreszeit eine wahrhaft glühende
Atmosphäre. Sie sind von großen Viehherden bevölkert, die den
Reichtum der wenigen
Bewohner (Llanēros) ausmachen, welche, meistens
Mischlinge verschiedener
Rassen, hier nur erst den Anfang einer
Bevölkerung
[* 7] bilden und ein kühner, abgehärteter Menschenschlag, dabei die gewandtesten
Reiter sind.
Bei der Aufsicht über ihre Herden, die fast im Zustand der Wildheit weiden, führen sie eine rein nomadische Lebensart. In dem südlich vom Rio [* 8] Meta gelegenen Teil wohnen unabhängige Indianer, die den Stämmen der Guahibo, Guamo und Otomaco angehören. Handel und Gewerbe werden nur in den wenigen kleinen Städten, wie Calabozo und San Fernando, getrieben. Die zur Kultur des Zuckerrohrs, der Baumwolle [* 9] und des Tabaks geeigneten Uferlandschaften der Flüsse beginnen erst neuerdings ausgebeutet zu werden.
Vgl.
Sachs, Aus den Llanos
(Leipz. 1879).