Liu-kiu
oder Riu-kiu, auch Liëu-kiëu oder Rieu-kieu, bei den Eingeborenen Liutschiu und hiernach auch Lu-tschu geschrieben, Inselgruppe in Ostasien, ein Teil des vulkanischen Inselkranzes, zwischen 24–29° nördl. Br. (S. Karte: Japan.) [* 2] Die Zahl dieser Inseln beträgt 55 mit einem Gesamtareal von 2420 qkm, ohne die im N. sich anschließenden kleinen Linschoten-Inseln. Sie bilden drei Gruppen: die nördliche oder Sanbotu- Inseln, 10 an der Zahl, von denen Amami-Oshima die größte;
die mittlere oder Tsjusan-Inseln mit Okinawa-shima, 1348 qkm, der größten des ganzen Archipels, die südliche oder die Sannan-Inseln, von denen Ishigaki, 246 qkm die bedeutendste ist.
Die Liu-kiu liegen in der Erhebungslinie der Gebirge von Formosa und Kiushiu und zeigen, gleich ihnen, Granit, Thonschiefer und tertiären Kalk. Auch Trachyt und gehobene Korallenriffe [* 3] kommen vor. Obgleich gebirgig, besitzen sie namentlich auf Okinawa-shima oder Groß-Liu-kiu, weite, für Acker- und Gartenbau geeignete Strecken. Erdbeben, [* 4] wiewohl selten verwüstender Art, sind häufig. Das Klima ist gesund. Haupterzeugnisse sind Bataten, Rohrzucker, Reis, Tabak, [* 5] Baumwolle [* 6] und Bascho oder Pisangfaser.
Auch bestehen Anpflanzungen des Papiermaulbeerbaums. Die Einwohner (1893: 410881) gehören in den obern Klassen nach Körperbeschaffenheit, Sprache [* 7] und Sitte zu den Japanern (s. Tafel: Asiatische Völkertypen, [* 1] Fig. 23). Die untern Schichten ähneln mehr den Chinesen. Es ist ein friedliches, arbeitsames Völkchen. Der Buddhismus und Shintoismus sind nur von geringem Einfluß. Der bedeutendste Handelsort ist Nafa, an der Südostküste von Okinawa-shima, im Hintergrunde einer wohlgeschützten Bai, mit (1890) 42250 E. Von hier führt eine 4½ km lange Kunststraße nach Shuri, der frühern Residenz der Könige des Reichs, mit 25604E. – Die Liu-kiu, ehemals selbständig, erkannten 1609 die Oberhoheit Japans an, sandten aber auch an China ihren kleinen Tribut weiter. 1872 wurde die Inselgruppe Japan einverleibt, 1879 ihr König mediatisiert und seine Herrschaft in den Okinawa-Ken mit dem Regierungssitz in Shuri verwandelt.