Listen
abstimmung
(Listenwahl
, Listen
skrutinium) nennt man dasjenige
Verfahren der
Wahl für Vertretungskörper
(Abgeordnetenhaus,
Gericht,
Handelskammer etc.), welches, um den
Gedanken der verhältnismäßigen Vertretung (Proportionalvertretung)
aller
Parteien möglichst vollständig zu verwirklichen, an die
Aufstellung von als Wahlzettel zu benutzenden
Listen (daher
Listen
abstimmung) derart anknüpft, daß Vertreter nicht allein, wie z. B. heute im
Deutschen
Reich für den
Reichstag, von den Bewohnern eines kleinern örtlichen Gebiets (Wahlkreis, Wahlbezirk),
sondern überhaupt von sich zusammenschließenden
Angehörigen der
Parteien eines größern Gebiets
(Provinz,
Departement in
Frankreich statt des
Arrondissements, wie dies
Gambetta wollte) oder auch des ganzen
Landes gewählt werden können.
Diejenigen, welche die Listen
abstimmung fordern, gehen von dem
Gedanken aus, ein Vertretungskörper müsse ein möglichst
getreues Spiegelbild der Meinungen,
Interessen und
Wünsche der
Wähler sein, so daß auch die
Minoritäten bei der Beratung
und
Entscheidung in diesem
Körper wenigstens gehört werden könnten. Die praktische Ausführung der ist freilich viel schwieriger
als die des heute meist üblichen
Verfahrens der
Abstimmung nach der Mehrheit und der vollständigen Besiegung
der
Minorität in den einzelnen Wahlkreisen.
Für dieselbe wurden verschiedene Systeme in Vorschlag gebracht, wie das der gebundenen Liste (Annahme der ganzen durch eine Gruppe von Wählern aufgestellten Kandidatenliste);
das der gebundenen Liste mit freier Versetzung der Kandidaten innerhalb einer Liste;
das System der ganz freien Liste, bei welchem jeder Wähler beliebig viel Kandidaten auf seinen Zettel nach eignem Ermessen schreibt;
das Kumulativsystem (System der Stimmhäufung), bei welchem jeder Wähler so viel Stimmen abgibt, wie Wahlen zu treffen sind, diese Stimmen aber auch auf wenige Kandidaten, allenfalls auf einen vereinigen kann;
das System der unvollständigen Liste, welches der Minorität dadurch eine Vertretung sichern will, daß es dem Wähler nur einen Teil der zu wählenden Vertreter auf seinen Stimmzettel zu schreiben gestattet, etc. Bei den genannten Wahlverfahren ist die Zahl der zu wählenden Vertreter gesetzlich bestimmt, während die Zahl der abgegebenen Stimmen eine je nach der Stärke [* 2] der Beteiligung an der Wahl schwankende ist.
Doch könnte auch die Zahl der Vertreter veränderlich und zwar abhängig von der Stärke der Beteiligung an der Wahl sein, indem gesetzlich eine bestimmte Zahl von Stimmen festgestellt ist, welche ein Abgeordneter erhalten muß, um als gewählt zu gelten, ein ¶
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Verfahren, welches ebenfalls mit verschiedenen Modifikationen in Vorschlag gebracht worden ist.