Liquiritia
,
Pflanzengattung, s. v. w. Glycyrrhiza.
Liquiritia
10 Wörter, 111 Zeichen
Liquiritia,
Pflanzengattung, s. v. w. Glycyrrhiza.
Tourn. (Süßholz), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, ausdauernde Kräuter mit gewöhnlich süßer Wurzel, [* 3] unpaarig gefiederten Blättern, in axillaren Ähren oder Köpfchen stehenden Blüten und zusammengedrückter, länglicher oder eiförmiger, ein- bis viersamiger Hülse. [* 4] Glycyrrhiza glabra L. (gemeines oder spanisches Süßholz, s. Tafel »Arzneipflanzen [* 5] II«),
mit fast 2 m hohen, meist einfachen, klebrig-drüsigen Stengeln, deren mehrere aus einem Stamm entspringen, zerstreut stehenden, fünf- bis achtjochigen, kurz behaarten, drüsig punktierten, bis 21 cm langen Blättern, langgestielten Blütenähren mit weiß- und lilafarbenen Blüten und länglich-linienförmiger Hülse, ist in Südeuropa, von Spanien [* 6] bis Ungarn [* 7] und Südrußland, auch in Nordafrika und Persien [* 8] einheimisch, wird besonders in Spanien und Italien [* 9] im großen kultiviert, auch in Deutschland, [* 10] Südfrankreich, Mähren [* 11] und England, und liefert in dem sehr entwickelten Wurzelsystem das Süßholz (Süßholzwurzel, Lakritzenwurzel, Radix Glycyrrhizae s. Liquiritiae).
Das stachelfrüchtige Süßholz (Glycyrrhiza echinata L.), welches sich von der vorigen Art durch die stachelspitzigen Blättchen, die fast kugelrunden Blütenköpfchen und die länglich-ovale, zugespitzte, bauchige, igelstachlige, ein- bis zweisamige Hülse unterscheidet und im südöstlichen Europa [* 12] heimisch ist, liefert keine Wurzeln für den Handel; das russische und wohl auch das chinesische stammt vielmehr von Glycyrrhiza glabra var. glandulifera in Ungarn, Galizien, Rußland, Vorderasien, Südsibirien und der Dsungarei; es wird besonders auf den Inseln des Wolgadelta gewonnen.
Das spanische Süßholz des Handels kommt aus Spanien, Frankreich, Unteritalien, Sizilien, [* 13] Ungarn, Mähren, zum Teil auch aus Deutschland und in neuerer Zeit aus Nordamerika [* 14] in den Handel, bildet 60-100 cm lange Stäbe von Fingerdicke, ist außen graubraun, tief runzelig, innen gelb, im Bruch holzig, faserig, sehr zäh, schwer und dicht, schmeckt süß, etwas kratzend. Die russische Wurzel, welche hauptsächlich auf den Inseln des Wolgadelta ausgepflügt, roh über Astrachan nach Moskau [* 15] und Petersburg [* 16] gebracht und hier erst geschält werden soll, erscheint im deutschen Handel stets geschält in hellgelben, meist ganz einfachen, wenig gebogenen, bis 20 cm langen, spindelförmigen Stücken. Im Geschmack stimmen beide Waren überein, und beide sind offizinell.
Die Wurzel enthält Glycyrrhizin C24H36O9 , welches aus dem Auszug durch Säure oder Weinsteinlösung gefällt wird. Es ist amorph, gelblichweiß, schmeckt stark bittersüß, riecht schwach, ist schwer löslich in kaltem Wasser, löst sich aber leicht in heißem Wasser, in Alkohol und Äther, verbindet sich mit Basen und gibt beim Kochen mit Säuren harzartiges, braungelbes, bitteres Glycyrretin und Zucker. [* 17] Man benutzt Süßholz als reizlinderndes, die Thätigkeit der Schleimhäute anregendes und geschmackverbesserndes Mittel; es ist ein Bestandteil des Brustthees und wird im großen auf Lakritze (s. d.) verarbeitet.
Die Süßholzwurzel war im Altertum in Indien und im Abendland wohl bekannt; das deutsche Mittelalter kannte sie schon sehr früh, sie wird zwar zu Karls d. Gr. Zeiten noch nicht erwähnt, wohl aber von der heil. Hildegard, Äbtissin von Rupertsberga bei Bingen [* 18] (1098-1197). Im 13. Jahrh. wurde sie in Italien kultiviert, bei uns sehr früh bei Bamberg. [* 19] Das Wort Liquiritia sowie das deutsche Lakritze sind aus dem griechischen Glykyrrhiza (»süße Wurzel«) entstanden; im 9. oder 10. Jahrh. findet sich die Übergangsform Gliquiricia.