Lingen
,
Grafschaft des ehemaligen westfäl.
Kreises, von den Bistümern
Münster
[* 2] und
Osnabrück
[* 3] und der
Grafschaft
Tecklenburg
umgeben, zerfiel in die obere und niedere
Grafschaft; jene, zu welcher bloß vier
Kirchspiele
(Ibbenbüren, Brochterbeck,
Recke
und Mettingen) gehörten, bildet jetzt einen Teil vom
Kreis
[* 4]
Tecklenburg des preußischen Regierungsbezirks
Münster; diese,
deren
Areal 330 qkm (6⅕ QM.) mit 21,000 Einw. umfaßte, ist
jetzt mit einigen andern Gebietsteilen zum
Kreis Lingen
des Regierungsbezirks
Osnabrück vereinigt.
Die
Grafschaft Lingen
war von jeher mit der
Grafschaft
Tecklenburg verbunden und wurde erst 1508 bei der
Teilung zwischen den
Brüdern
Otto XII. und
Nikolaus IV. aus dieser
Union gesondert und zugleich so geteilt, daß
Nikolaus die obere
Grafschaft,
Otto die untere erhielt. Als
Nikolaus 1541 ohne männliche
Erben starb, vereinigte sein
Neffe
Konrad von
Tecklenburg die ganze
Grafschaft Lingen.
Dieser jedoch, wegen seines
Beitritts zum
Schmalkaldischen
Bund vom
Kaiser
Karl V. geächtet, mußte Lingen
1548 dem
Grafen
Maximilian von
Buren überlassen.
Die Vormünder der von
Maximilian hinterlassenen Tochter
Anna, die sich später mit dem
Prinzen
Wilhelm von
Nassau-Oranien verheiratete,
verkauften die
Grafschaft Lingen
an
Kaiser
Karl V., der sie 1555 nebst den burgundischen
Ländern seinem Sohn
Philipp II., König
von
Spanien,
[* 5] überließ, welcher sie auch bis 1597 behielt, wo sie in die
Hände des
Prinzen
Moritz von
Oranien
kam. Von 1605 bis 1632 hatten sie jedoch die
Spanier nochmals inne, nach deren Abzug aber wieder
Nassau-Oranien. Nach dem
Tod
Wilhelms III.,
Königs von
England, erbte sie 1702 der König von
Preußen,
[* 6] der sie wieder mit
Tecklenburg
vereinigte. 1807 wurde sie von den
Franzosen besetzt, 1809 an das Großherzogtum
Berg
(Departement
Ems)
[* 7] und 1810 an
Frankreich
(Departement Oberems) gegeben. 1814 kam Lingen
wieder an
Preußen, das 1815 die niedere
Grafschaft an
Hannover
[* 8] abtrat.
Vgl.
Möller,
Geschichte der vormaligen
Grafschaft Lingen
(Lingen 1879).
Die gleichnamige Stadt (Ascalingium,
Linga), Hauptort des
Kreises Lingen
im preuß. Regierungsbezirk
Osnabrück,
am Emskanal und unweit der
Ems wie an der
Linie
Münster-Emden der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath.
Kirche, ein
Gymnasium, ein
Amtsgericht, eine Oberförsterei, eine
Strafanstalt, eine Eisenbahnreparaturwerkstätte,
Eisengießerei
[* 9] und Maschinenbau,
Viehhandel und (1885) 6010 fast zur Hälfte evang.
Einwohner. Lingen
besaß von 1685 bis 1819 eine
Universität.