Liebeshöfe,
s. Minnehöfe.
283 Wörter, 2'108 Zeichen
Litteratur — Französische Literatur — Provencalische Literatur
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
s. Minnehöfe.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
(frz. cours d’amour). Liebeshöfe hat es, insofern man darunter eigentliche, besonders weibliche Gerichtshöfe verstehen will, nie gegeben. Mit Unrecht hat man diese Minnegerichte in der Provence zur Blütezeit der Troubadours suchen wollen: die Gedichte der Troubadours ergeben nur, daß bei geselligen Zusammenkünften an den Höfen außer andern poet. Unterhaltungen auch Fragen aus der Erotik vorgelegt und abgehandelt wurden, und daß diese höfischen, der Poesie und Lebenslust gewidmeten Gesellschaften selbst bisweilen cort genannt wurden.
Ebenso irrig hielt man die Puys d’amour Nordfrankreichs und Flanderns für Liebeshöfe im wirklichen Sinne, während auch sie litterar. Gesellschaften waren, woraus sich die Chambres de rhétorique und die Kammern der Rederykers bildeten. Wohl aber waren, namentlich in allegorischen Gedichten des spätern Mittelalters, die Darstellung des Gottes Amor als eines Königs der Liebe häufig; als solchem gab man ihm einen Hofhalt oder ein Parlament und ließ ihn förmliches Minnegericht halten.
Solche allegorische Festspiele von einem Prince d’amour wurden in mehrern Städten Frankreichs öffentlich dargestellt: ja es wurde eine Sammlung von Liebesregeln und Urteilen («Tractatus amoris» des Andreas Capellanus aus dem 13. Jahrh.) und endlich sogar ein förmliches Liebesgesetzbuch (die «Arrêts d'amour» des Martial d’Auvergne aus dem 15. Jahrh.) abgefaßt und von Juristen ironisch kommentiert. Es mochten demnach fortwährend Liebesfragen oder Liebesstreitigkeiten in geselligen höfischen Kreisen unter dem Vorsitz von Damen, meist nur zur Erhöhung des geselligen Vergnügens, verhandelt und solche Schiedsgerichte aus Nachahmung jener erwähnten Allegorien oft Minnehöfe genannt werden. Urkundlich läßt sich nur eine Cour amoureuse, wahrscheinlich am Hofe Karls VI. von Frankreich abgehalten, nachweisen. –
Vgl. Diez, Beiträge zur Kenntnis der romantischen Poesie (Berl. 1825);
Rajna, Le corti d’amore (Mail. 1890);
E. Trojel, Middelalderens Elskovshoffer (Kopenh. 1888);
G. Paris im «Journal des Savants» (1888).