Liberia
,
[* 2] Negerrepublik an der Westküste von Afrika [* 3] (s. Karte bei »Guinea«), [* 4]
der auch
Pfefferküste genannte Teil dieser
Küste, erstreckt sich vom Mannahfluß im
NW. bis zum
Flusse
San Pedro im SO.; doch sind die
Grenzen
[* 5] keineswegs sicher bestimmt,
noch weniger fest stehen sie nach dem Innern zu, in das sie 70-180 km weit hineinreichen. Liberia
umfaßt
die
Landschaften Tepwa,
Montserrado,
Bassa, Sinou und
Maryland und hat nach offizieller Angabe ein
Areal von 37,200 qkm (6723
QM.) mit 1,068,000 Einw., wovon 18,000 einigermaßen zivilisierte,
der Rest unzivilisierte
Neger.
Die flache Küste verläuft ziemlich einförmig, am bemerkenswertesten sind die Kaps Mesurado und Palmas; bei dem letztern nimmt die Küste eine östliche Richtung. Hinter dem Strand erstrecken sich 8-20 km breite, mit Mangroven bedeckte Sümpfe, die zur Regenzeit große Ausdehnung [* 6] annehmen. Inmitten derselben auf höhern Stellen finden sich einzelne Ansiedelungen. Hinter diesem sumpfigen Strich hebt sich das Land allmählich bis zum Konggebirge und wird bald waldig und unbewohnt.
Zahlreiche Flüsse [* 7] (St. Paul, Little Bassa, Sinou, Cavally u. a.) fließen zum Meer hinab, ihre Mündungen sind aber meist verstopft, und ihre Schiffbarkeit wird durch Stromschnellen beeinträchtigt. Das Klima [* 8] ist gesünder als in den östlichern Teilen der Küste, das Fieber verläuft nicht tödlich, doch ist Europäern auch hier ein längerer Aufenthalt nicht möglich. Die Hitze steigt selten über 31° und fällt selten nachts unter 25° C. Man kennt nur zwei Jahreszeiten, [* 9] eine nasse und eine trockne.
Das Land ist fruchtbar, doch beschränkt sich der Ackerbau auf den Anbau der notwendigsten Nahrungsmittel [* 10] (Maniok und Kartoffeln). Die wichtigste Pflanze ist der Kaffeebaum, der in den Wäldern zwischen 4 und 7° nördl. Br. und westlich von den Hochebenen des Mandingolandes wild wächst; der Export beläuft sich jährlich aber erst auf 1500 metr. Ztr. Andre Handelsartikel sind: Zucker, [* 11] sehr schönes Holz, [* 12] aus dem Hinterland Palmöl und Palmkerne, Kolanüsse, Elfenbein, Kautschuk, Ingwer, Gold. [* 13] Im Mandingoland fabrizierte Luxusseifen bilden einen bedeutenden Handelsartikel. Es bestehen Einfuhr- und Ausfuhrzölle (1883: 168,195 Dollar);
die Handelswerte sind unbekannt.
Amerikanische, deutsche, englische und holländische
Häuser sind in
Liberia
ansässig. Deutsche
[* 14] und englische
Dampfer laufen regelmäßig
Monrovia,
Grand
Bassa, Sinou und
Kap
Palmas an. Die
Verfassung
ist der der amerikanischen
Union nachgebildet. An der
Spitze des
Staats steht ein
Präsident mit seinem
Kabinett, ein
Senat mit 8 auf
vier Jahre und ein Repräsentantenhaus mit 13 auf zwei Jahre gewählten Mitgliedern. Ein stehendes
Heer besteht nicht, obgleich
alle
Bürger militärpflichtig sind; ein
Weißer kann das
Bürgerrecht nicht erlangen.
Die
Republik zerfällt in vier
Grafschaften:
Montserrado,
Grand
Bassa, Sinou und
Maryland. Die zivilisierten
Neger gehören meist
der methodistischen
Kirche an; verfassungsmäßig besteht völlige
Religionsfreiheit. Für das
Schulwesen wird von amerikanischen
Missionären einiges gethan. Die
Staatseinnahmen 1882-1883 betrugen 174,014, die
Ausgaben 157,465
Doll.; eine
Staatsschuld von
500,000
Doll. wurde 1871 in
England kontrahiert, wofür aber nie
Zinsen gezahlt sind. Da Liberia
gar nicht im
stande ist,
Zahlung zu leisten, wird sich
England wohl in Land bezahlt machen. Die
Republik hat die auf sie gesetzten
Hoffnungen
sehr getäuscht und nur gezeigt, was
Kastengeist,
Trägheit und Herrschsucht über den
Fremden und den Schwächern
vermögen. Hauptstadt ist
Monrovia (s. d.) beim
Kap
Mesurado. Die
Flagge s. auf Tafel
»Flaggen
[* 15] I«,
[* 16] mit Textblatt. - Die
Republik
verdankt ihre Entstehung dem 1816 in
Washington
[* 17] zusammengetretenen Kolonisationsverein zur Ansiedelung freier
Farbigen der
Vereinigten Staaten,
[* 18] welcher 1821 einen östlich vom
Kap
Mesurado gelegenen Küstenstrich von den dortigen
Negerhäuptlingen käuflich erwarb und 30 freie Negerfamilien daselbst ansiedelte. Die
Kolonie hatte guten Fortgang und vergrößerte
sich durch weitern Zuzug von
Amerika
[* 19] und neue Ländererwerbungen so ansehnlich, daß sie sich 1847 zu einer selbständigen
Republik erklären konnte, die bald
¶
mehr
auch von den europäischen Mächten anerkannt wurde. Erweiterung fand das Territorium 1848 durch das Gebiet am Gallinas (im
NW.), 1852 durch das Gebiet am Cassa und 1880 durch das Königreich Medina; 1857 trat auch die 1834 am Kap Palmas gegründete ähnliche
Negerrepublik Maryland zu Liberia.
Vgl. Valdez, Six years of a traveller's life in Western Africa (Lond. 1861, 2 Bde.);
Büttikoffer, Mededeelingen over Liberia
(Amsterd. 1884);
Wauvermans, Liberia.
Histoire de la fondation d'un état nègre libre
(Brüssel
[* 21] 1885); Bourzeix, La république de Libéria
(Par. 1887).