Libănon
(lat. Libanus, arab. Dschebel Libnân, »weißes Gebirge«),
Gebirge oder richtiger stufenförmig vom
Meer aufsteigender
Plateaurücken in
Syrien, an der Nordgrenze des alten
Palästina.
[* 3] Von NNO. nach SSW. 160 km weit der
Küste parallel ziehend,
wird der Libanon
durch das Querthal des Litani von den
Höhen
Galiläas getrennt und endigt im N. am
Nahr el
Kebir in schroffem
Abfall. Seine höchsten
Erhebungen hat er bei
Beirut und
Tripolis im
Dschebel Machmal (3052
m) und im
Dar el
[* 4] Kodib
(3063 m). Bis 2030 m steigt der
Dschebel
Knese an, unter welchem die 112 km lange Poststraße von
Beirut
nach
Damaskus, die einzige ihrer Art in
Syrien, entlang zieht.
Nach O., zur tief eingesunkenen Bekaa
(Kölesyrien), fällt der Libanon
ziemlich steil und rauh ab, während der bedeutend längere
Westabhang viel reicher gegliedert, von zahlreichen
Flüssen durchströmt und gut bevölkert ist. Einzelne
Äste des
Gebirges
treten in kühnen
Vorgebirgen bis an das
Meer. In der
Ferne, besonders vom
Meer aus gesehen, gewährt das
Gebirge einen sehr malerischen Anblick. Es ist voll tiefer, fast unzugänglicher Schluchten und schroffer
Abfälle, deren nackte
Kalkwände die dazwischenliegenden fruchtbaren
Thäler nicht ahnen lassen.
Die
Vegetation ist auf den
Höhen dürftig; in den untern
Regionen dagegen, die gut bewässert und angebaut
sind, zeigt sich oft üppiger Pflanzenwuchs. Man trifft
Haine von
Cypressen,
Pinien,
Platanen,
Eichen; der
Weinstock gedeiht ohne
mühevolle
Pflege bis zu 1500 m
Höhe, und
Feigen-,
Nuß-, Maulbeer- und
Ölbäume werden in
Menge gezogen. Auf den fetten
Triften
weiden
Schafe
[* 5] und
Ziegen; in den dichten Wäldern hausen
Bären,
Wölfe,
Schakale, Panther und mancherlei
Wild. Das
Küstenland am westlichen
Fuß des Libanon
, wo auch die
Dattelpalme vorkommt, ist das
Phönikien des
Altertums; das Tiefland
zwischen dem und
Antilibanon (s. d.) hieß im
Altertum Bukka oder
Kölesyrien (heute Bekaa,
»Spalte«).
Was die geognostische
Beschaffenheit des Libanon
anlangt, so bilden die Hauptmasse desselben Flözschichten
von
Mergel,
Kalk und
Thon, von
Marmor,
Dolomit und
Kreide,
[* 6] von
Sandstein und
Sand, die in selten vorkommender
Klarheit übereinander
liegen und ohne Ausnahme der mittlern Kreidezeit angehören. An
Hunderten von
Stellen werden dieselben aber von
Basaltiten und
Melaphyren durchbrochen. Von nutzbaren
Mineralien
[* 7] finden sich
Eisenerze (im
Sandstein),
Braunkohlen und
Lignite,
reichlicher
Bernstein
[* 8] und
Bitumen.
Die
Bevölkerung
[* 9] des Libanon
repräsentieren besonders die
Drusen
[* 10] (s. d.) und
Maroniten (s. d.). So wild und einsam auch das
Gebirge
ist, so ist es doch durch vielfach gewundene, oft in den
Fels eingehauene Pfade zugänglich, und zahlreiche
Klöster gewähren dem
Wanderer ein wirtliches Obdach. Etwa 4 km oberhalb Bscherre, am
Fuß des kahlen und steilen
Dar et Kodib,
in einer
Höhe von 1925 m, steht das berühmte Zedernwäldchen, im ganzen (1875) noch 377
Stämme zählend, darunter nur noch
fünf, deren
Stamm 10
m und darüber mißt, und keiner über 24 m hoch. Es sind die dürftigen Reste jener
Zedernwaldungen, die einst dem König
Salomo das
Holz
[* 11] zum Tempelbau lieferten. Leider wird das Wäldchen nicht geschützt.
- Der ist den
Türken niemals vollständig botmäßig geworden.
Als 1840
Syrien
Mehemed Ali entzogen und dem
Sultan zurückgegeben wurde, forderten die europäischen Mächte
für den Libanon
mit seiner christlichen
Bevölkerung administrative Privilegien. Es trat daher eine getrennte
Regierung der vielfach
untereinander wohnenden
Drusen und
Maroniten unter zwei
Kaimakamen ins
Leben: der maronitische
Kaimakam regierte im
Norden,
[* 12] der
drusische im
Süden;
hinsichtlich der Bezirke mit gemischter Bevölkerung griffen besondere Bestimmungen Platz.
Diese Einrichtung erhielt sich bis zu den Metzeleien des
Jahrs 1860 (s.
Syrien). Infolge der französischen
Intervention wurde
darauf 1862 der ganze Libanon
als selbständiges
Paschalik von
Syrien abgetrennt und unter der
Kontrolle der westmächtlichen
Gesandten
einem christlichen
Gouverneur zur
Verwaltung unterstellt; doch blieben
Orte mit überwiegend moslemitischer
Bevölkerung sowie
die drei wichtigsten
¶
mehr
Hafenstädte Tripolis, Beirut, Saida bei Syrien (s. Karte »Palästina«).
Vgl. Burton und Drake, Unexplored Syria (Lond. 1873);
Fraas,
Drei Monate am Libanon
(Stuttg. 1876);
Derselbe, Geologische Beobachtungen am Libanon
(das. 1878);
Diener, Libanon.
Grundlinien der physikalischen
Geographie und Geologie
[* 14] von Mittelsyrien (Wien
[* 15] 1886).