Lhassa
(Lhasa, Hlassa, »Göttersitz«),
Hauptstadt von Tibet und religiöse Metropole des lamaitischen Buddhismus, nördlich der Hauptkette des Himalaja, unter 29° 39' nördl. Br. und 91° 5' östl. L. v. Gr., 3632 m ü. M., rechts am Kitschu, einem Zufluß des Sanpo, mit 15,000 Einw. (wovon 9000 weiblichen Geschlechts), wozu noch 18,000 Priester und Mönche in Stadt und Umgegend kommen; durch die flottierende Bevölkerung [* 2] steigt die Einwohnerzahl aber auf 50-80,000 Seelen. Die eigentliche Stadt hat nur einen Umfang von 6-7 km, sie ist auch nicht, wie andre chinesische Städte, mit Mauern umgeben; die Straßen sind breit, gerade und ziemlich sauber, während die der mit zahlreichen Gärten ausgestatteten Vorstädte entsetzlich schmutzig sind.
Die Häuser, meist hoch und gut gebaut, sind aus Steinen oder Lehm, in einem Viertel aber ganz aus Rinder- und Widderhörnern aufgeführt. Die bedeutendsten Gebäude der Stadt sind die Tempel, [* 3] von denen der merkwürdigste etwas westlich auf einem 100 m hohen Plateau, dem Potala, liegt. Hier ist der großartige Palast des Dalai Lama, in dessen mit größter Pracht ausgeschmücktem Mittelbau die 22 m hohe Statue der Dschamba errichtet ist, und den zahlreiche kleinere Bauten für die vielen Lamas, welche dem Oberpriester zu dienen haben, umgeben.
Noch erheben sich in der wohlkultivierten
Ebene, in welcher Lhassa
liegt, eine ganze Anzahl andrer Klöster mit 200 bis zu 5500
Mönchen.
Die Stadt ist Sitz eines chinesischen
Gouverneurs und hat eine
Garnison von 500 chinesischen und 1000 tibetischen
Soldaten, etwas Metallindustrie,
Weberei
[* 4] und
Färberei und einen ansehnlichen
Handel mit
China,
[* 5] der
Mongolei,
Kaschmir,
[* 6]
Indien, der
zum nicht geringen Teil von Mohammedanern (Katschi aus
Kaschmir) betrieben wird, welche ihren eignen
Gouverneur in der
Stadt
haben. ist uns zwar bereits durch den
Mönch Odorico di
Pordenone, welcher
Tibet 1316-30 durchzog, bekannt
geworden; Genaueres haben wir aber erst in neuester Zeit durch die indischen
Punditen
(Nain Singh 1866 und 1875, A. K. 1879-80)
erfahren.