Titel
Leuchtgas
[* 2] (hierzu Tafel »Leuchtgas«
),
ein mit leuchtender Flamme [* 3] brennendes Gasgemisch, welches aus Steinkohlen und Holz, [* 4] seltener aus Torf, Braunkohlen, Öl, Harz, Fettabfällen, Pech, Schieferöl, Petroleum und Petroleumrückständen, Teer, Melasse, Knochen [* 5] und allerlei Abfällen, Erdöl [* 6] etc. durch Erhitzen bei Luftabschluß gewonnen wird. Die genannten Rohmaterialien bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und (bis auf das Erdöl) Sauerstoff und liefern beim Erhitzen unter Abschluß der Luft zahlreiche flüchtige Produkte, die sich teils durch Abkühlung zu Flüssigkeiten verdichten lassen (Teer, Wasser), teils gasförmig bleiben.
Diese gasförmigen Zersetzungsprodukte, von störenden Beimengungen befreit, bilden das Leuchtgas.
An manchen
Orten (Fredonia in
New York,
Erie in
Pennsylvanien,
Szlatinaer Steinsalzgrube im
Marmaroser
Komitat,
China,
[* 7]
Baku,
Kurdistan,
Arbela in
Mesopotamien,
Tschittagong in
Bengalen) entströmen dem Erdboden
Gase
[* 8] von ähnlicher
Beschaffenheit wie unser Leuchtgas
, welche zum Teil technisch
benutzt werden. Weitaus am häufigsten wird aus
Steinkohlen dargestellt. Man benutzt backende, wasserstoffreiche
Kohlen, welche
wenig
Schwefel und
Asche enthalten.
Die beste
Gaskohle ist die
Kannelkohle, meist aus
Newcastle,
[* 9] welche auch in Norddeutschland viel verarbeitet
wird; der schottische Bogheadschiefer gibt Leuchtgas
, welches oft die doppelte Leuchtkraft desjenigen aus bester schlesischer
Kohle besitzt. In
Deutschland
[* 10] verarbeitet man westfälische,
Saarbrücker, schlesische und sächsische
Kohlen, von welchen erstere
das beste, letztere das geringwertigste
Gas liefern. Die besten deutschen
Gaskohlen gleichen etwa den geringern englischen
an
Güte.
Zum Erhitzen der Kohlen bei Luftabschluß dienen liegende Schamotteretorten, gerade, am hintern, im Ofen liegenden Ende verschlossene Röhren [* 11] von 2-3 m Länge, 43-45 und 54 cm Durchmesser und von elliptischem oder ^ -förmigem Querschnitt. Bisweilen benutzt man auch aus feuerfesten Dinassteinen gemauerte Retorten. Jede Retorte besitzt einen gußeisernen, mit eisernem Deckel verschließbaren Retortenhals, welcher aus dem Ofen hervorragt, und von diesem Hals geht die Aufsteigröhre ab, welche 30-60 cm tief in den Teer der über der Ofenbrust angebrachten liegenden Vorlage oder Hydraulik eintaucht.
Man hat
Retortenöfen mit 1-12
Retorten, und sehr beliebt sind
Öfen
[* 12] mit 6
Retorten, von welchen
[* 1]
Fig. 1 der
Tafel »Leuchtgas«
die vordere
Ansicht,
[* 1]
Fig. 2 den Längendurchschnitt mit Aufsteigröhre a und
Vorlage b gibt; cc sind die
Retorten, und d ist die
Feuerthür. Diese
Retorten werden durch
Koks-, seltener durch
Steinkohlen-,
Teer- und in neuerer Zeit durch
Gasfeuerung
[* 13] hellrot-, beinahe weißglühend gemacht, mit
ca. 100 kg in faustgroße
Stücke zerschlagener
Steinkohle geladen (chargiert),
¶
[* 2] Fig. 1. Retortenofen, Vorderansicht.
[* 2] Fig. 2. Retortenofen, Längsschnitt.
[* 2] Fig. 3. Kondensator. [* 15]
Fig. 4. Skrubber.
[* 2] Fig. 5, 6. Reinigungskasten.
[* 2] Fig. 6. Querschnitt.
[* 2] Fig. 7. Gasometer, Durchschnitt.
[* 2] Fig. 8. Regulator. [* 16]
mehr
so daß sie etwa zur Hälfte gefüllt sind, und dann schnell mit dem mit Lehmkitt bestrichenen Deckel geschlossen. Die sofort sich entwickelnden Dämpfe und Gase entweichen durch die Ableitungsröhre, und nach 4-6 Stunden ist die Destillation [* 18] beendigt. Als Rückstand finden sich dann in der Retorte die Gaskoks, nach deren Entfernung die Retorte von neuem beschickt wird. Die Koks löscht man gewöhnlich mit Wasser ab, und etwa ein Drittel derselben verbraucht die Gasanstalt selbst zum Heizen der Retortenöfen.
Man braucht bei gewöhnlicher Feuerung auf 100 kg zu entgasender Kohle 23 kg Koks, bei Gasfeuerung nur 12-16 kg. Die Ausbeute
an Gas schwankt bedeutend, je nach der chemischen Beschaffenheit der Kohle; außerdem gibt trockne Kohle
mehr oder besseres Gas als feuchte. Bei niedriger Temperatur entsteht viel Teer auf Kosten der Gasausbeute; bei zu hoher Temperatur
zersetzen sich die wertvollsten Leuchtgas
bestandteile, die kohlenstoffreichen Kohlenwasserstoffe zerfallen in Kohlenstoff,
welcher sich als Retortengraphit ablagert, und kohlenstoffärmeres Gas (Methan), welches mit wenig leuchtender
Flamme brennt. Der Zentner bester englischer Kohle gibt bis 22 cbm, die deutschen Kohlen geben 12-17 cbm Gas, dazu 50-70 Proz. Koks,
4,5-6 Proz. Teer und 8-12 Proz. ammoniakalisches Wasser (Ammoniakwasser, Gaswasser).
Die in die Vorlage tretenden Gase und Dämpfe werden hier abgekühlt und zum Teil schon verdichtet; eine vollständigere Verdichtung der Dämpfe erfolgt durch den Kondensator (Fig. 3), welcher aus einem System auf- und absteigender eiserner Röhren besteht, die auf einem mit Scheidewänden versehenen Untersatz angebracht sind und durch die freie Luft oder durch Wasser gekühlt werden. Das Gas tritt durch den einen Seitenstutzen ein und durchströmt eine Röhre nach der andern, während sich Teer und Wasser in dem Untersatz sammeln und von da in die Teerzisterne fließen.
Zur weitern Kondensation leitet man das Gas aus dem Kondensator in den Skrubber
[* 17]
(Fig. 4), einen stehenden eisernen Cylinder, der
mit Koks gefüllt ist, über welchen beständig kaltes Wasser herabrieselt. Das Leuchtgas
tritt bei a in den Apparat
ein, strömt dem durch c zugeleiteten herabfließenden Wasser in feiner Verteilung entgegen und verläßt den Apparat bei b.
Unter dem Siebboden e sammelt sich Wasser und Teer, zu dessen Ableitung die Röhre d dient. Größere Gaswerke
benutzen außerdem noch Wascher, d. h. Apparate, in welchen ein feiner Sprühregen von Wasser erzeugt wird, der sehr viele
Verunreinigungen aus dem Gas fortnimmt.
Eine genügende Reinigung des Gases ist durch die Abkühlung allein nicht zu erzielen, und man wendet daher zur Beseitigung von Kohlensäure, Schwefelwasserstoff, Cyan- und Schwefelammonium, kohlensaurem Ammoniak und organischen Basen verschiedene Chemikalien an. Die dazu dienenden Reiniger zeigen [* 17] Fig. 5 u. 6. Sie bilden niedrige Kasten, deren Deckel mit hydraulischem Verschluß A versehen sind und durch ein Hebewerk B gehoben werden können. In den Kasten liegen in kleinen Abständen übereinander aus Weiden oder Rohr geflochtene Horden, welche das Reinigungsmaterial aufnehmen.
Man läßt das Gas drei oder vier derartige Kasten durchströmen, wobei es zuerst auf fast schon gesättigtes, zuletzt aber auf ganz frisches Reinigungsmaterial trifft. Zur Ausschaltung erschöpfter Reiniger sind, wie für alle übrigen Apparate der Gasanstalten, hydraulische Wechsler oder Schieberventile vorhanden, und mit deren Hilfe kann man mit jedem Apparat beliebig manipulieren. Der Weg, den das Gas durch den Apparat macht, ist in [* 17] Fig. 6 durch Pfeile angezeigt. Es durchdringt hierbei das Reinigungsmaterial und gibt an dasselbe die genannten Verunreinigungen ab. Die Kalkreiniger enthalten frisch zu Pulver gelöschten Kalk, welcher zur Erzielung größerer Lockerheit mit Sägemehl, Häcksel, Gerberlohe etc. gemischt wird. Er absorbiert Kohlensäure und Schwefelwasserstoff, aber nicht das der Kondensation und Waschung entgangene Ammoniak.
Vollständiger wirkt die Lamingsche Masse, welche aus Eisenvitriol, gebranntem Kalk, Wasser und Sägemehl bereitet wird und nach gegenseitiger Einwirkung dieser Bestandteile aufeinander aus Eisenhydroxyd, Gips [* 19] und überschüssigem Ätzkalk besteht und unter Bildung von kohlensaurem Kalk, schwefelsaurem Ammoniak und Schwefeleisen Kohlensäure, Ammoniak und Schwefelwasserstoff absorbiert. Gegenwärtig werden statt der Lamingschen Masse fast nur noch künstlich bereitetes Eisenoxyd (Abfall aus Anilinfabriken u. Kiesabbrände) oder gewisse Eisenerze (Raseneisenstein, manganhaltiger Brauneisenstein etc.) angewendet.
Auch hier bildet sich wie bei der Lamingschen Masse Schwefeleisen, welches sich an der Luft unter Abscheidung von Schwefel wieder zu schwefelsaurem Eisenoxydul oxydiert. Letzteres zersetzt sich mit kohlensaurem Kalk zu schwefelsaurem Kalk und kohlensaurem Eisenoxydul, und dieses oxydiert sich zu Eisenhydroxyd. Die eisenhaltige Reinigungsmasse kann also nach völliger Sättigung an der Luft regeneriert werden und zwar so oft, bis sie zu stark mit Schwefel, Teer, schwefelsaurem Ammoniak etc. verunreinigt ist, wo sie dann auf verschiedene Produkte verarbeitet wird. Neben der Eisenreinigung wendet man noch Kalkreinigung an, um die Kohlensäure vollständiger zu absorbieren.
Das gereinigte Gas tritt in den Exhaustor, einen saugend wirkenden Apparat, welcher den Gasdruck in den Retorten und in der Hydraulik vermindern oder ganz aufheben und dadurch den Absatz von Retortengraphit und das Entweichen von Gas verhindern soll. Die Exhaustoren wirken nach Art der Luftpumpen [* 20] und rotierenden Pumpen, [* 21] der Ventilatoren, Aspiratoren oder Dampfstrahlgebläse; sie bedürfen, mit Ausnahme der letztern, zum Betrieb einer Dampf- oder Gaskraftmaschine [* 22] und eignen sich deshalb wenig für kleinere Gaswerke.
Aus dem Exhaustor gelangt das Leuchtgas
in die Fabrikationsgasuhr (Stationsgasmesser), welche ermöglicht, das fabrizierte
Gasquantum auf mit Zeigern versehenen Zifferblättern abzulesen, und im wesentlichen dieselbe Einrichtung besitzt wie die
kleinen, in den Häusern der Gaskonsumenten aufgestellten Gasuhren. Das gemessene Gas sammelt sich in dem Gasometer, einem glockenförmigen,
sehr umfangreichen, aus Eisenblech zusammengenieteten und in den Fugen durch Teer gedichteten Gefäß,
[* 23] welches in einem gemauerten,
mit Wasser gefüllten Bassin steht und beim niedrigsten Stand mit der Decke
[* 24] dem Wasser sehr nahe kommt.
Leitet man nun das Gas unter die Glocke, so hebt sich diese und wird dabei von Leitrollen geführt, welche
zwischen der Gasometerwand und den neben der letztern stehenden Pfeilern laufen. Um mit einem weniger tiefen Bassin auszureichen,
benutzt man Teleskopgasometer, die oft bis über 30,000 cbm Leuchtgas
fassen und aus zwei oder drei ineinander geschachtelten und
ineinander verschiebbaren Blechcylindern ohne Boden bestehen. Die innere Trommel hat jedesmal einen nach
außen
¶
mehr
umgebogenen Rand, welcher eine Rinne bildet, die mit Wasser gefüllt ist und beim Aufsteigen den in gleicher Weise nach innen
umgebogenen Rand der äußern Trommel unter hydraulischem Verschluß aufnimmt
[* 25]
(Fig. 7). Man rechnet, daß der kubische Inhalt
der Glocke dem 2-2,5fachen Betrag des täglichen Mittels aus dem Jahreskonsum entsprechen muß. Ist das
Gasometer gefüllt, d. h. steht die Glocke so hoch, daß ihr unterer Rand nur noch etwa 20 cm tief in das Wasser taucht, und schließt
man dann die Zuleitungsröhre, so strömt das Leuchtgas
durch die geöffnete Ableitungsröhre unter einem Druck aus, welcher dem
Gewicht der Glocke entspricht.
Da aber dieser Druck in der Regel stärker ist als erforderlich, so leitet man das Gas zuletzt noch durch einen Druckregulator, [* 26] welcher den durch ein Manometer [* 27] angezeigten Druck entsprechend herabmindern soll. Ein häufig benutzter Apparat dieser Art besteht aus einem teilweise mit Wasser gefüllten Gefäß aa [* 25] (Fig. 8), in welchem die Blechglocke b, an Rollen [* 28] beweglich, hängt; sie ist unten mit einem hohlen Schwimmer c versehen und senkt sich durch Auflegen von Gewichten d. Im Innern der Glocke hängt der Kegel e, welcher, wenn die Glocke nicht beschwert ist, so hoch steht, daß er die Öffnung ii in der Röhre ff vollständig schließt und damit den Austritt des Gases in die Röhren g und h völlig hindert. Je nach der Belastung der Glocke entfernt er sich mehr oder weniger aus der Öffnung l und läßt einen breitern oder schmälern Ring offen. Nach Maßgabe lokaler Verhältnisse gibt man in den Gasanstalten einen Druck von 2,5-5 cm Wassersäule und reguliert denselben nach dem im Lauf des Tags schwankenden Konsum. Abhängig ist der zu gebende Druck aber auch von der Beschaffenheit der Röhrenleitung. Jede Steigung derselben um 3 m entspricht einer Druckzunahme von 2,5 mm Wassersäule und umgekehrt, und weitere Hauptröhren machen einen geringern Druck erforderlich als engere.
Zur Leitung benutzt man gußeiserne Röhren, seltener solche aus geteerter Pappe, Zement-, Thon-, Glas-, Asphaltröhren. Zur Dichtung der Röhrenverbindungen dienen geschmolzenes Blei [* 29] oder Gummiringe. Im allgemeinen gibt man den Röhren eine Steigung von 0,5-1:100; wo man aber des Terrains halber von dieser Regel abweichen muß, bringt man an der tiefsten Stelle jedes abfallenden Röhrenstranges zur Ansammlung der sich durch nachträgliche Kondensation im Innern der Röhren noch bildenden Flüssigkeiten (meist Wasser) einen Syphon oder Wassertopf an, aus welchem man die Flüssigkeit von Zeit zu Zeit auspumpt.
Der Gesamtdruckverlust, welchen das Gas von der Anstalt bis zu den Brennern der Konsumenten erleidet, beträgt im günstigsten Fall 5-8 mm Wassersäule. Da das Gas leichter ist als atmosphärische Luft, so hat es das Bestreben, aufzusteigen; man legt deshalb die Gasanstalten gern am niedrigsten Punkte des Terrains an und beobachtet, daß die Flammen in den höher gelegenen Stadtteilen besser brennen als in den niedrigern Lagen. Der Gasverlust durch Leckage beträgt auch bei gut ausgeführter Leitung etwa 5-7 Proz. der Jahresproduktion und erreicht bisweilen 15 Proz. und mehr.
Holz liefert bei der Verkohlungstemperatur wesentlich nur Kohlenoxyd, Kohlensäure und Methan; um nun ein mit leuchtender Flamme verbrennendes Gas zu erhalten, muß man die aus dem Holz sich entwickelnden Teerdämpfe stärker erhitzen, damit sie in Gase zerlegt werden, welche mit leuchtender Flamme brennen. Man destilliert deshalb Holz aus sehr weiten Retorten mit kleiner Beschickung, so daß die heißen Retortenwände in der angedeuteten Weise wirken können.
Die Destillationstemperatur liegt zwischen 700 und 850°. Die Ausbeute schwankt zwischen verschiedenen Hölzern ebenso sehr wie bei derselben Holzart. Feuchtigkeit vermehrt durch Einwirkung des Wasserdampfes auf die glühenden Kohlen den Gehalt des Gases an Kohlenoxyd und Wasserstoff, und das Holz muß daher vor dem Gebrauch gut getrocknet werden. 1 Zentner trocknes Holz liefert in 1,5-2 Stunden 18-21 cbm Gas, 8-10 kg Kohlen, 1 kg Teer und 10-13,5 kg Holzessig. Das Gas ist frei von Ammoniak und Schwefelverbindungen, aber sehr reich an Kohlensäure und bedarf daher zur Reinigung viel Kalk; es ist schwerer als Steinkohlengas.
Torfgas wird ähnlich wie Holzgas dargestellt; 1 Ztr. Torf gibt 11-15 cbm Gas, 12,5-15 kg Kohle, 1,5 bis 2,5 kg Teer und 8-14 kg Ammoniakwasser. Das rohe Gas ist ungemein reich an Kohlensäure und enthält auch Schwefelwasserstoff und Ammoniak. Braunkohlen liefern geringwertiges Gas. Aus Öl und starren Fetten erhält man große Mengen vortrefflichen Gases, welches keiner Reinigung bedarf und stärkere Leuchtkraft besitzt als Kohlengas. 1 Ztr. Samenöl liefert 70-80 cbm Gas.
Die Ölgasfabrikation eignet sich trefflich für kleine Anlagen, wird aber ihrer Kostspieligkeit halber nur für bestimmte
Zwecke ausgeführt. Dagegen verarbeitet man häufiger Fettabfälle aus Schlachthäusern und die seifehaltigen Waschwässer
der Streich- und Kammgarnfabriken und der Seidenentschälung auf Leuchtgas
, indem man sie mit Kalkmilch mischt, den
Bodensatz (suinter) sammelt, in Ziegel streicht, trocknet und in Retorten vergast. 1 kg Suinter gibt 210 Lit. Gas.
Das Gas braucht nicht gereinigt zu werden und besitzt eine dreimal stärkere Leuchtkraft als Steinkohlengas. Man benutzt Ölgas [* 30] im komprimierten Zustand zur Beleuchtung [* 31] von Eisen- und Pferdebahnwagen, Seezeichen etc. Schieferöl, Petroleum und die Rückstände von der Rektifikation des Petroleums, in Paraffin- und Mineralölfabriken abfallendes Paraffinöl liefern vortreffliches Gas. Das Paraffinöl liefert 30 cbm, Petroleum 49 cbm aus 1 Ztr. Aus Petroleumrückständen erhält man namentlich ein sehr leuchtkräftiges Gas, welches in einem höchst kompendiösen Apparat leicht für einzelne Häuser oder Etablissements dargestellt werden kann.
Wassergas
[* 32] wird dargestellt, indem man eiserne oder thönerne Retorten mit Holzkohle oder Koks füllt und über diese glühenden
Materialien Wasserdampf leitet. Hierbei entsteht ein Gasgemisch aus Kohlenoxyd, Wasserstoff, Kohlensäure und wenig Methan. Dasselbe
brennt nach Beseitigung der Kohlensäure mit wenig leuchtender Flamme; doch wird letztere stark leuchtend, wenn man
z. B. den Argandbrenner mit einem Netzwerk
[* 33] von mäßig feinem Platindraht umgibt, welcher in der Flamme weißglühend wird (Platingas).
Bei dem Auerschen Gasglühlicht
[* 34] wird die Flamme von Wassergas oder von mit Luft gemischtem Leuchtgas
(Bunsenscher Brenner, s. Heizung,
[* 35] S. 339) auf ein engmaschiges Netz von Fäden geleitet, die wesentlich aus den Oxyden von Cer, Lanthan, Didym
etc. bestehen. Man erhält das Netz durch Veraschen eines mit den Nitraten der genannten Metalle getränkten Baumwolldochtes
und hängt es mittels eines Platindrahts über der Gasflamme auf. Das weißglühende Netz strahlt ein Licht
[* 36] aus, welches an
Farbe und Glanz dem elektrischen ähnlich ist, der Gaskonsum ist geringer als bei gewöhnlichem Brenner;
aber das Netz ist gegen Staub empfindlich, und der Gasdruck muß größer sein als gewöhnlich.
¶