Lesbos,
die größte unter den Inseln des Ägeischen Meers, an der Küste von Troas und Mysien (Kleinasien) gelegen, im Mittelalter nach ihrer Hauptstadt Mytilene genannt und daher jetzt noch den Namen Mytilini, bei den Türken Midüllü führend, gehört gegenwärtig zum türkischen Insel-Wilajet und umfaßt 1750 qkm (32 QM.) mit 36,000 meist griech. Einwohnern (1879 angeblich 44,612 männliche Einwohner). Von SW. dringt der Busen von Kaloni (der antike Euripos Pyrrhäos) tief ins Land, von SO. der Golf von Iero (Euripos). Dadurch zerfällt die ungefähr dreieckige Insel in drei verschieden große Teile. Sie ist ziemlich gebirgig; die Hauptgipfel hießen im Altertum Ordymnos (643 m hoch, jetzt Kryoskopos), Lepetymnos und Olympos (938 m, jetzt Hag Ilias). Die Insel hat ein vortreffliches Klima, ist fruchtbar und reich an Holz, Getreide, Wein, Feigen, Oliven und Marmor. Der Wein von Lesbos, namentlich der von Methymna, gehörte schon im Altertum zu den besten Weinen. - Zu den ältesten pelasgischen Bewohnern von Lesbos gesellten sich noch vor dem Troischen Krieg Ionier; aber erst seit der Einwanderung von Äoliern, 130 Jahre nach dem Troischen Krieg, begann die Insel aufzublühen.
Die neugegründeten Städte wurden durch ihre Lage an einem hafenreichen Ufer bald mächtig und reich, erlangten selbst die Herrschaft über einen Teil des gegenüberliegenden Festlandes und bildeten kleine selbständige Gemeinwesen, mußten sich aber später den Persern unterwerfen. 476 v. Chr. schloß sich Lesbos dem Athenischen Seebund an, empörte sich 428 im Peloponnesischen Krieg, wurde aber 427 von Athen wieder unterworfen und hart bestraft; später gehörte es zum makedonischen, dann zum Reich des Mithridates, und endlich wurde es dem römischen Reich einverleibt.
Berühmt ist die Insel besonders als Heimat der musischen Künste und als Vaterland einer Reihe der ausgezeichnetsten Männer: der Philosophen Pittakos und Theophrastos, der Historiker Hellanikos und Theophanes, der Sänger Arion und Terpandros, des Dichters Alkäos, der Sappho etc. Die Einwohner standen im Ruf großer Bildung, waren aber auch durch ihren Hang zur Weichlichkeit und Unsittlichkeit (s. Lesbische Liebe) berüchtigt. Die fünf wichtigsten Städte der Insel waren: Methymna (jetzt
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Molyvo), Antissa (bei Sigri), Eresos (Ereso), Pyrrha (Ruinen Pira) und Mytilene (Kastro). Im 14. Jahrh. wurde Lesbos von den Byzantinern an die genuesische Familie Gateluzzio abgetreten, deren letzter Herzog, Niccolò, 1462 die Insel an Mohammed II. verlor. 1690 und 1698 erfochten die Venezianer und die Griechen bei Lesbos Seesiege über die Türken.
Vgl. Conze, Reise auf der Insel Lesbos (Hannov. 1865).