Leone
(Colle del) (Kt. Wallis, Bez. Visp). Italienischer Name für den Col du Lion. S. diesen Art.
LEONE
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Leone
(Colle del) (Kt. Wallis, Bez. Visp). Italienischer Name für den Col du Lion. S. diesen Art.
Leone
(Monte). Gebirgsgruppe. Umgrenzung. Die Monte Leone Gruppe, der man auch den Namen der Simplon Gruppe beilegen könnte, bildet den westl. Abschnitt der Lepontischen Alpen. Höchste Gipfel sind im W. der Monte Leone (3558 m) und im O. das Ofenhorn (3242 m). Die natürliche N.-Grenze bildet das Rhonethal, während das als S.-Grenze angenommene Thal der Diveria die in ihrem geologischen Bau noch zur Gruppe des Monte Leone gehörende Kette des Pizzo Rovale von ihr abtrennt. Im W. wird sie durch den Simplonpass von der Gruppe des Monte Rosa und im O. durch die Senke Antigorio-Formazzathal-Nufenenpass von der Maggiagruppe geschieden. In unserem Artikel Alpen (s. diesen) wird der Monte Leone Gruppe noch das ganze Gebiet zwischen Urseren- und Bedrettothal bis zum Gotthardpass zugerechnet, in welcher Ausdehnung sie besser nach dem nahezu in ihrer Mitte stehenden Gipfel als Ofenhorngruppe bezeichnet würde. Es ist aber natürlicher, dieses Gebiet nö. vom Nufenenpass von unserer Gruppe abzutrennen und dem Gotthardmassiv zuzuteilen, da es einen von ihr abweichenden Bau zeigt. Um aber jener Einteilung gerecht zu werden, wollen wir es an dieser Stelle unter dem Namen der Gruppe des Pizzo Rotondo ebenfalls kurz behandeln, indem wir für nähere Ausführungen auf den Artikel St. Gotthardmassiv verweisen.
Die Monte Leone Gruppe besteht in der Richtung N.-S. aus einer Reihe von ziemlich gut erkennbaren Gebirgszonen. Längs des Rhonethales zieht vom Glishorn über Brig bis zum Kamm des Grieshorns eine erste Kette mit abgerundeten Gipfeln und oft stark zerfressenen Flanken, die aus Kalk- und kalkigen Tonschiefern besteht: Zone der Glanzschiefer. Die Höhe der einzelnen Gipfel ist keine sehr beträchtliche und schwankt im allgemeinen zwischen 2000 und 3000 m, welch' letztere blos in dem n. vom Ofenhorn liegenden Abschnitt übertroffen wird.
Hier erheben sich das Faulhorn (2872 m), Bettelmatthorn (2984 m), Siedelrothorn (3292 m), die Merzenbachschien (3224 m), das Blindenhorn (3384 m), Hohsandhorn (3197 m), die Strahlgräte (3200 und 3207 m), das Ober und Unter Turbhorn (2821 und 3121 m) und das Hölzlihorn (2999 m), die alle mit einem weiten Firnmantel und einer Reihe von Gletschern umkleidet sind. Deren beide grössten, der Hohsand- und Griesgletscher, steigen nach O. und NO. ab, während die weit kleineren Eisströme des Ritz-, Merzenbach-, Blinden- und Rappengletschers gegen N. abfliessen; der Turben- und Mittlengletscher im SO. sind blos kleine Hängegletscher. Im ganzen übrigen Abschnitt der Kette bis zum Glishorn hin bleiben die Gipfel alle unter 3000 m zurück und tragen nur da und dort noch einige kleine Firnfelder. Man findet hier der Reihe nach den von 2846 m bis 2686 m absteigenden ¶
Schweifengrat, der mit dem Faulhorn (2554 m; nach den neuern Aufnahmen 2686 m) und Eggerhorn (2521 m) endigt, dann jenseits des Querthales der Binna das Breithorn (2587 m), Bettlihorn (2962 m), Tunnetschhorn (oder Huwitzen; 2934 m), Faulhorn (2725 m) und Klenenhorn (oder Vollenhorn; 2965 m) und endlich w. der Schlucht der Saltine das Glishorn (2528 m). Diese Zone der Glanzschiefer wird durch eine Reihe von kleinen Längseinschnitten, die über verschiedene Pässe miteinander in Verbindung stehen, von der Zone der krystallinen Schiefer getrennt.
Diese bestehen aus schiefrigem Gneis und verschiedenartigen Schiefern, denen sich Amphibolite, Serpentin etc. beigesellen. Hier zieht vom Stock des Monte Leone im SW. eine mächtige Mauer gegen NO., deren einzelne Felspyramiden fast alle die Höhe von 3000 m überschreiten. W. vom Simplonpass gehören zu dieser Kette noch das Spitzhorn (2731 m) und Schienhorn (2649 m), dann folgen nö. vom Simplon längs der Landesgrenze gegen Italien der Reihe nach das Wasenhorn (oder Punta di Terrarossa; 3233 m oder nach neueren Aufnahmen 3250 m), Furggenbaumhorn (oder Punta d'Aurona; 2986 m), Bortelhorn (oder Punta del Rebbio; 3202 m), Hüllehorn (oder Punta di Mottiscia; 3186 m), Helsenhorn (oder Punta di Boccareccio; 3274 m), Güschihorn (oder Pizzo di Cornera; 3084 m), der Cherbadung (oder Pizzo del Cervandone; 3213 m) und das Fleschenhorn (3004 m), dann die Serpentingipfel des Schwarzhorns, Rothorns (oder Punta della Rossa; 2888 m) und Grampielhorns (oder Pizzo di Crempiolo) und endlich die Gneisstöcke des Schienhorns (2942 m), Albrunhorns (2880 m) und Ofenhorns (oder Punta d'Arbola; 3242 m). Der Monte Leone (3558 m) und Monte Moro (2945 m) werden durch ziemlich tiefe Einschnitte vom Körper der die Landesgrenze gegen Italien bildenden Hauptkette abgetrennt.
Sie wird von einer grossen Anzahl von Pässen überschritten, von denen jedoch nur einer, der Simplon (2008 m), mit einer Fahrstrasse versehen ist. Die übrigen halten sich fast alle über 2500 m; es sind der Furggenbaumpass (oder Forchetta d'Aurona; 2690 m), die Bortellücke (oder Passo del Rebbio; 2745 m), der Ritterpass (oder Passo del Boccareccio; 2692 m), Kriegalppass (oder Passo di Cornera; 2580 m), der Geisspfad (oder Passo della Rossa; 2475 m), Albrunpass (oder Passo di Arbola; 2410 m), der über den Griesgletscher führende Griespass (2468 m) und endlich, ganz im NO. und O., der Nufenenpass (2440 m) und San Giacomopass (2308 m), die das Bedrettothal mit dem Rhonethal, bezw. dem Formazzathal verbinden.
Daneben stehen auch die kleinen Querthäler auf der italienischen Seite (Thäler der Diveria und Cairasca, Val Devero) durch zahlreiche Pässe untereinander und mit dem Antigoriothal in Verbindung. Deren bekanntester ist der Kaltwasserpass (oder Passo d'Aurona; 2805 m), der von der Simplonstrasse über den Kaltwasser- und Auronagletscher zur Alpe di Veglia hinüberführt. Diese Pässe zwischen der Schweiz und Italien mit ihren oft mangelhaften und kaum mehr erkennbaren Fusspfaden werden nur von Touristen und Schmugglern benutzt; einzig der San Giacomo, Nufenen und Albrun sind auch für Vieh und Maultiere gangbar.
Der Stock des Monte Leone selbst ist mit Ausnahme seiner O.-Seite von grossen Eisfeldern (Aurona-, Kaltwasser- und Alpiengletscher) umpanzert; ihm gehören auch noch das nach W. und SW. vorgelagerte Hübschhorn (3195 m), Breithorn (3369 und 3455 m) und Kessihorn (2986 m) an. Gegen SO. setzt er sich im Stickelgrat mit den ruinenhaften Spitzen des Pizzo Fnè (2936 m) und Monte Carnera (2860 m) fort, die sich zwischen die Thälchen von Alpien und des Lago d'Avino einschieben.
Alle übrigen noch zur Monte Leone Gruppe zu rechnenden Gebiete liegen auf italienischem Boden und können hier nur ganz summarisch behandelt werden. Sie bestehen hauptsächlich aus Gneisen (Monte Leone-, Lebendun-, Antigoriogneis etc.), denen in mehrfacher Wiederholung kalkige Schiefer und Marmorbänke eingelagert sind. Dieser südl. Abschnitt ist auch in seinem Aeussern von der Hauptkette wesentlich verschieden, indem sowohl die Gipfel niedriger, als auch die Thäler tiefer eingeschnitten sind.
Zwischen der Alpe di Valle und dem Thal der Cairasca erhebt sich die kurze Kette des mit einer weissen Marmordecke gekrönten Pizzo Teggiolo (2384 m), zwischen der Cairasca und dem Val Devero die Kette des Monte Cistella (2881 m) und Pizzo di Diei (2907 m) und zwischen dem Val Devero und dem Antigoriothal die dreieckige Gruppe des Monte Forno (2594 m) mit zahlreichen kleineren Gipfeln. Diese letztere wird von der hohen Gneiskette des Ofenhorns durch eine breite Zone von metamorphen Kalkschiefern (Deveroschiefern) abgetrennt, die sich auch zwischen den Monte Moro (2945 m) und die Kette des Monte Cistella einschiebt.
Das Gebiet der krystallinen Ketten bildet in seinem Aeussern zu der Zone der Glanzschiefer einen lebhaften Kontrast. Die Gipfel zeigen keine abgerundeten Formen, sondern steigen als kühne Pyramiden, Türme, gezinnte Mauern etc. auf (so z. B. in den sog. «Rittern» über dem Ritterpass). An Stelle der regelmässig verzweigten Erosionsrisse, wie wir sie in den Flanken der aus Glanzschiefern aufgebauten Gipfel und Kämme so häufig auftreten sehen, haben wir hier sog. Kare, d. h. felsige Zirken mit hohen Wänden, an deren Boden vielfach ein kleiner See schläft (Lago d'Avino in 2237 m, Blausee, ¶
Geisspfadsee in 2430 m). Oft liegen in solchen Karen auch schöne Alpweiden (Alpien in 1530 m, Alpe di Veglia in 1757 m, Kummenthal). Am häufigsten aber sind sie voller Sturzschutt und entbehren auch nicht eines kleinen Firn- oder Eisfeldes (schweizerische Seite des Furggenbaumpasses, Kessikumme, Rote Kumme, Rohmatten). Diese an Grösse sehr verschiedenen Felszirken liegen oft stufenförmig übereinander (Alpien, Furggenbaumpass) und verdanken ihre Entstehung zweifellos der ausschleifenden Arbeit der Gletscher, was schon daraus ersichtlich ist, dass im je höchst gelegenen solcher Kare sich meist noch ein kleines Eisfeld findet (Alpien, Furggenbaumpass, Rebbio, Mottiscia etc.). Die in den Monte Leone- und Antigoriogneis eingeschnittenen Thäler haben überall ausserordentlich steile Gehänge und bilden stellenweise wirkliche Schluchten (Gondo, Iselle).
Die Nebengruppe des Pizzo Rotondo ist die Fortsetzung der Gneiszone, die bei Lax im Rhonethal mitten zwischen Glanzschiefern und krystallinen Schiefern sedimentären Ursprungs auftaucht und gegen die sich die nächsten Glieder der Monte Leone Gruppe anlehnen. Der höchste Punkt, der Pizzo Rotondo (3197 m) ist ringsum vergletschert; nennenswert sind der Wyttenwasser-, Mutten-, Geren- und Pescioragletscher. Die benachbarten Gipfel der Saashörner (3041 m), des Leckihorns (3069 m), Pizzo Pesciora (3123 m) und Mutthorns (3103 m) stehen dem Hauptstock der Gruppe an Höhe nur wenig nach. Am weitesten gegen den Gotthardpass hin vorgeschoben sind der Pizzo Lucendro (2959 m) und die Fibbia (2742 m). In gleicher Weise senkt sich die Gruppe auch nach SW. zum Nufenenpass und nach NW. zum Rhonethal ab. Um das Galmihorn (oder Pizzo Gallina; 3067 m) gruppieren sich das Mettlihorn (2709 m), Blashorn (2781 m) und der Pizzo Nero (2907 m). Der einzige Abschnitt dieses der Gruppe des Monte Leone angegliederten Gebietes, der sich ihr in natürlicher Beziehung anschliesst, ist das aus schiefrigem Gneis aufgebaute Dreieck zwischen der Glanzschieferzone Lax (Rhonethal)-Eginenthal-Nufenenpass, dessen höchste Punkte das Stockhorn (2635 m), Brodelhorn (2798 m) und der Mannliboden (2684 m) bilden.
Die ältesten geologischen Nachrichten über die Gruppe des Monte Leone datieren aus 1846, in welchem Jahr Bernhard Studer eine geologische Uebersicht über das ganze Gebirgsgebiet zwischen Simplon- und Gotthardstrasse veröffentlichte (Mémoires de la Soc. géolog. de France. Sér. II, t. I, 1846). Vervollständigt wurden unsere Kenntnisse durch die Aufnahmen von H. Gerlach, der auch die geologische Karte dieser Gegenden (Blatt 18 der geolog. Karte der Schweiz in 1: 100000) bearbeitet hat.
Schon Gerlach unterschied folgende Gesteinsarten: Glanzschiefer (schistes lustrés), deren Unterlage von dolomitischen Kalken mit Einlagerungen von Gips (Anhydrit) gebildet wird. Diese Schichten gehen allmählig in weissen oder grauen Glimmermarmor (Cipollin) über, den man der Trias zuteilt. 2. Krystalline Schiefer, wie Amphibolschiefer, granathaltige Glimmerschiefer etc. 3. Monte Leonegneis. 4. Kalkhaltiger Glimmerschiefer, sog. Deveroschiefer, der älter als der Leonegneis sein soll (untere metamorphische Schiefer). 5. Antigoriogneis, der das älteste Gestein dieser Gegend sein soll, obwohl die eben genannten Deveroschiefer noch z. T. unter ihm liegen.
Diese umgekehrte Lagerung schrieb Gerlach mit Recht einer Ueberschiebung zu. Mehrere geologische Expertisen, die später aus Anlass verschiedener Tunnelprojekte ausgeführt worden sind, haben dann gezeigt, dass neben der Zone der kalkhaltigen Deveroschiefer und der sie begleitenden dolomitischen Kalke in die Gneise des Monte Leone, Wasenhorns, des Kammes Valle-Carnera etc. auch noch andere Kalk- und Kalkschiefergebilde eingelagert sind. Diese Erscheinung hat man aber lange Zeit als normale Einlagerungen angesehen, obwohl die Wiederholung und Abwechslung von Gneis mit Kalkschiefern die Annahme nahe legte, dass man es hier mit Faltung oder mit Verwerfungen zu tun habe.
Die Theorie der normalen Schichtenfolge ist noch 1895 von Traverso verteidigt worden, dem man eine sehr vollständige und eingehende Untersuchung der Gegend um Ossola verdankt (Geologia dell' Ossola. 1895). Dieser Erklärung zufolge wäre der Bau des Simplongebietes einem mächtigen Gewölbe zu vergleichen, das aus miteinander abwechselnden Schichten von Gneis, krystallinen Schiefern, Kalkschiefern, Marmoren, Dolomiten etc. besteht und an das sich gegen N. die Zone der Glanzschiefer anlehnt. Gewölbekern wäre nach dieser Auffassung der schon von Gerlach unter dem Antigoriogneis entdeckte kalkhaltige Glimmerschiefer, worauf nach Aussen der Reihe nach ¶