oder
Totenschau, die im obrigkeitlichen
Auftrag erfolgende sachkundige Untersuchung eines Verstorbenen
vor derBeerdigung. Zweck derselben ist teils die Verhütung des Lebendigbegrabenwerdens, teils Entdeckung von
Verbrechen, von
epidemischen oder ansteckenden
Krankheiten und andere polizeiliche oder statist. Nachweise. Eine gut
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eingerichtete Leichenschau hat große Vorzüge vor den Leichenhäusern und andern Vorkehrungen in diesem Fache. Es
gehört aber zur wirksamen Leichenschau, daß sie nur von Ärzten ausgeübt werde, daß keine Leiche begraben werden darf, ehe die gesetzliche
Leichenschau stattgefunden hat oder der Hausarzt den erfolgten Tod schriftlich bescheinigt, und daß die Behörden
wie das Publikum dem Leichen- oder Totenbeschauer (Schauarzt) sein Amt nicht erschweren. (S. auch Coroner.)
(Leichenschau), die polizeiliche oder gerichtliche Besichtigung einer Leiche. Die erstere, die Ausstellung
der Leichen verunglückter Personen oder von Selbstmördern behufs Rekognoszierung, wurde zuerst in Paris
[* 4] organisiert, wo man
die Leichen in der Morgue öffentlich zur Schau stellte. In Berlin
[* 5] wurden von 1953 Leichen Erwachsener, welche 1856 bis 1866 in
Polizeigewahrsam gelangten, 10 Proz., von 4314 Leichen, welche 1876-85 ausgestellt wurden, 8,2 Proz. unerkannt
begraben.
In dem in Berlin 1886 neuerrichteten öffentlichen Leichenschauhaus
[* 6] liegen die Leichen in gekühlten Räumen bei 0-2°, welche
durch Glasscheiben von den für das Publikum bestimmten Räumen getrennt sind. Das Haus enthält außerdem
Zimmer für bekannte Leichen, für Obduktionen, polizeiliche und gerichtliche Untersuchungen, für den wissenschaftlichen Unterricht
in der gerichtlichen Medizin und Chemie, Räume zur Aufbewahrung und zum Verbrennen der Kleider der Leichen, Sargmagazin etc. Die
Totenschau zur Feststellung des Todes wird an solchen Orten vorgenommen, an welchen die Polizei die Ausstellung eines
Totenscheins vom Arzt fordert; der letztere (Totenbeschauer, Schauarzt) hat sich von dem erfolgten Ableben zu überzeugen
und sein Urteil über die Todesart abzugeben.
Die Totenschau zur Feststellung der Todesart wird von dem in der Regel beamteten Arzt auf polizeiliche oder gerichtliche Anordnung vorgenommen,
um zu bestimmen, ob an der Leiche schon bei bloßer Besichtigung die Todesart erkannt werden kann (Strangmarke Erhängter etc.),
oder ob dieselbe durch Sektion ermittelt werden muß. Im letztern Fall wird die gerichtliche Obduktion (s. d.) von der Gerichtsbehörde,
nach der deutschen Strafprozeßordnung von der Staatsanwaltschaft, verfügt und von zwei Ärzten ausgeführt,
die über den Befund ein Obduktionsprotokoll (Fundschein, Fundbericht, Visum repertum, Parere medicum) aufnehmen. Zur Erlangung
einer zuverlässigen Statistik über die Todesarten, zur Gewinnung der Möglichkeit eines klaren Einblicks in die tödliche
Krankheit, zur Aufdeckung von Verbrechen, zur Zerstreuung aller Besorgnisse vor dem Lebendbegrabenwerden ist die allgemeine
Einführung der Totenschau eventuell mit nachfolgender Sektion dringend wünschenswert, Vorurteil und falsch verstandene
Pietät haben aber diesen Fortschritt bisher verhindert.