Leclerc
du
Tremblay (spr. -klähr dü trangbläh), François, s.
Joseph (Kapuziner).
Leclerc du Tremblay
11 Wörter, 85 Zeichen
Leclerc
du
Tremblay (spr. -klähr dü trangbläh), François, s.
Joseph (Kapuziner).
(hebr., »er [Gott] vermehre«),
1) vorletzter Sohn des Patriarchen Jakob von der Rahel, erregte als der Liebling seines Vaters den Neid und
Haß seiner Brüder, so daß sie ihn an eine midianitische (arabische) Handelskarawane nach Ägypten
[* 4] verkauften. Hier aber machte
er sich nach einer schweren, unverdienten Prüfungszeit durch
Traumdeuterei dem König bekannt und erwarb sich dessen Gunst
in solchem Grade, daß er zum ersten Staatsbeamten erhoben wurde. Als solcher wußte er eine mehrjährige
Unfruchtbarkeit auszunutzen, um die bisher unabhängigen Ackerbesitzer in Kronbauern umzuwandeln, welche dem König jährlich
den Fünften als Erbzins abgeben mußten. Nachdem J. seinen durch
die Hungersnot nach Ägypten zum Korneinkauf getriebenen Brüdern
verziehen, veranlaßte er sie, sich mit ihrem Vater in Ägypten niederzulassen, zu welchem Behuf
¶
er ihnen das Land Gosen einräumte. Josephs von der Ossnat, einer Priesterstochter aus On (dem spätern Heliopolis), geborne Söhne hießen Ephraim und Manasse. Als Vorbild jugendlicher Reinheit sowohl wie umsichtiger Klugheit und hohen Edelsinns, wie er sich seinen Brüdern gegenüber äußerte, bot die Gestalt Josephs poetische Motive für epische und dramatische Gestaltung, die vielfach verwertet wurden. Von ältern Dramen (z. B. von Zyrl, 1573, und von Gaßmann, 1610) absehend, erinnern wir hier nur an Phil. v. Zesens Roman »Assenat. Josephs heilige Staats-, Liebes- und Lebensgeschichte« (1670),
Bodmers »Keuschen J.« (1750),
die epische Dichtung »J.« von Katharina Diez (1855) und das biblisch-historische Schauspiel »J. und seine Brüder« von Behrle (1858).
Vgl. v. Weilen, Der ägyptische J. im Drama des 16. Jahrh. (Wien [* 6] 1887).
2) Gatte der Maria, der Mutter Jesu, daher sein »Nähr«- oder »Pflegevater« genannt, war nach der Angabe der Evangelien ein Zimmermann. Die christliche Sage läßt ihn erst im hohen Greisenalter die Maria heiraten, um jeden Gedanken an eine natürliche Erzeugung Jesu fern zu halten. Er scheint vor dem Anfang des Lehramtes Jesu gestorben zu sein, wenigstens werden während desselben in den Evangelien stets nur Maria und die Brüder Jesu erwähnt. Sein Gedächtnis wird in der römisch-katholischen Kirche 19. März, in der griechischen 26. Dezember gefeiert. Vgl. Jesus Christus, S. 213.
3) J. von Arimathia (d. h. Ramathaim im Stamm Benjamin), Anhänger Jesu, dessen Leichnam er in einer Grabhöhle in seinem eignen Garten [* 7] beisetzte. Nach biblischem Bericht war er Mitglied des Synedrions zu Jerusalem, [* 8] nach der Tradition einer der 70 Jünger und Apostel in England. Sein Tag: 17. März, bei den Griechen 31. Juli.
4) J. Barsabas, mit dem Beinamen der Gerechte (justus), Jünger Jesu, der bei Besetzung der Stelle Judas Ischariots in Vorschlag gebracht, aber dem Matthias nachgesetzt ward (Apostelg. 1, 23). Schon im 2. Jahrh. berichtet die Legende, er sei zum Giftbecher verurteilt worden, habe ihn aber ohne Nachteil für seine Gesundheit getrunken.
Name mehrerer fürstlicher Personen:
1) J. I., der älteste Sohn des Kaisers Leopold I. aus dessen Ehe mit Eleonore von Pfalz-Neuburg,
geb. wuchs unter der Aufsicht des Oberhofmeisters Fürsten von Salm heran und erhielt eine vortreffliche
Erziehung. Schon 1690 zum römischen König gewählt, vermählte er sich 1699 mit der Prinzessin Wilhelmine Amalie von Braunschweig,
[* 9] welche zum Katholizismus übergetreten war und von den Jesuiten nicht unbeeinflußt blieb. Aus dieser Ehe entsprossen zwei Töchter,
welchen durch
den Hausvertrag von 1703 das Erbrecht in den österreichischen Ländern für den Fall des
Aussterbens der männlichen Habsburger zugesprochen wurde. J. gehörte während des spanischen Erbfolgekriegs zu den eifrigsten
Mitgliedern der gegen Frankreich verbündeten und vom Prinzen Eugen geführten Kriegspartei am Hof
[* 10] Leopolds I. Die Langsamkeit
und Umständlichkeit der damaligen Kriegseinrichtungen vermochte er aber selbst nicht zu du
rchbrechen,
als er (1702) das Kommando der Belagerungsarmee vor Landau
[* 11] übernahm; erst 1705, nach dem Tod Kaiser Leopolds kam
mit dem Regierungsantritt Josephs ein frischerer Geist in die Verwaltung, auf welche nunmehr Prinz Eugen den hervorragendsten
Einfluß gewann.
Auch verfolgte J. zuerst den Plan einer dauernden Erwerbung Bayerns, welcher für die Politik
des 18. Jahrh.
stets maßgebend blieb, aber sich auch stets als unausführbar erwies. Nicht nur der Widerstand, welchen das österreichische
Regiment in Bayern
[* 12] selbst fand, sondern auch die Abneigung aller deutschen und auswärtigen Mächte gegen eine solche Erweiterung
des österreichischen Staats in Deutschland
[* 13] verhinderten die Ausführung des Plans auch dann, als die österreichische
Regierung eine Entschädigung der geächteten Kurfürsten durch
eins der spanischen Länder, wie Belgien,
[* 14] in Aussicht genommen
hatte. 1706-1707 begannen bereits Reibungen mit dem römischen Stuhl, welche bei der franzosenfreundlichen Gesinnung Papst Clemens'
XI. und dem entschiedenen Auftreten des Kaisers 1708 zu den schärfsten Drohungen, ja zur Kriegsbereitschaft
der Kurie führten, 1709 jedoch mit der Nachgiebigkeit des eingeschüchterten Papstes schlossen.
Was die innern österreichischen Verhältnisse betrifft, so fand J. bei seinem Regierungsantritt Ungarn [* 15] in vollem Aufstand und Schlesien [* 16] in Gärung. Für die mißvergnügten und gedrückten Protestanten in Schlesien gewann Karl XII. (1706) im Altranstädter Frieden von J. eine Reihe von Zugeständissen ^[richtig: Zugeständnissen]; in Ungarn, wo Franz Rákóczy, von Frankreich unterstützt, die ältern Rechte des Landes gegen die Verfassungsänderungen von 1687 verteidigte, sah sich J. zu Unterhandlungen genötigt, deren Abschluß im Frieden zu Szathmár 1711 er zwar nicht mehr erlebte, zu denen er jedoch dem Grafen Pálffy die weitgehendsten Vollmachten erteilt hatte, nachdem das Kriegsglück den kaiserlichen Waffen [* 17] unter dem General Heister in Ungarn nur wenig günstig gewesen war.
Auch die Versuche Josephs, in den Reichsangelegenheiten Ordnung zu schaffen, konnten bei der Kürze seiner Regierung nur von
geringem Erfolg begleitet sein, zumal die unklare Stellung des Reichshofrats zu dem Reichskammergericht
und die Beschwerden der Reichsstände über die Gerichtsurteile des erstern, als ererbte Übelstände der Reichsverfassung,
nur durch
ein einmütiges Zusammenwirken im Reichstag beseitigt werden konnten. J. starb in Wien unerwartet an den
Pocken in einem Augenblick, wo das Ansehen Frankreichs durch
das Kriegsglück der im spanischen Successionskrieg
verbündeten Mächte gänzlich zerstört war und Ludwig XIV. sich bereits zu den demütigendsten Friedensbedingungen bereit
erklärt hatte. Da aber die Regierung Österreichs an Karl VI., den einzigen lebenden Habsburger vom Mannesstamm, überging, so
hatte der frühe Tod Josephs eine gänzliche Veränderung der politischen Lage zur Folge.
Vgl. Moser, Probe einer Staatshistorie über die Regierung Josephs I. (Züllichau 1738);
Herchenhahn, Geschichte der Regierung Kaiser Josephs I. (Leipz. 1786-89, 2 Bde.).
2) J. II., römisch-deutscher Kaiser, ältester Sohn Franz Stephans, Herzogs von Lothringen, der 1735 Großherzog von Toscana und 1745 als Franz I. römisch-deutscher Kaiser wurde, und Maria Theresias, war geboren. Seine Erziehung wurde, um den Ungarn zu schmeicheln, in die Hände eines ungebildeten Magnaten, der sich die nötigsten äußerlichen Formen als österreichischer Offizier erworben, des Grafen, spätern Fürsten Batthyány, gelegt. Den sehr oberflächlich erteilten Unterricht vertraute man dem Jesuiten P. Veger, sodann 1751 dem P. Weikard an, worauf dann die eigentliche Erziehung und Leitung Philipp La Mine, den Unterricht Leporini, Bourgignon, Rosenthal, Freyßleben, Bajtaj, I. ^[Ignaz] v. Pöck, Breguin und Baillou übernahmen, denen sich P. Joseph Franz, Direktor der ¶
philosophischen Fakultät in Wien (später Direktor der orientalischen Akademie), und selbst Bartenstein
[* 19] (s. d.) anschlossen,
welcher durch
sein ungeheuerliches Geschichtskompendium in mehreren Foliobänden die Wißbegierde des Prinzen ebensowenig
fesseln konnte, als dies dem schablonenmäßigen Unterricht so manches der andern Lehrer gelang. Es waren namentlich die doktrinären
und unfruchtbar schematisierenden Vorträge, welche den jungen Prinzen langweilten und zu einer ungeordneten,
oberflächlichen und wenig verstandenen Lektüre, besonders der neuen französischen Litteratur, haltlos forttrieben.
Bei aufgewecktem Geist, rascher Fassungsgabe und dem lobenswerten Bestreben, sich durch
eigne Anschauung über alles ein selbständiges
Urteil zu bilden, wurde J. bald von dem Gefühl der Vereinzelung und Vereinsamung erfaßt, welchem die
flüchtigen Berührungen mit hervorragenden und von ihm selbst aufgesuchten bedeutenden Männern kein beruhigendes Gegengewicht
gaben. Die Meinung, in allem selbst handeln und entscheiden zu müssen, und die du
rchgreifende, rein persönliche Regierungsweise
des großen Monarchen mochten in diesen Umständen ihren Ursprung gefunden haben. 1764 wurde J. zum römischen
König gewählt und gekrönt, und da schon im folgenden Jahr sein Vater starb, so schien sich seiner Thätigkeit ein weites
Feld zu eröffnen; aber der Wille der Kaiserin wie die feste und der monarchischen Willkür widerstrebende ständische Verfassung
des Reichs setzten derselben die engsten Grenzen.
[* 20]
Obwohl J. in den Erbländern von der Kaiserin zum Mitregenten erklärt war, beschränkte sich sein Einfluß
auf das Militärwesen, an welchem er bei aller Bewunderung Friedrichs II., mit dem er im August 1769 in Neiße
[* 21] und im September 1770 zu
Neustadt
[* 22] in Mähren
[* 23] Zusammenkünfte hatte, doch kein großes innerliches Interesse fand, und die äußere Politik.
Hier trieb Josephs Ehrgeiz Österreich
[* 24] zum Anteil an der Teilung Polens und durch
das Projekt der Erwerbung Bayerns zum bayrischen
Erbfolgekrieg.
Sein Geist beschäftigte sich fast ausschließlich mit den volkswirtschaftlichen und kirchlichen Angelegenheiten, in welchen er seine liebsten Reformgedanken mit Ungeduld bis zur Zeit seiner Alleinregierung zurückgedrängt sah. Mit der Kaiserin stand er auch persönlich nicht auf gutem Fuß, obwohl er sich gern als »gehorsamer Sohn« bezeichnete, als solcher angesehen sein wollte und bei ihrem Tod auch das stürmische Gefühl des Schmerzes nicht verleugnete. Aber je größer die Kluft zwischen ihm und der frommen, von weiblicher Beängstigung erfüllten Mutter wurde, desto weniger war ein Umgang möglich, der die Gegensätze persönlich zu mildern vermocht hätte. Dem unaufhörlichen Drängen Maria Theresias, J. möge zur Beichte gehen und die Kirche besuchen, vermochte der Kaiser auch durch zeitweilige Erfüllung des Wunsches nicht zu genügen.
Als nun Maria Theresia 1780 starb, sollte sich das Wort Friedrichs II.: »Voilà nouvelle ordre des choses!« in unglaublicher Eile bewahrheiten;
denn sofort ließ J. nichts an seiner Stelle, und eine Flut von Gesetzen und Verordnungen, welche meistens jeder verfassungsmäßigen, häufig auch jeder büreaukratischen Grundlage entbehrten und der umfassendsten, auch im 18. Jahrh. nicht ganz gewöhnlichen Geltendmachung des absoluten Systems entsprangen, ergoß sich über alle ungleichartigen Völker und Staaten der alten habsburgischen Hausmacht, welche, mit Beseitigung des verschiedenen Verfassungswesens und der ständischen Vertretung, als vollkommen gleichgestellte Glieder [* 25] vom Kabinett des Kaisers aus, als »Verwalters« des Staats, nach den gleichen Gesetzen regiert werden und einen uhrwerkartig geregelten Organismus mit deutscher Amtssprache ausmachen sollten.
Von der richtigen und klaren Einsicht geleitet, daß die Herrschaft des römischen Stuhls und der katholischen Hierarchie beseitigt werden müsse, wenn die österreichische Verwaltung zur Selbständigkeit des modernen Staatsbegriffs erhoben werden solle, begann er mit entschlossenem Sinn alle die Bande vorerst zu lösen, welche österreichische Unterthanen von der päpstlichen Gewalt abhängig machten. Wie durch die Verordnung vom die anspruchsvollsten Bullen der römischen Kirche aus allen Ritualbüchern und kirchlichen Sammlungen gestrichen wurden, so verfügte J. auch die Aufhebung der päpstlichen Dispense, der Rekurse, des Bischofseides und der Litterae apostolicae, die Einführung des Placet, das Verbot der Annahme päpstlicher Ämter und Titel und des Besuchs der in Rom [* 26] befindlichen theologischen Anstalten.
Diesen wichtigen Reformen folgten zahlreiche Aufhebungen von Klöstern, Einziehung des Vermögens derselben und die Gründung des Religionsfonds sowie die Dotation von trefflichen Unterrichts- und Humanitätsanstalten aus dem konfiszierten Klostergut. Aber schon die Durchführung dieser Maßregeln zeigte erhebliche Mißstände und Willkürlichkeiten. Bald griff die Regierung Josephs auch in die internen Angelegenheiten der Kirche und des Gottesdienstes ein.
»Andachtsordnungen«, Gesetze gegen den »kirchlichen Flitterstaat«, Verordnungen über Prozessionen, Wallfahrten, Ablässe und das unglückliche Gebot des Begrabens der Toten in Säcken, ohne Kleider und in Kalkgruben, alle diese Dinge, welche bestimmt waren, »Aufklärung« zu bewirken, erregten Haß und Verdruß, selbst tiefer gehenden Widerstand seitens des Volkes. Dabei hielt J. doch sehr bestimmt den Begriff der Staatskirche als einer katholischen aufrecht.
Wie in der politischen Verwaltung, so hielt er auch in kirchlichen Dingen Einheit und Gleichheit für die wesentlichste Grundlage des Staatslebens. Das Verhältnis der nichtkatholischen Konfessionen [* 27] vermochte er daher nicht anders als unter dem Gesichtspunkt einer möglichst weit gehenden Toleranz zu fassen. Obwohl sich nun in Ländern, wo die religiösen Fragen längst durch gesetzliche Bestimmungen geregelt waren, wie in Ungarn, eine berechtigte Opposition gegen das »Toleranzpatent« gerade von seiten der Protestanten erhob, so wirkten doch die damit zusammenhängenden Verordnungen segensreich auf die Zustände in den andern Ländern, wo endlich ein anderthalbhundertjähriger Druck von vielen protestantischen Gemeinden hinweggenommen wurde. Um übrigens den Übertritt von der katholischen Religion zu andern Konfessionen zu verhindern, schrak J. selbst vor manchen Zwangsmaßregeln nicht zurück, und wie er die Sekte der Deisten durch »Karbatschenstreiche« ausrotten wollte, so fehlt es auch nicht an Beispielen harter Kabinettsjustiz gegenüber von Mönchen, welche aus eignem Entschluß ihren Orden [* 28] verlassen wollten, oder gegen Protestanten, welche wegen Proselytenmacherei Verdacht erregten.
Um den Neuerungen Josephs in Österreich ein Ziel zu setzen, begab sich der Papst Pius VI. 1782 persönlich nach Wien, ohne jedoch etwas zu erreichen. Mit großer Absichtlichkeit wurde jede geschäftliche Verhandlung vermieden, und Fürst Kaunitz empfing den Papst in seinem Palast lediglich als Privatperson. Keinen Augenblick wurde die Reform unterbrochen, vielmehr auch auf das Gebiet der Diözesaneinteilung ausgedehnt, wobei dem Kaiser ernstlichere ¶