Leber
Darm

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Darm.
(Hepar,
Jecur), die
Drüse zur Bereitung der
Galle. Bei vielen niedern
Tieren ist keine eigentliche Leber
vorhanden,
vielmehr ist ein Teil des
Darms mit sogen. Leber
zellen ausgekleidet, welche dieselbe
Wirkung auszuüben scheinen wie eine wirkliche
Leber.
Häufig sind hierfür besondere Blindsäcke des
Magens bestimmt, oder es münden in ihn eine Anzahl
kleinerer oder größerer
Drüsen, welche in ihrer Gesamtheit als Leber
bezeichnet werden können. Indem sich dann die Ausführungsgänge
verlängern, rückt die immer weiter vom
Darm
[* 2] weg und bildet zuletzt ein eignes
Organ, das in mächtiger
Ausdehnung
[* 3] bei den
Wirbeltieren entwickelt ist.
Die sogen. Leber
der höhern
Krebse erfüllt wahrscheinlich nur die
Funktionen einer
Bauchspeicheldrüse, ähnlich
verhält es sich mit der Leber
der
Spinnen;
[* 4] bei den
Mollusken
[* 5] scheint sie beides zu sein. Bei den
Wirbeltieren (mit Ausnahme der
Leptokardier) entsteht die Leber
im
Embryo als eine paarige Ausstülpung des Mitteldarms dicht hinter dem
Magen
[* 6] und zwar
sowohl der innern Schleimhaut desselben, welche zur Leber
zellenschicht wird, als auch der Muskelhaut und der
Gefäße des
Darms.
Der einfache
Auswuchs verwandelt sich durch vielfache Verzweigung in ein baumförmiges
Organ, dessen feinste
Zweige aber netzartig
miteinander verschmelzen. Die
Zweige oder die
Stränge des
Netzes, anfangs solid, höhlen sich aus und bilden
so die
Gallengänge, in welchen die von den Leber
zellen abgesonderte
Galle zum
Darm hinfließt. Die zwei ursprünglichen Leber
lappen
vereinigen sich fast überall zu Einer
Masse, doch bleiben die beiden Hauptgänge bestehen.
Artemision - Arterien

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Arterie.
Kompliziert wird der
Bau der fertigen Leber
durch das Verhalten der
Blutgefäße in ihr. Die feinsten
Zweige oder,
nach Verschmelzung derselben zum
Netz, die
Stränge des letztern sind nämlich allenthalben von feinsten
Kapillaren umsponnen,
welche in ähnlicher
Weise ein Gefäßnetz bilden und von spärlichem
Bindegewebe gestützt werden. Statt aber, wie dies bei
den
Kapillaren gewöhnlich der
Fall, aus einer
Arterie
[* 7] hervorzugehen und sich zu einer
Vene zu vereinigen,
sind sie nichts als die feinsten Verzweigungen der
Pfortader (s. d. und Tafel
»Blutgefäße«,
[* 1]
Fig. 4), d. h. einer
Vene, welche
das
Blut aus den
Eingeweiden sammelt und es zur Leber führt; nachdem alsdann mittels der Thätigkeit der Leberzellen die
Galle
aus dem
Blut abgeschieden worden, vereinigen sich diese venösen
Kapillaren zur Lebervene, welche in die
Hohlvene mündet.
Das Blut zur Ernährung der Leber wird hingegen von der Leberarterie geliefert, die gleichfalls ein Kapillarnetz bildet. Äußerlich ist die Leber gewöhnlich eine zweiteilige Masse, die aber bei manchen Wirbeltieren mehrere Lappen bildet. Beim Menschen (s. Tafel »Eingeweide [* 8] I u. II«) stellt sie das bekannte rot- bis gelbbraune Organ dar, welches in der Bauchhöhle unmittelbar unter dem Zwerchfell liegt und den Magen zum Teil bedeckt. Beim Erwachsenen ist sie etwa 30 cm lang, 20 cm breit, höchstens 6,5-7 cm dick und wiegt im Mittel 1800 g. Sie zerfällt durch drei seichte Furchen auf der Unterseite in vier ungleich große Abteilungen, den sogen. rechten, linken, viereckigen und Spigelschen Lappen, von welchen der erstgenannte der größte ist.
Banco - Banda

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Band.In den Furchen liegt die Gallenblase und verlaufen die Blutgefäße. Befestigt ist die Leber an der vordern Bauchwand und dem Zwerchfell durch drei Bänder, welche Teile des Bauchfelles (s. d.) sind. Letzteres überzieht die Leber fast allseitig und gibt ihr so eine glatte Oberfläche. Ein andres Band, [* 9] das sogen. runde Leberband (ligamentum teres hepatis), ist nichts als die beim Fötus noch thätige, nach der Geburt aber nicht mehr funktionierende Nabelvene (s. Embryo, S. 596). Der Eintritt der Blutgefäße und der Austritt der Gallengänge erfolgt durch eine tiefe Furche, die sogen. Leberpforte; sie sind innerhalb der Leber von einer bindegewebigen Scheide (capsula Glissonii) umgeben.
Das Innere der Leber zerfällt bei der Betrachtung mit dem unbewaffneten Auge [* 10] in dunkle Flecke, welche durch hellere Umgebung voneinander getrennt sind. Jeder Fleck (Leberinsel, Leberläppchen) besteht aus einem Teil des oben besprochenen Netzwerkes von Leberzellen, wird von feinsten Zweigen der Pfortader umsponnen, vom Bindegewebe begrenzt und hat im Innern außer den Kapillaren ein aus ihnen hervorgehendes Ästchen der Lebervene, bildet also gewissermaßen einen Bezirk für sich (eine Leber im kleinen).
Die in ihm abgesonderte Galle sammelt sich an seiner Peripherie in den sogen. Gallenkanälchen, welche erst zu seiner Begrenzung mit beitragen, dann aber zu größern Kanälen zusammentreten. An letztern finden sich kleine Ausstülpungen (Gallengangdrüsen), welche zur Absonderung gewisser in der Galle enthaltener Stoffe, vielleicht des Gallenschleims, dienen. Schließlich vereinigen sich die Gallengänge zu zwei größern Ästen, treten so aus der Leber hervor und verbinden sich darauf zu einem einzigen Stamm, dem Lebergang (ductus hepatis), welcher in die Gallenblase (s. d.) mündet.
Zuckergewinnung I

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Zucker.Die Funktionen der Leber sind erst sehr mangelhaft erforscht. Hensen und Bernard fanden fast gleichzeitig ein eigentümliches Kohlehydrat in der Leber, dem wegen seiner leichten Überführung in Zucker [* 11] der Name Glykogen gegeben wurde. Es wird in sehr wechselnder Menge in der Leber angetroffen und steht hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung zwischen Stärke [* 12] und Dextrin. Der Glykogengehalt der ist von der Einfuhr gewisser Stoffe durch die Nahrung abhängig; durch mehrtägiges Hungern läßt sich die Leber völlig glykogenfrei machen, eine ausschließliche Fütterung mit Fibrin und Fett wirkt ebenso, eine zuckerreiche Nahrung hingegen bewirkt eine erhebliche Aufspeicherung von Glykogen. Es ist zweifelhaft, ob das Glykogen sich ausschließlich bildet, wenn die Kohlehydrate aus der Nahrung die Leber passieren, da sich der Körper auch vorfindet, wenn Tiere nach mehrtägigem Hungern ausschließlich mit Eiweiß und Leim gefüttert werden, und die Möglichkeit der Bildung von Glykogen aus eiweißhaltigen Stoffen also nicht abgewiesen werden kann.
Leber - Leberegelkrank

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Seite 10.596.Gewisse Stellen des Nervensystems sind befähigt, das Glykogen der Leber schnell in Zucker überzuführen. So beschleunigt ein Stich in den Boden des vierten Ventrikels (Zuckerstich oder Piqûre) diese Umwandlung derartig, daß der Zucker nicht mehr in dem Maß, wie er sich bildet, durch Oxydation zerstört wird, sondern daß vielmehr der Zuckergehalt des Bluts derartig wächst, daß es zu einer Ausscheidung des Zuckers durch die Nieren kommt. Nach der Entdeckung des Glykogens und der Beobachtung, daß eine frisch ausgeschnittene und durch Ausspülen mit Wasser von der Pfortader aus zuckerfrei gemachte Leber nach einiger Zeit wieder eine erhebliche Menge Zucker enthält, während das ¶
mehr
Glykogen in demselben Maße schwindet, hat man der eine zuckerbildende Funktion zugeschrieben. Diese von Bernard begründete Lehre [* 14] ist von Pavy u. a. widerlegt worden, indem man zeigte, daß die Zuckerbildung eine Leichenerscheinung sei, und daß die Leber eines ganz frisch getöteten Tiers keinen andern Zucker besitzt als den in ihrem Blut enthaltenen (das Blut enthält stets, und selbst im Hungerzustand, nicht unbedeutende Mengen von Zucker). Welchen Zwecken das in der Leber gebildete Glykogen dient, läßt sich nur vermuten. Im Verhältnis zu den lebhaften chemischen Vorgängen, welche in der Leber ablaufen, sind unsere Kenntnisse von den Funktionen dieses Organs äußerst dürftig. Eine ungefähre Vorstellung von dem Umfang der erstern erhalten wir durch Temperaturmessungen; so beobachtete Heidenhain in der Lebervene eines Hundes eine Temperatur von 40,73° C., während das Blut der hintern Hohlvene nur 38,35-39,58° und das des rechten Herzens nur 37,7° hatte. - Über die Gallenbereitung in der s. Galle; über die Krankheiten der s. Leberkrankheiten.