Lausitz
(Lusatia), ein bis 1815 zu
Sachsen,
[* 3] seitdem teils zu
Sachsen, teils zu
Preußen
[* 4] gehöriger, von SO. nach
NW. sich
erstreckender Landstrich, zwischen
Böhmen,
[* 5] der sächsischen Kreishauptmannschaft
Dresden,
[* 6] den preußischen
Provinzen
Brandenburg
[* 7] und
Schlesien
[* 8] gelegen und von der
Spree und
Neiße
[* 9] von S. nach N. durchflossen, umfaßte ein Gebiet von
ca. 12,780 qkm (232 QM.) und
war in zwei Teile,
Ober- und Niederlausitz
, geschieden, welche zwei besondere Markgrafschaften
bildeten, aber, wie
Böhmen und
Mähren, keinem der zehn
Kreise
[* 10] des
Deutschen
Reichs angehörten.
Der südliche Teil oder die Oberlausitz, etwa 5940 qkm (108 QM.) groß, zerfiel in die Kreise Görlitz [* 11] und Bautzen [* 12] und zählte, außer den sogen. Sechsstädten: Bautzen, Görlitz, Zittau, [* 13] Lauban, Kamenz [* 14] und Löbau, [* 15] noch 16 Landstädtchen, 7 Marktflecken und eine große Anzahl Dörfer (worunter 449 wendische). Bei der Teilung Sachsens (1815) wurde auch sie zerstückelt, so daß es jetzt eine sächsische und eine preußische Oberlausitz gibt. Die sächsische Oberlausitz bildet mit Einschluß einiger früher böhmischer Parzellen und der 1845 von Österreich [* 16] an Sachsen abgetretenen Enklaven Schirgiswalde etc. die gegenwärtige Kreishauptmannschaft Bautzen, welche vier der Sechsstädte (nun Vierstädte): Bautzen, Zittau, Kamenz, Löbau, die Standesherrschaften Königsbrück und Reibersdorf, das katholische Domstift St. Petri zu Bautzen, die Klöster Marienstern und Marienthal und die Landstädte und Rittergüter der nach den vier Städten benannten Distrikte umfaßt, mit einem Gesamtareal von 2470 qkm (44,8 QM.) und (1885) 356,560 Einw. Hinsichtlich der Abgaben ist die Oberlausitz seit 1835 den Erblanden gleichgestellt, die innere Verwaltung dagegen ist durch ein Provinzialstatut geordnet worden.
Die preußische
Oberlausitz, der größere nordöstliche Teil des Gebiets, mit einem
Areal von 3469 qkm
(63 QM.) und etwa 250,000 Einw., umfaßt die
Kreise
Görlitz,
Rothenburg,
[* 17]
Hoyerswerda und
Lauban des schlesischen Regierungsbezirks
Liegnitz.
[* 18] Die Niederlausitz
hat 6840 qkm (124 QM.) Flächeninhalt und zerfiel früher
in fünf
Kreise. Bei der
Teilung
Sachsens kam die ganze
Landschaft an
Preußen und bildet gegenwärtig die
Kreise
Luckau,
Sorau,
[* 19]
Guben,
[* 20]
Lübben,
[* 21]
Kalau,
Spremberg
[* 22] und
Kottbus des Regierungsbezirks
Frankfurt,
[* 23] mit (1885) 401,303 Einw. Der
Kreis
[* 24] Kottbus gehörte bereits seit 1462 zu
Brandenburg und war nur 1806-14 mit
Sachsen verbunden. Im
Gegensatz zur
Oberlausitz, welche
reich an Naturschönheiten (s.
Lausitzer Gebirge), von großer
Fruchtbarkeit und namentlich im sächsischen
Teil Sitz eines bedeutenden
Gewerbfleißes ist, ist die Niederlausitz
fast durchgängig ein flaches und sandiges Land. Das
Wappen
[* 25] der
Oberlausitz ist eine goldene
Mauer mit schwarzem Mauerstrich im blauen
Felde; das der Niederlausitz
zeigt einen roten
Ochsen im weißen
Feld, von der
Linken zur
Rechten gewendet.
Geschichte. Die Lausitz
ward seit der
Völkerwanderung von slawischen
Stämmen bewohnt, von denen die Milciener als Bewohner der
Oberlausitz und die Lusitzer als Bewohner der Niederlausitz
genannt werden. Beide wurden vom deutschen König
Heinrich I. 929 tributpflichtig
gemacht und von
Kaiser
Otto I. 968 zum
Christentum bekehrt und dem neubegründeten
Bistum
Meißen
[* 26] unterstellt.
Nach
Markgraf
Geros
Tod (965) wurde aus seinem Gebiet die spätere Lausitz
als Ostmark ausgeschieden und blieb, zunächst geteilt,
unter der
Verwaltung von
Geros Nachkommen bis zu ihrem Aussterben (1031). Dann wurde
Graf
Dietrich von
Wettin (gest. 1034) und
nach ihm sein Sohn
Dedo II.
mit der Niederlausitz
belehnt, während die
Oberlausitz teils an den
Bischof
von
Meißen, teils an böhmische
Herren kam.
Nach
Dietrichs
Tod ward jene von
Kaiser
Heinrich
IV. dem
Herzog
Wratislaw von
Böhmen verliehen, ging dann aber doch auf den Sohn
Dietrichs,
Heinrich den ältern, und auf dessen nachgebornen Sohn,
Heinrich den jüngern, über. Als dieser 1123 starb,
brach Streit um die Niederlausitz
aus, der erst endete, als der
Kaiser dieselbe dem
Vetter des Verstorbenen,
Konrad von
Meißen,
verlieh (1136), bei dessen
Hause sie blieb, bis sie von König
Albrecht I. 1298 an
Brandenburg verkauft wurde.
Dies wollte
Diezmann von
Meißen anfangs nicht zugeben, trat aber selbst 1303 die Niederlausitz
an
Otto von
Brandenburg ab. So ward diese mit der
Oberlausitz vereinigt, die schon 1255 an
Brandenburg gekommen war. Als aber 1319 der askanische
Stamm des
Hauses
Brandenburg erlosch, verlieh
Ludwig der
Bayer 1323 die Niederlausitz nebst
Brandenburg seinem Sohn
Ludwig,
während die
Oberlausitz sich 1324 freiwillig an
Böhmen anschloß. Diese wurde 1355, die Niederlausitz (gekauft 1364) 1370 von
Kaiser
Karl IV. der
Krone
Böhmen einverleibt, von dieser jedoch 1462 das Gebiet von
Kottbus an
Brandenburg abgetreten. 1377 wurde
ein Herzogtum
Görlitz für
Karls IV. Sohn
Johann geschaffen und bestand bis zu dessen
Tod (1396). Nach dem
Erlöschen des luxemburgischen Kaiserhauses kamen beide Lausitzen 1437 an den Schwiegersohn
Siegmunds,
Albrecht von
Österreich,
und 1439 an dessen Sohn
Wladislaw.
Die Verpfändung der Landvogtei in der Lausitz an die Hohenzollern [* 27] (1448) gab Veranlassung zu einem Streit mit Kursachsen; dieses begnügte sich zwar 1450 mit den Städten Senftenberg und Hoyerswerda, aber auch Brandenburg mußte 1462 gegen Erstattung der dafür erlegten Pfandsumme auf die Landvogtei verzichten, die so wieder an Böhmen kam. 1467 unterwarf sich die Lausitz dem König Matthias Corvinus von Ungarn [* 28] und wurde diesem 1479 vom böhmischen König Wladislaw abgetreten.
Nach Matthias' Tod 1491 kam sie an Wladislaw, 1516 an dessen Sohn Ludwig II. Als dieser 1526 im Kampf gegen die Türken gefallen war, fiel die Lausitz mit Böhmen an Ferdinand I. von Österreich, von dem sie wegen Annahme der Reformation hart bedrückt wurde. Nach dem unglücklichen Ausgang der Schlacht bei Prag [* 29] und der Flucht Friedrichs V. (1620) besetzte sogleich der Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen die Lausitz für den neuerwählten Kaiser Ferdinand II., ließ sich dieselbe aber sodann für die aufgewandten Kriegskosten (6½ Mill. Thlr.) vom Kaiser verpfänden.
In dem am zu Prag geschlossenen Separatfrieden wurde sie vom Kaiser dem Kurfürsten von Sachsen mit allen Hoheitsrechten als böhmisches Mannlehen erb- und eigentümlich abgetreten. Johann Georg I. bestimmte durch Testament, daß die Oberlausitz seinem Nachfolger in der Kurwürde, die Niederlausitz aber dem Administrator des Stifts Merseburg, [* 30] Herzog Christian I., zufallen sollte. Als der König und Kurfürst Friedrich August (II.) 1738 die Stiftsregierung übernahm, fiel die Niederlausitz wieder an das Kurhaus.
Von dieser Zeit an teilte die ganze Lausitz als ein gesonderter Teil der kursächsischen Erblande alle weitern Schicksale Sachsens, das im Tilsiter Frieden 1807 auch den bis dahin zu Brandenburg gehörenden Kreis Kottbus erhielt. Bei der Teilung Sachsens (1815) fiel die ganze Niederlausitz und der größere nordöstliche Teil der Oberlausitz an Preußen. Nur der kleinere Teil der Oberlausitz verblieb bei Sachsen. S. Karten »Sachsen«, »Schlesien«.
Vgl. Scheltz, ¶
mehr
Gesamtgeschichte der Ober- und Niederlausitz (Bd. 1, Halle [* 32] 1847; Bd. 2 [bis 1439], Görlitz 1882);
Köhler, Geschichte der Oberlausitz (2. Ausg., Liegnitz 1879);
Knothe, Geschichte des Oberlausitzer Adels (Leipz. 1879);
Bachmann, Die Wiedervereinigung der Lausitz mit Böhmen (Wien [* 33] 1882);