(Kt. Waadt,
Bez. Lausanne).
Seit 1902 hat sich die Stadt Lausanne weiter rasch entwickelt. Die überbaute
Fläche hat bedeutend zugenommen, dafür hat sich das Kulturland um ebensoviel verringert; besonders der
Weinberg nimmt nur
noch 140 ha ein; jedes Jahr werden bedeutende Flächen Reblandes zu
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Baugründen oder zu Gemüseland umgewandelt. Der Kataster- und Verkehrswert der Immobilien wächst in steigenden Proportionen,
wie folgende Tabelle beweist:
Unter Abzug der Immobilien der Eidgenossenschaft, des Kantons und der Gemeinde.
Jahr
Totale Katasterschätzung in Franken
Katasterwert in Franken
Verkehrswert in Franken
1905
221639486
186940607
248788180
1906
229041285
190951739
264028230
1907
245295531
206092386
275894580
1908
257623330
217659450
293574040
1909
274884463
234751111
313348230
Der Katasterwert hat im Durchschnitt jährlich um etwa 10 Millionen, der Verkehrswert um etwa 11 Millionen zugenommen. Die
Viehzählung der Gemeinde Lausanne am 1. Januar ergab:
Im Jahre 1905 (20. Juli) ist ein neues Viadukt dem Verkehr übergeben worden, die BrückeChauderon-Montbenon, aus armiertem Beton,
von 205 m Länge, 18 m Breite, 33,5 m Höhe (Kosten Fr. 1475812,70); sie wurde über das Thal des Flon
gezogen, zwischen der Place de Chauderon und dem westlichen Ende der Promenade de Montbenon und bildet die Fortsetzung der Avenue
Louis Ruchonnet, die vom Hauptbahnhof der schweizerischen Bundesbahnen aufsteigt. Eine dritte Brücke, aus Eisen, von 89 m
Länge, 15 m Breite und 24 m Höhe, im Voranschlag von Fr. 719300, die ebenfalls das Thal des Flon überspannen
und die Caroline mit der Altstadt und dem Palast Rumine, mittels eines Durchstichs unter der Rue de la Mercerie, verbinden soll,
ist im September 1908 in Angriff genommen worden und wird Ende September 1910 dem Verkehr übergeben.
Die Restauration des grossen Portals der Montfalcon an der Kathedrale durch den Bildhauer Raphael Lugeon wurde 1909 vollendet
und durch die Hinzufügung von acht Statuen vervollständigt, die, von rechts nach links, darstellen: Ezechiel (nach Jean-LouisBlanc, Steinhauer), Isaias (David Lugeon, Bildhauer, der Vater von Raphael Lugeon), König David (Viollet-le-Duc,
der von 1872-1879 Architekt der Kathedrale war), Jeremias (Ernest Burnat, Architekt zu Vevey, Mitglied der technischen Kommission),
Daniel (Jules Simon, Architekt der Kathedrale von 1895 bis zu seinem Tode, 1906), Moses, Zacharias (Magne von der École des
Beaux-Arts in Paris) und Malachias (Raphael Lugeon). Die Restauration der grossen Rose ist eben beendigt.
Im Jahre 1906 (17. November) wurde auf der Terrasse der Madeleine neben dem Palast Rumine das Denkmal zu Ehren Louis Ruchonnet’s
eingeweiht, eine Bronzestatue vom Bildhauer Lanz, die auf einem Piedestal von Marmor steht, das ein Werk des Neuenburger Architekten
Henri Charles ist.
Die Bevölkerung der Stadt zeigt eine fortwährend rasche Zunahme. Sie betrug:
Im Jahre
Einwohner
1904
49316
1905
50970
1906
53964
1907
55766
1908
57336
1909
59216
1910
61000
Die folgende Tabelle zeigt, wie sich die Bevölkerung Lausannes zusammensetzt:
1905
1906
1907
1903
1909
1910
Bürger von Lausanne
2815
2803
2847
2806
2882
2852
Waadtländer aus andern Gemeinden
23041
23344
24073
24632
25455
26149
Schweizer anderer Kantone
14489
15439
15629
16274
16917
17720
Fremde
10625
12378
13217
13624
13962
14279
Total
50970
53964
55766
57336
59216
61000
Hauptsächlich
also durch den Zufluss aus der übrigen Schweiz und aus dem Auslande wächst die Bevölkerung Lausannes.
Die Ausländer verteilten sich 1909 folgendermassen:
1909
Italiener
5492
Franzosen
2687
Deutsche
2569
Russen
947
etc. Die Zahl der eingeschriebenen Wähler Ende 1909 betrug 12039. Lausanne zählte
Der Waadtländer Credit foncier hat im Jahre 1909 das Fest seines fünfzigjährigen Bestandes gefeiert. Während dieses halben
Jahrhunderts seiner Wirksamkeit hat er Anleihen im Totalbetrage von Fr. 401676000 angelegt. Ende 1908 machte die Gesamtsumme
seiner Anleiheposten Fr. 170046195,02 aus. Sein Aktienkapital ist auf 35 Millionen gebracht worden, wovon 18 einbezahlt
sind. Das Obligationenkapital beträgt 78 Millionen. Seit ihrer Gründung im Jahre 1849 hat die kantonale Sparkasse, die
vom Crédit foncier vaudois geleitet wird, an Einlagen Fr. 296879239,77 entgegengenommen; die kapitalisierten Zinse ergaben
Fr. 49826929,39; zurückgezogen wurden Fr. 268440090,84, so dass Ende 1908 auf 78158 Einleger ein Guthaben
von Fr. 78266078,32 entfällt. Der Crédit foncier baut einen eigenen Palast an der Place de Chauderon.
Die Waadtländer Kantonalbank hat 1908 durch Emission von 26000 neuen Aktien, die dem Staate reserviert bleiben, ihr Aktienkapital
von 12 auf 25 Mill. Franken erhöht. Im Jahre 1909 betrug ihr gesamter Umsatz 1952 Mill.
Am wurde in Lausanne eine Filiale der schweizerischen Nationalbank eröffnet und ein «Abrechnungscomptoir»
(Clearinghouse) organisiert, das am 15. Dezember desselben Jahres in Betrieb gesetzt wurde und die besten Dienste leistet. Die Nationalbank
hat in DerrièreBourg einen Bauplatz erworben, wo sie ein Verwaltungsgebäude errichten will. Mehrere
neue wichtige Kreditinstitute haben sich in Lausanne aufgetan; die alten haben sich entwickelt, ihre Bureaux vergrössert
oder umgestaltet und Immobilien erworben, wo sie sich grossartiger entfalten können.
Als am der Simplontunnel dem Verkehr übergeben wurde, gab dies der Hotelindustrie einen mächtigen Ansporn. Mehrere
alte Gasthöfe wurden umgebaut und beträchtlich vergrössert (Beau-Rivage-Palace, Alexandra); andere
entstanden neu (Cecil, Royal, Eden etc.). Lausanne hat 42 Hotels ersten und zweiten Ranges und etwa 10 dritten Ranges, ca. 20 Fremdenpensionen, 85 Töchterpensionate, 17 Knabenpensionate, 62 bürgerliche
Kosthäuser, etwa 100 Familienpensionen und etwa 30 Pensionnate für junge Studierende. Ein Fremdenkasino,
das als Privatunternehmung auf der Promenade de Montbenon auf einem von der Stadt Lausanne unentgeltlich abgetretenen Terrain
von 7945 m2 erbaut wurde, ist den eröffnet worden.
Das Netz der Lausanner Tramlinien hat sich seit 1904 weiter entwickelt: im Jahre 1906 (20. Mai) ist die Linie vom Zentralbahnhof
der schweizerischen Bundesbahnen nach Montbenon-Chauderon dem Verkehr übergeben worden (1002 m), 1907 das Stück Tunnel MontCugy-Montherond (9385 m), 1909 (18. Juni) das Stück Riponne-Bergières (1366 m), so dass die Länge der befahrenen Strecken 35138 m
ausmacht. Ende 1909 waren folgende die hauptsächlichsten Daten des Strassenbahnnetzes: Länge der befahrenen Strecken: 35114 m,
wovon 7922 m doppelgeleisig, Verbindungsgeleise: 2931 m, totale Geleiselänge 45991 m. Im Jahr 1909 beförderte Passagiere:
7662164, Vermehrung gegen 1908: 656995. Gesamteinnahmen 1909: Fr. 1032691,80, Vermehrung gegen 1908: Fr. 74193,25. Zahl der
Reisenden per
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Einwohner: 124, mehr gegenüber 1908: 9, Verkehrskoeffizient: 74,9. Aktienkapital: Fr. 1329000, Obligationenkapital: Fr. 2483000.
Zwischen Lausanne undRenens wurde ein direkter Dienst für den Warentransport, sowie für die Schlachttiere, die ins Schlachthaus
Lausanne bestimmt sind, organisiert. Ein Fusionsvertrag zwischen der Gesellschaft der Lausanner Strassenbahnen und derjenigen
der elektrischen Bahnen des Jorat (Lausanne-Moudon) wurde den unterzeichnet. Die Umbauten am
Zentralbahnhof der schweizerischen Bundesbahnen, die zu 11¼ Millionen veranschlagt sind, haben mit den Geleisen angefangen,
worauf jetzt die Gebäude folgen.
Vom ersten dieser Gebäude, im W., das der Mittelpunkt des Postdienstes für Lausanne werden soll, haben Post und Telegraph
den Besitz genommen. Der Bahnhof weist 7 Geleise auf, die eine Gesamtlänge von 1890 m haben, mit vier Bahnsteigen,
der eine, vor dem Bahngebäude, von 7,75 m, zwei von 8,20 m und einer von 6,50 m Breite, die mit Hallen von 180 m Länge bedeckt
sind. Zwei Unterführungen im O. und W. dienen als Zugänge. Im Jahr 1908 betrug der Verkehr auf dem
Bahnhof Lausanne (Schweizerische Bundesbahnen):
Die folgenden Zahlen geben den Postverkehr in Lausanne im Jahr 1908 an:
1908
Abgehende Reisende
434
Aufgegebene Pakete
700405
Verteilte Pakete
719803
Briefe, Drucksachen etc.
11468144
Zeitungen (Exemplare) versandt
14988930
Zeitungen (Exemplare) eingegangen
3229109
Eingeschriebene Briefe versandt
222931
Eingeschriebene Briefe eingegangen
254999
Nachnahmen versandt
231110
Nachnahmen erhalten
267622
Checks versandt
34734
Checks erhalten
7446
Einzugsmandate versandt
98622
Einzugsmandate erhalten
52737
Verkaufte Briefmarken und Postkarten
1317716
In den eidgenössischen Lagerhäusern sind 1908 eingegangen: 132 Wagen Wein, 167 Wagen Getreide, 649 Wagen mit Verschiedenem.
Ausgegangen sind 396 Wagen.
Am hatte das Telephon in Lausanne 2703 Abonnenten mit 3118 Apparaten, 1370 km überirdische, 10586 km
unterirdische Drahtleitung, 42 Telephonisten, 8 Beamte und 29 Angestellte. Im Jahr 1908 betrug die Zahl der Lokalgespräche
2132621, die der interurbanen 466853. Der Telegraph erfordert 8 Bureaux mit 30 Beamten und 14 Ausläufern, 28 Morse-, 10 Sounders-
(Gehöraufnahme) und 5 Hughesapparaten. 103214 Depeschen wurden abgegeben, 95701 empfangen. Die Drahtlänge
im ersten Kreis (Sitz zu Lausanne) beträgt 4667,2 km, 273,8 km Reservedrähte inbegriffen.
Im Jahre 1909 gab die Gemeinde Lausanne für ihre Schulen Fr. 983622,81 aus. Im Mai 1910 umfassten die Schulen der Stadt 38 Klassen
Elementarschule mit 38 Lehrerinnen und 1098 Zöglingen, deren Kosten sich 1909 auf Franken 97948,70 beliefen
(1897: 10 Klassen, 452 Zöglinge, 17186 Franken);
147 Primarklassen mit 7081 Schülern und Fr. 687602 Kosten, d. h. 122 Fr.
per Schüler und 21,11
Fr. per Einwohner (im Jahre 1859: 21 Klassen, 31 Fr. per Schüler, 1,68 Fr. per Einwohner);
eine Spezialklasse
auf der Primarstufe für anormale Kinder mit 20 Schülern;
16 Kleinkinderklassen mit 481 Kindern;
3 höhere
Primarklassen;
eine «Waldschule» (5 km von Lausanne; seit 1908) mit 40 Schülern;
Fortbildungskurse, von 722 Knaben besucht;
eine höhere Schule und Gymnasium für Töchter mit 13 Klassen, 31 Lehrer- und Lehrerinnen und 571 Schülerinnen;
das Gymnasium
dieser Schule wird von 1910 an Maturitätszeugnisse erteilen, die zum Eintritt in die Fakultät für
Medizin oder Pharmazie berechtigen (Kosten Fr. 113150 im Jahre 1908);
eine Frauenarbeitsschule mit 4 Klassen und 80 Schülerinnen,
nämlich eine Haushaltungsschule (Küche und Wäsche) und eine Handarbeitsschule (Weissnähen, Schneiden und Konfektion).
Ausserdem zählt man in Lausanne 32 Privatklassen mit 846 Zöglingen, dann die École Vinet (höhere
Töchterschule) mit 7 Klassen und 156 Schülerinnen, das katholische Institut mit 70 und die neue Schule zu Chailly (Vittoz)
mit 30. Im Jahre 1909 wurde im Palais de Rumine ein Kunstgewerbemuseum eröffnet, eine Ergänzung zu dem 1862 von der Baronin
de Rumine gegründeten Musée industriel, das in der Rue Chaucrau verbleiben wird und hauptsächlich technische
und mechanische Gegenstände der modernen Industrie aufnimmt.
Die Stadt hat 1907 für die Primarschüler eine «Mutualité scolaire» (Krankenversicherungs-
und Sparkasse) eingeführt, die erste offizielle Institution dieser Art in der Schweiz, die 3820 Mitglieder zählt, mit einem
Krankenfonds von Fr. 4402,30 und einem Ersparnisfonds von Fr. 42981,38. Seit 2 Jahren besteht in Chailly
eine ländliche Haushaltungsschule, zwar von Privaten gegründet, aber von den Behörden subventionniert. Lausanne hat 9 Schulgebäude,
unter denen die von Vers chez les Blancs (1903) und Prélaz neu sind.
Der Sekundarunterricht, unter dem Staate stehend, ist 1908 (25. Februar) reorganisiert worden. Er hat zum Zweck,
den Schülern eine allgemeine Bildung zu geben und sie für fachliche und höhere Studien vorzubereiten. Die kantonalen Anstalten
für Mittelschulbildung, die ihren Sitz in Lausanne haben, sind: das kantonale wissenschaftliche Kollegium (ehemalige Industrieschule, 30 Professoren),
das kantonale klassische Kollegium (20 Professoren), das kantonale wissenschaftliche Gymnasium (28 Professoren),
das kantonale klassische Gymnasium (13 Professoren), dann die Spezialschulen: höhere Handels-, Verwaltungs- und Eisenbahnschule
(44 Professoren), Lehrer- und Lehrerinnenseminar (28 Professoren), kantonale landwirtschaftliche Schule. Die Universität
Lausanne zählt gegenwärtig 13 Honorarprofessoren, 27 ordentliche Professoren, 53 ausserordentliche Professoren, 5 Hülfs-
oder mit Kursen beauftragte Professoren, 23 Privatdozenten, 18 Assistenten, 1 Lektor, 3 Präparatoren, 20 Laboratorien, 7 Kliniken.
Die Zahl der Kurse beträgt 293. Die Zahl der Studenten (reguläre und Auditoren) war folgende:
Winter
Sommer
1904-1905
932
918
1905-1906
1188
1263
1906-1907
1372
1336
1907-1908
1321
1198
1908-1909
1174
1093
Die seit 1907-1908 bemerkbare Abnahme hat ihren Grund in den strengern Anforderungen, die man mit Rücksicht
auf die ausländischen Studenten, speziell die Russen, aufgestellt hat.
Die kantonale Bibliothek und die Museen sind reorganisiert und in die Lokale übersiedelt worden, die für sie im Palais
de Rumine vorgesehen waren. Im Jahre 1905 verlegte man die Kantons- und Universitätsbibliothek aus dem
Gebäude, in dem sie bis dahin untergebracht war, in die prächtigen, für sie im Palais de Rumine eingerichteten Räume.
Sie enthält gegenwärtig mehr als 300000 Bände. Ihr jährliches Budget beträgt Fr. 25000. Als Anhängsel hat sie die reichhaltige
Bibliothek der waadtländischen naturforschenden Gesellschaft. In den 1905 eröffneten Palais de Rumine
sind seither eingezogen:
1. das waadtländische Museum der schönen Künste mit 5 Sälen: Saal Arlaud (alte Gemälde); moderner Saal (Kollektion der
Werke François Bocion’s, des Malers des Genfersees, Eug. Burnand’s, Porträte von Ch. Giron, Ch.
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