Lausanne
[* 1] (spr. losánn, röm. Lausonium), die Hauptstadt des schweizer. Kantons Waadt, liegt 514 m ü. M., 2 km vom Genfer See, äußerst angenehm am Abhang des Jurten auf drei Hügeln und in den dazwischen liegenden Thälchen und ist die zentrale Station der schweizerischen Gürtelbahn am Genfer See und Ausgangspunkt der in die Ostschweiz führenden Eisenbahnen über Neuchâtel-Biel und Freiburg-Bern, ferner mit dem Hafen Ouchy ebenfalls durch eine Eisenbahn und mit Echallens durch eine Schmalspurbahn verbunden. ist aus verschiedenen Stadtteilen entstanden, die im 14. Jahrh. zu einem Gemeinwesen vereinigt wurden.
Zur Zeit der
Eroberung durch Bern
[* 2] war Lausanne
noch mit Ringmauern und
Türmen umgeben; jetzt ist die Stadt, obgleich
noch immer zum Teil eng und hügelig, nach Pichards
Plan bedeutend verschönert. Ein großartiger, 25 hoher und 188 m langer
Viadukt (grand pont) von zwei
Etagen dient zur
Verbindung der durch ein
Thal
[* 3] getrennten
Quartiere
St.-François
und St.-Laurent, und durch Ausfüllung und Überwölbung wurde der große neue Platz Riponne gewonnen, auf welchem eine Kornhalle,
ein
Museum und mehrere Schulgebäude stehen.
Ein sehenswertes Gebäude ist vor allem die 1000-1275 erbaute Kathedrale, in frühgotischem Stil (1876 wurde der Neubau des einen Turms über dem Chor vollendet). In dieser Kirche fand im Oktober 1536 die Disputation statt, welcher Calvin, Farel und Biret beiwohnten, und welche die Einführung der Reformation in der von den Bernern eroberten Landschaft zur Folge hatte. Noch sind von kirchlichen Gebäuden die St. Lorenzkirche, in die sich 1449 das Baseleler Konzil flüchtete, zu erwähnen.
Das ehemalige bischöfliche Schloß in der Nähe der Kirche wird als Regierungsgebäude benutzt; unweit davon das große ehemalige Krankenhaus, [* 4] jetzt als Schulgebäude benutzt, oberhalb der Stadt ein neues Krankenhaus. Von andern öffentlichen Gebäuden sind hervorzuheben: das 1454 erbaute Stadthaus auf dem Paludplatz, die 1822 nach dem amerkanischen Pönitenziarsystem erbaute Straf- und Besserungsanstalt, das Theater [* 5] und der eidgenössische Justizpalast.
Die Stadt zählt (1880) 30,179 Einw. (86 Proz.
sind
Reformierte, 78 Proz. sprechen französisch). Die
Industrie ist nicht erheblich,
bedeutender der
Handel, welcher durch
zwei
Banken unterstützt wird. An wissenschaftlichen und gemeinnützigen Anstalten besitzt eine 1537 gestiftete
Akademie mit
sechs Abteilungen (1883 nur 205
Studenten), ein
Collège, eine
École industrielle, eine Bildungsanstalt
für
Lehrer u.
Lehrerinnen, eine Musikschule, eine Zeichen-,
Turn- und
Reitschule, eine
Blinden- und eine Waisenanstalt, mehrere
Spitäler, eine neuerbaute
Irrenanstalt (5 km von Lausanne
) etc. Von Sammlungen sind bemerkenswert: das Kantonsmuseum
mit Naturalienkabinett und einer Sammlung von Altertümern, das
Musée Arlaud mit einer Sammlung von
Gipsabgüssen
und Gemälden, ein physikalisches
Kabinett, eine Kantonsbibliothek von 60,000
Bänden etc.
Noch bestehen in eine
Société d'utilité
publique, eine
Naturforschende und eine Land- und Staatswirtschaftliche
Gesellschaft.
Seit
Neujahr 1875 ist Lausanne
Sitz des eidgenössischen
Bundesgerichts. Die schöne
Lage der Stadt und der feine
gesellige
Ton ziehen aus allen Gegenden
Europas zahlreiche
Fremde zu längerm Aufenthalt an, und
Hunderte von
Knaben und Mädchen
aus allen
Ländern der
Erde befinden sich in den vielen
Erziehungs- und Unterrichtsanstalten. Die reizende Umgegend bietet die
lieblichsten Landsitze und die entzückendsten Aussichten dar, so der Montbenon, hart
vor der Stadt, und
das
Signal, auf einer entferntern Anhöhe. Bei dem
Hafen
Ouchy, wo
Lord
Byron seinen
»Prisoner of
Chillon« schrieb, steht das
Hotel
Beaurivage, von schönen
Anlagen umgeben. - Lausanne
, das im 6. Jahrh. gegründet ist, ward um 580 Sitz
des von
Avenches hierher verlegten
Bistums und blieb es bis 1536, worauf Freiburg
[* 6] an seine
Stelle trat. Im 16. Jahrh.
kam es an den Kanton Bern
[* 7] und wurde 1803 Hauptstadt des Kantons Waadt.
Vgl. Blanchet, Lausanne
dès les temps anciens (Lausanne
1863).