Lasker
,
Eduard, deutscher Politiker, geb. zu Jarotschin (Posen) [* 2] von jüdischen Eltern, studierte seit 1847 in Breslau [* 3] und in Berlin [* 4] Mathematik und Rechtswissenschaft, beteiligte sich im Oktober 1848 an den Kämpfen der akademischen Legion in Wien [* 5] gegen Windischgrätz, wurde 1851 Auskultator am Berliner [* 6] Stadtgericht und begab sich nach Ablegung des zweiten Staatsexamens auf drei Jahre nach England. 1856 kehrte er als Referendar in den preußischen Staatsdienst zurück und wurde 1858 Assessor an dem Stadtgericht in Berlin. Zuerst lenkte er die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich durch mehrere gediegene Abhandlungen in Oppenheims »Deutschen Jahrbüchern« (1861-64),
welche später unter dem
Titel: »Zur Verfassungsgeschichte
Preußens«
[* 7] (Leipz. 1874) gesammelt erschienen. 1865 trat er als Vertreter des vierten
Berliner Wahlbezirks in das Abgeordnetenhaus ein, wo er seinen Sitz bei der
Fortschrittspartei nahm. Von vorn herein entwickelte
eine solche Schlagfertigkeit der
Rede und Gewandtheit der
Debatte, daß er alsbald zu den hervorragendsten
Persönlichkeiten der
Partei zählte. Besonders zeichnete er sich durch seine gründliche und scharfsinnige Behandlung von
Verfassungsfragen aus. 1866 war Lasker
einer der
Gründer und seitdem einer der
Führer der nationalliberalen
Partei im Abgeordnetenhaus,
in welchem er 1868-1874
Magdeburg,
[* 8] 1874-79
Frankfurt
[* 9] a. M. vertrat, und im norddeutschen wie im deutschen
Reichstag, in welchen ihn der zweite
Meininger Wahlkreis wählte. An den zahlreichen organisatorischen
Gesetzen für
Deutschland
[* 10] und
Preußen,
[* 11] wie den großen
Justizgesetzen, der
Kreisordnung etc., hatte einen hervorragenden
Anteil.
In den
Fragen der hohen
Politik vertrat er mit gleichem
Eifer die
Sache der
¶
mehr
nationalen Einigung wie der konstitutionellen Freiheit. Großes Aufsehen erregte er durch seine Rede vom über die
schwindelhaften Gründungen, namentlich die Beteiligung des Geheimrats Wagener an denselben, und zog sich heftige Angriffe dadurch
zu. Nachdem er 1870 Rechtsanwalt beim Stadtgericht geworden, trat er 1873 als Syndikus des Pfandbriefamtes
in den Dienst der Stadt Berlin über und ward 1876 zum Mitglied des Verwaltungsgerichts gewählt. 1873 ward er von der Leipziger
Juristenfakultät zum Doktor der Rechte und 1875 von der Freiburger Universität zum Doktor der Philosophie honoris causa promoviert.
In seiner Partei sank Laskers
Einfluß etwas, als der Reichskanzler ihn wegen seiner Opposition gegen mehrere
Vorschläge der Regierung wiederholt heftig angriff, und als Lasker
bei der Neuwahl zum Abgeordnetenhaus in Frankfurt a. M.
durchfiel, verzichtete er auf ein Landtagsmandat.
Da er in wichtigen Fragen, wie der Wirtschafts- und Steuerreform, dem Sozialistengesetz u. a., nicht mehr mit der Mehrheit
der nationalliberalen Fraktion übereinstimmte, schied er im März 1880 aus derselben aus und schloß
sich den Sezessionisten an. Seit längerer Zeit kränkelnd, reiste Lasker
1883 nach Nordamerika,
[* 13] wo er, im Begriff in die Heimat
zurückzukehren, in New York an einem Schlaganfall starb. Er ward 28. Jan. in Berlin beigesetzt.
Das Repräsentantenhaus in Washington
[* 14] hatte 9. Jan. für eine Resolution beschlossen und diese dem Reichskanzler zur Abgabe an den
Reichstag übermittelt; derselbe schickte sie aber zurück, weswegen er von den Deutschfreisinnigen 7. März heftig angegriffen
wurde.
Von den Schriften Laskers
sind, abgesehen von kleinern Abhandlungen und Vorträgen, noch zu erwähnen:
»Zur Geschichte der parlamentarischen Entwickelung Preußens« (Leipz. 1873);
»Die Zukunft des Deutschen Reichs« (das. 1877);
»Wege und Ziele der Kulturentwickelung«, Essays (das. 1881);
ferner (anonym) »Erlebnisse einer Mannesseele«, herausgegeben von B. Auerbach [* 15] (das. 1873).
Vgl. A. Wolff, Zur Erinnerung an E. Lasker
(Berl. 1884);
die Gedächtnisrede von Bamberger (Leipz. 1884) und den Nekrolog von Baumbach (Stuttg. 1884);
Freund, Einiges über E. Lasker
(Leipz. 1885).