Landwirtsc
haftliche
Genossensc
haften,
Vereinigungen von selbständigen Landwirten zur Erreichung gemeinsamer Ziele,
hauptsächlich zur
Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der kleinern und mittlern
Besitzer gegenüber dem Großgrundbesitz. In
gewissen
Richtungen bedient sich der
Staat genossensc
haftlicher Organisationen, um durch sie Zwecke von hervorragender gemeinwirtschaftlicher
Bedeutung zu fördern; das gilt von den öffentlichen
Wald-, Wasser-, Fischerei- und Deichgenossensc
haften.
Die letztern sind uralte
Bildungen. Die größere Zahl der landwirtsc
haftliche Genossensc
haften sind jedoch freie Privatgenossenschaften
und jüngern Ursprungs. Dabei sind zu unterscheiden die Produktiv-, die
An- und Verkaufs- und die Kreditgenossensc
haften.
Produktivgenossensc
haften, welche die gesamte
Kapital- und
Arbeitskraft ihrer Mitglieder zu einem Großbetrieb
vereinigen (General-Produktivgenossensc
haften), kommen außerordentlich selten vor. Dagegen sind solche
(Special- oder Ergänzungs-)
Produktivgenossenschaften
weit verbreitet, welche den Mitgliedern die einzelnen
Vorteile zugänglich machen wollen, die der
landwirtsc
haftliche Groß- vor dem
Kleinbetriebe bietet. Dahin gehören z. B. Maschinengenossenschaften
, wie die noch nicht
häufig genug vorkommenden Dampfdreschgenossenschaften
, die (teilweise staatlich subventionierten) Zuchttier- und
sonstigen Viehzuchtgenossenschaften
, mit denen sich hier und da Versicherungseinrichtungen verbinden; dahin gehören ferner
solche Produktivgenossenschaften
, welche zugleich
Absatzgenossenschaften sind, vor allem die neuerdings zu hoher
Entwicklung
gelangten Molkereigenossenschaften
, die Mühlen-, Winzer- und Tabakbaugenossenschaften des westl.
Deutschlands,
[* 2] die vereinzelt vorhandenen
Brennerei- und Zucker-Produktivgenossenschaften.
Die reinen
An- und Verkaufsgenossenschaften
wollen die Landwirte unabhängig machen von der vielfach höchst
kostspieligen oder zu wucherischen Zwecken mißbrauchten Vermittelung der Zwischenhändler und ihren Mitgliedern die
Vorteile
des
Großhandels zuwenden, ein Bestreben, welches durch die
Entwicklung des modernen
Verkehrswesens wesentlich erleichtert und
gefördert worden ist. Die Verkaufsgenossenschaften
bringen die landwirtsc
haftlichen Produkte ihrer Mitglieder, namentlich
Vieh, möglichst vorteilhaft auf den Markt; sie sind in
Süd- und Westdeutschland (Hessen
[* 3] und Oldenburg)
[* 4] stark verbreitet, fehlen aber fast ganz im
Osten.
Die Ankaufsgenossenschaften, soweit sie nicht allgemeine
Konsumvereine (s. d.) sind, wollen den Bedarf der Genossen an landwirtsc
haftlichen
Betriebsmitteln aller Art (Saatgut, künstliche
Düngemittel, Geräte u. s. w.) durch wohlfeile Waren von guter Beschaffenheit
befriedigen. Einzelne von diesen Einkaufsgenossenschaften kontrollieren zugleich ihre Mitglieder hinsichtlich der Verwendung
des Saatkorns, der
Düngemittel u. s. w. im Betriebe. Teilweise haben die
Landwirtschaftlichen Vereine (s. d.) und
Bauernvereine
(s. d.) die Funktionen der letzterwähnten Genossenschaften übernommen.
Über landwirtsc
haftliche Kreditgenossenschaften s.
Landwirtschaftlicher Kredit,
Darlehnskassenvereine, Landschaften,
Vorschuß- und Kreditvereine.
¶
mehr
Die landwirtschaftliche
Genossenschaften Deutschlands traten 1884 zu einer Vereinigung landwirtschaftliche
Genossenschaften zusammen, die jährlich einen Vereinstag abhält. 1891 gab
es in Deutschland
[* 6] 4374 eingetragene landwirtschaftliche
Genossenschaften; darunter befanden sich 2647 Kreditgenossenschaften, 703 Rohstoffgenossenschaften, 869 Molkereigenossenschaften, 150 sonstige
Genossenschaften. Über die gesetzliche Grundlage der Genossenschaften s. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.
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Vgl. Verhandlungen des Preußischen Landes-Ökonomiekollegiums vom betreffend die landwirtschaftliche
Genossenschaften; Schönberg,
Die Landwirtschaft der Gegenwart und das Genossenschaftsprincip (Bresl. 1869);
Birnbaum, Genossenschaftsprincip in Anwendung auf die Landwirtschaft (Lpz. 1870);
G. Malstedt, Die landwirtschaftliche
Genossenschaften und deren Vereinigung zu Verbänden.
Ein Ratgeber bei Errichtung
landwirtschaftliche
Genossenschaften (Oldenb. 1889; 2. Aufl.
1891); Schönberg, Handbuch der polit. Ökonomie, Bd. 2 (Tüb.
1891), S. 110 fg.; Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 4 (Jena
[* 7] 1892).