Landrecht
,
das in einem
Lande geltende
Recht. Der
Ausdruck kam auf, als man im deutschen Mittelalter
anfing, den Grundsatz aufzugeben, daß der
Franke, der
Sachse, der
Bayer u. s. w., gleichgültig, wo er wohnte, nach dem
Rechte
seines
Stammes (Princip der persönlichen
Rechte) lebte, vielmehr für ihn nun das
Recht seiner
Heimat maßgebend wurde. Neben
dem Landrecht
erwuchs in den
Städten das
Stadtrecht. Den Gegensatz zu beiden bildete einerseits das Reichsrecht,
andererseits die
Sonderrechte des Hofrechts, Dienstrechts und Lehnrechts, parallel der Unterscheidung von Landgericht
(s. d.)
und Lehngericht, Hofgericht u. s. w. Das auf Gewohnheit beruhende Landrecht
wurde
zum
Teil schriftlich dargestellt; die berühmteste
Darstellung ist die des sächsischen (s. Sachsenspiegel). Seit
dem 13. Jahrh. bemächtigte sich die Gesetzgebung des Landrecht
, z. B.
in den friesischen Landrecht
vor 1252, im bayrischen Landrecht
von 1346, im Kulmer Landrecht
von 1394.
Das bedeutendste Landrecht
ist das
Allgemeine
Preußische Landrecht
(Publikationspatent vom Dasselbe erstreckt sich auf das bürgerliche
Recht, auf
Staats- und Verwaltungsrecht, Polizeirecht, Kirchenrecht und
Strafrecht. Seine größte Bedeutung
liegt darin, daß es die bestehenden röm. und deutschen Rechtsinstitute den Bedürfnissen des
modernen Lebens anpaßte und so verständige und volkstümliche Rechtssätze aufstellte. Aber wie nach der
Allgemeinen Gerichtsordnung
(s. Gerichtsordnung) der
Richter nicht der Thätigkeit der Parteien das überließ, was ihnen gebührte,
so überließ hier der Gesetzgeber nicht dem
Richter, was dessen Sache ist. Es sollte von vornherein jede einzelne Frage entschieden
werden, statt daß man sich auf allgemeine Grundsätze beschränkte.
Infolgedessen ist die Wissenschaft des preuß. bürgerlichen
Rechts weit zurückgeblieben hinter der des gemeinen
Rechts. Sie
ist erst von dieser aus wieder von neuem befruchtet. Unter den ausarbeitenden Juristen war der bedeutendste
Suarez. Das
Allgemeine Landrecht
zerfällt in zwei
Teile, diese in
Titel und weiter in
Paragraphen. Nach dem Vorgange der Citierung des
Corpus juris wird vielfach so citiert: §. 74 A. Landrecht
R. I, 13, statt A. Landrecht R. 1,13,
§. 74. Die Gesetzeskraft des heute noch geltenden Landrecht
datiert vom Es gilt unbeschadet der abweichenden
Provinzialgesetze, soweit diese nicht ausdrücklich beseitigt sind, und mit Ausnahme der das Familienrecht betreffenden
Titel,
welche für einzelne Gegenden suspendiert sind, im
Umfang der alten preuß.
Provinzen, einschließlich Westfalen,
[* 2]
Posen
[* 3] und
der frühern sächs. Landesteile; aber nicht in Neuvorpommern und
Rügen, den Fürstentümern Hohenzollern,
[* 4] wo überall gemeines
Recht gilt, nicht in der Rheinprovinz,
[* 5] wo die Gesetze des franz.
Rechts erhalten geblieben sind, und nicht in den neuerworbenen
Landesteilen, mit Ausnahme von
Ostfriesland, Lingen und einem
Teil des Eichsfeldes sowie in dem Jadegebiet.
Es gilt ferner in den
Teilen der ehemaligen frank. Fürstentümer, welche an
Bayern
[* 6] abgetreten sind. In seinen privatrechtlichen
Bestimmungen ist es auf die Konsulargerichtsbezirke (preuß. Gesetz vom §. 16,
Bundesgesetz vom Gesetz über die
Konsulargerichtsbarkeit vom §. 3) und auf die
deutschen
Kolonien (s.
Kolonialrecht) ausgedehnt. –
Altere
Ausgaben von 1791/92, 1821, 1832,1863;
neuere von Schering, mit Anmerkungen (2. Aufl., Berl. 1869), Rehbein und Reincke, mit Anmerkungen und den neuern Gesetzen (5. Aufl., ebd. 1894);
Kommentar von Koch (8. Aufl., ebd. 1884–86);
wissenschaftliche Bearbeitung von Förster, Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preuß. Privatrechts (5. Aufl., bearb. von Eccius, 4 Bde., ebd. 1887–88; 6. Aufl., ebd. 1892), und Dernburg, Lehrbuch des preuß. Privatrechts (3 Bde.; Bd. 1, 5. Aufl., Halle [* 7] a. S. 1893; Bd. 2, 4. Aufl. 1889; Bd. 3, 3. Aufl. 1884).