Landquart
(Kt. Graubünden,
Bez. Ober und Unter Landquart
). 2440-521 m. So heisst der den
Prätigau entwässernde Fluss, der auf der
grössten Strecke seines
Laufes Wildbachcharakter hat. Entspringt mit mehreren Quellarmen im Silvrettamassiv, erhält aus
dem
Rätikon und
Hochwang zahlreiche kleine Nebenbäche und mündet nach 45 km langem
Lauf bei Landquart
von rechts in den
Rhein. Der hauptsächlichste Quellbach ist der
Medjebach, der 70 m über der
Silvrettahütte des S. A. C.
dem
Silvrettagletscher entspringt und nahe an dieser
Hütte vorbeischäumt.
Kurz nachher vereinigt sich mit ihm der vom
Verstanklagletscher kommende
Verstanklabach, und später erhält
er noch die
Bäche der Silvrettaalp und den in der Gruppe des
Litzner entspringenden und bei der Sardascaalp einen schönen
Fall bildenden
Seebach. Von dem das Thal oben abschliessenden Felsenzirkus an durcheilt die Landquart
raschen
Laufes die oberste
Thalstufe und tritt durch ein enges
Tobel auf die von der Alp
Novai bis
Klosters reichende zweite Thalstufe
aus.
Bei der Alp
Novai erhält sie von links im
Vereinabach ihren ersten bemerkenswerten Zufluss, der sich ebenfalls aus einer Reihe
von Quellarmen (Jöribach, Süserbach, Vernelabach etc.) bildet. Das Mündungstobel des
Vereinabaches ist länger und hat
eine steiler geböschte
Sohle als das eben genannte
Tobel der Landquart.
Es werden oft diese beiden bei
Novai sich vereinigenden
Wildbäche als die beiden Quellflüsse der Landquart
angesehen, wobei dann der aus der
Silvrettagruppe
kommende Arm (unsere Landquart
) Sardascabach genannt wird.
Beide führen ungefähr die gleiche Wassermenge, während das Einzugsgebiet des
Vereinabaches mit 53 km2 ausgedehnter ist
als das des Sardascabaches mit 41 km2. Von
Novai an erhält die Landquart
zunächst als nennenswerteste
Zuflüsse von links den die
Wasser des
Pischahorns, des Wolfgangpasses und der Alp Parseun (Casanna-Totalp-Schwarzhorn) sammelnden
Mönchalpbach und von rechts den das
Schlappinthal entwässernden
Schlappinbach. Alle diese
Bäche führen verhältnismässig
klares
Wasser, da sie und ihre
Thäler in krystalline Gesteine eingeschnitten sind.
Von Klosters an durchziehen die Landquart und ihre Nebenbäche das Gebiet der der Erosion und Verwitterung wenig Widerstand entgegensetzenden Thonschiefer des Flysch und führen darum, besonders zur Zeit der Schneeschmelze oder nach heftigen Regengüssen, grosse Mengen von Schlamm mit sich, der ihrem Wasser eine beinahe schwarze Farbe verleiht. Die bedeutendsten Nebenflüsse der Landquart sind hier von rechts der aus dem St. Antönierthal kommende und bei Küblis mündende Schanielenbach, der bei Schiers mündende Schraubach und der bei Grüsch mündende Taschinesbach und von links der Fideriserbach, Furner- oder Jenazerbach und der das Valzeinerthal durchfliessende Schrankenbach. Stark verzweigt sind nach oben besonders die Nebenbäche der rechten Thalseite, die der Landquart alle Wasser vom S.-Hang des Rätikon zuführen; so reichen die obern Aeste des Schanielenbaches vom Madrishorn bis zur Sulzfluh, die des Schraubaches von der Sulzfluh bis zum Cavelljoch und die des Taschinesbaches vom Cavelljoch bis zum Falknis. Ihre Einzugsgebiete ¶
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umfassen 63,2 km2, 65,3 km2 und 73,5 km2; das des Furnerbaches misst 40 km2 und das des Schrankenbaches 34 km2. Das Thal der Landquart von Klosters bis Küblis ist schmal und oft von Steilhängen begleitet. Stellenweise trifft man auf leicht geneigte seitliche Terrassen, die entweder alte Deltabildungen von Nebenbächen oder Reste früherer Thalböden (Terrasse von Serneus) sind. Nachdem sich bei Küblis das Thal wieder zu einem kleinen Kessel erweitert hat, tritt der Fluss neuerdings in eine zwischen dem hohen Felsriegel von Castels rechts und der etwas niedrigeren Terrasse von Fideris links eingeschnittene lange und enge Schlucht ein.
Dann folgt eine neue Erweiterung des Thales, die aber so unbedeutend ist, dass die Dörfer hier in der Thalsohle keinen Raum zur Entwicklung gefunden haben: Jenaz steht zum grossen Teil am Hang, Fideris (903 m) liegt noch höher und Furna (1361 m) und Buchen (972 m) kleben ganz hoch oben. Es folgt nochmals eine am rechten Gehänge von einer Felsterrasse begleitete Schlucht, worauf die Landquart auf den einzigen breiten Thalboden des Prätigaus, den von Schiers und Grüsch, austritt.
Doch stehen auch diese Ortschaften nicht im Thalboden selbst, sondern lehnen sich seitlich von der Ausmündung des Schraubaches bezw. Taschinesbaches an das rechtsseitige Gehänge an. Höher oben liegen auf sonnigen Terrassen Fanas und Seewis. Die Landquart verlässt endlich den Prätigau durch eine enge Kluse mit sehr hohen und zum Teil überhängenden Felswänden und durchfliesst dann bis zu ihrer Mündung noch auf eine Strecke von 6 km die ganze Breite des Rheinthales. Das gesamte Einzugsgebiet der Landquart misst 617,57 km2, wovon 615,47 km2 auf den Prätigau entfallen. Diese Fläche verteilt sich auf Felsen oder Schutthalden (19,5%), Wald (22,2%), Gletscher oder Firnfelder (nur 2,1%) und auf Wiesen, Alpweiden oder Kulturland (56,1%). Die oft gruppenweise angeordneten 71 Seen im Gebiet der Landquart umfassen nur 0,1% der gesamten Einzugsfläche.
Wie bereits bemerkt ist die Landquart ein typischer Wildbach. Ihr Lauf hat auf langen Strecken korrigiert und verbaut werden müssen, so besonders in den beiden Mulden von Jenaz und Schiers-Grüsch und dann auch vor ihrem Eintritt in die unterste Durchbruchsschlucht. Vor der Verbauung hat der Fluss oft grosse Verheerungen angerichtet, namentlich während der Jahre 1760-1770 und in den beiden Jahren 1868 und 1874. Diese Hochwasser führten entwurzelte Baumstämme etc. in Masse mit sich und rissen nicht nur Brücken u. Stege weg, sondern verwüsteten auch die Sohle und untern Hänge des Thales, indem sie die Ackererde und Kulturen wegfegten und den Boden mit einer dicken Schicht von Kies, Sand und Schlamm bedeckten. Es erfolgten nun kostspielige Verbauungsarbeiten.
Eine erste Korrektion war schon zu Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts auf Veranlassung des damaligen Pfarrers Pool von Luzein vorgenommen worden. Sie hatte aber keinen grossen Erfolg, da damals die Technik der Wildbachverbauungen noch sehr wenig ausgebildet war und auch das Volk die Bedeutung solcher Arbeiten noch nicht zu würdigen wusste. 1870 und 1880 nahm man dann eine auf einheitlichem Plan basierende regelrechte Verbauung an Hand, an deren Kosten Bund und Kanton Beiträge leisteten.
Der Fluss wurde auf lange Strecken mit mächtigen Längsdeichen eingefasst, von denen da und dort Querdeiche abzweigen, die grosse viereckige Flächen umschliessen. In diese leitete man das Wasser der Landquart und ihrer Nebenflüsse ab, damit sie hier ihren fruchtbaren Schlamm in aller Ruhe ablagern konnten. Diese Kolmationsarbeiten hatten den Zweck, den den Ueberschwemmungen ausgesetzten flachen und sumpfigen Thalboden mit den feinen Alluvionen des Flusses zu überdecken und ihn damit zugleich zu erhöhen.
Nach einigen Jahren schon waren diese nach und nach austrocknenden Flächen der Kultur zurückgewonnen und in Wiesen und Felder umgewandelt. Heute sind diese Arbeiten zum grossen Teil vollendet. Sie haben den gleichartigen Arbeiten im Rheinthal, Rhonethal etc. vielfach als Vorbild gedient. (Vergl. darüber den Art. Prætigau). Urkundliche Formen für den Flussnamen sind 1050: fluvius Langorum; 1219: Langaro; 1310: Langwar. Der Name ist rätoromanischen Ursprungs.