Landesprod
ukte.
Das wesentlichste Hindernis für Entwicklung des Ackerbaues wie auch des Bergbaues und Handels bildet die Art der Verwaltung mit ihrer willkürlichen Handhabung der Bestimmungen über die Besitzverhältnisse. Der Sultan ist der eigentliche Besitzer fast allen Grund und Bodens. Der Eigentümer gilt nur als Nutznießer. Der Grund und Boden zerfällt in fünf Klassen: Miriê, die Staatsdomänen;
Wakuf, d. i. Eigentum frommer Stiftungen, der Moscheen u. a., das in Pacht gegeben werden kann;
Mülk, Privatgrundbesitz;
Metronkê, d. i. die Straßen, öffentlichen Plätze, Kommunalgrundstücke;
Merat, d. i. wüstes, nicht produktives Land. Jedes Privateigentum wird zum Wakuf, sobald der Besitzer ohne direkte Erben stirbt.
Fremde können erst seit dem Grundbesitz in der Türkei [* 2] erwerben. In der Regel werden die Besitztitel nur nach Schätzung abgefaßt. Außerdem ist für jeden Besitzwechsel die Genehmigung der Regierung erforderlich, und die Erlangung derselben in der Regel nur durch Bestechung möglich. Die Landwirtschaft leidet ferner unter den Mißbräuchen bei der Steuererhebung, besonders der Naturalabgabe (10 Proz.) von allen landwirtschaftlichen Produkten (üschür).
Die Ausfuhr der Landesprodukte
wird durch den Ausfuhrzoll von 1 Proz. des Wertes
und durch die
Erhebung von
Binnenzöllen (8 Proz.) erschwert. Letztere wurden 1893 für Getreide
[* 3] aufgehoben.
Endlich ist der
Mangel an öffentlicher Sicherheit sowie an Verkehrswegen und der klägliche Zustand der meisten Landstraßen
eine Hauptursache für den wirtschaftlichen Rückgang. Doch wird lebhaft an der Vervollständigung des
Straßen- und
Eisenbahnnetzes
gearbeitet. Wiewohl weite
Strecken
Landes unbebaut daliegen, liefert die
Türkei dennoch aus ihren reichen
Kornländern, den thraz. und macedon.
Ebenen, dem Orontesthal u. a., alle Cerealien zur Ausfuhr, selbst Sesam und Reis. Die Gartenkultur für Gemüse, Zwiebeln, Melonen u. dgl. ist in hoher Blüte, [* 4] ebenso der Obstbau von Äpfeln bis zu Mandeln und Granaten. [* 5] Der Baumwollbau hat neuerdings zugenommen. Unter den nutzbringenden Bäumen ist vor allem die Olive zu nennen. Für Feigen, die überall in der Türkei gedeihen, ist Smyrna der bedeutendste Markt. Wein wird in Thrazien, Macedonien, auf den Küstenstrichen Kleinasiens und auf den Inseln in immer steigender Ausdehnung [* 6] gebaut ¶
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674 und kommt nach Frankreich zur Ausfuhr. Die Weine von Adrianopel, Tschataldscha, Niausta (Niagusta) bei Saloniki, [* 8] Lapsaki, Cypern, [* 9] vom Libanon und die Weißweine von Brussa sind vorzüglich. Getrocknete Weintrauben liefern die Inseln und Küstengebiete. Tabak [* 10] bildet einen der wichtigsten Exportartikel. Der durchschnittliche Jahresertrag des Tabakbaues wird auf 30–32 Mill. kg veranschlagt. Besonders geschätzt wird der macedon. Tabak von Jenidsche und der nordsyrische (Latakieh). In Ostrumelien ist Rosenzucht wichtig.
Sehr verbreitet ist auch die Pflege der Maulbeerplantagen um der Seidenraupenzucht willen. Für Fischerei [* 11] ist der Bosporus [* 12] wichtig. Schwämme [* 13] liefert das Mittelländische, Perlen das Rote und Arabische Meer. Häute werden in großer Zahl ausgeführt, und zwar gegerbte von Büffeln, Ochsen und Schafen, und ungegerbte von Rehen, Hasen, Lämmern und Ziegen, besonders die Felle und die Wolle der Angoraziegen sowie der aus derselben gewebte Kleiderstoff (Mohair). Die Rinderrasse, im Altertum durch ihre Große und Stärke [* 14] berühmt, ist jetzt in Rumelien wie in Anatolien entartet.
Rindfleisch wird gesalzen oder gedörrt unter dem Namen Pasturma ausgeführt. Schmelzbutter, Käse, Talg, Knochen [* 15] und Leim bilden, besonders in Rumelien und Bulgarien, [* 16] noch immer wichtige Handelsartikel. Die türk. Pferde [* 17] sind klein, aber ausdauernd. Die Bienenzucht [* 18] gewährt reichen Ertrag an Honig und Wachs. In Kleinasien und Macedonien war sonst die Blutegelzucht bedeutend. Andere Ausfuhrprodukte sind Opium, Knoppern, Süßholz und Teer. (S. Balkanhalbinsel, [* 19] Kleinasien, Arabien, Ägypten.) [* 20] Der Bergbau [* 21] ist unbedeutend. An Mineralien [* 22] versendet die Türkei nur Blei, [* 23] Kupfer, [* 24] Boracit, Schmirgel,Meerschaum (aus Eskischehr und Kutahia), Natron und Bitumen aus Palästina [* 25] und Salz. [* 26]