La
Marmŏra, Alfonso Ferrero, Marchese della M., ital. General und Minister, geb. zu Turin, [* 2] ward, 1816‒23 auf der Militärakademie zu Turin ausgebildet, Artillerieoffizier und bereiste Frankreich, England, Deutschland, [* 3] Österreich, [* 4] Spanien [* 5] und Algier. 1843 zum Major befördert, focht er mit Auszeichnung 1848 bei Monzambano, Borghetto, Valeggio, vor Peschiera und bei Pastrengo. Seiner Kaltblütigkeit verdankte Karl Albert wesentlich sein Entkommen aus Mailand. [* 6]
Der König ernannte ihn deshalb 27. Okt. zum Brigadegeneral. Da er mit seiner gegen Toscana entsendeten Reservearmee bei Novara nicht mehr rechtzeitig eintraf, wurde er von Victor Emanuel Ⅱ. abgeschickt, um das empörte Genua [* 7] niederzuwerfen, was ihm gelang. Nachdem er schon zweimal vorübergehend Kriegsminister gewesen, ward er dies für längere Zeit zum Nutzen des zerrütteten Heers, das er nach preuß. Muster umgestaltete. Nach Abschluß des Bundes mit den Westmächten trat er an die Spitze des Heers von 17000 Mann, das zwar erst mit dem Ausgang des Krieges in der Krim [* 8] eintraf, hier aber nach Besetzung der Höhen von Kadikoi sich in der Schlacht von Traktir an der Tschernaia unter ihm rühmlich schlug. 1856 zum kommandierenden General ernannt, übernahm er auch das Marineministerium, um dann als Generalstabschef im Italienischen Kriege von 1859 wieder in die leitende Stelle einzurücken.
Nach dem Frieden von Villafranca war er Juli 1859 bis Jan. 1860 an Cavours Stelle Leiter des Kabinetts unter gleichzeitiger Übernahme des Kriegsministeriums. 1861‒64 trat er in Neapel [* 9] dem Brigantentum und der Camorra mit Erfolg entgegen. Aufs neue, Sept. 1864, mit Bildung eines Kabinetts betraut, übernahm er neben der Präsidentschaft das Ministerium des Äußern und interimistisch für kürzere Zeit das Marineministerium und hielt sich durch Änderungen im Kabinett bis 1866, schloß den ital.-preuß. Bund gegen Österreich und folgte als Minister ohne Portefeuille Juni 1866 dem König zum Heere. Schon bei den Vorverhandlungen mit Preußen [* 10] in Zwistigkeiten mit Bismarck gekommen, bewies er im Entwurf des Feldzugsplans wie nach der Schlacht bei Custozza [* 11] so wenig Entschiedenheit, daß sich allgemeiner Unwille gegen ihn erhob, was ihn veranlaßte, seine Entlassung (Aug. 1866) zu nehmen, worauf er in Florenz, [* 12] erst als Korpscommandeur, dann zur Verfügung gestellt, lebte. In amtlicher Stellung trat er zum letztenmal bis in die Öffentlichkeit als Statthalter des Königs in Rom. [* 13]
Der Kammer gehörte la marmora seit 1848 an. Empfindlich in seiner Eitelkeit verletzt durch eine mißverstandene Stelle des preuß. Generalstabswerkes über den Krieg von 1866, veröffentlichte er 1868, um die preuß. Kriegsführung zu brandmarken, die berühmte «Stoß-ins-Herz-»Depesche des Grafen Usedom vom stellte 1871 in der Kammer die deutschen Siege in Frankreich als Geschenke blinden Glücks hin, gab 1873 die Schrift «Un po' piu di luce» (deutsch, 2. Aufl., Mainz [* 14] 1874) heraus (s. Govone),
in welcher er Bismarck als Verräter an Deutschland wie an Italien [* 15] zu zeichnen suchte. Eine nochmalige Verteidigung seines Verhaltens versuchte in der la marmorain der Schrift «I segreti di stato nel governo costituzionale» (Flor. 1877), ohne die öffentliche Meinung umzustimmen. Er starb in Florenz. In Turin wurde ihm 1891 ein Standbild errichtet. –
Vgl. P. Martini, Della vita e degli scritti del conte A. F. della M. (Cagliari 1863);
G. Spano, Cenni biografici del conte A. F. della M. (ebd. 1864);
Massari, Il generale Alfonso la marmora (Flor. 1880);
D. Chiaves, La battaglia della Cernaia ed Alfonso la marmora (Tur. 1890).