Lärchenbaum
(Lärche,
Larix Lärchenbaum
, hierzu Tafel »Lärche«),
Gattung aus der
Familie der
Abietineen, schlanke, hohe
Bäume,
deren Hauptäste undeutliche
Quirle bilden, während die Nebenäste zweireihig gestellt sind, mit weichen,
nadelförmigen, gegen den
Herbst abfallenden, einzeln an den Endtrieben oder büschelförmig an der
Spitze eines nicht zur
Entwickelung gekommenen
Zweigs stehenden Blättern. Die gemeine Lärche (Lärchenbaum
decidua Mill., Lärchenbaum europaea
Dec.,
Pinus
Larix s. Tafel),
ein 25-45 m hoher
Baum mit pyramidenförmiger
Krone, etwas hängenden
Zweigen, anfangs gelbbrauner, später
grauer, rauher, rissiger
Rinde, 2,5-4
cm langen, lebhaft grünen, auf beiden Seiten des Mittelnervs der Unterfläche mit einer
bläulichweißen Mittellinie versehenen
Nadeln,
[* 2] an denselben
Trieben durcheinander stehenden männlichen Blütenkätzchen und
doppelt so großen, karminroten weiblichen Blütenzäpfchen, eiförmigen, selten über 4
cm langen, hellbraunen
Zapfen
[* 3] und geflügeltem
Samen,
[* 4] welcher im
Oktober reift und im nächsten Frühjahr abfliegt, während die leeren
Zapfen meist
noch mehrere Jahre an den
Zweigen bleiben.
Die abgefallenen Nadeln hinterlassen kleine Höcker. Die Wurzel [* 5] dringt mit deutlicher Pfahlwurzel und zahlreichen Seitenästen ziemlich tief in den Boden ein. Die Lärche, in den Gebirgen Mitteleuropas, vielleicht noch in Südfrankreich heimisch, ist durch Kultur weit über Europa [* 6] nach Norden [* 7] und Süden verbreitet. Sie liebt einen steinigen, frischen, tiefgrundigen Boden und bewährt sich überall als echter Gebirgsbaum. Sie steigt in den Alpen [* 8] bis über 2300 m empor und bildet oft allein oder mit Fichte [* 9] oder Zirbelkiefer die Baumgrenze. In Graubünden und weiter östlich tritt sie in großen Beständen auf.
In dem rauhen Klima [* 10] entfaltet sie ihre volle Schönheit, während sie in der wärmern Ebene weder eine solche Höhe noch das höchste Alter erreicht. Die Keimpflanze ist sehr zart und fein, mit 3-4 Keimnadeln, und entwickelt einen schnellen Wuchs. Zeitiger als bei einem andern Nadelbaum reinigen sich die jungen Stämmchen, und oft erscheinen schon an sechs- bis achtjährigen weibliche Blüten. In der Ebene läßt der Wuchs mit 30-50 Jahren schon nach, und mit 60-80 Jahren ist der Baum mit nur mäßigem Stamm zum Abhieb reif. Im Gebirge kommen 400 und selbst 600jährige Bäume vor.
Die Lärche leidet im jugendlichen Alter (an 20-25jährigen Stämmen) besonders an einer eigentümlichen Krankheit, wahrscheinlich in einer totalen Verpilzung (durch Peziza Willkommii R. Hrtg.) bestehend, und wird durch dieselbe frühzeitigem Greisentum und Absterben zugeführt. Außerdem leidet sie durch die Lärchenminiermotte, auch ist nicht leicht ein andrer Baum für das Ansetzen von Flechten [* 11] etc. so empfänglich wie sie, Das Holz der [* 12] Lärche ist im Kern rot, im Splint gelblich, weich, grob, auf den Spaltflächen glänzend, sehr vollkommen spaltbar. Es zeigt sowohl trocken als feucht geworden und auch dem Wechsel der Witterung ausgesetzt eine große Widerstandskraft und dient besonders als Bauholz.
Das Kernholz von Lärchen, die im Hochgebirge gewachsen sind, ist als Rotlärchenholz besonders gesucht. Die Rinde bietet ein besseres Gerbmaterial als die Fichte. Als Harzbaum wird die Lärche besonders in Südtirol, aber auch in den französischen und italienischen Alpen verwertet. In südlichen Gegenden (Departement Oberalpen) sammelt man auf der Lärche die »Manna von Briançon«, und im Ural liefert der Baum das sogen. orenburgische Gummi, welches wie die Manna gegessen wird.
Auf alten Stämmen findet sich der Polyporus officinalis Fries, ein Hutpilz, welcher als Lärchenschwamm (Fungus laricis, Agaricus albus) offizinell war. Man baut die Lärche durch Saat oder Pflanzung an. Ihr starkes Lichtbedürfnis verbietet überall ihre Anzucht unter starkem Schirmdruck. Die Lärche trägt früh und reichlich Samen, welcher 3-4 Jahre lang seine Keimfähigkeit in genügendem Maß bewahrt. Man pflückt die kleinen Zäpfchen im März und April und klangt sie mit großer Vorsicht und bei nicht zu hoher Temperatur (bei welcher die Zapfen verharzen) aus.
Vor der Aussaat ist es ratsam, den Samen in Wasser aufquellen zu lassen, wobei man dem Wasser etwas Salzsäure zusetzt. Zur Pflanzenerziehung im Saatkamp säet man pro Ar 60-80 g reinen Kornsamen. Die jungen Pflanzen werden meist zweijährig im Kamp umgepflanzt (verschult) und vier- bis fünfjährig in die Bestände gepflanzt. Von der Erziehung reiner Lärchenbestände nimmt man im geregelten Forstbetrieb gänzlich Abstand, benutzt diese Holzart vielmehr nur als Misch- und Gelegenheitsbaum, in welcher Eigenschaft sie immerhin ihre guten Dienste [* 13] leistet.
Die
Güte des
Holzes und die scheinbare Genügsamkeit des
Baums in Bezug auf die Nährkraft des
Bodens veranlaßten
den Massenanbau der Lärche auch in den mitteleuropäischen
Berg- und Hügelländern und auf herabgekommenem
Boden. Allein
sie hat den in sie gesetzten
Hoffnungen fast überall wenig entsprochen. Die sibirische Lärche (Lärchenbaum
sibirica
Ledeb.), der vorigen
sehr ähnlich und von manchen Botanikern als
Abart derselben betrachtet, hat längere
Nadeln und dichter
beisammenstehende Nadelbüschel, findet sich im nordöstlichen Rußland und in ganz
Sibirien bis zur Baumgrenze und bildet
ausgedehnte Waldungen im Archangelschen und Wologdaschen
Gouvernement. Im
¶
mehr
europäischen Rußland geht sie südwärts nicht über 54° nördl. Br. hinaus. Eine andre Art, Lärchenbaum
dahurica Fisch., ersetzt
die vorige im Amurland, in Kamtschatka und auf Jeso, während das eigentliche Japan
[* 15] die zartschuppige Lärche (Lärchenbaum
leptolepis
S. et Z.)
besitzt, welche dort eifrig kultiviert wird. Auch Nordamerika
[* 16] hat einige Lärchen, und besonders wird
Lärchenbaum
microcarpa Pin. Wob.
als hoher, stattlicher Baum gerühmt, welche Art aber von manchen mit Lärchenbaum
pendula Salisb. als Lärchenbaum
laricina Dur. vereinigt wird.
Sie ist unbedingt schöner als die europäische und sibirische, weil sie ihre blaugrüne Farbe bis spät in den Herbst behält;
auch stehen die Blattbüschel gedrängter, und die Nadeln sind kürzer.
Vgl. Bolle, Über Lärchenbäume (»Monatsschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde«, Berl. 1873).