Titel
Kurz
,
Würzburg (Stadt)

* 7
Würzburg. 1)
Heinrich, namhafter Litterarhistoriker, geb. zu
Paris
[* 2] von deutschen Eltern, wurde nach dem frühen
Tod seines
Vaters bei Verwandten in
Hof
[* 3] erzogen und studierte in
Leipzig
[* 4]
Theologie. In die burschenschaftlichen
Untersuchungen verwickelt, wandte er sich 1827 nach
Paris, wo er orientalische
Sprachen studierte, ließ sich dann 1830 in
München
[* 5] nieder, wo er Vorlesungen über chinesische
Grammatik hielt. Nach
Augsburg
[* 6] übergesiedelt, gab er ein konstitutionelles
Oppositionsblatt, »Die Zeit«, heraus, welches ihm schon
nach wenigen
Wochen zweijährige
Festungshaft zuzog. Kurz
benutzte diese unfreiwillige Muße in
Würzburg
[* 7] zur Übersetzung der
chinesischen
Dichtung »Das Blumenblatt« (St.
Gallen 1836). Nach seiner
Freilassung wandte er sich nach der
Schweiz,
[* 8] fand hier
bald eine
Anstellung als
Lehrer der deutschen
Sprache
[* 9] und Litteratur in St.
Gallen und wurde 1839
Professor
an der Kantonschule in
Aarau
[* 10] sowie 1846 Kantonbibliothekar. Er starb daselbst.
Durch die reichen Schätze der Aarauer Bibliothek veranlaßt, hatte er sich dem Studium der deutschen Litteratur zugewandt. Er fand eine unbekannte Schrift Fischarts auf und gab Murners höchst selten gewordenes Gedicht »Vom großen lutherischen Narren« (Zürich [* 11] 1848) und mit P. Weißenbach »Beiträge zur Geschichte und Litteratur, besonders aus den Archiven und Bibliotheken des Kantons Aargau" (Aarau 1846) heraus. Schätzbare Sammelwerke lieferte er in dem »Handbuch der poetischen Nationallitteratur der Deutschen seit Haller« (Zürich 1840-1843, 3 Bde.; 3. Aufl. 1859) und »Handbuch der deutschen Prosa von Gottsched bis auf die neueste Zeit« (das. 1845-52, 3 Bde.). Sein Hauptwerk aber bildet die »Geschichte der deutschen Litteratur« (Bd. 1-3, Leipz. 1851 ff., 7. Aufl. 1876; Bd. 4, 1868-1872, 4. Aufl. 1882), welche historische Auffassung mit gut ausgewählten Proben und geschmackvollen Illustrationen verbindet, jedoch unter der Zersplitterung nach den einzelnen Dichtungsgebieten und Dichtungsformen leidet.
Ein kurzer
, aber inhaltreicher »Leitfaden zur Geschichte der Litteratur«
(Leipz. 1860; 5. Aufl., bearbeitet von G.
Emil
Barthel, 1878) schließt sich dem größern Werk an. Von seiner
»Deutschen
Bibliothek«,
einer Sammlung seltener
Schriften der ältern deutschen
Nationallitteratur, erschienen Bd. 1 und
2: »Esopus von
Burkard
Waldis«, Bd. 3-6: »Christoffels von
Grimmelshausen Simplizianische
Schriften«, Bd. 7: »Jörg
Wickrams Rollwagenbüchlein«,
Bd. 8-10: »Johann
Fischarts sämtliche
Dichtungen« (Leipz. 1862-68). Außerdem veröffentlichte Kurz:.
»Die
Schweiz, Land,
Volk und
Geschichte in ausgewählten
Dichtungen« (Bern
[* 12] 1852),
führte das von Paldamus begonnene biographisch-kritische Werk »Deutsche [* 13] Dichter und Prosaisten« (Leipz. 1863) zu Ende und besorgte kritische Ausgaben, mit biographischen Einleitungen und Lesarten, von »Schillers sämtlichen Werken« in 9 Bänden (Hildburgh. 1867-1868) und von »Goethes Werken« in 12 Bänden (das. 1867-68),
denen sich ausgewählte Werke von
Lessing,
Herder,
Wieland,
Chamisso, H. v.
Kleist und E.
T. A.
Hoffmann anschlossen.
Auch eine »Ausgewählte
Korrespondenz
Napoleons I.« (Hildburgh. 1870, 3 Bde.)
ward von Kurz
übersetzt und herausgegeben. Selbständig veröffentlichte er noch: »Über
Walthers von der Vogelweide Herkunft und
Heimat«
(Aarau 1863) und »Die
deutsche Litteratur im Elsaß« (Berl. 1874).
Reuterdahl - Reval

* 14
Reutlingen. 2)
Hermann, Dichter und
Novellist, geb. zu
Reutlingen,
[* 14] besuchte die
Klosterschule zu
Maulbronn,
studierte dann in
Tübingen
[* 15]
Theologie und
Philosophie, aber mit noch größerm
Eifer die Werke der alten deutschen Litteratur.
Später lebte er privatisierend an verschiedenen
Orten
Württembergs, meist jedoch in
Stuttgart,
[* 16] wo er eine
Reihe von
Jahren den
»Beobachter« redigierte, und wurde 1864 zum Universitätsbibliothekar in
Tübingen ernannt. Hier starb er Kurz
trat zuerst mit »Gedichten«
(Stuttg. 1836) und
»Dichtungen« (das. 1839) auf, die sich durch Gemütsinnigkeit und Formgewandtheit
auszeichnen.
Später wandte er sich vorzugsweise dem
Roman und der
Erzählung zu. Hierher gehören: »Schillers Heimatjahre« (oder,
wie ursprünglich der
Titel lautete: »Hermann
Roller«, Stuttg. 1843, 3 Bde.; 2. Aufl.
1857);
»Der Weihnachtfund« (Berl. 1855, 2. Aufl. 1862);
Kurzatmigkeit - Kurzsi

* 17
Seite 10.353.»Erzählungen« (Stuttg. 1858-61, 3 Bde.) und »Der Sonnenwirt« (Frankf. 1855; 2. Aufl., Berl. 1862, 3 Bde.). ¶
mehr
die bedeutendste seiner erzählenden Schriften. Von seinen mannigfachen historischen und litterarhistorischen Arbeiten nennen wir: »Zu Shakespeares Leben und Schaffen« (Münch. 1868);
»Aus den Tagen der Schmach. Geschichtsbilder aus der Mélacszeit« (Stuttg. 1871).
Außerdem lieferte er treffliche Übersetzungen, z. B. von Ariosts »Rasendem Roland« (Stuttg. 1840),
von Gottfrieds von Straßburg [* 18] »Tristan und Isolde« (mit selbständigem Schluß, das. 1844; 3. Aufl. 1877),
von Cervantes' »Zwischenspielen« (Hildburgh. 1868),
von einzelnen Stücken Shakespeares, Byrons, Moores u. a.
Mit Paul Heyse gab er den »Deutschen Novellenschatz« (Münch. 1870 ff.) und »Novellenschatz
des Auslandes« (das. 1872 ff.) heraus. Eine Ausgabe seiner »Gesammelten Werke« mit Biographie (Stuttg. 1874-75, 10 Bde.)
besorgte Heyse. Den »Briefwechsel zwischen Herm. Kurz
und E. Mörike« gab Bächtold (Stuttg. 1885) heraus.
3) Joseph, Schauspieler, s. Bernardon.