Kulm
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Kulm,
Kulm
Kulm,
Bistum in der preuß. Provinz Westpreußen, [* 2] dessen Sprengel sich über das Gebiet zwischen Weichsel, Ossa und Drewenz erstreckte und zunächst dem Erzbistum Riga, [* 3] seit 1466 dem von Gnesen unterstellt war.
Der Bischofsitz war ursprünglich Kulmsee, später Löbau, [* 4] jetzt Pelplin (im Kreise [* 5] Stargard). [* 6]
Das Bistum wurde 1245 vom Papst Innocenz IV. gestiftet und besteht noch.
Vgl. »Urkundenbuch des
Bistums Kulm«
, bearbeitet von Wölky (Kulm 1884 ff.).
1) Dorf in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Aussig, an der Dux-Bodenbacher Bahn, 5 km nordöstlich von Teplitz, mit Schloß und Park, Bierbrauerei, [* 7] Dampfmühle, ausgedehntem Braunkohlenbergbau und (1880) 1005 Einw., berühmt durch die hier 29. und gelieferte Schlacht zwischen den Franzosen unter Vandamme und den verbündeten Preußen [* 8] und Russen. Während auf die Nachricht von dem Vormarsch der böhmischen Armee auf Dresden [* 9] Napoleon dorthin eilte, entsendete er Vandamme mit 40,000 Mann nach links, um bei Königstein die Elbe zu überschreiten und durch rasches Vordringen auf Teplitz dem Feinde den Rückzug abzuschneiden.
Nach heftigem Gefecht gegen die Russen unter dem Prinzen Eugen von Württemberg [* 10] (Ostermann war nur nomineller Oberbefehlshaber) erzwang Vandamme am 26. Aug. den Elbübergang, besetzte am 27. Pirna [* 11] und drängte die Russen von der großen Straße über Berggießhübel und Peterswalde nach Teplitz ab, worauf Barclay dieselbe ganz preisgab und den Rückmarsch nach Böhmen [* 12] über Dippoldiswalde befahl. Indes in Erkenntnis der großen Gefahr, welche der böhmischen Armee dadurch drohte, kehrte Prinz Eugen, durch die russischen Garden unter Yermolow auf 15,000 Mann verstärkt, am 28. auf die große Straße zurück und erreichte am Abend glücklich vor Vandamme Peterswalde.
Hier wurden die Russen am 29. früh angegriffen und in den Teplitzer Thalkessel auf Kulm zurückgeworfen. Indes bei Priesten sammelten sie sich wieder, und durch einige österreichische Truppenteile verstärkt, behaupteten sie mit zähster Ausdauer und einem Verlust von 6000 Mann (dem Grafen Ostermann wurde ein Arm weggerissen) ihre Stellung gegen die heftigen Angriffe Vandammes. Dieser, im Glauben, daß, wie früher befohlen war, Mortier und Saint-Cyr mit ihren Korps ihm folgten, erneuerte mit großer Energie am 30. den Angriff auf die Verbündeten, die sich inzwischen durch russische und österreichische Truppen auf 45,000 Mann vermehrt hatten, und welche nun Barclay befehligte.
Aber statt Mortiers und Saint-Cyrs erschien im Rücken der Franzosen das preußische Korps Kleists, dem der direkte Weg nach Teplitz versperrt, und das nun über den Kamm des Gebirges nach Nollendorf marschiert war. Gegen 10 Uhr [* 13] vormittags griff es in den Kampf ein, als Vandammes Angriff auf Barclay abgeschlagen und seine linke Flanke bedroht wurde. Die Russen und Österreicher gingen nun vor, eroberten Kulm und brachten die Franzosen in gänzliche Verwirrung, während alle Versuche derselben, nach Peterswalde durchzubrechen, zuletzt auch ein verzweifelter Angriff der Reiterei von den Preußen zurückgeschlagen wurden. Um 3 Uhr war der Widerstand der Franzosen überwunden.
Alles, was nicht niedergehauen wurde, geriet in Gefangenschaft; nur wenige entkamen in die Gebirge. Vandamme selbst nebst den Generalen Haxo und Guyot mußte sich mit 10,000 Mann den Siegern ergeben. 5000 Franzosen waren gefallen und 81 Kanonen, 2 Adler, [* 14] 3 Fahnen und alle Bagage genommen. Dieser Sieg machte die Niederlage von Dresden wieder gut. Drei Denkmäler bei Arbesau, ein preußisches (1817), ein 1835 von den Österreichern und ein 1837 von den Russen errichtetes, erinnern an den Sieg von Kulm.
Vgl. Aster, Die Kriegsereignisse im August 1813 und die Schlacht bei Kulm (Dresd. 1845);
Helldorf, Zur Geschichte der Schlacht bei Kulm (Berl. 1856);
v. Helfert, Die Schlacht bei Kulm (Wien [* 15] 1863);
Uhlig v. Uhlenau, Das Kriegsjahr 1813 mit besonderer Berücksichtigung der Schlacht bei Kulm (Dresd. 1863).
2) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Marienwerder, [* 16] 2 km von der Weichsel, auf dem hohen Rande der Niederung und an der Linie Kornatowo-Kulm der Preußischen Staatsbahn, hat 2 katholische und eine evang. Kirche, eine Synagoge, ein altertümliches Rathaus, ein Gymnasium, ein Realprogymnasium, ein von Friedrich II. 1776 gegründetes Kadetteninstitut, ein Kloster der Barmherzigen Schwestern, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, Eisengießerei [* 17] und ¶
Fabrikation landwirtschaftlicher Maschinen, Dampfschneidemühlen, Essigfabrikation, [* 19] Bierbrauerei, Ziegeleien, Getreidehandel, Schiffahrt und (1885) mit der Garnison (ein Jägerbat. Nr. 2) 9979 meist kath. Einwohner. Nach Kulm ist das älteste Bistum Westpreußens benannt. - Kulm ward vom Herzog Konrad von Masovien dem ersten Bischof von Preußen, Christian, geschenkt und von Friedrich II. 1226 dem Deutschen Ritterorden verliehen. Dieser legte 1232 die Stadt Kulm weiter unterhalb an der Weichsel an und gab ihr (und zugleich Thorn) [* 20] in der Kulmischen Handfeste 1233 eine deutsche Städteordnung, welche ein Vorbild für alle Städtegründungen im Ordensland wurde.
In dem zwischen den Bewohnern der Stadt und dem Herzog Swantepolk von Pommerellen ausgebrochenen Krieg wurde Kulm 1244 von letzterm belagert, indessen von den Frauen des Ortes so trefflich verteidigt, daß die Belagerung ohne Erfolg aufgehoben werden mußte. Kulm wurde später Mitglied der Hansa, beteiligte sich dann an dem Aufstand gegen die Ordensherrschaft und wurde 1466 auf Grund des zweiten Friedens zu Thorn an Polen abgetreten, von welchem es 1772 an Preußen kam. Das Kulmer Land, zwischen Weichsel, Drewenz und Ossa, mit unbestimmten Grenzen [* 21] gegen O., bildet in seinem Hauptteil eine sehr fruchtbare, fast ebene Landschaft, die nur selten über 120 m ansteigt und zahlreiche Güter enthält. Im Kreis [* 22] Kulm fanden neuerlich im archäologischen Interesse erfolgreiche Ausgrabungen statt.
Vgl. Schultz, Geschichte der Stadt und des Kreises Kulm (Danz. 1876);
Brauns, Geschichte des Kulmerlandes bis zum Thorner Frieden (2. Aufl., Thorn 1881).